Immobilienanlagen im Fokus: Wie der Taktfahrplan die Immobilienpreise triggert

Rund um Bahnhöfe und Bushaltestellen steigen die Immobilienpreise

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Bahnhöfe ziehen Immobilienprojekte an, wie hier der Andreasturm in Zürich Oerlikon. Bild: stocks.adobe.com

Es gibt ein grandioses Schlussbild im berühmten Spaghetti-Western «Once upon a time in the West» von Sergio Leone. Während die Helden davonreiten, ruckelt eine Lokomotive dampfspeiend durch die wüstenähnliche Landschaft. Vor dem Zug legen Arbeiter die neuen Geleise. Und im Hintergrund entsteht eine typische Wildwest-Stadt mit Holzhäusern und Saloon. In der Realität ist es immer noch so. Wo immer neue Verkehrswege entstehen, siedeln sich mehr Menschen an. Mehr Menschen brauchen mehr Wohnraum, was die Immobilienpreise anheizt.

Beispiele in der modernen Schweizer Siedlungsgeschichte gibt es zuhauf. Das rasante Wirtschaftswachstum nach dem 2. Weltkrieg zog Arbeitswillige aus den umliegenden Ländern an. Der Bau des landesweiten Strassennetzes geschah in den 1950er und 1960er Jahren. Die Gemeinden sahen ihre Einwohnerzahl in die Höhe schnellen. Der Boden wurde zu einem wertvollen Gut. Eine Erfolgsgeschichte, die mit dem Öl-Schock der 1970er Jahre ihren Abschluss fand. Heute ist ein Preisanstieg bei Immobilien von verschiedenen Faktoren abhängig. Eine nicht zu gering schätzende Frage ist dabei, ob sich in der unmittelbaren Nähe des Wohnorts eine Busstation oder ein Bahnhof befindet. Doch einen wirklichen Trigger für Immobilienpreise gibt es, wenn das Verkehrsnetz optimiert wird, sodass eine Gemeinde in den Genuss von mehr Haltestellen, eines dichteren Taktfahrplans oder einer schnelleren Zufahrt zum Autobahnnetz kommt.

Goldene Regel: Verkehr muss fliessen

Prinzipiell ist die Erschliessung in der Schweiz mit Strassen oder Schiene vorbildlich geblieben im Vergleich zu unseren unmittelbaren Nachbarn. Generell nimmt der Verkehr zu, weil jetzt mehr Menschen unterwegs sind. Deshalb zielen viele Infrastukturprojekte darauf ab, Kapazitäten stark auszubauen und Staus im Rahmen des Möglichen zu beseitigen oder mindestens zu verflüssigen. Denn das Mantra für jede gute Verkehrspolitik muss heissen: Verkehr soll fliessen.

Das Strassennetz soll gemäss der Vorgabe aus Bundesbern noch weitere 40 Kilometer wachsen. Doch diese Zahl ist nochmals in 20 Einzelprojekte aufzuteilen. Ob und wie die Bagger auffahren, ist dann eine Frage, für deren Antwort eine Kristallkugel zweckdienlich scheint. Strassenplaner müssen so geduldig wie die Baumeister der Kathedralen sein. So betrifft zum Beispiel ein Projekt die Autobahnverbindung zwischen Brütisellen, Wetzikon und Rüti – im Volksmund als «Oberlandautobahn» tituliert. Sie hat bisher kein einziges Kilo Zement, aber wahrscheinlich Berge von Papier verbraucht. Seit 36 Jahren (!) ist diese Strecke ein Dauerbrennpunkt. Ein Hin und Her zwischen Bund und Kantonen, politischen Vorstössen, Rekursen und zurück zum Start. So vergeht die Zeit, ohne dass ein Spatenstich erfolgt.

Manchmal hat das auch sein Gutes. So war in Zürich vor mehr als 50 Jahren eine Autobahn geplant entlang der Sihl mit einem Autobahndreieck über dem Kunstgewerbemuseum. Eine Bausünde sondergleichen. Erst vor einem Jahr hat der Bund beschlossen, diese Planungsleiche aus ihrem Entwicklungsprogramm zu streichen. Nur ein unbenutzter Tunnel unter dem Hauptbahnhof zeugt noch von einer autofreundlicheren Zeit. Das Shopville im Hauptbahnhof, d.h. die unterirdische Ladenfläche bei der Bahnhofstrasse, verweist ebenso auf ein hochfliegendes Projekt, das ein Papiertiger blieb. Diese Fläche hätte als erste U-Bahn-Station Zürichs gedient.

Bahnausbau mit Zielmarke 2035

Auf der Schiene geht es schneller und unkomplizierter, zumindest was die Realisierung anbelangt. Der Ausbau des Schienenverkehrs erfreut sich auch grundsätzlich einer grösseren Akzeptanz beim Parlament und bei den Wahlberechtigten. Das momentan teuerste mit über 2 Mrd. CHF veranschlagte Projekt betrifft die Verbindungen zwischen Zürich, Winterthur, Stein am Rhein und dem Tösstal. Jeden Tag verkehren zwischen Zürich und Winterthur 100’000 Personen. Das sind 550 Züge täglich. Tendenz steigend bis zur Kapazitätsauslastung. Der Bau des Brüttener Tunnels – eine unterirdische Verbindung zwischen der Agglomeration von Winterthur und dem nordöstlich von Zürich gelegenen Bassersdorf – soll laut Bund diesem Kapazitätsengpass entgegenwirken. Es würde eine durchgehend vierspurige Verbindung zwischen Zürich und Winterthur mit einer Kapazität von rund 900 Zügen pro Tag entstehen. Zudem wäre die S-Bahn durch den Tunnel schneller: Ganze sechs Minuten könnten eingespart werden. Durch den Brüttener Tunnel soll auch die Ost- und Nordostschweiz profitieren über Verbindungen in den Korridoren Richtung St. Gallen und Konstanz. Die Fahrzeit zwischen Zürich und St. Gallen soll damit deutlich unter 60 Minuten sinken, so der Plan.

Ob sich die Immobilienpreise in den Städten Zürich, Winterthur oder St. Gallen stark erhöhen werden aufgrund der besseren Zugsverbindungen, ist allerdings unwahrscheinlich. Hier sind die Preise oft meistens durch die Zuwanderung und den Mangel an Wohnraum recht ordentlich gestiegen, sodass nicht mehr viel Luft nach oben bleibt.

Mit dem Tram in die Agglomeration

Interessanter ist die Betrachtung bei kleineren Gemeinden, wo die S-Bahnen neu in einem Viertel-Stunden-Takt anstelle des Halb-Stunden-Taktes fahren werden. Laut dem Projekt S-Bahn 2G soll es ein System von langsamen und Express-S-Bahnen geben, was die Passagierkapazität des Zürcher S-Bahn-Netzes langfristig verdoppeln wird ab 2035. Die innere S-Bahn erschliesst die Stadt Zürich und den engeren Agglomerationsgürtel und fährt mindestens im Viertelstundentakt.

Einige Gemeinden nördlich von Zürich haben allerdings bereits von der Einführung der Glattalbahn profitiert. Die Glattalbahn hat das Tramnetz der Stadt Zürich seit 2004 erweitert und umfasst nun auch Gemeinden im nördlichen Agglomerationsring wie Wallisellen, Opfikon oder Dietlikon. In der folgenden Grafik ist gut erkennbar, zumindest bei den ersten zwei Gemeinden, dass die Tramnetzerweiterung die Bevölkerungsentwicklung ordentlich angeschoben hat.

Bevölkerungswachstum Agglomeration Zürich
Unschwer ist hier zu erkennen, dass sich die Preise im Einklang mit der Bevölkerungsentwicklung sukzessive erhöht haben. Grafik: IAZI

 

Ausschau halten müssten ein Immobilienpromotor oder Wohneigentumsinteressierte also nach Gemeinden, die bisher etwas abgeschnitten waren vom dichten S-Bahn- oder Tram-Netz wie beispielsweise Regensdorf, Seuzach, Kloten. Grafik: IAZI
Hier ist der Wachstumsimpuls seit der Millenniumswende nicht so deutlich, d.h. bei der ländlichen Gemeinde Seuzach fehlt er sogar. Grafik: IAZI
Einen richtigen Schub erhält die Preisentwicklung wieder ab 2019, d.h. zeitgleich mit der Corona-Pandemie, als Einfamilienhäuser eine regelrechte Boom-Phase erleben. Grafik: IAZI

Gemäss aktueller Bevölkerungsprognose werden im Kanton Zürich bis ins Jahr 2040 zusätzlich 280’000 Einwohner leben. Dabei soll 80% des Bevölkerungswachstums in den urbanen Räumen – sprich Agglomerationen – stattfinden. Es ist unschwer zu erkennen, dass die grossen Wachstumsimpulse rund um Winterthur und in einem grossen Radius rund um Zürich zu einem grösseren Bedarf an Wohnraum führen werden. In der Agglomeration wird Verdichtung die einzige Möglichkeit sein, diese Nachfrage abzudecken. Eine grosse Dynamik im Wohnungsbau und in der Verkehrserweiterung wird also weiterhin den bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz prägen und als Vorbild wirken für die vergleichbaren Metropolitanregionen wie Basel, Bern, Genf oder Lugano.

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