In dem anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld des Jahres 2022 hat sich die Espace Real Estate Holding sehr gut behaupten können. Der operative Gewinn stieg auf den Rekordwert von 18.2 Mio. CHF, die Leerstandsquote wurde auf 3,9% deutlich reduziert, die CO2-Bilanz um 20% verbessert. Der GV am 26.04. soll daher eine um 0.25 CHF auf 5.75 CHF angehobene Dividende beantragt werden.
Der Erfolg der von Espace Real Estate verfolgten Strategie der Dekarbonisierung der Liegenschaften ist nicht nur offensichtlich, sondern trifft auch den Nerv der Zeit. Den Vorteil der weitsichtigen Bestückung der Liegenschaften mit PV-Anlagen und den Anschluss an Fernwärmenetze geniessen nun auch die meisten Mieterinnen und Mieter. Zwei Drittel sind von den allgemeinen Energiepreissteigerungen nicht oder kaum betroffen. Das steigert die Zufriedenheit der Mieter und die Attraktivität der Liegenschaften.
Energie und CO2-Bilanz
Den Schlüssel zur Energiepreisbremse und klimaneutralen Energieversorgung bildet der sogenannte «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch», kurz ZEV, mittels dessen die Mieter der Liegenschaften ihren selbstgenerierten Solarstrom ins Netz einspeisen. Viele Liegenschaften sind auch an die ersten Fernwärmenetze der Schweiz angeschlossen, die Wärme aus Seewasser oder Grundwasser gewinnen. Dies trägt auch wesentlich zur Verbesserung der CO2-Bilanz von Espace Real Estate bei. Durch die PV-Installationen und die zertifizierte Bau- und Sanierungspraxis nach SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) hat sich die CO2-Intensität der Liegenschaften 2022 pro Kubikmeter um 20% reduziert.
Zahlenwerk
Die Attraktivität der Liegenschaften sowie die ungebrochene Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum hat 2022 zu einer Reduzierung der Leerstandsquote von 5,3% auf 3,9% geführt. 93 sanierte Wohnungen kamen zur Erstvermietung. Die Mieteinnahmen erhöhten sich von 34.5 Mio. CHF auf 35.6 Mio. CHF. Die Mieterbasis wurde weiter diversifiziert und stieg um 10,4% auf 1620. Neubewertungsgewinne fielen mit 3.1 Mio. CHF um 34,5% tiefer als im Vorjahr aus. Aufgrund geringerer Verkäufe sank der Betriebsertrag um 1,2% auf 36.5 Mio. CHF und der Periodengewinn um 5,9% auf 21.4 Mio. CHF. Der operative Gewinn, also ohne Bewertungseffekte und Verkaufserlöse, erhöhte sich dagegen um 8,2% auf 18.2 Mio. CHF. Der Betriebsaufwand blieb mit 8.2 Mio. CHF unverändert. Der Wert des Portfolios nahm von 738.1 Mio. CHF auf 781.8 Mio. CHF zu. Das Eigenkapital stieg um 10.7 Mio. CHF auf 345.8 Mio. CHF. Die Eigenkapitalquote sank um 1 Prozentpunkt geringfügig auf 43%.
Der Einfluss des Zinsniveaus
Von den Zinsänderungen war Espace Real Estate bisher kaum betroffen. Das Fremdkapital ist zu 95% mit Zinsbindung ausgestattet, die gestaffelt bis 2032 reicht. Nur das kurzfristige Fremdkapital ist dem Zinsanstieg unterworfen. Die gewerblichen Mietverträge sind grossenteils an den Index der Lebenshaltungskosten gekoppelt. Zwar schreitet die Erhöhung des Wohnanteils voran, doch mehr als die Hälfte der Mieteinnahmen kommt von Büro-, Gewerbe-, Lagermietern sowie von Arztpraxen und Gastronomie. Im gewerblichen Bereich sei das Geschäft schwieriger geworden, so die Aussage im Geschäftsbericht. Höhere Diskontierungssätze für zukünftige Cashflows durch ein steigendes Zinsniveau würden die Bewertung der Liegenschaften negativ beeinflussen.
Ausblick
Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sehen trotz des schwieriger werdenden Umfeldes weiterhin gute Perspektiven. 86% des Immobilien-Portfolios ist in den Kantonen Solothurn und Bern konzentriert, der Rest entfällt auf Aargau, Jura und Schaffhausen. Im Marktgebiet sieht Espace Real Estate starke Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum, insbesondere bei nachhaltigen Bauten. Der Schwerpunkt wird auch 2023 auf der weiteren Dekarbonisierung der Liegenschaften liegen respektive der Anwendung nachhaltiger Baupraktiken bei Sanierung und Neubau. Gegenwärtig befinden sich 73 Wohnungen im Bau, 78 sind in der Planungsphase. Im Zertifizierungsprozess durch SNBS befinden sich 89 Wohnungen sowie ein Projekt «Wohnen im Alter».
Bewertung
Die Aktie von Espace Real Estate hat 2022 von 183 CHF auf 170 CHF verloren. Mit 7,1% Kursverlust ragt die Aktie im Universum der Immobilientitel dennoch hervor. Kursverluste von 50% und mehr waren 2022 keine Ausnahme. Zuzüglich der Dividende errechnet sich ein Total Shareholder Return (TSR) von -4,6%. Im Vorjahr hatte der TSR bei 14,1% gelegen. Die zugrunde liegende Entwicklung von operativem Gewinn und Eigenkapital je Aktie zeigt eine hohe Konsistenz. So stieg das EK je Aktie um 3,2% auf 179.15 CHF. Langfristig orientiert sich der Kursverlauf von Espace Real Estate an der Entwicklung des Eigenkapitals. Vor 2021 war regelmässig ein geringer Discount zum EK beim Aktienkurs zu beobachten. Während der Pandemie baute sich jedoch eine leichte Prämie zum EK auf, die nun wieder zum langfristigen Mittel zurückgefunden hat.
Fazit
Frühes Erkennen der Nachfragetrends und eine konsequente Umsetzung der formulierten Strategie mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, attraktive Standorte und Umgebungen sowie Bezahlbarkeit haben Espace Real Estate zu einem Vorreiter des Wandels im Immobilien-Sektor gemacht. Die hohe Profitabilität beweist, dass Pionieren eben auch die Pioniergewinne zufallen, während Mitläufer und Spätkommer nur zweite oder dritte Wahl sind. Die Resilienz des Geschäftsmodells erweist sich gerade in den schwierigen Zeiten des Umbruchs. Zur Finanzierung des weiteren Wachstums soll der GV am 26. April auch eine Kapitalerhöhung beantragt werden. Ziel ist die Aufnahme von rund 35 Mio. CHF. Ein Aspekt ist neben der Stärkung der EK-Basis vielleicht auch, dass nach Durchführung der Kapitalerhöhung die Dividenden auf längere Sicht steuerfrei für Wohnsitz-Schweizer aus der Kapitalreserve ausgeschüttet werden können. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 3,4%.
Die Aktie wird auf OTC-X gehandelt, zuletzt wurden 168 CHF bezahlt. Die anstehende Kapitalerhöhung könnte angesichts der hohen Volatilitäten an den Börsen im Vorfeld zu Kursschwächen führen.
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