Drei Jahre Pandemie haben auch das Klinik- und Bäderunternehmen Bad Schinznach AG zeitweise extrem gefordert. Doch schon Mitte 2022 zeigten die Zahlen in allen Bereichen wieder nach oben. Die Nettoerlöse lagen im letzten Jahr sogar über den 2019er Werten. Nun nimmt das Unternehmen einen seit längerem geplanten Hotelneubau in Angriff.
Kliniken und Hotel gut ausgelastet
Insgesamt erzielte die Bad Schinznach Gruppe im Jahr 2022 einen Nettoerlös von 53.5 Mio. CHF. Das sind 9,9% mehr als im Vorjahr und sogar 2,3% mehr als 2019, dem Jahr vor Beginn der Pandemie. Im umsatzstärksten Geschäftsbereich Klinik und Hotel – hier betreibt das Unternehmen die Privat-Klinik und das Kurhotel Im Park sowie die Klinik Meissenberg in Zug – wurden Nettoerlöse von 40.1 Mio. CHF erwirtschaftet. Während sich die Pflegetage in den beiden Kliniken mit 19’652 (Im Park) und 24’742 (Meissenberg) ungefähr auf Vorjahresniveau bewegten, legte das Kurhotel mit einem Plus von knapp 4% zu. «Unser Hotel war im letzten Jahr wieder sehr gut ausgelastet», berichtete Verwaltungsratspräsident Hans-Rudolf Wyss an der traditionellen Bilanzpräsentation des Unternehmens.
Die grössten Herausforderungen im Klinikbereich habe das Unternehmen Anfang 2022 beim Personal gehabt. Wegen Corona waren immer wieder Mitarbeiter ausgefallen, was den Betrieb erschwerte. Auch mit dem Fachkräftemangel muss sich das Unternehmen auseinandersetzen. «Bisher sind wir mit einem blauen Auge davongekommen», so CEO Daniel Bieri. Aber die Lohnerhöhungen in einigen öffentlichen Spitälern werde auch bei der Bad Schinznach Gruppe zu Anpassungen führen. Der Bäderbereich mit seinen zwei Bädern Aquarena fun und Thermi Spa verfehlte mit 284’289 Frequenzen die Vor-Pandemie-Zahlen um knapp 12%. Zu den Nettoerlösen steuerte dieser Bereich knapp 10 Mio. CHF (Vorjahr: 6.6 Mio. CHF) oder einen Anteil von 18,6% bei. Stabil bleiben die Miet- und Pachtzinserträge mit 2 Mio. CHF. Diese stammen vor allem aus der Vermietung der Wohnüberbauung Meisenpark in Zug, dem Haus Habsburg sowie Pachtzinsen u.a. für den 9-Loch-Golfplatz.
Höhere Energiekosten belasten
Aufwandsseitig stechen insbesondere die höheren Personal- und gestiegenen Energiekosten hervor. Dass die Personalkosten von 32.1 Mio. CHF im Vergleich zum Vorjahr um 2.45 Mio. CHF höher zu Buche schlugen, ist vor allem auf den Wegfall der Kurzarbeitsentschädigung zurückzuführen. Diese betrug 2021 noch 1.27 Mio. CHF. Überraschend ist hingegen der Anstieg der Energiekosten, denn die Bad Schinznach AG hatte schon vor einigen Jahren von Erdgas auf Wärmepumpen umgestellt. «In Bad Schinznach produzieren wir 70-80% der Heizenergie über unsere Wärmepumpen», erläutert Bieri. Für den restlichen Anteil müsse man weiterhin Gas einsetzen. In der Klinik Meissenberg wurde bisher mit Gas geheizt. Aufgrund der Mangellage habe man entschieden, für den Winter 2022/23 von Erdgas auf Heizöl umzustellen. Um den Anteil erneuerbarer Energien in der Zuger Tochterfirma zu erhöhen, ist die Installation einer PV-Anlage geplant. Bei Strom profitiere die Bad Schinznach Gruppe noch von Festpreisen bis Ende 2023. «Wir rechnen damit, dass wir ab 2024 höhere Strompreise zahlen müssen», so Bieri.
Der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) lag mit knapp 7.7 Mio. CHF etwas über dem Vorjahresniveau. Dass trotz geringerer Abschreibungen der Jahresgewinn auf 1.6 Mio. CHF zurückging, ist auf eine geringere Aufwertung der 38,1%igen Beteiligung an der Grosswäscherei Schwob sowie wegfallende Entschädigungen im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie zurückzuführen. 2021 lag die Entschädigung des Kantons Aargau für entstandene Mehrkosten bei 788’000.
Keine grossen Veränderungen zeigen sich in der Bilanz. Zwar erhöhten sich die kurzfristig bezogenen Bankschulden aufgrund der im Jahr 2022 getätigten Investitionen. Dennoch bleibt die Eigenkapitalquote mit 43,2% stabil. Stabil bleibt auch weiterhin die Dividende in Höhe von 48 CHF je Aktie, welche der Verwaltungsrat der Generalversammlung am 24. Mai 2023 beantragt.
Nasser Frühling verhilft zu gutem Start
«Wir haben seit Jahresbeginn richtig an Fahrt aufgenommen», sagt Daniel Bieri mit Blick auf die ersten Monate im laufenden Geschäftsjahr. Das schlechte Wetter in den vergangenen Wochen habe zu höheren Frequenzen in den Bädern geführt, das Hotel sei gut ausgelastet, und auch in den Kliniken laufe es weiterhin gut. Im Gegensatz zu den letzten drei Jahren habe man nun wieder einen kleinen Vorsprung gegenüber dem Budget. Das Jahresergebnis 2023 soll daher leicht über den 22er Werten liegen. Die inflationsbedingt höheren Kosten will das Unternehmen durch moderate Preisanpassungen abfedern.
Der gute Start hat auch den Optimismus im Leitungsteam beflügelt. Nach Abschluss der Zimmersanierungen im März dieses Jahres steht nun das nächste Bauprojekt an. Bis spätestes Sommer 2026 sollen das bestehende Restaurant sowie der Küchen- und Verwaltungstrakt erneuert werden. Ausserdem entsteht angrenzend an das heutige Restaurant ein moderner Hotelneubau mit einem zweiten Restaurant. Die Investitionen sollen nach heutigen Planungsstand im Bereich von 27 Mio. CHF liegen und mit Fremdkapital finanziert werden. Das Bauprojekt wurde bereits 2019 angekündigt, wegen der Pandemie jedoch aufgeschoben. Allerdings liefen die Planungen stets weiter.
Fazit
Auch die Bad Schinznach AG hat die Folgen der Pandemie hinter sich gelassen und blickt optimistisch in die Zukunft. Dies zeigt der Planungsfortschritt für das neue Hotel. Erfreulich ist, dass es der Gesellschaft in diesem Jahr gelungen ist, auch ohne staatliche Unterstützungsgelder wieder einen akzeptablen Unternehmensgewinn zu erzielen. Bei Kursen von 2’150 CHF, die zuletzt auf OTC-X für eine Aktie bezahlt wurden, liegt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis bei eher hohen 36.5. Der ausgewiesene Buchwert liegt bei 1’679 CHF je Aktie, der Kurs also rund 30% darüber. Die Dividendenrendite von 2,2% ist zwar nicht üppig. Allerdings erfolgt diese sehr konstant – das Pandemiejahr 2020 einmal ausgenommen. Interessant ist der Titel vor allem wegen der hohen Substanz. Sowohl in Schinznach als auch in Zug bestehen Landreserven, die dem Unternehmen gehören und eines Tages bebaut werden könnten.
Somit bleibt die Aktie weiter ein Titel für langfristige Anleger mit einem Faible für Substanzwerte. Interessant ist zu sehen, dass die Anzahl Aktionäre während der Pandemie von 796 auf 824 gestiegen ist. Auch die Wyss Gruppe von VRP Hans-Rudolf Wyss hat 2022 ihren Anteil leicht von 56.6 auf 57% aufgestockt.