Storming, Norming und Performing. Diese drei Phasen hat die Bernexpo Gruppe nach den Worten von Verwaltungsratspräsident Peter Stähli in den letzten drei Jahren durchlaufen. Nachdem der Corona-Sturm Ende des 1. Quartals 2022 abgeflaut war, kehrte das Berner Messe- und Kongressunternehmen 2022 wieder zur Normalität zurück. Bei einem Umsatz von 41.9 Mio. CHF schaute im vergangenen Jahr am Ende ein Gewinn von knapp 1 Mio. CHF raus. Operativ resultierte allerdings noch ein hoher Verlust. Das soll sich in diesem Jahr ändern. Denn nun startet die Phase des «Performing».
Neue Festhalle als Leuchtturm
Wer derzeit mit dem Tram am Berner Messegelände eintrifft, wird von einer grossen Baustelle empfangen. Pünktlich nach Ende der diesjährigen Publikumsmesse BEA am 7. Mai starteten die Abbrucharbeiten der alten Festhalle. Doch von einer Abbruchstimmung war an der Generalversammlung der Bernexpo AG wenig zu spüren. Im Gegenteil: Denn das Live-Marketingunternehmen befindet sich eher in Aufbruchstimmung. Dies machten Verwaltungsrat und Geschäftsleitung an der diesjährigen Generalversammlung des Unternehmens vor 235 Aktionären deutlich. Denn spätestens mit der Eröffnung der Neuen Festhalle in Bern im April 2025 sieht Peter Stähli ganz neue Möglichkeiten. Nicht nur für das Messe- und Eventgeschäft der Bernexpo Gruppe, sondern auch für Bern als Eventstadt.
Insbesondere auch für Fachmessen, deren Ansprüche immer weiter steigen, könnte die Festhalle als Leuchtturm dienen. Auch sei es möglich, ganz grosse Veranstaltungsformate nach Bern zu holen, so Stähli. In diesem Zusammenhang erwähnte er den Congress Hub Bern, der 2022 gemeinsam mit der Tourismusorganisation Bern Welcome und der Kursaal Bern AG ins Leben gerufen wurde. Auch wenn Stähli den Beginn der Phase «Performing» ausrief, so unterliess er es ebenfalls nicht, die Aktionäre um Geduld zu bitten. Um Geduld, weil der Geschäftsverlauf in den nächsten zwei Jahren vom Bau der Festhalle beeinflusst werden wird. Und um Geduld, weil es in dieser Zeit auch keine Dividenden gibt. Der Grund dafür liegt allerdings in den Härtefallgeldern, die die Bernexpo AG in den letzten zwei Jahren von der öffentlichen Hand erhalten hat. Insgesamt 14.6 Mio. CHF flossen vom Kanton Bern als a-fonds-perdu-Gelder zur Abfederung der Corona-Folgen an das Unternehmen. Covid-Kredite, von denen die Bernexpo ebenfalls Gebrauch machte, sind bereits wieder zurückbezahlt worden.
Pandemiefolgen belasten Start ins 2022
Dennoch war die Jahresrechnung 2022 nochmals stark von den Folgen der Pandemie geprägt. Zwar erhöhte sich der Umsatz markant auf 41.9 Mio. CHF und hat sich im Gegensatz zum Vorjahr fast verdoppelt. Allerdings führte die Wiederaufnahme der Geschäftsaktivitäten zu einem kräftigen Schub bei den Kosten: Einerseits erhöhten sich die Personalkosten um 29,4% auf 13.8 Mio. CHF, was vor allem auf den Wegfall der Kurzarbeitsentschädigung zurückzuführen ist. Andererseits schlugen die Aufwendungen für das Wiederhochfahren des Betriebes in den ersten drei Monaten des Jahres 2022 zu Buche, ohne dass hier Umsätze realisiert werden konnten. Einen kräftigen Schub verzeichneten auch die Energiekosten, die von 880’000 CHF im Jahr 2021 auf 2.5 Mio. CHF stiegen. Trotz der deutlichen Umsatzsteigerung verblieb auf Stufe EBITDA mit einem Verlust von 186’000 CHF eine «rote Null». Härtefallgelder in Höhe von 1.4 Mio. CHF (Vorjahr: 13.2 Mio. CHF) halfen der Bernexpo AG noch in die Gewinnzone, sodass unter dem Strich ein konsolidierter Jahresgewinn von 0.9 Mio. CHF ausgewiesen werden konnte. Auch die Bilanz zeigt sich mit einer Eigenkapitalquote von 70,2% solid.
Neue Konzepte…
Im laufenden Jahr wird sich die Bernexpo AG an einer Kapitalerhöhung der Messepark AG beteiligen, die zur Finanzierung der Neuen Festhalle notwendig ist. Derzeit ist die Bernexpo AG mit 32,6% an der Messerpark Bern AG beteiligt, die Besitzerin der gesamten Messehallen in Bern ist. Auch wenn die Festhalle ein wichtiger Bestandteil in der Strategie der Bernexpo ist, so arbeitet das Team um CEO Tom Winter an verschiedenen Themen, um den künftigen Erfolg des Unternehmens sicherzustellen. Wie Winter an der Generalversammlung deutlich machte, geht es dabei auch darum, die verfügbaren Flächen anders zu bespielen. Ein Teil des Konzepts sei der Bereich Labs&Shops, wo die Bernexpo auf dem Gelände dauerhaft Mieter gewinnen will. Erste Pilotprojekte dazu gebe es bereits, so Tom Winter, und verweist auf den Shop des e-Bike-Anbieters m-Way, der sich in der sogenannten Bernexpo LAB Halle 1.1 befindet. Zudem arbeitet das Team an einer digitalen Lösung, welche die Buchung von Events wesentlich vereinfachen soll.
… und Nachhaltigkeit im Fokus
Auch das Thema Nachhaltigkeit nehme einen wichtigen Schwerpunkt ein, so Winter. So habe die Bernexpo Groupe eine ISO-Zertifizierung erhalten, welche die Anforderungen an ein Nachhaltigkeits-Managementsystem für Veranstaltungen oder veranstaltungsbezogene Aktivitäten festlegt. Mit einem ausführlichen Konzept wurden diverse ehrgeizige Ziele für die kommenden drei Jahre in unterschiedlichen Bereichen definiert, um die Nachhaltigkeit zu verbessern. Dazu gehören Energie, Verpflegung und Food Waste, Abfall und Recycling, Ressourcenverbrauch und Beschaffung, Integration, Diversity und Accessability, sanitäre Einrichtungen und Reinigung, Auf- und Abbau und Logistik sowie Arbeitsbedingungen und Sicherheit. Zudem sei die Bernexpo auch Club Member bei Sustainable Switzerland geworden.
Der Start ins 2023 sei gut gelaufen, so Tom Winter. Allein die BEA lockte wieder weit über 300’000 Besuchende auf das Messegelände. Die ersten Anzeichen stimmen also zuversichtlich, dass die Phase «Performing» gelingen könnte. An der Generalversammlung wurden nach dem Rücktritt von Pascale Bruderer Wyss als neue Mitglieder Sandra Banholzer, CEO der Rausch AG in Kreuzlingen, und Sascha Zahnd, ehemaliger Europachef von Tesla, in den Verwaltungsrat gewählt.
Fazit
Die Corona-Pandemie hat auch im Jahr 2022 nochmals das Ergebnis der Bernexpo AG negativ beeinflusst, wie der Verlust auf Stufe EBITDA und EBIT zeigt. Allerdings ist der kräftige Umsatzanstieg ein starkes Zeichen dafür, dass das Eventgeschäft schon im letzten Jahr rasch zurückgekehrt ist. Auch für das laufende Jahr zeichnet sich eine weiterhin positive Entwicklung auf der Umsatzseite ab. Das Flaggschiff unter den Publikumsmessen, die BEA, zählte so viele Besucher wie noch nie. Ein Wehmutstropfen dabei ist jedoch, dass die Zahl der BEA-Aussteller gegenüber 2019 deutlich zurückgegangen ist. Allerdings sollte es dem Unternehmen dennoch gelingen, den Umsatz weiter zu steigern. Viel wichtiger ist es jedoch, dass sich die Umsatzsteigerung auch auf der Gewinnstufe durchschlägt. Vor der Pandemie erzielte die Bernexpo Groupe EBITDA-Margen im Bereich von 20%. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung betonen, dass sie laufend an der Effizienz der Organisation arbeiten. Dies sollte sich daher bald in höheren Margen zeigen. Bis allerdings wieder Margen von um die 20% erzielt werden, müssen sich die Aktionäre noch etwas gedulden. Denn die Bauarbeiten für die neue Festhalle belasten das Geschäft temporär: Dies nicht nur durch die Bautätigkeiten selbst, sondern auch durch fehlende Flächen und zusätzliche Kosten für Zeltbauten etc. Hinzu kommen Investitionen in neue Projekte, wie beispielweise ein Eventbuchungstool.
Spätestens nach der Eröffnung der Neuen Festhalle im Jahr 2025 dürfte die Bernexpo AG wieder an frühere Zahlen anknüpfen und diese noch übertreffen. Ab 2026 könnten auch wieder Dividenden ausgeschüttet werden. Der Aktienkurs der auf OTC-X gehandelten Aktien hat seit Jahresbeginn um über 11% zugelegt und notiert derzeit mit 330 CHF leicht über dem ausgewiesenen Buchwert von 298 CHF. Damit sind die Aktien auf dem aktuellen Kursniveau zwar nicht zu teuer. Allerdings dürfte der Aktienkurs erst wieder weiter an Fahrt gewinnen, wenn sich eine nachhaltige Steigerung der Gewinne abzeichnet und eine Dividendenzahlung wieder in greifbare Nähe rückt.