Premiere für Josef Felder: 2022 wurde er zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt, in diesem Jahr präsidierte er zum ersten Mal die ordentliche Generalversammlung (GV) der SGV Holding AG. Er habe sich noch vor einem Jahr gefragt, ob der Tourismus zurückkäme und ob das ihm anvertraute Unternehmen überhaupt überleben werde, umschreibt Felder seine Befürchtungen bei Amtsantritt.
Diversifizierung bringt Synergien
Wie sich die Zeiten doch ändern: Wurden 2020 und 2021 noch Rekordverluste geschrieben, so verzeichnete die SGV Gruppe im Jahre 2022 einen Rekordgewinn, wie Felder den Aktionärinnen und Aktionären hocherfreut mitteilen konnte. Die Situation durch die Pandemie hätte einen Paradigmenwechsel erfordert, heute sei die Zukunft nicht einfach mehr die stetige Weiterentwicklung der Gegenwart, Resilienz sei gefragt, die die SGV bewiesen habe. Das sei im Besonderen auf die jeweils schnelle Reaktion des Managements zurückzuführen und auf die seit längerem angestossene Diversifizierung, die Synergien bringe, aber auch auf die Unterstützung durch den Staat mit Härtefallgeldern und Kurzarbeitsentschädigung, die eine Stabilisierung der Bilanz ermöglicht hätte. Deshalb galt Felders Dank an erster Stelle den fünf Anrainerkantonen des Vierwaldstättersees, den staatlichen Stellen und der Stadt Luzern.
SGV-Gruppe Teil der Lösung, nicht des Problems
«Krisen können auch Chancen sein», sagte Felder. Die SGV hat Leitideen bis ins Jahr 2030 definiert. Dazu gehört auch, den Anteil der fossilen Energien der Flotte bis 2026 um über 20% zu senken. Denn die SGV AG mit ihren Kursschiffen wolle nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein. Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte veröffentlichte das Unternehmen einen ausführlichen Nachhaltigkeitsbericht als Bestandteil des Geschäftsberichts. «So wie in der Natur eine Mischkultur widerstandsfähiger ist als eine Monokultur, erhöht strategische Diversifikation die Resilienz eines Unternehmens, selbst zum Preis verringerter Effizienz», schreiben dazu die Verantwortlichen im Nachhaltigkeitsbericht.
Unternehmen ist in den letzten zwanzig Jahren um den Faktor 4 gewachsen
CEO Stefan Schulthess erläuterte anschliessend den Geschäftsgang im Jahr 2022 und wartete mit eindrücklichen Zahlen auf. So sei es in den letzten 20 Jahren gelungen, aus einem Schifffahrtsunternehmen mit rund 25 Mio. CHF Umsatz zu einer Unternehmensgruppe mit den Sparten Tourismus und Schiffbau mit über 450 Mitarbeitenden und einem Umsatz von knapp 100 Mio. CHF zu wachsen.
Im letzten Jahr hätten die SGV und die Gastronomie-Tochter «Tavolago» von einer positiven Marktentwicklung und stabilem Sommerwetter profitiert, freute sich Schulthess. Die unternehmenseigene Werft, die «Shiptec AG», sei besser durch die Krise gekommen als die Schifffahrt und die Gastronomie. Seit 2 Jahren arbeitet man nun an dem komplexen und anspruchsvollen Grossauftrag mit einem Volumen von 60 Mio. CHF für zwei neue Pendlerschiffe auf dem Genfersee. Aktuell wird das erste Schiff an den Auftraggeber Compagnie générale de navigation sur le Lac Léman (CGN) übergeben.
10 Weltumrundungen mit der SGV-Flotte
Die unerwartet erfreuliche Umsatzsteigerung bei tieferen Kosten führte Schulthess einerseits auf den Wegfall von Covid zurück, andererseits sei der internationale Tourismus zurückgekehrt und die Durchführung von Events wieder möglich. Allein auf dem Vierwaldstättersee stieg die Anzahl der Passagiere um 53% auf 2.7 Mio., der Verkehrsertrag legte um 50% auf 35 Mio. CHF zu. Insgesamt habe die Flotte auf dem Vierwaldstättersee mit 388’000 Kilometern fast 10 Weltumrundungen im letzten Jahr hinter sich.
Umstellung auf E-Antrieb und Wasserstoff
Auch Schulthess verwies auf den Nachhaltigkeitsbericht und strich die drei Pfeiler der Nachhaltigkeit, Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung, heraus. Insbesondere ging er auf die Umrüstung der «MS Rüti» auf Elektroantrieb und den geplanten Umbau der «MS Saphir» hin zu einem Wasserstoff-Antrieb ein. Auch habe man sich entschieden, die gesamte Belegschaft ab 2023 um 4% höher zu entlöhnen.
«SEElenbalsam» heisst die neue Werbekampagne, die rund um den Vierwaldstättersee ausgehängt ist. Seelenbalsam war ganz sicher das Geschäftsjahr 2022, aber auch die ersten fünf Monate 2023 senden nach Auskunft von Schulthess ermutigende Signale aus.
Rekordwerte bei Umsatz und EBITDA
Nach der Felder-Premiere als VRP gab es noch einen zweiten Primeur. Zum ersten Mal stellte der neue CFO, Pascal Koch, den Aktionärinnen und Aktionären die Geschäftszahlen vor. Mit einem Umsatz von 94.7 Mio. CHF und einem EBITDA von 12.6 Mio. CHF erzielte die SGV Gruppe Rekordwerte und übertraf die bisherigen Bestmarken aus den Geschäftsjahren 2018 und 2019. Besser kann ein Einstand für einen Finanzverantwortlichen nicht sein!
Das freute die anwesenden 335 Aktionärinnen und Aktionäre, die zusammen mit den Stimmen des unabhängigen Stimmrechtsvertreters alle Anträge des Verwaltungsrates mit grösstmöglichem Mehr guthiessen.
Verabschiedungen
Zum Ende der GV galt es, Verabschiedungen vorzunehmen. Rudolf Stadelmann war seit 2012 Geschäftsführer der Shiptec AG, er wird dem Unternehmen noch zwei weitere Jahre erhalten bleiben, gibt aber die Verantwortung als Geschäftsführer jetzt ab. Noch länger dabei war PricewaterhouseCoopers (PwC) als Revisionsstelle, nämlich geschlagene 40 Jahre. Neu wird die BDO die Buchprüfung verantworten.
Am Schluss schenkte ein Aktionär dem Verwaltungsratsvorsitzenden eine Leine, mit der er die Geschäftsführung enger an die Kandare nehmen solle, so der Wunsch des Anteileigners. Er monierte insbesondere die seiner Meinung nach zu hohen Preisen auf den Schiffen für Wasser und Hacktätschli. Und er hätte gerne wieder mehr Bootsverbindungen auf dem Vierwaldstättersee gesehen. Der VRP und der CEO nahmen den Einwurf gelassen mit einem Lächeln hin.
Wer jetzt nach der Erwähnung von Hacktätschli Hunger bekam, der war bei der GV am richtigen Ort. Denn zum Abschluss gab es in den Räumlichkeiten der Messe Luzern einen hervorragenden Apéro riche aus der Küche der unternehmenseigenen «Tavolago». Dabei hatten die Aktionärinnen und Aktionäre Gelegenheit, sich mit Verwaltungsrat und Geschäftsführung im direkten Gespräch auszutauschen, was sehr rege genutzt wurde.