Raurica Wald: «Der Wald ist mehr als die Summe der Bäume»

Wirren am Holzmarkt schlagen sich negativ auf Ergebnis nieder

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Raurica Wald hat zwei neue LKWs gekauft, die waldgängig sind und grosse Holzmengen transportieren können. Bild: rauricawald.ch

Die Energiepreise spielten im Jahr 2022 verrückt: Gas und Elektrizität waren so teuer wie nie zuvor, aber auch nachwachsende Rohstoffe wie Holz bekamen die Preishysterie zu spüren. Ein Lied davon singen kann die Raurica Wald, der die Holzpreise ordentlich zu schaffen machten.

Hohe Beschaffungspreise drücken auf den Gewinn

Denn obwohl die Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen im Berichtsjahr 2022 konzernweit auf 23.04 Mio. CHF stiegen (Vorjahr: 21.06 Mio. CHF), sank der Betriebserfolg auf Stufe EBITDA um über 30% auf 2.91 Mio. CHF. Das ist an erster Stelle auf die höheren Beschaffungspreise zurückzuführen. So kletterte der Material- und Logistikaufwand gegenüber dem Vorjahr um 22% oder knapp 3 Mio. CHF auf 16.34 Mio. CHF. Unter dem Strich weist das Unternehmen auf Konzernebene einen Gewinn von 551’000 CHF aus, 2021 lag dieser noch bei 1.7 Mio. CHF.

Nach wie vor sei die finanzielle Situation der Raurica Holzvermarktung AG sehr stabil, doch habe sie sich im Berichtsjahr durch die Wirren am Holzmarkt nicht positiv entwickeln können, schreibt der Geschäftsführer der Raurica Wald AG, Stephan Rüdlinger, im Geschäftsbericht. Der Umsatz konnte zwar bei unterproportional steigenden indirekten Kosten erhöht werden. Diese positive Entwicklung sei aber sehr stark durch die enorm gestiegenen Beschaffungskosten getrübt geworden, so Rüdlinger.

Unternehmensentwicklung der Raurica Wald AG über die letzten 8 Jahre. Grafik: zVg.
Langjährige Energieholzlieferverträge stellen Unternehmen vor nicht vorhersehbare Preisfragen

«Der Wald ist mehr als die Summe der Bäume», so eröffnete VR Präsidentin Stephanie Oetterli Lüthi die GV. Und zog gleich die Analogie zum Unternehmen, das aus mehr bestünde als den Erfolgsrechnungen. «Die unruhige Preispolitik des vergangenen Jahres hat uns vor Augen geführt, dass nicht alles planbar ist. Dies betrifft insbesondere die langjährigen Energieholzlieferverträge, die bis anhin eine wertvolle Absicherung des Absatzes waren und künftig sein werden, uns aber vor nicht vorhersehbare Preisfragen stellten», schreibt Oetterli Lüthi im Vorwort zum Geschäftsbericht. So hätten sich die Holzschnitzelpreise sehr volatil gezeigt mit massiven Preisaufschlägen, insbesondere im Bereich Altholz und Sägereirestholz. Die Energieholzpreise und die Preise des Altholzes hätten zur Folge gehabt, dass Raurica Wald, allen voran bei der Tochter Raurica Holzvermarktung AG, das zweite Jahr in Folge einen spürbaren Gewinnrückgang hätte hinnehmen müssen, so Oetterli Lüthi.

Massive Knappheit bei Altholz

In dasselbe Horn stösst Rüdlinger. Wer hätte gedacht, dass man in sehr kurzer Zeit von einem Überangebot an Energieholz in eine Knappheit rutschen könne, fragt sich der Geschäftsführer. Dazu kam, dass parallel auch die Pelletpreise stark anstiegen, wodurch die Pellethersteller die hohen Rohstoffkosten problemlos hätten weitergeben können. Dies habe wiederum Einfluss auf die Holzwerkstoffplattenproduzenten gehabt, welche durch die hohen Rohstoff- und Energiekosten in Bedrängnis gerieten. Diese wichen auf Altholz aus, was zu massiver Knappheit an Altholz geführt hätte, so Rüdlinger.

Die enorm grosse Nachfrage nach Brennholz im Herbst 2022 hat zusätzlich dazu geführt, dass weniger Holz für stoffliche Verwertung bereitgestellt wurde. Diesen Trend will die Raurica brechen und sich weiterhin intensiv für die stoffliche und somit nachhaltige Nutzung von Holz einsetzen. Dies gilt auch für Industrieholz, welches vornehmlich stofflich genutzt werden sollte, so die Forderung der Raurica Wald.

Neue Hürden kommen auf die Tochter Fagus SA zu

Womit wir bei der Tochter Fagus Suisse SA wären, die sich auf die stoffliche Nutzung des Holzes spezialisiert hat. Die 18%-Beteiligung, die strategisch massgeblich durch die personelle Besetzung von Entscheidungsträgern der Raurica Wald im VR der Fagus Suisse gelenkt wird, leidet unter den volatilen Brennholzpreisen, die sich negativ auf den Markt niederschlagen und im Gegensatz zum Trend des Bauholzes unbeständig bleiben. «Die Versorgung der Rohstoffe konnten wir im Jahr 2022 in Zusammenarbeit mit den Sägereien und den Waldbesitzern soweit aufrechterhalten. Für das kommende Jahr werden jedoch wieder neue Hürden auf die Fagus zukommen», schreibt Rüdlinger.

Neues Holzverarbeitungszentrum geplant

Auch deshalb treibt Raurica Wald zusammen mit der Kuratle Gruppe den Ausbau der Verarbeitung von Schweizer Holz in der Schweiz voran. Im aargauischen Full-Reuenthal soll ein Holzverarbeitungszentrum entstehen, wo auf einer rund 66’000 m2 grossen Parzelle rund 120’000 Festmeter Rundholz am Standort eingeschnitten und Produkte aus Nadel- und Laubholz für den Schweizer Markt produziert werden sollen, welche bis heute mehrheitlich importiert werden müssen. Damit könnte unter anderem auch die Versorgungssituation der Fagus Suisse verbessert werden.

Raurica Wald hält an dem Gemeinschaftsunternehmen Full Property, das die Parzelle erworben hat, 50%, die anderen 50% Kuratle. Im Gespräch am Rande der GV von Raurica Wald äusserte sich George Kuratle, VR-Präsident und Inhaber der Kuratle Group, gegenüber schweizeraktien.net zu den Plänen in Full-Reuenthal. Kuratle geht von einem Investitionsvolumen von ca. 70 Mio. CHF aus, die Bauarbeiten sollen Ende 2024 beginnen, und ab 2027 soll das Werk operativ tätig sein. Die Mehrheit des operativen Unternehmens werde bei Kuratle liegen, so George Kuratle.

Unzufriedenheit bei Waldbesitzern

51% hält Raurica Wald an der Holzkraftwerk Basel AG. Grosse Holzkraftwerke wurden in der Vergangenheit nur mit dem Ziel realisiert, eine gewisse Stabilität bei den Brennstoffkosten zu erreichen. Dazu hat man sowohl auf der Kundenseite als auch auf der Lieferantenseite langfristige Verträge erstellt. Diese wurden häufig mit dem Holzenergieindex von Holzenergie Schweiz indexiert, was Raurica in den letzten Jahren geholfen hat, die Preise gegenüber einem Überangebot und massiv fallenden Spotmarktpreisen zu schützen. Nun habe sich aber gezeigt, dass diese Stabilisierung nicht nur gegen unten, sondern auch gegen oben wirkt. Das heisst, bei stark steigenden Spotpreisen werde ein indexierter Preis nie so schnell steigen. «Allerdings ist zu erwarten, dass alle mit langfristigen Verträgen ausgestatteten Waldbesitzer auf Dauer von den hohen Indexwerten profitieren werden. Der erwähnte stabilisierende Faktor führte jedoch verständlicherweise zu Unzufriedenheit, da die Preise nicht schneller stiegen», versucht Rüdlinger die Waldbesitzer, die auch mehrheitlich Aktionäre der Raurica Wald sind, zu beruhigen.

Bei der GV ergriffen zwei Aktionäre das Wort, die lieber die Dividende gestrichen sähen, um dafür höhere Preise für ihr Holz von Raurica Wald zu erhalten. Foto: zVg.
Dividende streichen – Preise anheben

Dennoch gab es an der GV kritische Wortmeldungen von zwei Aktionären, die lieber die Dividende gestrichen gesehen hätten, um im Gegenzug höhere Preise für ihr Holz zu erhalten. VRP Oetterli Lüthi und ihr Stellvertreter, German Wiggli, hielten dagegen, dass die Mehrheit des Aktienbesitzes in der Hand von Kommunen und Gemeinden läge und dass diese auf eine Dividende angewiesen seien. Ein Antrag auf Streichung der Dividende wurde denn auch von der GV mit grossem Mehr bachab geschickt.

Fazit

Wie alle Energieunternehmen leidet auch Raurica Wald unter den volatilen Energiepreisen und der damit verbundenen Knappheit am Rohstoff Holz. Preiserhöhungen können nicht 1:1 weitergegeben werden, einerseits durch den an den Holzenergieindex gebundenen Preis, andererseits durch langfristige Abnahmeverträge mit der Käuferseite. Die Knappheit des Rohstoffes führt aber nicht nur zu Preiserhöhungen, sondern auch zu Produktionsengpässen, beispielsweise bei der Tochter Fagus Suisse.

Deshalb ist es sehr begrüssenswert, dass man zusammen mit der Kuratle Group im Aargau eine Parzelle erworben hat, um darauf ein Holzverarbeitungswerk zu realisieren. Reshoring heisst hier das Stichwort, also das Zurückholen industrieller Tätigkeiten ins Stammland des Unternehmens. Jetzt bleibt die Frage, ob der Bau so realisiert werden kann, wie sich das George Kuratle vorstellt und insbesondere, wie die Finanzierung aussehen soll. Denn auch wenn Raurica Wald nur eine Minderheit am Werk besitzen wird, so werden doch hohe Beträge herbeigeschafft werden müssen.

Für die Waldbesitzer, die den Grossteil des Aktionariats der Raurica Wald ausmachen, ist insbesondere der Preis für ihr Holz ein entscheidender Faktor. Und hier gibt es noch Luft nach oben, wie die Kritik einzelner Aktionäre an der Unternehmensführung zeigt. Für Raurica Wald wird das weiter der Spagat bleiben: Einerseits die Kosten beim Einkauf übersichtlich zu halten, um einen Gewinn zu erzielen, was Teile der Aktionäre ablehnen, andererseits wollen aber die Besitzer, also ein anderer Teil der Aktionäre, eine Dividende ausgeschüttet bekommen. Immerhin können sich alle Aktionärinnen und Aktionäre an einer Dividende von 20 CHF erfreuen, was einer Dividendenrendite von 1,9% entspricht. Mit einem KGV von 43 auf der Basis des 2022er Gewinns sind die Raurica-Aktien nicht mehr ganz günstig. Der ausgewiesene Buchwert liegt bei 786 pro Aktie.

Die Aktie von Raurica Wald wird auf otc-x gehandelt und hat sich in den letzten drei Jahren im Wert fast auf 1’050 CHF verdoppelt.

Chart Raurica Wald AG
Kursverlauf der Raurica-Wald-Aktie über die letzten drei Jahre. Quelle: otc-x.ch

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