Es ist nicht so, dass die Bergbahn Sattel Hochstuckli erst seit letztem Winter wirtschaftliche Probleme hätte. Bereits seit einigen Jahren läuft der Geschäftsgang nicht befriedigend. Aber der schneearme Winter 2022/2023 machte klar, dass es nicht mehr weitergehen könne wie bisher, so das Unternehmen.
Also entschloss sich der Verwaltungsrat im Juni, zwei von drei Skiliften samt Beschneiungsanlagen zu schliessen. Der letzte Winter sei katastrophal gewesen, sagte VR-Präsident Martin Ulrich an der Generalversammlung, die am 2. August stattfand. Man habe pro Eintritt einen Verlust von 21 CHF gemacht, in den Vorjahren sei dieser noch zwischen 8 und 12 CHF gelegen. Insgesamt schrieb das Unternehmen im Geschäftsjahr 2022/23 (zum 31.3.) einen Verlust von 163’200 CHF.
VR sticht in Wespennest
Was zunächst wie eine vernünftige Massnahme klingt, nämlich in dem Schwyzer Ausflugsgebiet, das zwischen 800 und 1400 m.ü.M. liegt, wegen des Klimawandels nicht mehr auf – verlustbringenden – Skisport zu setzen, kam jedoch in Sattel und den umliegenden Gemeinden gar nicht gut an. Die vielen teils erbosten Voten von Aktionärinnen und Aktionären an der GV vermittelten den Eindruck, als habe der VR mit der Schliessung der Skilifte regelrecht in ein Wespennest gestochen.
Wenn man dem Schweizer bzw. Schwyzer sein liebstes Freizeitvergnügen nimmt, sollte man allerdings auf derartige Reaktionen vorbereitet sein. Der VR war es an der GV nicht. Fast schon stoisch liess er die geballte Kritik der Aktionärinnen und Aktionäre auf sich niederprasseln. Denn die Sattler und Sattlerinen haben an diesem Berg Skifahren gelernt, sie machen heute als Skilehrer, Gastronomen und Hoteliers Geschäfte mit dem Tourismus; für sie stirbt mit der Skiliftschliessung ein Stück Identität, und es bricht ein Stück des Kuchens weg, von dem sie leben. Der Imageschaden für Sattel und die Region sei gewaltig, brachte es ein Aktionär auf den Punkt.
Widerstand formiert sich
Für solche Äusserungen gab es tosenden Applaus der über 500 Aktionärinnen und Aktionäre, die sich dicht gedrängt im Festzelt, das traditionell ab dem 3.8. für das Sattlerfäscht aufgestellt wird, versammelt hatten. Bereits im Vorfeld hatte die Interessengemeinschaft IG Skibetrieb Hochstuckli klargemacht, dass sie den Entscheid der Schliessung nicht akzeptieren werde, und forderte unter anderem die Abwahl des Verwaltungsrats Pirmin Moser, dem derzeitigen Gemeindepräsidenten von Sattel.
Auszählung der Stimmen wird zur Geduldsprobe
Der Verwaltungsrat machte aber schon ganz zu Anfang klar, dass der Entscheid zur Schliessung der Skilifte ein unternehmerischer sei und nicht in die Kompetenz der GV gehöre. Antrag abgeschmettert. Wer sich jetzt allerdings auf eine zügig durchgeführte GV freute und dem Schüblig mit Älplermagronen entgegenhungerte, um dem stickigen Zelt und den harten Bierbänken zu entkommen, sah sich getäuscht. Über vier Stunden sollte sich die GV noch hinziehen. Die Forderung eines Aktionärs, über die Traktanden in Geheimabstimmung zu befinden, zog eine erste längere Pause nach sich, in der sich der VR und ihr Anwalt berieten. In dieser Pause ergriffen erste Aktionäre reissaus, was dazu führte, dass sich das absolute Mehr der anwesenden Stimmen veränderte. Dies wiederum hatte die Konsequenz, dass nicht nur Nein-Stimmen und Enthaltungen eingesammelt werden mussten, sondern jetzt auch noch die Ja-Stimmen, was nach jedem Traktandum zu längeren Zählpausen führte.
VR kommt mit blauem Auge davon
Man hatte den Eindruck, als herrsche eine «Wir-gegen-sie»-Stimmung, insbesondere im Verwaltungsrat. Der VR tat nichts, um die langen Pausen zu überbrücken, um die Stimmung im Saal herunterzukochen, die sich zunehmend an diesem Sommerabend erhitzte.
Am Schluss kamen aber Unternehmen und Verwaltungsrat mit einem blauen Auge davon. Mit den Stimmen der Hauptaktionäre, die vorwiegend aus den Gemeinden rund um Sattel bestehen, wurde sowohl dem Verwaltungsrat die Entlastung erteilt als auch die Wiederwahl von Pirmin Moser gesichert. Auch die anderen Traktanden wurden im Sinne des Unternehmens gutgeheissen, wenn auch in den meisten Fällen eher knapp.
Ausblick
Die IG Skibetrieb Hochstuckli hat nach eigenen Aussagen genug Stimmen gesammelt, um eine ausserordentliche GV einzuberufen. Sollten alle Formalitäten erfüllt sein, wird sich der VR innerhalb von sechzig Tagen ein weiteres Mal mit seinen Aktionärinnen und Aktionären auseinandersetzen müssen. Ausgang offen.
Fazit
Sattel Hochstuckli kann durchaus als Beispiel genommen werden, was Skigebieten, gerade denjenigen in mittleren Lagen, durch den Klimawandel droht. Man muss gleichzeitig vielen der Bergbahnbetriebe in diesen mittler Lagen zugutehalten, dass sie den Shift von Winter- zu Sommerbetrieb antizipiert haben, so auch Sattel Hochstuckli. Hier setzt man verstärkt auf Sommertouristen, z.B. mit einer Rodelbahn.
Viele Bergbahnen sind ihren Regionen fest verankert, nicht nur, was Gäste und Zulieferer anbelangt, sondern auch, was das Aktionariat betrifft. Neben der IG forderten deshalb auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger von Sattel einen Runden Tisch, um «ihr» Skigebiet in die Zukunft zu führen. Bisher hat dies der VR eher abgeblockt. Dazu kommt, dass die Kommunikation mit den verschiedenen Interessenvertretern durchaus Luft nach oben hat. Immer wieder hörte man von den Anteilseignern, dass sie die Entscheide des VR ausschliesslich über die Medien erfahren hätten. Hier ist dringend eine stringente Kommunikation gefragt. Sonst wird es einsam um den bestehenden Verwaltungsrat.
Die Aktie der Sattel Hochstuckli AG wird auf otc-x gehandelt und kostete zuletzt 140 CHF.
Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 von schweizeraktien.net findet am 26. Oktober in Interlaken statt.
Wer kauft für Fr. 140.- noch Aktien der Sattel- Hochstuckli AG ? Bilanz verrät einen Wert unter hundert.
Auf OTC-X werden 10 Aktien zu 140 CHF gesucht. Offenbar gibt es Käufer, die bereit sind, diesen Preis zu zahlen. Details auf https://www.otc-x.ch/security/CH0002331368
Der VR hat korrekt entschieden. Alternativen: Extrem höhere Billetpreise oder die Aktionäre schiessen viel Geld in das Unternehmen. Weitermachen wie bisher geht nicht – so kommts zum Konkurs.
Wenn man den Wertverlust der Immobilien auf dem Mostelberg ohne Winterbetrieb miteinberechnet, wäre eine Lösungssuche vielleicht effizienter als die Schliessung der Lifte. Warum nicht die Lifte für einen symbolischen Wert von 1.- CHF an ev Interessenten verkaufen?