Es gibt wohl nur wenige, die der Corona-Zeit nachtrauern. Zu gross waren die Unsicherheit, die Sorge um die Infizierten, zu einschneidend die Eingriffe in die persönliche Bewegungsfreiheit. Und doch: Wer sich dieser Tage die Abschlüsse einiger Tourismusunternehmen in der Schweiz anschaut (längst nicht alle, manche haben auch stark gelitten während der Pandemie), wird nicht drumherum kommen, zumindest aus finanzieller Hinsicht der Zeit nachzutrauern, als die einheimische Bevölkerung aus Mangel an Alternativen die Berggebiete geradezu stürmte und den Bergbahnen satte Rekordergebnisse bescherte.
Deutlich geringerer Reingewinn
So geschehen auch bei der Weissen Arena Gruppe. 21.7 Mio. CHF betrug der Reingewinn im Geschäftsjahr 2021/2022, im letzten jetzt vorliegenden Abschluss (zum 30. April) liegt er noch bei 2.5 Mio. CHF. CEO Markus Wolf schreibt denn auch im Vorwort zum Geschäftsbericht, dass er in den Berichten über die vergangenen zwei Sommer 2020 und 2021 zu Superlativen habe greifen dürfen. Seine im letzten Bericht geäusserte Frage, welche Effekte aus den starken Sommergeschäften während der Pandemie nachhaltig zu erzielen seien, sei inzwischen beantwortet. «Wir sind nämlich wieder in der vorpandemischen Realität angekommen und mussten im Berichtsjahr wieder ein deutlich schwächeres Sommergeschäft konstatieren als in den beiden Vorjahren», so Wolf.
Mit 1.02 Mio. Ersteintritten (Vorjahr 1.39 Mio.) und 114’200 Logiernächten (Vorjahr 150’100) im Geschäftsjahr konnten die Rekordwerte des Vorjahres nicht annähernd erreicht werden. Die Frequenz ging um 10,8% zurück. Vorerst scheine es sich um einen anhaltenden Trend der nachpandemischen Fernreisefreudigkeit zu handeln, konstatiert Wolf. Ob, wann und in welchem Ausmass die Sommergäste wieder in die Berge zurückkehren werden, werde die Zukunft zeigen.
Aber nicht nur der Sommer, auch der Winter brachte den Laaxern wie den meisten Schweizer Destinationen mit dem schneeärmsten Winter seit Beginn der Messungen weiter zurückgehende Besucherzahlen. Und als es dann endlich im März schneite, war es im Unterland schon frühlingshaft warm und dementsprechend die Lust auf Schnee stark gebremst.
Keine Begeisterung der Verantwortlichen für die Kostenseite
Somit hat die Weisse Arena einen Umsatzrückgang von 6,9% auf 122.9 Mio. CHF hinzunehmen. Der Umsatz sei auf einem sehr hohen Niveau verblieben, freut sich Wolf. Nicht begeistert ist er über die Kostenseite. Diese habe sich leider unerfreulich entwickelt. Die Weisse Arena musste Kostensteigerungen aufgrund erhöhter Energiepreise (Strom, Diesel, Öl, Pellets) hinnehmen. Die allgemeine Teuerung in vielen Bereichen, sei es beim Einkauf, bei Unterhaltsarbeiten oder beim Personal, mache sich ebenfalls bemerkbar, schreibt Wolf. So stieg der Warenaufwand um beträchtliche 15,4%, der Personalaufwand um 7,7% und die Finanzierungskosten um 5,6%.
Der hohe Projekt-Appetit der Weissen Arena habe überdies zu hohen Planungskosten geführt. Neben diesen erklärbaren und teilweise nicht beeinflussbaren Faktoren habe leider die Ressourcenanpassung an das Gästeaufkommen bzw. die Umsatzentwicklung nicht wie geplant funktioniert.
Diese Performance-Schwäche führte zusammen mit den Kostensteigerungen zu einer signifikanten Verschlechterung der EBITDA-Marge (34,8% im Vorjahr, 23,3% im Berichtsjhr) und einem deutlich niedrigeren EBITDA aus dem operativen Geschäft. Dank den im Frühjahr 2023 vorgenommenen Immobilientransaktionen erreichte die Weisse Arena Gruppe dennoch ein EBITDA von CHF 28.0 Mio. CHF (Vorjahr 45.1 Mio.).
«Den Berg neu denken»
Soweit zu den Niederungen des Geschäftsberichts. Für die grossen Linien und Visionen ist Verwaltungsratspräsident Reto Gurtner zuständig. «Wir müssen den Berg neu denken», nichts Geringeres fordert der Spiritus Rector der Weissen Arena. Man stehe für Freestyle, Greenstyle, Healthstyle und Foodstyle, lässt sich Gurtner in einem Interview im Geschäftsbericht zitieren. Besonders angetan hat ihm zur Zeit der Foodstyle. «Neben der gesunden Natur, frischer Luft und sauberem Wasser benötigen unsere Gäste auch gesunde Ernährung. Dies ist insbesondere bei der jüngeren Generation ein wichtiger Aspekt. Ein Beispiel dafür ist, dass etwa ein Drittel unserer Ski- und Snowboardlehrer heutzutage überwiegend vegetarisch oder vegan isst. Sie möchten keine Fertiggerichte, sondern möglichst frische Produkte», so Gurtner. Gleichzeitig strebt Gurtner danach, dass die Restaurants, in denen klassischer Service gefragt ist, vorrangig von Inhabern bzw. Pächtern geführt werden. «Ownership wird für die kommende Generation von grosser Bedeutung sein.»
Paradigmenwechsel in der Produktgestaltung
«In der Produktgestaltung haben wir einen Paradigmenwechsel vollzogen und möchten als Unternehmensgruppe WAG eine Dachorganisation für viele Unternehmerinnen sein. Dies unterscheidet sich von früheren Strategien, in denen wir versucht haben, sämtliche touristischen Angebote zentral zu kreieren und zu dirigieren. Die Zeiten haben sich jedoch drastisch verändert, und wie Konrad Adenauer einst sagte: ‹Es ist niemandem verboten, mit zunehmendem Alter weiser zu werden.›»
Heute ist die WAG eine Unternehmensgruppe, bestehend aus fünf vollkommen unabhängigen Geschäftsbereichen mit direkter Verantwortung für die Ergebnisse. Das Ziel ist es, jeder Geschäftseinheit die Einstellung eines inhabergeführten Betriebes zu vermitteln, sodass sie ihr Produkt so positionieren können, wie es für sie und für die jeweilige Kundengruppe am besten ist. Das betrifft auch die Ski- und Snowboardschule und Sportgeschäfte.
Auch nimmt man in Laax die Immobiliensituation sehr ernst. Denn mit der Pandemie ist die Zahl der Ferienwohnungen beträchtlich gestiegen, was dazu führt, dass es immer weniger bezahlbare Wohnungen für Einheimische und das Personal gibt. Hier ist Laax mit seiner Nähe zu Zürich und Süddeutschland besonders exponiert. Für Gurtner folgt deshalb die Quintessenz, dass der Tourismus nicht ausschliesslich auf Immobiliengeschäften basieren sollte.
Ausblick
Weiterhin herrscht grosse Bautätigkeit. Im Projekt FlemXpress lag der Fokus im Sommer/ Herbst 2022 auf der Strecke Foppa-Startgels und der Station Startgels. Die Strecke konnte weitgehend fertiggestellt werden, die Station wurde ebenfalls sehr weit entwickelt. Die ausstehenden Arbeiten der ersten Etappe, die Stationen Flims und Foppa sowie die Strecke FlimsFoppa wurden fertig geplant, sodass dem Rückbau der Bahnverbindung Flims-Foppa-Naraus im Frühjahr 2023 nichts mehr im Wege stand. Die Eröffnung der ersten beiden Sektionen ist auf die Wintersaison 23/24 vorgesehen. Auch die Arbeiten an der zweiten Etappe konnten im Bereich Segnes gestartet werden.
Darüber hinaus werden die Neubauten der Häuser L und M sowie die Hochbauarbeiten für die Freestyle Academy mit Hochdruck vorangebracht. Der Bezug der neuen Anlage ist für 2024 geplant.
Fazit
Nach den Corona-Ausnahmejahren bewegt sich die Weisse Arena wieder ins «back to normal». Es gibt also keinen Grund zur Besorgnis wegen des Umsatzrückgangs und des Gewinneinbruchs. Vielmehr scheint man in Laax die Zeit genutzt zu haben, sich insbesondere über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Der achtseitige «Greenstyle»-Bericht, der prominent und weit vorne im Geschäftsbericht platziert ist, zeugt davon.
Dass die Unternehmensführung überdies die Lehren aus Fehlentwicklungen zieht, stimmt zuversichtlich. Es wird sich weisen, ob die Entscheidung für mehr Dezentralität und mehr Autonomie für die einzelnen Unternehmen der richtige Weg ist. Die Verargumentierung der Entscheidung zeugt jedenfalls von einer klaren Strategie. Die Veröffentlichung von Kernkennzahlen der 8 Sparten im Geschäftsbereich schafft überdies schon mal eine gewisse Transparenz.
Das Unternehmen behält seine Ausschüttungspolitik bei und wird wie im letzten Jahr eine Dividende in Höhe von 4 CHF pro Aktie bezahlen. Damit liegt die Dividendenrendite bei etwas über 2%.
Die Aktie der Weissen Arena Gruppe wird auf OTC-X gehandelt. Zuletzt kostete sie 190 CHF.
Jetzt anmelden: Der Branchentalk Tourismus 2023 von schweizeraktien.net findet am 26. Oktober in Interlaken statt. Mit dabei ist auch Markus Wolf, CEO der Weisse Arena Gruppe. Er spricht über das Thema Personalmangel im Tourismus, dem Schwerpunktthema des diesjährigen Branchentalks.
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