Was zeichnet eine gute Unternehmensführung aus? Dieser Frage widmete sich am diesjährigen Swiss Capitalmarket Forum in Zürich kein geringerer als Ueli Maurer, der bis Ende Dezember 2022 Mitglied des Bundesrates war. «Vertrauen ist zentral», so der SVP-Magistrat. Eine gute Führung zeichne sich durch das Vertrauen aus, das die Kunden in ein Unternehmen hätten. Ebenso müssten Führungskräfte und Mitarbeitende einander vertrauen können. Als weitere Grundsätze nannte Maurer auch das aus der Armeeführung stammende «Kommandieren, kontrollieren, korrigieren». Es brauche klare Ziele und keine langen Diskussionen. Wenn man nicht entscheide, werde viel Bürokratie aufgebaut, so der frühere Chef des VBS (2009 bis 2015).
Verwaltungsrat ist kein Wohlfühlgremium
Bei der Kritik an Verwaltungsräten hielt sich der frühere Bundesrat nicht zurück. Ein Verwaltungsrat sei kein Wohlfühlgremium, in dem man einfach hohe Saläre kassiere, so Maurer provokativ. Ein guter Verwaltungsrat brauche Kompetenz, müsse bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und auch den Mut haben, unpopuläre Fragen zu stellen. Diese Eigenschaften seien bei der Wahl eines Verwaltungsratsmitgliedes wichtiger als die Frage nach dem Geschlecht.
Er rief den Teilnehmenden des Forums auch in Erinnerung, dass der Verwaltungsrat die Oberleitung über eine Gesellschaft inne und somit die Geschäftsleitung zu kontrollieren habe. «Die Geschäftsführung ist kein freischaffendes Organ», so Maurer. Zu den Honoraren für Verwaltungsräte äusserte sich Maurer klar: eine Deckelung, wie sie derzeit auf politischer Ebene angedacht werde, sei nicht sinnvoll. Er plädierte vielmehr für ein Bonus/Malus-System. «Wer als Verwaltungsrat zu viele Risiken eingeht, muss auch bereit sein, diese mitzutragen, wenn es schiefgeht.»
«Moralisieren» bereitet Maurer Sorgen
Ueli Maurer zeigte in seiner Keynote ausserdem die seiner Ansicht nach grösseren Entwicklungen für die Zukunft und auch die Chancen für den Finanzplatz Schweiz auf. Demnach bereite ihm das ständige «Moralisieren» in der Gesellschaft grosse Sorgen. Es werde zu stark in «gut» und «schlecht» eingeteilt. Wer im Finanzbereich Geld verdiene, sei heute «schlecht». Wer hingegen arm sei, der Gute, formulierte der frühere Bundesrat die gesellschaftliche Debatte etwas überspitzt.
Er plädierte für mehr Offenheit und die Grautöne zwischen den Extremen. Das ständige Moralisieren schade schlussendlich der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang wies er auch auf die Risiken hin, welche die Nutzung der sozialen Medien mit sich bringen würden. Gerade auch dem Finanzplatz könnten soziale Medien schaden. Wenig überraschend war es, dass seiner Ansicht nach «grüne Themen» eher in den Hintergrund rücken würden. Dies vor allem, weil sich gezeigt habe, dass die gesteckten Ziele unrealistisch seien.
Transparenz als Chance
Mit Blick auf den Finanzplatz sieht Ueli Maurer vor allem Chancen darin, mehr Transparenz zu schaffen. Wer transparent sei, für den bestehe nicht die Gefahr, in die Defensive zu geraten. Ebenso sei eine bessere Kommunikation eine grosse Chance für den Finanzplatz. Auch hier sei man seit Jahren eher in der Defensive. Auch die neuen Technologien böten Chancen für den Finanzplatz. Es sei wichtig, dass der Staat und die Finanzmarktakteure eng zusammenarbeiteten. Dies schaffe wiederum Vertrauen. «Insgesamt betrachte ich die Chancen als gut», so Maurer. Und er schloss mit den Worten: «Vertrauen schaffen, Vertrauen behalten und in die richtige Richtung arbeiten.»
Auch ein klares Statement Richtung EU und dem Euro gab es vom ehemaligen Chef des Finanzdepartements (2016-2022). «Ich gehe davon aus, dass der Franken noch stärker wird», so Maurer. Für die Industrie bedeute dies, dass sie noch mehr an ihrer Effizienz arbeiten müsse. Und zur EU sagte er klar: Noch näher an die EU müssen wir nicht.
Corporate-Governance-Themen im Fokus
Neben der Keynote von alt Bundesrat Maurer standen an dem Forum Diskussionsrunden mit hochkarätigen Referenten zu Themen wie Corporate Governance, Regulierung und Selbstregulierung und Aktionärsaktivismus auf dem Programm. Es wurde deutlich, dass der Schweizer Weg mit Selbstregulierung zwar nicht immer der Königsweg ist. Doch am Ende ist die Selbstregulierung am besten vereinbar mit der direkten Demokratie. Denn: Auch die direkte Demokratie sei eine Form der Selbstregulierung, so die Erkenntnis der Panel-Teilnehmer.
Deutlich wurde im Zusammenhang mit Aktionärsrechten aber auch, dass Aktionäre bei einem Fehlverhalten des Verwaltungsrates wenig Möglichkeiten haben, auf juristischen Weg zum Erfolg zu gelangen. Solange keine strafrechtlichen Tatbestände wie beispielweise Diebstahl oder Betrug vorliegen, wird es in der Schweiz schwierig, einen Verwaltungsrat zur Verantwortung zu ziehen. Verantwortlichkeitsklagen sind ebenso wie Sonderprüfungen in den meisten Fällen bisher nicht erfolgreich gewesen. Dennoch sei es gut, wenn Aktionäre öffentlich und über die Medien Kritik am den Aufsichtsgremien äusserten. Denn oft hat die öffentliche Kritik mehr Gewicht als juristische Auseinandersetzungen. Einen negativen Ruf, so waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, wollen Verwaltungsräte natürlich vermeiden.
Das Swiss Capitalmarket Forum ist eine Initiative der Anwaltskanzlei Lindemann Law und wird unterstützt von der BX Swiss. schweizeraktien.net war Medienpartner.