Phoenix Mecano: Was kommt nach der Super-Dividende für 2023?

Konjunktureller Gegenwind in Europa und nachlassende Dynamik in China fordern Tribut

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Der neue Industrial Park von Phoenix Mecano am Standort Jiaxing, im Südwesten von Shanghai. Bild: phoenix-mecano.com

Es lief prima im Geschäftsjahr 2023 für Phoenix Mecano. Die Dividende wurde jetzt nicht nur um 1.50 CHF auf 18 CHF erhöht, dazu kam noch eine Sonderdividende von 12 CHF – eine Dividendenrendite von fast 7%. Doch der Start ins Jahr 2024 zeigt deutliche Bremsspuren. Im ersten Quartal gingen Umsatz, EBIT und Marge in zwei der drei Geschäftsbereichen zurück. Die Kursentwicklung zeigt nach dem Hoch von 536 CHF Mitte Mai und der erfolgten Ausschüttung derzeit nach Süden. Wie sind die weiteren Aussichten für Aktionäre?

2023 war ein Jahr der Rekorde. Zwar nicht beim Umsatz, der devestitionsbedingt um 1,2% auf 783.1 Mio. Euro leicht zurückging, jedoch mit Blick auf EBIT und Jahresgewinn. Mit 62.1 Mio. Euro respektive 45.5 Mio. Euro stieg das Gewinn-Niveau mit Zuwachsraten von 15,6% respektive 16,5% das zweite Jahr in Folge überdurchschnittlich an. Die EBIT-Marge verbesserte sich um 1.1 Prozentpunkte auf 7,9%. Das ist insofern bemerkenswert, als damit fast die zum Ziel gesetzte 8%-Hürde genommen wurde.

Chart Phoenix Mecano
Der Kurs von Phoenix Mecano zeigt eine Aufwärtstendenz. Chart: six-group.com

EBIT-Marge markant angehoben

Einen Anteil daran hat aber auch die Veräusserung von Aktivitäten, die in Summe zu Buchgewinnen führte. Die Nettoverschuldung ist wie geplant vollständig abgebaut worden. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich um 2.8 Prozentpunkte auf komfortable 47,5%. In den vergangenen drei Geschäftsjahren wurden Aktivitäten mit insgesamt 115 Mio. Euro Umsatzvolumen verkauft, was den scheinbaren Umsatzschwund von 817 Mio. Euro in 2021 auf 783 Mio. Euro in 2023 relativiert und das weiterhin positive organische Wachstum zeigt. Die EBIT-Marge ist im selben Zeitraum von 5,4% auf 7,9% angehoben worden.

In den letzten drei Geschäftsjahren wurde insgesamt Volumen von 115 Mio. Euro verkauft. Grafik: Phoenix Mecano, Präsentation Jahresresultat, 23.4.2024

Turnaround der Möbelsparte

Die Entwicklung in den einzelnen Geschäftsbereichen war unterschiedlich. 42% des Umsatzes entfallen auf die DewertOkin Technology Group, die Antriebs-, System- und Beschlagstechnik für elektrisch verstellbare ergonomische Komfort- und Healthcare-Möbel entwickelt und herstellt. Nach einem scharfen Rückgang im Vorjahr erholte sich das Geschäft in erster Linie durch Exporte in asiatische Länder mit einem Wachstum von 6,5% auf 330.4 Mio. Euro. Der operative Gewinn nach Sondereffekten fiel mit 7.2 Mio. Euro um 9.8 Mio. Euro höher als der Vorjahreswert aus. Der Auftragseingang erhöhte sich um 23,2%.

Der positive Trend setzte sich im ersten Quartal fort. Der Umsatz der Sparte stieg gegenüber dem Vorjahresquartal um 6% auf 84.1 Mio. Euro. Und der operative Gewinn nahm von 0.2 Mio. Euro auf 2.4 Mio. Euro zu. Damit ist in Sicht, dass die Delle der Vorjahre nun Geschichte ist und der langfristige Wachstumspfad weiterverfolgt wird.

Komfort- und Healthcare-Möbel sind ein wichtiger Teilmarkt, der mit dem fortschreitenden demografischen Wandel an Bedeutung gewinnt. Das Segment ist vielschichtig und umfasst auch Massage-, Kranken- und Pflegebetten, Kinositze und Komfort-Sofas. Für ältere Menschen bringen sie Lebensqualität und tragen dazu bei, unabhängig zu bleiben und länger in den eigenen vier Wänden leben zu können.

Mega-Investition in China

Mit Investitionen von rund 100 Mio. Euro hat Phoenix-Mecano in den letzten fünf Jahren in China einen Industrial Park am Standort Jiaxing, im Südwesten von Shanghai, errichtet. Der neue Standort ersetzt fünf davor bestehende Fertigungsstätten und bringt somit Synergien und eine erhöhte Effizienz. Die Produktion wurde im Januar 2024 aufgenommen. Die installierte Solar-Anlage hat eine jährliche Kapazität von 2.2 GW, deckt einen Drittel des Energiebedarfs und reduziert die Emissionen um 1300 Tonnen CO2.

In Jiaxing ist auch der Hauptsitz der DewertOkin Technology Group. Insgesamt beträgt die Zahl der Beschäftigten 1100. Neben der Produktion von Antrieben werden ein globales Forschungs- und Entwicklungszentrum betrieben sowie ein Zertifizierungslabor nach chinesischem Industriestandard. In dieser Region hat sich durch vertikale Integration ein grösser werdendes Cluster der Polstermöbelproduktion gebildet. Das setzt Wachstumsimpulse durch gesteigerte Effizienz und Kundennähe. Produziert wird sowohl für den chinesischen Markt wie auch für den Export in andere asiatische Länder. Die Binnennachfrage in China fiel zuletzt schwächer aus, was auf die Immobilienkrise und das abgeschwächte Wirtschaftswachstum zurückgeführt werden kann. Der wichtigste Absatzmarkt sind indessen die USA geblieben. Dort war die Nachfrage als Folge von höherer Inflation und einem höheren Zinsniveau zuletzt verhalten. Laut CEO Rochus Kobler ist die Frage lediglich, ob die Trendwende im zweiten Halbjahr oder später kommen wird.

Phoenix Mecano
Weltweite Präsenz von Phoenix Mecano. Grafik: Geschäftsbericht 2023

Geschäftsbereich Industriekomponenten spürt Konjunkturflaute

Im Geschäftsbereich Industriekomponenten war 2023 von der Veräusserung des Segments «Rugged Computing» gekennzeichnet. Wegen der hohen Kapitalbindung und der unter den Zielsetzungen liegenden erzielbaren Renditen wurde die Entscheidung zum Verkauf gefällt. Der Umsatz der Sparte ging 2023 um 12,8% auf 223.1 Mio. Euro zurück, das organische Wachstum blieb mit 0,8% positiv, wenngleich moderat. Der operative Gewinn blieb nach Einmaleffekten mit 24.1 Mio. Euro nur 1% unter dem Vorjahresergebnis. Die Marge erhöhte sich um 1.3 Prozentpunkte auf 10,8%. Der «Return on capital employed» (ROCE) stieg kräftig von 17,1% auf 25,9%.

Im ersten Quartal 2024 ging der Umsatz jedoch scharf um 27,8% auf 46.9 Mio. Euro zurück. Das operative Ergebnis fiel um 40,8% auf 3.4 Mio. Euro. Die Marge verengte sich um 1.6 Prozentpunkte auf 7,3%. Der Auftragseingang hat sich im Segment Automatisierungsmodule und elektrotechnische Komponenten signifikant abgeschwächt. Ungebrochen stark bleibt die Nachfrage aus dem Energie-Infrastruktur-Sektor.

Gemischte Signale im Geschäftsbereich Gehäuse

Auch der dritte Geschäftsbereich Enclosure Systems zeigt Spuren der abgeschwächten Konjunktur. Im Jahr 2023 stieg der Umsatz um 1,3% auf 229.7 Mio. Euro, der operative Gewinn ging um 2,5% auf 34.3 Mio. Euro zurück, die Marge verengte sich leicht auf 14,9%. Der ROCE blieb mit 33,8% nahe dem Rekordniveau. Die Finanzkennzahlen lagen dennoch deutlich über denen der Vorjahre. Im ersten Quartal 2024 machte sich die konjunkturelle Schwäche jedoch deutlicher bemerkbar. Der Umsatz der Sparte ging um 11% auf 57.5 Mio. Euro zurück. Der operative Gewinn gab um 23,5% auf 8.1 Mio. Euro nach, die Marge verlor um 2.3 Prozentpunkte auf 14,1%. Im Subsegment explosionssichere Gehäuse und Industrie-PCs nahmen die Auftragseingänge zwar zu, doch die abgeschwächte Nachfrage aus der Industrie schlug auf die Umsätze und die Profitabilität durch.

Fazit

Der Ausblick nach dem ersten Quartal ist verhalten, jedoch trotz der Konjunkturschwächen in den einzelnen Märkten keineswegs pessimistisch. Das Management ist sich der eigenen Stärken bewusst. Der Wandel zum Systemlieferanten hat die Effizienz erhöht und die Ausweitung der Margen beschleunigt, auch wenn diese zuletzt gesunken sind. Der Grund ist die teilweise mangelhafte Auslastung der Kapazitäten. Die Signale aus den wichtigsten Märkten zeigen jedoch, dass sich die Diversifikation über diverse Industrien und Geografien auch bei schwieriger Konjunktur bewährt. So zieht das Geschäft der Antriebe für Möbel nach zwei schwächeren Jahren inzwischen wieder an. Auch in den beiden anderen Geschäftsbereichen gibt es Megatrends, die ungeachtet der zeitweiligen Gegenwinde für Auftrieb sorgen, wie die Nachfrage aus der Energie-Infrastruktur allgemein und den Erneuerbaren Energien im Besonderen.

Die hohen Investitionen in China sind Chance und Risiko zugleich. Phoenix Mecano hat sich dadurch in der Nahrungskette nach oben gearbeitet und eine gute Ausgangsposition für weiteres Wachstum geschaffen. Das Ziel ist eine langfristige Umsatzwachstumsrate von 10%. Denkbar, so verlautete vor längerem, ist auch ein IPO der DewertOkin Technology Group. Die Risiken liegen in den deutlich abgeschwächten Wachstumsraten in China sowie möglichen Verschlechterungen des Geschäftsklimas in China für ausländische Unternehmen infolge der geopolitischen Spannungen

Gruppenweit soll entsprechend der strategischen Mittelfristziele bis 2026 die EBIT-Marge bei 8% bis 12% liegen. Durch das Abstossen margen- oder wachstumsschwacher Einheiten und die Fokussierung auf die Erwirtschaftung von «ökonomischen Gewinnen» oder «EVA» ist die Rentabilität bereits markant gestiegen, was auch Grund der Sonderdividende ist. Kapital, das nicht für die Reinvestition benötigt wird, soll an die Aktionäre in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen sowie nun einmalig einer Sonderdividende zurückfliessen. Auf dem Weg zur Dekarbonisierung ist das Unternehmen bereits vorangekommen. Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050 und eine Halbierung der Emissionen bis 2030, gemessen am Ausgangspunkt 2021. Die Aktie erscheint weiterhin attraktiv bewertet. Ein Vorstoss in neue Kurshöhen ist vor allem dann zu erwarten, wenn der Puls der Konjunktur in den USA, Europa und China wieder schneller schlägt.

Mehr zu Phoenix Mecano im Interview mit CEO Rochus Kobler vom November 2023.

Phoenix Mecano wird am Branchentalk «Schweizer Industrieperlen» vom 18. Juni 2024 in Zürich teilnehmen, der von schweizeraktien.net organisiert wird.

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