Vor genau drei Jahren führte die Kursaal Bern AG ihren Börsengang an der BX Swiss durch. Nach dem Ende der Pandemie hat das Geschäft mit Kongressen und Events, in der Hotellerie und Gastronomie sowie den Casinos wieder angezogen. 2023 stieg der Umsatz um 3,6% auf 77.5 Mio. CHF, und das Unternehmen erzielte mit 1.5 Mio. CHF auch wieder einen Gewinn. Schweizeraktien.net sprach mit CEO Kevin Kunz und dem neuen CFO Lorenz Perren über den Kursverlauf der Aktie, die Zukunft des Casinogeschäfts, Bern als Kongressstadt und Nachhaltigkeit im Gastgewerbe.
Im Juni 2021, also mitten in der Pandemie, hat die Kursaal Bern AG den Gang an die Börse BX Swiss gewagt. Der Ausgabepreis für eine Aktie lag bei 370 CHF. Heute notieren die Aktien etwas darunter. Was hat Ihnen das IPO gebracht?
Lorenz Perren: Ein IPO dient primär der Kapitalaufnahme. Das war für uns seinerzeit auch der Hauptgrund für den Börsengang. Das Kapital benötigten wir für das neue Casino in Romanel-sur-Lausanne, für das wir uns im vergangenen Jahr um eine Konzession beworben hatten. Wie Sie wissen, wurde unser Konzessionsgesuch nicht berücksichtigt. Nun stellt sich für unseren Verwaltungsrat die Frage, was wir mit dem Kapital anfangen werden.
Und: Was sind hier die Pläne?
Da es sich um strategische Überlegungen handelt, kann ich Ihnen dazu heute noch nichts Genaueres sagen. Wir werden informieren, wenn die Pläne spruchreif sind.
Der Börsengang hat uns auch eine stärkere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gebracht, die über Bern hinaus geht. Auch dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen.
Die Aktionäre dürften dennoch über den Kursverlauf nicht gerade glücklich sein. Zwar ist 2023 operativ der Turnaround gelungen. Dennoch spiegelt sich dies im Aktienkurs noch nicht wider. Was muss sich ändern?
Das Interesse von Anlegern an Nebenwerten ist generell eher gering. Dies zeigen auch andere Aktien von kleineren Unternehmen. Ein Grund ist sicherlich der Trend hin zum passiven Investieren in ETFs, die heute einen grossen Teil der Umsätze an den Börsen ausmachen. Wir rechnen jedoch damit, dass sich unser Aktienkurs positiv entwickeln wird, wenn wir wieder eine Dividende ausschütten dürfen. Gemäss der Strategie unseres Verwaltungsrats wollen wir ab 2025 ein guter Dividendenzahler sein.
Gemäss der Strategie unseres Verwaltungsrats wollen wir ab 2025 ein guter Dividendenzahler sein
Kongressgeschäft, Hotellerie, Casinos – die Kursaal Gruppe verfügt über ein sehr breites Portfolio. In welchem Geschäftsbereich sehen Sie aktuell die grössten Herausforderungen, wo die meisten Chancen?
Kevin Kunz: Die grösste Chance ist unser all-in-one-Angebot. Seit dem Rebranding für das Hotel als Swissôtel und die Zusammenarbeit mit der Accor-Gruppe haben sich die Hotellerie, aber auch der Kongressbereich sehr gut entwickelt. Unsere Lage, die Erreichbarkeit, die Vielfalt unserer Räume – das alles spricht für unser Angebot. Bei den Kongressen waren wir früher eher regional aufgestellt. Nun sind wir national präsent, und die Schweizer Wirtschaft ist ein wichtiger Partner.
Chancen sehen wir in Zukunft noch mehr im Veranstaltungsmanagement. Bisher haben wir vor allem Flächen vermietet und das Catering übernommen. In Zukunft können wir uns vorstellen, auch eigene Kongresse oder Konzerte zu veranstalten. Das bringt sicherlich ein höheres Risiko mit sich, eröffnet uns aber auch neue Chancen.
Planen Sie, den Bereich Veranstaltungsmanagement selbst aufzubauen, oder denken Sie an die Übernahme von etablierten Unternehmen aus dieser Branche?
Wir denken hier eher an Kooperationen mit Partnern. Ein Ziel ist es, die Saisonalität zu brechen. Im Frühjahr und Herbst sind wir durch Fremdveranstaltungen sehr gut gebucht. In der anderen Zeit sind Kapazitäten vorhanden, um die Räume mit eigenen Veranstaltungen zu bespielen.
Und wie wird sich das Casinogeschäft entwickeln?
Lorenz Perren: Es findet derzeit ein Wechsel vom terrestrischen Casino hin zu den Online-Spielbanken statt. Bei uns wächst der Onlinebereich sehr stark, aber wir sind hier bei weitem nicht der grösste Anbieter im Markt. Allerdings gehen wir, ebenso wie die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK, von einer Konsolidierung bei den Online-Casinos aus. Davon wollen wir profitieren.
Wir gehen von einer Konsolidierung bei den Online-Casinos aus
2023 steuerten die Casinobeteiligungen am Grand Casino Bern und in Neuenburg nur einen geringen Teil zum konsolidierten Gruppenergebnis bei. Wie stark belasteten die Kosten für das Konzessionsgesuche in Romanel-sur-Lausanne die Jahresrechnungen?
Im letzten Jahr verbuchten wir nochmals 700’000 CHF aus dem Casinoprojekt in Lausanne, nachdem wir 2022 bereits 400’000 CHF in das Projekt investiert hatten. Insgesamt hat uns das Konzessionsgesuch also 1.1 Mio. CHF gekostet.
Das Online Casino 7melons wächst zwar, aber auf einem sehr tiefen Niveau. Hat sich die Situation im laufenden Jahr geändert?
Wir sind hier gut auf Kurs und können bisher ein Wachstum von 30% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen, in dem wir einen Brutto-Spielertrag von 6.5 Mio. CHF erzielt haben. Um profitabel zu werden, brauchen wir aber noch ein bis zwei Jahre Schnauf. Helfen würde uns, wenn der Gesetzgeber das illegale Spiel im Onlinebereich durch geeignete Massnahmen noch besser verhindern würde. Die illegalen Online-Casinos zahlen keine Spielbankenabgaben, keine Steuern und müssen auch kein Sozialkonzept vorweisen. Es handelt sicher daher nicht nur um einen ungleichen Wettbewerb. Sie schaden auch unserem Land und den Steuerzahlenden.
Wie setzt sich der Gästemix im Swissôtel zusammen, und in welchen Märkten/Segmenten sehen Sie Wachstumsmöglichkeiten?
Kevin Kunz: Im Hotel waren wir auch immer von einer gewissen Saisonalität betroffen. Der Businessgast besucht unser Hotel unter der Woche und vor allem im Frühjahr und Herbst, wenn Kongresse und Messen stattfinden. Mittlerweile hat das Segment der Leisure-Touristen an Bedeutung gewonnen, wir können so die Saisonalität brechen. Städtetourismus liegt im Trend, und davon profitieren wir an den Wochenenden und während der Ferienzeit. Derzeit kommen immer mehr Gäste aus Amerika, dem Nahen Osten und Asien. Hier hilft uns auch der Brand Swissôtel.
Wie entwickelt sich die Belegung im Swissôtel, und wie läuft das Kongressgeschäft im Kursaal?
Diese lag 2023 bei 75%. Wir konnten auch den durchschnittlichen Zimmerpreis steigern. Auch in diesem Jahr haben wir einen guten Start und liegen auf Kurs. Im Kongressbereich läuft es ebenfalls wie budgetiert.
Wo steht der Congress Hub Bern, und welche ersten Projekte gibt es?
Bern muss sich vermehrt als «Kongressstadt» positionieren und eine breitere Wertschöpfung für alle Leistungsträger erwirtschaften. In diesem Sinne wird die Bernexpo mit ihrem Angebot und Bern Welcome mit der Vermarktung den gesamten Standort stärken und attraktiver machen. Davon profitieren wir auf jeden Fall. Bei Bern Welcome verdoppelten sich die Anfragen, und es wurden 277 Anlässe durchgeführt und bestätigt. Auch für die nächsten Jahre sieht die Lage gut aus; wir konnten viele neue nationale und internationale Events nach Bern holen.
Bern muss sich vermehrt als «Kongressstadt» positionieren und eine breitere Wertschöpfung für alle Leistungsträger erwirtschaften
Welche sind das konkret?
Dazu gehören beispielweise die Swiss Cyber Security Days, die von Fribourg wieder nach Bern kommen, der European Cycle Summit, der bei uns im Kursaal durchgeführt wird, und der World Cheese Award, der erstmals in der Schweiz stattfinden wird. Der World Cheese Award ist ein gutes Beispiel für einen internationalen Event, der nur aufgrund der guten Zusammenarbeit der Akteure hier in Bern stattfinden kann. So wird die Ausstellung auf dem Areal der Bernexpo durchgeführt, das Gala Dinner dann bei uns im Kursaal.
Welche Investitionen stehen in den kommenden Jahren an?
Lorenz Perren: Neben unseren strategischen Projekten steht die laufende Renovation in die Immobilien an. Dazu gehört auch die Erneuerung der Haustechnik. Diese Investitionen finanzieren wir über den Cashflow. Hinzu kommen Projekte der Digitalisierung, darunter eine neue Website, sowie die Veranstaltungstechnik.
Kevin Kunz: Wichtig bleibt für uns das Employer Branding. Denn unsere Mitarbeitenden sind gerade in der heutigen Zeit ein wichtiger Erfolgsfaktor, auch wenn die Automatisierung durch Roboter künftig viele Lösungen zur Effizienzverbesserung anbietet. Wir sind aber überzeugt, dass der Gast auch in Zukunft persönlich betreut werden möchte. Im Hotel gibt es aber sicherlich Möglichkeiten im Housekeeping, wo wir Bereiche automatisieren können.
In den vergangenen zwei Jahren hat der Kursaal die Nachhaltigkeitsbemühungen verbessert. Wo stehen Sie heute, und welche Massnahmen werden Sie noch umsetzen?
Unser Ziel ist es, den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren, ohne dass der Gast an Komfort verliert. Durch die Investitionen in die Haustechnik werden wir hier einen Schritt vorwärts machen. Im Hotel läuft ein Programm von Accor, das zu einem kompletten Verzicht von Plastik führen soll. Auch im Bereich Food Waste haben wir Kooperationen mit der Schweizer Tafel und Gmüesgarte, wo wir einen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln leisten. Wir sehen auch, dass gerade unsere Firmenkunden immer mehr fordern, bestimmte Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen. Sonst würden sie nicht mehr bei uns buchen. Nachhaltigkeit ist also kein nice-top-have mehr, sondern ein Must-have.
Herr Kunz, Herr Perren. Vielen Dank für das Gespräch.