Perlen Industrieholding: Turbulenter Handelsstart der neuen «Papieraktie»

Grosse Reserven an Industrie- und Landwirtschaftsland

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In Perlen wird seit 2023 auch ein neu entwickeltes, äusserst leichtes Zeitungspapier produziert. Bild: perlen.ch Zeitungspapiers

Seit einer Woche werden die Aktien der Perlen Industrieholding ausserbörslich gehandelt. Die Kursentwicklung der Aktien, die das Papiergeschäft sowie einige Immobilien der CPH Chemie + Papier Holding umfassen, gleicht einer regelrechten Achterbahnfahrt. Nach ersten Preisfeststellungen bei 24 CHF kletterte die Aktie rasch auf über 26 CHF, fiel zuletzt jedoch wieder auf unter 21 CHF. Dies bei für den ausserbörslichen Markt beachtlich hohen Handelsvolumen von mittlerweile mehr als 4 Mio. CHF. Was steckt dahinter und welche Assets gehören zu der neuen Gesellschaft?

Institutionelle Investoren müssen verkaufen

Die hohen Handelsvolumen und der Druck, der auf dem Aktienkurs in den letzten Tagen lastete, dürften vor allem auf institutionelle Investoren zurückzuführen sein. Nach dem Beschluss der Generalversammlung vom 20. Juni hat jeder Aktionär zusätzlich zu den Titeln der neu unter dem Namen CPH Group AG firmierenden, SIX-kotierten Gesellschaft, welche das Chemie- und Verpackungsgeschäft betreibt, eine Aktie der Perlen Industrieholding als Sachdividende erhalten. Einige Anlagereglemente von Investmentfonds und Pensionskassen sehen Investments in nicht kotierte Anlagen nicht vor, sodass deren Manager nun gezwungen sind, sich von den Titeln der Perlen Industrieholding zu trennen. Dies könnte den Druck auf die Aktien in den letzten Tagen erklären.

Bewertung noch nicht greifbar

Hinzu kommt, dass für die Bewertung der Aktien der Industrieholding nur wenige Angaben vorliegen. Gemäss einer Informationsbroschüre, die mit der Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung versandt wurde, lag der Umsatz der neuen Gesellschaft im Geschäftsjahr 2023 bei 262,5 Mio. CHF; der Gewinn vor Steuern (EBIT) erreichte 30,9 Mio. CHF. Diese Zahlen gehören allerdings der Vergangenheit an.

Für das laufende Geschäftsjahr gab es bereits eine «Gewinnwarnung» im Papiergeschäft. So sollen die Umsätze im Papiergeschäft wegen der rückläufigen Nachfrage und dem Konsolidierungsdruck in der Branche weit unter das 2023er Niveau fallen. Neben dem Preisdruck sollen auch gestiegene Kosten für Altpapier und Energie die Erfolgsrechnung belasten, sodass für 2024 ein negatives Betriebsergebnis auf Stufe EBIT in Aussicht gestellt wird. Ob sich die kommenden Jahre im Papiergeschäft besser entwickeln, darüber ist man sich noch nicht im Klaren. Man setzt auf eine weitere Konsolidierung in der Branche und darauf, dass Perlen Papier über einen mehrjährigen Zyklus hinweg positive Free Cashflows im Papiergeschäft generieren wird.

460’000 qm Industrieland

Neben dem Papiergeschäft fokussiert die Perlen Industrieholding auf die Weiterentwicklung des Areals in Perlen. Bild: perlen-industrieholding.ch

Zusätzlich zum Papiergeschäft, das in der Perlen Papier AG zusammengefasst ist, will die neue Gesellschaft das Industrieareal in Perlen entwickeln. Auch dazu sind wenige Informationen verfügbar. Auf Nachfrage von schweizeraktien.net erklärt Gerold Brütsch, der Finanzchef des Unternehmens, dass die Gesellschaft über insgesamt 460’000 qm Industrieland in Perlen verfügt. Davon würden 300’000 qm derzeit durch die Perlen Papier AG für die Papierproduktion benötigt. Weitere 70’000 qm seien im Baurecht vergeben. Zusätzlich besitze die Gesellschaft noch 90’000 qm Reserveflächen, auf der unter anderem die Produktionshalle der im Jahr 2011 ausser Betrieb gesetzten Papiermaschine 5 steht, welche aktuell nur zu einem kleinen Teil genutzt wird. Genau diese Flächen wolle man in den kommenden Jahren entwickeln, so Brütsch. Konkrete Pläne gebe es noch nicht. Aber es werde sich um die Ansiedlung von zur Papierproduktion komplementären Aktivitäten handeln.

Wohnnutzungen kommen nach Auskunft von Brütsch jedoch nicht in Frage, da Wohnen in einer Industriezone ohne Umzonung nicht möglich sei. Im Besitz der Perlen Industrieholding sind zudem noch 650’000 qm Landwirtschaftsland, die sich grösstenteils im Umkreis von etwa 1 Kilometer rund um das Industrieareal befinden und verpachtet sind.

Wenig Erträge aus der Immobiliensparte

Es überrascht angesichts dieser Informationen daher nicht, dass die Erträge aus der Immobiliensparte derzeit noch gering sind. Brütsch beziffert diese im mittleren sechsstelligen Bereich. Sie setzen sich aus Baurechtszinsen, Pachterträgen, Erträgen aus der Liegenschaftsverwaltung für die Liegenschaften der Vorsorgestiftung und Mieterträgen für verschiedenen kleinere Objekte zusammen.

Für regelmässige Dividendenzahlungen dürften die Erträge der Immobiliensparte daher noch nicht reichen. Für die Höhe der künftigen Ausschüttungen wird es deshalb entscheidend sein, wie hoch die Cashflows aus dem Papiergeschäft sind. Allerdings wolle man den Aktionären unter Berücksichtigung der Geschäftsentwicklung, des freien Cashflows und der Liquidität eine regelmässige Dividende zahlen, so Brütsch gegenüber schweizeraktien.net.

Gesellschaft ist schuldenfrei

Dass dies durchaus möglich ist, zeigt die provisorische Bilanz der neuen Gesellschaft aus der Informationsbroschüre für Aktionäre. Demnach lagen die flüssigen Mittel per Ende 2023 bei 72.3 Mio. CHF; Finanzverbindlichkeiten waren keine vorhanden. Mit einem Eigenkapital von 219.5 Mio. CHF bei einer EK-Quote von rund 80% ist die Bilanz solide und kann auch das eine oder andere schwierige Jahr überstehen. Pro Aktie beträgt das Eigenkapital 36.60 CHF, was deutlich über den letztbezahlten Kursen liegt.

Eines der Ziele der Abspaltung ist es, den „Konglomeratsabschlag“ zu eliminieren. Derzeit werden die Aktien der CPH Group AG zu etwas mehr als 68 CHF und die Perlen Industrieholding zu 20.50 CHF gehandelt, was addiert 88.50 CHF und damit dem Wert der CPH-Aktie vor der Abspaltung entspricht. Denn der Kurs lag in den Wochen vor der Abspaltung zwischen 88 und 93 CHF. Wenn der Konglomeratsabschlag wegfällt, müsste theoretisch eine der beiden Aktien – oder beide – künftig deutlich höher notieren.

Fazit

Derzeit liegen noch nicht ausreichend Informationen vor, um eine seriöse Einschätzung der Aktie der Perlen Industrieholding vorzunehmen. Sehr viel wird in den kommenden Jahren von der weiteren Entwicklung im Papiergeschäft abhängen. Auch die Entwicklung des Industrieareals wird noch einige Zeit benötigen, bis hier nennenswerte Erträge generiert werden.

Bei Kursen um die 20 CHF, die zuletzt auf OTC-X für eine Aktie gezahlt wurden, kauft der Aktionär vor allem die Substanz, sprich das grosse Industrieareal und Landwirtschaftsland an einer gut erschlossenen Lage im Kanton Luzern. Es wird also noch etwas Zeit benötigt werden, um herauszufinden, ob die Aktien der Industrieholding eine „Perle“ im ausserbörslichen Markt werden.

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