Bobst: Drupa-Fantasie und Gewinnerosion – was bringt das zweite Semester?

Dividendenperspektive wird eingetrübt

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Bobst präsentierte an der Fachmesse Drupa im Juni innovative Lösungen. Bild: bobst.com

Trotz negativer Währungseffekte von 1,9% steigerte Bobst den Umsatz im ersten Halbjahr 2024 um 1,7% auf 828.2 Mio. CHF. Der Auftragseingang fiel jedoch um 15% schwächer aus, der Auftragsbestand verminderte sich innert Jahresfrist sogar um 35%. Der Reingewinn fiel auch aufgrund von Sondereffekten auf 0.47 CHF je Aktie zurück.

Das zweite Halbjahr soll besser werden, so der Ausblick des Semesterberichts. Die weltweit bedeutendste Messe für die Druckindustrie ist die Drupa, die nur alle vier Jahre stattfindet. Wer Rang und Namen hat, präsentiert dort seine Innovationen dem Fachpublikum. Bobst ist Innovationsführer in der Digitalisierung der Prozesse und hat mit Bobst Connect hocheffiziente cloud-gesteuerte Produkte zur Konnektivität entwickelt. Deren neueste Generation wurde an der diesjährigen Drupa präsentiert. Das Unternehmen erwartet, dass davon Impulse für die zuletzt verhaltene Bestelltätigkeit ausgehen. Die Kosten der Drupa haben das Betriebsergebnis belastet. Das EBIT ging von 46.8 Mio. CHF im ersten Semester 2023 auf 34.7 Mio. CHF zurück. Der Nettogewinn fiel noch deutlicher von 41.4 Mio. CHF auf 7.7 Mio. CHF, oder 0.47 CHF je Aktie.

Sondereffekte

Zu den Auslösern der Sondereffekte zählt eine Anfang Jahr begebene Anleihe in Höhe von 200 Mio. CHF. Das hat die Finanzierungskosten erhöht und die Eigenkapitalquote auf 21,6% gesenkt. Zwei Beteiligungen im Wert von rund 100 Mio. CHF waren veräussert worden, was sich positiv auf das Eigenkapital auswirkte, aber auch den Reingewinn beeinträchtigte. Ein weiterer Faktor für die Gewinnschrumpfung waren Devisenabsicherungen, die zwar in der Vorjahresperiode signifikante Gewinne bescherten, doch im ersten Semester 2024 den gegenteiligen Effekt bewirkten.

Differenzierter Geschäftsverlauf

Der Geschäftsgang war nicht nur geografisch betrachtet gespalten. Während in Amerika und Asien & Ozeanien der Umsatz zulegte, ging er in Europa leicht und in Afrika stark zurück. Auf Europa entfallen 44,5%, auf Amerika 33,8%, auf Asien & Ozeanien 19,6%, auf Afrika nur 2,1%. Nach Segmenten betrachtet entfielen auf Printing & Converting 67,1%, im Vorjahr 61,2%, und auf Services & Performance entsprechend 32,9%, respektive 38,8% in der Vorjahresperiode. Beim EBIT zeigt sich allerdings ein, wie gewohnt, anderes Bild. Im Geschäftsbereich Printing & Converting konnten die höheren Personalkosten und die Drupa-Aufwendungen nur teilweise durch die bessere Auslastung der Fabriken kompensiert werden. Das Segment-EBIT rutschte von -3.8 Mio. CHF auf -5.8 Mio. CHF. Im Servicebereich ging das EBIT um 10.6 Mio. CHF auf 41.3 Mio. CHF zurück. Hier schlugen sich ein weniger vorteilhafter Produktmix, die Drupa sowie höhere IT-Kosten negativ nieder. Die Anzahl der Mitarbeitenden von Bobst nahm um 3,8% auf 6366 zu, die Personalkosten stiegen um 13.9 Mio. CHF auf 281.9 Mio. CHF.

Kundenbedürfnisse im Fokus

Im Segment Printing & Converting bewegte sich der Auftragseingang 24% unter dem Wert der Vorjahresperiode. Im Service-Segment dagegen stieg der Umsatz um 4,8%, hauptsächlich durch Dienstleistungen, weniger durch Ersatzteile. Es ist Teil der Unternehmensstrategie, die Service-Umsätze kontinuierlich zu steigern, um durch die wiederkehrenden und tendenziell zunehmenden Einnahmen eine weniger zyklische Geschäftsentwicklung zu erzielen. Neue Maschinen werden inzwischen grundsätzlich nur noch mit Serviceverträgen verkauft. Das ist auch erforderlich, denn Konnektivität und Digitalisierung können nur dann zu den erwünschten Produktivitätssteigerungen führen, wenn auch das Personal entsprechend geschult und trainiert ist. Bobst analysiert die Daten der bei den Kunden installierten Maschinen, um die Performance zu verbessern. Ebenfalls verbessert wird der Kundendienst. Der neue Ersatzteil-Distributions-Hub in Genk in Belgien verspricht in einem Radius von 800 km die Lieferung bis 9 Uhr am Morgen des darauffolgenden Tages. So werden Unterbrüche der Produktion minimiert.

Verhaltener Ausblick

Für das zweite Semester erwarten Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, dass sich der Auftragseingang für Maschinen verbessern wird, aber dennoch unter dem Vorjahresniveau bleiben könnte. Im Servicebereich dürfte sich dagegen das positive Momentum fortsetzen. Die Volatilität an den Devisenmärkten sowie die geopolitische Lage könnten die erwartete Erholung jedoch beeinträchtigen. Positive Impulse werden von der Drupa erwartet. Für das Gesamtjahr wird unverändert davon ausgegangen, dass Umsatz und EBIT unter den Werten von 2022 liegen werden. Im vorletzten Geschäftsjahr hatte der Umsatz 1.84 Mrd. CHF erreicht, das EBIT 141.3 Mio. CHF. Mittel- bis langfristig soll die EBIT-Marge mindestens 8% betragen, der Return on Capital employed (ROCE) mindestens 20%.

Fazit

Dank der starken Marktstellung und des nachhaltigen Geschäftsmodells bleiben die wesentlichen Kenngrössen wie Umsatz, EBIT und Gewinn weiterhin gut prognostizierbar. Gut möglich, dass die Drupa dazu führt, dass die Kunden ihre zurückgestellten Investitionen in neue Maschinen, Nachrüstungen und Upgrades nun tätigen und bestenfalls ein neuer Investitionszyklus in der Branche beginnt. Das ist eigentlich überfällig, da die alten Maschinen ohne Konnektivität die notwendigen Produktivitätssteigerungen gar nicht erlauben. Dem steht aber einstweilen noch eine aufschiebende Haltung als Folge der Konjunktursorgen und der geopolitischen Unsicherheiten entgegen. Eine direkte Folge davon sind die Verwerfungen an den Devisenmärkten und insbesondere die Frankenstärke, die für das Zahlenwerk von Bobst eher negativ ist.

Die gewinnbezogenen Kennzahlen zeigen im ersten Halbjahr einen deutlichen Rückgang. Auf Stufe EBIT ist ins Kalkül zu ziehen, dass die Vorjahreswerte besonders stark ausgefallen sind, auch durch das erfolgreiche Hedging der Währungsrisiken. Dass dieses Semester das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen hat, ist hinzunehmen. Die Sondereffekte durch die Devestitionen und die Einmalaufwendungen für die Drupa ebenfalls. Die scharfe Kontraktion des Reingewinns ist auf die Kombination der einmaligen Sondereffekte sowie die höheren Finanzierungskosten, die verminderten Abschreibungen und die nur geringfügig tieferen Steuern zurückzuführen. Das zweite Halbjahr lief 2023 deutlich besser als das erste. Und die EBIT-Marge lag auch im ersten Halbjahr 2024 mit 7,5% auf beachtlicher Höhe.

Dennoch ist fraglich, ob die 5 CHF, die zuletzt als reguläre Dividende ausgeschüttet wurden, im Geschäftsjahr 2024 verdient werden. Im ersten Semester 2023 belief sich der Gewinn je Aktie auf 2.54 CHF, im Gesamtjahr 2023 auf 7.19 CHF. Die Dividendenpolitik wurde 2022 anlässlich des Rückzugs von der SIX und der Handelsaufnahme auf OTC-X neu definiert. Mindestens 50% des Reingewinns sollen an die Aktionäre ausgeschüttet werden. In den Jahren davor als börsenkotiertes Unternehmen lautete die Dividendenpolitik auf 30% bis 50% des Gewinns. Zwar ist durchaus denkbar, dass in einer «Übergangssituation» wie 2024 auch der volle Gewinn oder etwas mehr ausgeschüttet wird, aber angesichts der dünnen Eigenkapitaldecke von 21,6% zur Jahresmitte ist eher wahrscheinlich, dass die Dividende gekürzt wird. Als börsenkotiertes Unternehmen war Bobst nicht gerade als Zahler üppiger Dividenden bekannt. Die reguläre Dividende lag bei 2 CHF je Aktie. Das hat sich mit dem Abschluss der Investitionsphase und dem «Taking Private» des Familienunternehmens geändert. In den letzten Jahren wurden hohe Dividenden und Sonderdividenden ausgeschüttet, vor allem, um den Familienaktionären die Mittel zum Aufstocken ihrer Beteiligung zu verschaffen. Auch eine auf 4 CHF oder 3 CHF oder 2 CHF gesenkte Dividende würde auf aktueller Kursbasis immer noch eine Dividendenrendite darstellen, die auf oder über dem Marktdurchschnitt liegt. Ein solcher Schritt dürfte wohl die Kursentwicklung dämpfen. Möglich ist aber auch, dass ein von der Drupa initiierter neuer Investitionszyklus beginnt und die Geschäftsentwicklung stärker stimuliert als sich dies gegenwärtig abzeichnet.

Die Bobst-Aktie hält sich seit Jahresbeginn leicht unter 70 CHF. Chart: otc-x.ch

Die Aktie von Bobst wird auf OTC-X gehandelt. Aktuell werden 69.70 CHF bezahlt. Die Aktienumsätze in 2024 liegen mit 7.5 Mio. CHF deutlich unter dem Vorjahr. 2023 wurden 30 Mio. CHF umgesetzt.

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