Tom Winter, CEO Bernexpo Groupe: «Mit der Vermarktung der Neuen Festhalle sind wir sehr zufrieden»

Ausschüttungen erst wieder ab 2026 möglich

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Bauarbeiten Neue Festhalle Bern
Die Bauarbeiten an der Neuen Festhalle in Bern schreiten zügig voran. Am 25. April 2025 soll die Halle eröffnet werden. Bild: schweizeraktien.net

Jeden Tag wächst die Neue Festhalle in Bern ein Stückchen. Schon im Herbst sollen die integralen Haustechnik-Tests, am 25. April 2025 dann die Eröffnung stattfinden. Der Eurovision Song Contest (ESC) in der Neuen Festhalle in Bern wäre da sicher ein Coup für die Bernexpo Groupe gewesen. Doch Tom Winter, CEO der Bernexpo AG, trauert dem verlorenen Pitch nicht nach. Er sieht vielmehr die Chancen, welche sich durch die nationale Medienpräsenz in den vergangenen Wochen ergeben haben. Wirtschaftlich werde die Bauphase im Jahr 2024 allerdings nochmals ihre Spuren in der Jahresrechnung hinterlassen, zumal 2024 ein schwächeres Messejahr sei, so Winter im Gespräch mit schweizeraktien.net. 2023 erzielte die Bernexpo Groupe einen Umsatz von 53.5 Mio. CHF und wies einen Gewinn 0.6 Mio. CHF aus.

Herr Winter, die SRG hat sich gegen Bern und Biel als Austragungsorte für den ESC im kommenden Jahr entschieden. Sind Sie enttäuscht?

Nein. Aber wir wollen uns auch nicht daran gewöhnen, dass wir einen Pitch verlieren. Wenn wir pitchen, dann wollen wir auch gewinnen. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn in unserem Generationenprojekt Neue Festhalle auch das Generationenprojekt ESC stattgefunden hätte. Das wäre ein optimaler Match gewesen. Doch zum Glück beruht keiner unserer Business Cases auf dem ESC. Und die Medienpräsenz, die wir durch die Bewerbung erhalten haben, ist für die Vermarktung der Neuen Festhalle unbezahlbar.

Wir gross war der Aufwand, den Sie für die ESC-Bewerbung betrieben haben?

Die sechs Wochen, um das Bewerbungsdossier zu erstellen, waren sehr intensiv. Der personelle Aufwand war allerdings begrenzt. Wir haben dabei viel gelernt, und die Synergien im Zusammenhang mit unseren Vermarktungsaktivitäten für die Neue Festhalle sind nicht zu unterschätzen. Wir können die gewonnenen Erkenntnisse nun auch für weitere Pitches einsetzen. Übrigens: Ganz gleich, ob der ESC nun nach Genf oder Basel kommen wird – es werden dort über Wochen Flächen nicht verfügbar sein, sodass sich Veranstalter nach Alternativen umschauen müssen. Da haben wir in Bern ein schönes Angebot.

Mit der Neuen Festhalle hätten Sie dennoch die Chance gehabt, Bern als Eventstadt international bekannt zu machen. Warum war es nicht möglich, einen solchen prestigeträchtigen Event nach Bern und in die Neue Festhalle zu holen?

Natürlich wäre das ein toller Coup gewesen. Allerdings ist weder die Neue Festhalle noch die Bernexpo international positioniert. Wir haben einen ganz klaren Fokus auf die Schweiz.

«Wir haben einen ganz klaren Fokus auf die Schweiz»

In weniger als einem Jahr soll die Festhalle eröffnet werden. Sind die Arbeiten auf Kurs, und wie läuft es in der Vermarktung?

Der Eröffnungstermin steht. Zeitgleich mit der Eröffnung der BEA am 25. April wird die Neue Festhalle eröffnet. Mit den Arbeiten sind wir auf Kurs. Schon im Herbst finden die integralen Haustechnik-Tests statt. Wir möchten auch, dass der Baufortschritt öffentlich sichtbar ist. Daher bieten wir regelmässige Baustellenführungen an.

Mit der Vermarktung sind wir auch sehr zufrieden. Versus Business Plan ist die Halle für 2025 zu mehr als drei Vierteln fest gebucht, für 2026 liegt der Buchungsstand bei zwei Drittel. Wichtig ist allerdings zu erwähnen, dass die Festhalle auch im Endausbau nicht mehr als 20% des Umsatzes der Bernexpo Groupe ausmachen wird. Im Vergleich zu den 8 bis 10%, die wir durch die Vermietung der alten Festhalle generiert haben, ist das dennoch eine Verdopplung.

Tom Winter, CEO Bernexpo
Tom Winter ist CEO der Bernexpo AG. Bild: schweizeraktien.net

Können Sie bereits erste Flaggschiff-Events nennen, die 2025 oder in den Folgejahren in Bern stattfinden werden?

Im Kulturbereich kommt mit dem Berner Symphonieorchester und «Casino Royale» ein integrales Film-Musical-Spektakel in die Festhalle. Ausserdem konnten wir einen bedeutenden europäischen Chirurgiekongress gewinnen. Auch der Kletterweltcup wird in Bern stattfinden, die Berner Bildungstage und die Austragung des Word Cheese Award, den wir zusammen mit dem Kursaal durchführen. Es gibt noch einige schillernde Summits, deren Namen wir noch nicht nennen dürfen. Die Pipeline sieht aber sehr gut aus. Erfreulich ist, dass wir sogar an einige europäische Kongresse herankommen und auch noch mehr Events mit nationaler Ausstrahlung durchführen werden.

Unabhängig vom ESC steht die Neue Festhalle und auch die gesamte Bernexpo im starken Wettbewerb mit anderen Eventlocations in der Schweiz. Wie wollen Sie sich hier differenzieren?

Bern liegt in der Mitte der Schweiz. Das ist geografisch ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Auch die Infrastruktur, hier die technischen und logistischen Einrichtungen, ebenso wie die Architektur und das zukünftige Hospitality-Angebot, erlauben es uns in Zukunft, in der obersten Liga zu spielen. Ausserdem haben wir massiv in die Digitalisierung der Eventplanung investiert, ein eigenes Tool entwickelt. Das könnte je länger, desto mehr ein wichtiger USP werden. Hinzu kommt unsere konsequente Ausrichtung an ESG-Themen. Bei all diesen wichtigen Fähigkeiten achten wir stark darauf, unsere geradlinige und pragmatisch zuverlässige Handschrift nicht zu verlassen, durch und durch Dienstleisterin zu bleiben.

Kommen wir zu den Financials. Trotz der Umsatzsteigerung im Jahr 2023 auf 53.5 Mio. CHF ist es der Bernexpo Groupe nicht gelungen, die Margen zu halten. Sie begründen dies mit höheren Betriebsaufwendungen, die im Zuge des Baus der Festhalle entstanden sind. Wie gestaltet sich die Situation im laufenden Jahr?

Die Bauzeit hat uns herausgefordert und fordert uns noch heraus. Wir organisieren parallel zu dem Bauprojekt eine Serie von 300 Events und 30 Messen. Dies führt dazu, dass wir bei temporär reduziertem Raumangebot weiterhin auf Fremdleistungen angewiesen sind, auch wenn wir diese optimieren und weitaus gezielter outsourcen. Wir lasten so unsere eigenen Teams besser aus, nutzen Synergien bei der Abwicklung und reduzieren so den Aufwand.

In Vor-Covid-Zeiten erzielte die Bernexpo Groupe EBITDA-Margen von um die 20%, die EBIT-Margen lagen bei 8 bis 12%. Wann werden Sie wieder ähnliche Margen erreichen?

Der Vergleich der EBITDA-Marge ist beschränkt sinnvoll, da uns die Immobilien nicht mehr mehrheitlich gehören. Unser Ziel ist es, ab 2025 wieder eine EBIT-Marge von 8 bis 10% zu erzielen. Wir werden damit an die früheren Zeiten anknüpfen, denn unsere Aktionäre hatten in den letzten Jahren sehr viel Geduld.

«Unser Ziel ist es, ab 2025 wieder eine EBIT-Marge von 8 bis 10% zu erzielen»

Die Publikumsmesse BEA wurde nach Ihren Angaben von über 330’000 Personen besucht. Allerdings war die Anzahl Aussteller mit 800 gegenüber dem Vorjahr rückläufig. Was waren die Gründe, und wie hat sich die BEA wirtschaftlich entwickelt?

Wir hatten 2024 trotz reduzierter Ausstellungsfläche mehr als 800 Ausstellende, konkret 891. Dies sind auch mehr Ausstellende als 2023 mit 855.

Mit über 330’000 Besucherinnen und Besuchern haben wir, trotz der Einschränkungen durch die Baustelle, einen Besucherrekord erzielen können. Auch wirtschaftlich war die BEA wieder erfolgreich, auch wenn sie aufgrund unseres breiten Veranstaltungsportfolios schon länger nicht mehr die gleiche Bedeutung wie in den früheren Jahren hat.

Welche strukturellen Veränderungen haben Sie in den vergangenen Jahren im Messegeschäft gespürt?

Ein Trend ist sicherlich, dass die Standgrössen nicht mehr wachsen. Dennoch ist das Bedürfnis, sich zu präsentieren und zu treffen, weiterhin gross. Covid hat hier die Grenzen der Digitalisierung aufgezeigt. Viel wichtiger geworden ist auch das Thema Confex, also die Kombination von Kongressen und Messen oder Exhibitions. Mit der Neuen Festhalle bieten wir hier optimale Lösungen an.

Können Sie Angaben zum Geschäftsverlauf im 1. Halbjahr 2024 machen und einen Ausblick für das Gesamtjahr geben?

2024 wird, nach einem starken 2023, letztmals ein schwächeres Messejahr werden. Daher gehen wir auf der Topline von geringeren Umsätzen aus. Beim Gewinn streben wir ein Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres an.

Die Bernexpo Groupe hat ihren Anteil an der Messepark Bern AG auf 27% reduziert, indem 10% an die BKW verkauft wurden. Wann planen Sie eine weitere Reduktion der Anteile?

Es ist keine weitere Reduktion der Anteile geplant, da wir es als strategisch sinnvoll erachten, als grösste Aktionärin der Messepark Bern AG die weitere Entwicklung der Gesellschaft mitgestalten zu dürfen.

2025 wird die Neue Festhalle eröffnet. Welches werden die nächsten Wachstumsschritte für die Bernexpo Groupe sein? Gibt es weitere Pläne, die Geschäftsaktivitäten über die Region Bern hinaus zu entwickeln?

Unser voller Fokus liegt derzeit auf dem inhaltlichen Wachstum. Wir möchten weitere Confex-Formate gewinnen und unsere Infrastruktur in Bern optimal auslasten. Über unsere Beteiligung an Talendo, die uns viel Freude bereitet, sind wir mit jährlich knapp 30 Veranstaltungen heute schon in der ganzen Schweiz aktiv.

«Unser voller Fokus liegt derzeit auf dem inhaltlichen Wachstum»

Die Neue Festhalle soll auch im Bereich der Nachhaltigkeit Vorzeigecharakter haben. Welche Ziele verfolgt die Bernexpo Groupe ausserdem in diesem Bereich?

Wir betrachten das Thema ganzheitlich und orientieren uns dabei an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Uno, den SGDs. Als Anbieter von Veranstaltungsdienstleistungen achten wir darauf, die für uns relevanten SDGs zu erfüllen. Gleichzeitig sehen wir in einigen SDGs auch Chancen für unser Wachstum. Jede Dimension bietet für uns Geschäftspotenzial. Wir werden entlang der SDG auch neue Veranstaltungskonzepte entwickeln.

Wie läuft die Zusammenarbeit im Congress Hub Bern mit den anderen Partnern?

Wir arbeiten sehr gut und sehr eng mit Bern Welcome und dem Kursaal zusammen. Es ist extrem wichtig, ganz Bern als Eventdestination zu vermarkten, und es gibt bereits zahlreiche Erfolge, wie den World Cheese Award, der 2025 in Bern stattfinden wird.

Ab wann dürfen die Aktionäre wieder mit einer Dividende rechnen?

Aufgrund der von uns bezogenen Härtefallgelder während der Pandemie dürfen wir erst 2026 wieder Dividenden ausschütten. Wie bereits gesagt, mussten sich unsere Aktionäre in den vergangenen Jahren sehr in Geduld üben. Wir möchten uns für diese Geduld erkenntlich zeigen.

Herr Winter, vielen Dank für das Gespräch.

Aktienkurs Bernexpo AG
Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs der Bernexpo-Aktie erholt. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Bernexpo Groupe werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden Kurse von 381 CHF für eine Aktie bezahlt, was einem Plus von 18% seit Jahresbeginn entspricht.

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