Branchenanalyse Banken: Wachstumspfad wird enger

Überraschende Erkenntnisse der 11. Umfrage unter regional tätigen Banken 2024

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Das Kerngeschäft mit Hypotheken, Krediten und ein wenig Anlage & Vorsorge bleibt der Hauptfokus, die Wachstumsambitionen sind moderat. Bild: stock.adobe.com

Die Ergebnisse der elften Umfrage bei Schweizer Retailbanken bestätigen zwar viele langjährige Trends, aber sie zeigen auch, was alles nicht passiert ist. Die Schweiz ist wie weite Teile Europas «overbanked», dennoch hat sich die in den Vorjahresumfragen immer wieder thematisierte Konsolidierung innerhalb der Branche bisher nicht materialisiert. M&A-Strategien wurden wohl hypothetisch durchgespielt, doch keine einzige Transaktion hat bislang stattgefunden.

Ist das der oder ein Grund dafür, dass das Eigenkapital der auf OTC-X gehandelten Bankaktien von den Anlegern nur mit der Hälfte bewertet wird? Die Antworten auf diese Frage sind vielschichtig, aber nicht unerwartet: Regulierung, Zinsmarge, fehlende Handelsliquidität, IT-Kosten und Regionalität sind oft genannte Gründe. Eher selbstkritisch ist die Aussage, dass der «Thematik von den Banken zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.» Doch unerwartet ist, dass ein Umfrageteilnehmer ganz offen und unverblümt sagt: «Statt eine Bank zu verkaufen, wäre es viel interessanter für die Eigentümer, eine Bank zu liquidieren und das vorhandene Eigenkapital und die realisierten stillen Reserven auszuschütten. Dieser Weg könnte auch ein interessanter Übernahmegrund sein.»

Wachstum trotz Kostensteigerungen, aber wie?

Das Dilemma besteht darin, dass einerseits die Kosten für IT, Personal und notwendige Investitionen in Daten- und Cyber-Security stark zunehmen, doch andererseits die Ertragsfantasie durch mehr Regulierung, schärferen Wettbewerb, sich verengende Zinsmargen und Personalmangel sehr eingeschränkt wird. Die in den Vorjahren präferierten Wachstumspfade wie Ausweitung der Kreditvergabe, geografische Expansion und Diversifikation der Erträge jenseits des unverändert dominierenden Zinsengeschäfts haben sich überwiegend als ernüchternd eng oder gar als Sackgassen erwiesen.

Engere Zinsmarge erwartet

Obwohl die «Einschätzung der Lage» einen nur geringen Rückgang auf einen Durchschnittwert von 8.00 auf der bis 10 reichenden Skala zeigt und die «Stressresistenz bei allfälligen Krisenszenarien» sogar weiter auf einen Durchschnittwert von 7.57 ansteigt, zeigt die Umfrage auch gravierende Änderungen der Einschätzungen zu wichtigen, ja sogar existenziellen Sachverhalten. So sagen 82,1% der Teilnehmenden dass «die Zinsmarge 2022/2023 gestiegen ist, aber bereits wieder sinkt». Auch der Ausblick ist eingetrübt. Bei der Frage nach der «Entwicklung der Zinsmarge in den nächsten drei Jahren» erwarten 69,2% eine Verengung. Im Vorjahr lag der Vergleichswert noch bei 17,2, und 2022 sogar bei 14,3%.

Getrübter Ausblick bei der Entwicklung der Zinsmarge in den nächsten 3 Jahren. Grafik: schweizeraktien.net

SNB-Zustimmung steigt signifikant

Wie in den Vorjahren sind die Einschätzungen der Bankdirektorinnen und -direktoren, dieses Jahr 28 Umfrageteilnehmer, manchmal kontrovers, aber immer sehr nah am tatsächlichen Geschehen und eben sachkundig – im Gegensatz zu vielen anderen Erhebungen. Die SNB konnte für ihre «allgemeine Arbeit und Mandatserfüllung in den letzten 15 Jahre» eine deutlich auf 7.93 erhöhte Zustimmung verzeichnen. Das steht im Gegensatz zur öffentlichen Diskussion über deren Personalpolitik, Zusammensetzung und andere Aspekte, die für eine souveräne Notenbankpolitik zum Wohle des Landes als eher peripher zu beurteilen sind. Die FINMA dagegen erhält gewohnt tiefe Zustimmungswerte von 4.46.

FINMA-Zustimmungswerte. Grafik: schweizeraktien.net

Der lange Schatten der CS-Notübernahme

Besonders kontrovers sind die Einschätzungen zu den Folgen der CS-Notübernahme durch die UBS ein Jahr nach den Ereignissen. Die Antworten auf die offene Frage zur «Evaluierung der neuen Schweizer Bankenlandschaft und den veränderten Wettbewerbsbedingungen für Ihr Institut» reichen von «Neutral» über «Verschärfter Wettbewerb» bis hin zu «Die Schweizer Bankenlandschaft hat Schaden davongetragen. Wettbewerbsverzerrung hin zu den staatlich unterstützen Banken (KBs)». Viele Banker fürchten eine «überbordende Regulierung», was auch in den Antworten zu anderen Fragen unmissverständlich zum Ausdruck kommt. Über den Tellerrand hinausgedacht, lautet eine prägnante Antwort: «Die neue UBS bleibt für den Staat und uns Bürger ein (zu) grosses Risiko. Die nächste Krise folgt, die Frage ist nur, per wann.»

Markt- und Wettbewerbsverzerrung

Und dabei ist den Regionalbankern klar, dass ihre kleinen Retailbanken im Krisenfall keine staatliche Unterstützung erhalten werden. «Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bund finanzielle Stützmassnahmen ergreifen würde im Fall eines drohenden Konkurses» von Retailbanken wird auf der bis 10 reichenden Skala lediglich mit einem Durchschnittswert von 2.75 eingeschätzt. Bei der Mega-Bank UBS wird die Wahrscheinlichkeit dagegen mit 9.25 eingestuft! Die implizite Staatsgarantie führt zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten kleinerer Banken. Ein Umfrageteilnehmer bringt es auf den Punkt: «Die UBS bzw. die systemrelevanten Banken sollten für ihre Wettbewerbsvorteile (verdeckte Bundesgarantie) zur Kasse gebeten werden.»

Erwartungshaltung der Regionalbanken bezüglich staatlicher Stützmassnahmen im Falle eines Konkurses. Grafik: schweizeraktien.net

Insider-Prognosen und Crowd Wisdom

In der vollständigen Auswertung erfahren Sie, wie die Retailbanken konkret den Kostensteigerungen begegnen, wo sie den Franken in den nächsten drei Jahren sehen und welche Entwicklung sie bei den Leitzinsen erwarten. In den Vorjahren haben sich die Insider-Prognosen zu Franken und Leitzinsniveau stets als weitgehend zutreffend erwiesen. Interessant sind auch die Ergebnisse zu den geänderten Anlagepräferenzen der Kunden. Dieses «Crowd Wisdom» hatte sich bereits im Vorjahr als sehr aufschlussreich erwiesen. Interessant und teilweise verblüffend ist, was sich mit Blick auf die Themenkomplexe «Krypto», «Nachhaltigkeit» und der «Strategie zur Finanzierung der Net-Zero-Wirtschaft» geändert oder auch nicht geändert hat. Last, but not least dürfte es auch Mitarbeitende der Retailbanken interessieren, wie «die zu erwartenden Kostensteigerungen angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels aufgefangen werden sollen».

Aus der komplexen und durchaus auch komplizierten Gemengelage entstanden wiederum drei Thesen, die teils widersprüchliche Details, signifikante Änderungen in der Erwartungshaltung, Regulierungsängste und den wachsenden Einfluss des Technologiewettlaufs in der Bankenbranche in den Kontext der Änderungen in der Wirtschaft setzen. Die vollständigen Ergebnisse können Sie hier herunterladen.

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