Die Anlageklasse der Small Caps ist in den letzten Monaten hinter den Blue Chips zurückgeblieben. Während der SMI seit Jahresbeginn mit knapp 8% im Plus liegt, weist der Small-Cap-Index SSCI nur ein knappes Plus auf. Das tat dem Interesse an den kleinen und mittleren Schweizer Aktiengesellschaften allerdings keinen Abbruch: Die einmal jährlich stattfindende Investorenkonferenz Investora war auch in diesem Jahr sehr gut besucht. Obwohl sich viele Unternehmen mit einem schwierigen Marktumfeld konfrontiert sehen, dominierte – wie sollte es auch anders sein – der Optimismus.
Schweiz als Insel der Glückseligen?
«Es tut gut, einmal an eine Schweizer Small-Cap-Konferenz zu gehen», meinte ein deutscher Investor. In Deutschland überwiege der Pessimismus; Unternehmen und Investoren befänden sich im Krisenmodus. Die Schweiz sei eine «Insel der Glückseligen». Vielleicht lag dies nicht nur an der Stimmung der professionellen Anleger, sondern auch an der guten Auswahl der Unternehmen. Auch unter den 34 Unternehmen, die sich in Zürich präsentierten, überwog der Optimismus. Bernhard Wiehl, Finanzchef des Automobilzulieferers Autoneum, machte deutlich, dass sich zwar die Automobilindustrie in Europa «am Rande einer Depression» befinde, die Situation in Amerika und vor allem in Asien jedoch ganz anders sei. Gut für ein Unternehmen wie Autoneum, das selbst im Jahr der grossen Automobilkrise 2024 noch die Guidance erhöht hat und mit einem Umsatz von 2.3 bis 2.5 Mia. CHF sowie einer EBIT-Marge von 5 bis 5,5% rechnet.
Unternehmen im Wachstumsmodus
Natürlich handelt es sich bei der Automobilindustrie derzeit um eine stark gebeutelte Branche. Von den Schweizer Zulieferern waren daher an der Investora mit Ausnahme von Autoneum keine vertreten. Wie Wachstum geht, zeigten Unternehmen aus dem Logistik-, Energie- und Healthcaresektor. Endrücklich ist die Wachstumsstory der SKAN Holding, die auch schweizeraktien.net schon länger verfolgt. CEO Thomas Huber zeigte auf, dass angesichts der immer grösser werdenden Anzahl von biotechnologisch hergestellten Medikamenten die Nachfrage nach den Isolatoren der Firma weiter wachsen werde. Er betonte allerdings auch, dass dies Zeit benötige. «Wer als Investor nicht mindestens fünf Jahre bei uns dabeibleiben möchte, der sollte gar nicht erst investieren», so Huber vor den Investoren. Der SKAN-Aktienkurs bewegt sich denn auch seit Monaten seitwärts.
Passives Investieren schadet den Small Caps
Es gibt auch einige andere Firmen, die an der Investora präsentierten und deren operative Performance sich im Aktienkurs nicht niederschlägt. Die Gründe dafür sind vielfältig: geringer Freefloat, komplexes Geschäftsmodell, fehlende Analystenabdeckung wurden im Gespräch während der Networking-Pausen genannt. In den vergangenen Jahren sei es immer schwieriger geworden, aktiv in Einzeltitel zu investieren. Gerade grössere institutionelle Anleger setzen offenbar lieber auf passive Instrumente und passive Anlagestrategien. Für Small Caps scheint es da wenig Platz zu geben. «Da die Performance gerade von Pensionskassen einmal im Jahr gemessen wird, kann es sich eine PK nicht erlauben, hier schlechter als der Markt abzuschneiden», weiss ein Fondsmanager. Denn gerade wegen der geringeren Liquidität der Small Caps kann es durchaus passieren, dass ein Investor seine Aktien gar nicht oder nur mit einem grossen Abschlag verkaufen kann. Das drückt dann auf die Performance.
Stadler-Chef Spuhler zeigt sich zuversichtlich
Eines der Highlights an der Investora war der Auftritt von Peter Spuhler, dem Patron der Stadler-Rail-Gruppe. Auch die Aktie seines Unternehmens gehört zu den grossen Verlierern unter den Schweizer Industrietiteln, auch wenn Stadler Rail mit einer Marktkapitalisierung kein Small Cap ist. Seit dem Börsengang im April 2019 verloren die Aktien rund 40%. Doch Spuhler, ganz Vollblutunternehmer, will von einer Fehlentscheidung nichts wissen. «Ich würde den Schritt nochmals wagen», so der Patron in einem Gespräch mit dem Chefredaktor der Finanz und Wirtschaft. Er machte auch deutlich, dass Stadler Rail sich immer wieder gegen grosse Konkurrenten durchsetzt, was zu einem starken Auftragseingang führt. Doch es brauche oft Jahre, bis aus den Aufträgen Umsatz werde. Kritisch betrachtet wird von vielen Investoren auch die Marge, die mit rund 2% derzeit sehr gering ausfällt. Spuhler kündigte an, dass diese langfristig wieder auf 8 bis 9% steigen soll.
Überflieger R&S Group
Unter den vielen Unternehmen, die an den zwei Tagen in «The Hall» präsentierten, war auch der Neuling R&S Group. Diese hat durch den fulminanten Kursanstieg seit dem Listing über den Spac VT5 mit einem Plus von 77% für Furore gesorgt. CEO Markus Laesser strich in seiner Präsentation die drei Wachstumstreiber Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Modernisierung der Stromnetze hervor. Diese würden dem Geschäft mit Transformatoren in den kommenden Jahren Rückenwind verleihen. Kürzlich hat R&S durch den Kauf von Kyte Powertech seine Marktposition weiter ausgebaut. Es zeigt sich, dass trotz des schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Umfelds gerade Small-Caps-Unternehmen in einer spezialisierten Nische tätig sind, die von den grossen Trends Digitalisierung und Klimawandel profitieren können. Dazu gehört auch der Anbieter von Logistiklösungen Kardex. Von diesen grossen Trends sowie der Deglobalisierung, Urbanisierung und dem zunehmenden Mangel an Arbeitskräften im Lager gebe es weiteres Potenzial für das Unternehmen. Der Aktienkurs von Kardex ist seit Jahresbeginn um einen Drittel gestiegen.
Da kann Autoneum trotz allem Optimismus nicht ganz mithalten: Die Titel haben seit Jahresbeginn rund 10% verloren. Es zeigte sich, dass trotz des allgemein schwierigen Umfelds bei der richtigen Titelauswahl ein Investment in Small- und Mid Caps die Blue Chips um Längen schlagen kann. Die Investora ist und bleibt daher ein wichtiges Schaufenster für das Segment der Schweizer KMU-Aktien.