Vail Resorts: Will Berge versetzen

Der US-Bergbahngigant soll an mehreren Schweizer Skigebieten interessiert sein. Eine Absage haben die Amerikaner dabei wahrscheinlich gerade eingefangen.

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Die «Weisse Arena» Flims/Laax habe ein Kaufangebot auf dem Tisch gehabt – und abgelehnt. War es eines von Vail Resorts?

«Wir haben ein gutes Angebot auf dem Tisch gehabt, aber wir haben abgelehnt», sagte Reto Gurtner, Präsident und Delegierter des Verwaltungsrats der «Weissen Arena», an der Generalversammlung des integrierten Dienstleistungsunternehmens in der Tourismus- und Freizeitbranche in Flims/Laax/Falera. Gemäss Gurtner bestehe kein Bedarf für einen Verkauf, solange es eine «derart gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde gebe».

Der 69-jährige Gurtner gab an der GV keine Informationen zu seiner Nachfolge. Im November 2023 war Markus Wolf nach vier Dienstjahren als CEO der Weissen Arena Gruppe zurückgetreten. Es gab damals Gerüchte, dass dies nicht freiwillig geschehen sei. Vor einigen Wochen gab es handfeste Berichte zum Verkauf der «Weissen Arena».

Die Amerikaner kommen

Der «Blick» berichtete Ende August, dass Vail Resorts seinen Einfluss in der Schweiz ausbauen wolle. Er wisse aus zuverlässiger Quelle, dass fünf bis sechs Skigebiete in der Schweiz und in Österreich im Visier von Vail Resorts wären, sagt Pierre Besson, Chef der Magic Mountains Cooperation, gegenüber dem Boulevard-Blatt. Sein Unternehmen vermarktet den Magic Pass, der Zugang zu 80 Skigebieten in der Schweiz ermöglicht und bereits 180’000 Abonnenten zählt. Besson gab weiter zu Protokoll, dass wegen dem Vorstoss der Amerikaner «in den Schweizer Bergen Unruhe» herrsche. Gemäss dem Bericht im «Blick» stehe die «Weisse Arena» zuoberst auf der Einkaufsliste der Amerikaner.

Das können sie sich vorerst abschminken. Welche Destinationen stehen noch auf der Einkaufsliste von Vail Resorts? Ein bekannter und wichtiger Schweizer Player ist die Destination Davos. Dort tönt es aber gleich wie in der «Weissen Arena». An der Generalversammlung sagte Vidal Schertenleib, Verwaltungsrat und CEO der Davos Klosters Bergbahnen AG, auf Anfrage eines Medienvertreters, ein Verkauf sei kein Thema. Es gebe weder Verhandlungen noch Kontakte mit Vail Resorts.

Mehr als Bahnen und Lifte

Vail Resorts ist der weltweit grösste Betreiber von Skigebieten und kontrolliert Skigebiete in den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und der Schweiz. Die Gesellschaft betreibt ausserdem mehr als 250 Einzelhandels- und Verleihzentren in ganz Nordamerika. Vails Konzept für eine Destination besteht darin, ein umfassendes Angebot an Liften, Skischulen, Restaurants, Hotels und Sportgeschäften aufzubauen und auch Grossveranstaltungen durchzuführen. Vail Resorts besitzt Mehrheiten an den Skigebiet-Installationen in Andermatt Sedrun und Crans Montana. Die Gruppe unterhält auch Partnerschaften mit grossen europäischen Destinationen wie Verbier 4 Vallées im Wallis, Les 3 Vallées in Frankreich, Skirama Dolomiti in Italien oder Ski Arlberg in Österreich.

Der Unternehmenssprecher von Vail Resorts will zu «Gerüchten» wie dem Angebot für Flims/Laax und der Expansionsstrategie in Europa keinen Kommentar abgeben. Er legt aber die Strategie der Amerikaner dar: «Der Eintritt in den europäischen Skimarkt ist eine langfristige strategische Priorität für Vail Resorts. Wir verfolgen einen disziplinierten Ansatz bei der Akquisition von Skigebieten und suchen nach solchen, die unser bestehendes Netzwerk ergänzen und sich in Bezug auf Erfahrung und Lage nicht überschneiden.»

Keine Spekulanten, keine Amerikanisierung

Der «Branchenverband» der Skigebiete verhält sich bei Fusionsplänen neutral. «Der Verband Seilbahnen Schweiz mischt sich nicht in Unternehmensangelegenheiten ein. Das sei Angelegenheit der Besitzer und vielleicht der Standortgemeinde», sagt Berno Stoffel, Direktor des Verbandes Seilbahnen Schweiz. Seine Organisation sei aber in regelmässigem Kontakt mit Vail Resorts. Es sei wichtig, dass ein Skigebiet auch nach einer Übernahme ein System-Player bleibe und nicht neue Standards, etwa bei Arbeitskonditionen oder Berufsbildung, setze.

Vail Resorts verhalte sich gemäss Stoffel diesbezüglich offen und sehr korrekt – und sei auch dankbar über die Zusammenarbeit mit Seilbahnen Schweiz. Wenn jetzt wie in den Medien kolportiert, weitere Schweizer Skigebiete übernommen würden, muss gemäss Stoffel darauf geachtet werden, dass der Wille zur lokalen Verankerung und ein ausgewiesenes Bergbahn-Know-How vorhanden ist. «Vail hat in Andermatt gezeigt, dass dies so ist. Wir spüren derzeit auch keine Amerikanisierung», so der Direktor von Seilbahnen Schweiz.

Ein Pass für alle Destionationen

Vail Resorts sieht in Europa viel Wachstumspotenzial, da der europäische Markt fast dreimal so gross ist wie der nordamerikanische. Ein Mittel, um das Wachstum anzukurbeln, sind Skipässe, die in allen Gebieten des Unternehmens gültig sind. Der «Epic-Pass» von Vail Resorts kostet rund 1000 USD pro Jahr. Mit dem Pass sollen insbesondere mehr amerikanische Gäste nach Übersee gelockt werden.

«Wir suchen Skigebiete, die unser bestehendes Netzwerk ergänzen, ohne dass es zu Überschneidungen in Bezug auf Erfahrung oder Lage kommt. Ausserdem suchen wir nach Destinationen mit einer einzigartigen und unverwechselbaren Identität, die unser Portfolio aufwerten», antwortet der Sprecher von Vail Resorts auf die Frage, was denn eine Destination erfüllen müsse, um interessant zu werden. Darüber hinaus seien die Qualität der Pisten und die Annehmlichkeiten vor Ort, wie z. B. Restaurants und Après-Ski-Möglichkeiten, wichtige Faktoren. Schliesslich wolle Vail die Loyalität der eigenen Gäste fördern und sicherstellen, dass jedes Skigebiet das Gesamterlebnis innerhalb des Netzwerks verbessere.

Als Unternehmen setze sich Vail Resorts dafür ein, den Zugang zum Skifahren zu erleichtern und die Skiindustrie durch den «Epic-Pass» langfristig zu unterstützen. «Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, dass wir unseren Gästen mit einem einzigen Pass Zugang zum Skifahren in der Nähe ihres Heimatortes und zu Weltklasse-Skigebieten auf der ganzen Welt bieten», so der Vail-Sprecher. Dieses Konzept der überregionalen Skipässe hat Konkurrent Alterra Mountain bereits weiterentwickelt. Die Gesellschaft betreibt 18 Skigebiete und 14 Heli-Ski-Hütten. Alterra arbeitet über die Ticketpartnerschaft «Ikon-Pass» mit Skigebieten wie Aspen in den USA und Kitzbühel, Chamonix sowie Cortina D’Ampezzo und in der Schweiz mit Zermatt und St. Moritz zusammen.

Alterra ist in Europa weiter

Im Frühjahr 2024 ist Alterra zudem eine Kooperation mit den Oberengadiner Bergbahnen eingegangen, die es Ikon-Pass-Inhabern ermöglicht, bis zu sieben Tage pro Jahr in die Region zu reisen. Der Pass, der 1360 USD kostet, soll gemäss Medienbericht von rund 1 Mio. Personen genutzt werden. Die Partnerschaft mit Alterra hat Zermatt, das jährlich 2 Mio. Gäste verzeichnet, 50’000 zusätzliche Gäste beschert. Die Alterra Mountain Company befindet sich im Besitz der Private-Equity-Gesellschaft KSL Partners.

Vail arbeitet gemäss Stoffel mit Andermatt und Crans Montana nicht unbedingt mit den Top-Destinationen in der Schweiz und den Alpen zusammen. Beide Destinationen gehören nicht zu den Top 10 der meist frequentierten Skigebieten der Schweiz. Alterra sei da mit Zermatt, St. Moritz, Chamonix und Kitzbühel besser aufgestellt. Das Unternehmen beabsichtige dabei nicht, Skigebiete zu erwerben. Es gehe Alterra nur um Produktkooperationen und die Reichweite des Ikon-Skipasses.

Andermatt noch unter Budget

In Andermatt hat Vail Resorts die finanziellen Ziele im vergangenen Geschäftsjahr knapp verpasst. Dies sagte Omar El Hamamsy, CEO von Orascom, vor kurzem im Interview mit schweizeraktien.net. «Das anspruchsvolle Budget wurde knapp verfehlt.» Die Zusammenarbeit und das Feedback aller Beteiligten sei aber durchwegs positiv, fügt er an. Orascom verkaufte im Jahr 2022 die Installationen und die Tätigkeiten am Berg an Vail Resorts, behielt aber einen Minderheitsanteil von 49%. Im vergangenen Jahr folgte der Einstieg von Vail in Crans Montana.

In dem im Juli beendeten Geschäftsjahr 2023/24 stagnierte der Umsatz von Vail Resorts auf 2,89 Mrd. USD, wobei weniger Skipässe zu höheren Preisen verkauft wurden, wie das Unternehmen mitteilte. Der operative Gewinn (EBITDA) ging um 11% auf 825 Mio. und der Reingewinn um 14% auf 230 Mio. USD zurück. Höhere Kosten und Abschreibungen belasteten das Resultat.

Bekanntheit und Attraktivität gestiegen

«Zum Finanzergebnis beziehungsweise zur Strategie der Andermatt-Sedrun Sport AG können wir als Minderheitsaktionärin keine Angaben machen», sagt Stefan Kern von Andermatt Swiss Alps auf Nachfrage. Die Zahlen würden anlässlich der Generalversammlung bekannt gegeben. Der Einstieg von Vail Resorts in Andermatt habe aber grundsätzlich zu einer weiteren Steigerung der Bekanntheit und Attraktivität der Destination Andermatt-Sedrun beigetragen und in der Folge zu mehr Übernachtungen. «Die Zusammenarbeit ist sehr zielführend und erfolgreich», sagt Kern.

Indirekt bestätigte der Orascom-CEO El Hamamsy im Interview auch die Expansionsstrategie der Amerikaner in der Schweiz. Dass nun weitere Engagements in der Schweiz auf dem Programm stehen würden, zeige Orascom, dass es Vail ernst meine mit der Schweiz. Bevor die US-Gesellschaft 2022 eine Mehrheitsbeteiligung am Skigebiet Andermatt-Sedrun übernommen hat, waren nur 3% der Hotelgäste in der Region Amerikaner. Im vergangenen Winter kletterte der Anteil der US-Gäste nach Unternehmensangaben auf 11% und soll weiterwachsen. Auch Crans Montana gibt an, sich diesen Winter für einen US-Ansturm zu rüsten.

Hoher Franken, hohe Berge

«Es wird spannend, wenn neue Konkurrenz entsteht», sagt Stoffel zu den neu entstehenden Kooperationen. Ein wichtiger Treiber von ausländischen Investitionen in Schweizer Skigebieten ist der starke Franken. Er ist attraktiv für ausländische Investoren. Schon ohne Betriebsgewinn hätte ein Investor in den vergangenen zehn Jahren allein mit Währungsdifferenzen gut verdient. «Das ist ein entscheidender Unterschied in der Akquisition von Skigebieten zwischen der Schweiz und Österreich», fügt Stoffel an.

Ein weiterer Vorteil ist die Lage der hiesigen Skigebiete, ergänzt der Direktor von Seilbahnen Schweiz. «Die Skigebiete in der Schweiz sind die höchstgelegenen in den Alpen, und mit den Herausforderungen des Klimawandels besitzen sie hier einen entscheidenden Standortvorteil», sagt Stoffel. Es ist aber nicht so, dass Vail nur auf den Wintersport schaut. Die Amerikaner haben in ihren «heimischen» Resorts in den USA bewiesen, dass sie auch im Sommertourismus stark sind.

Hinweis in eigener Sache: Am 29. Oktober 2024 findet der Branchentalk Tourismus am Flughafen Zürich statt.

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