Erhard Lee und Marcel Weiss, AMG Substanzwerte Schweiz Fonds: «Swissness untermauert defensives Anlageprofil»

Breitere Diversifizierung der Titelanzahl

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Der AMG-Fonds Substanzwerte Schweiz Fonds wurde 2004 aufgelegt und zielt darauf ab, vorsichtig und unternehmerisch in erprobte, solide Schweizer Firmen zu investieren. Der Anteil an Small Cap beträgt über 50%, wodurch sich der Fonds von den meisten anderen Small & Mid Cap Fonds deutlich unterscheidet. Darunter befinden sich mit Cham Group und Perlen Industrieholding auch zwei OTC-Werte. Das insgesamt defensive Anlageprofil ist ein weiteres Merkmal, was den Fonds zu einem interessanten Anlagebaustein insbesondere für Schweizer Privatanleger macht. Das Fondsvolumen beträgt aktuell um die 38 Mio. CHF.

Der Fonds wird seit Mitte des Jahres von Erhard Lee (li), Verwaltungsrat Serafin Asset Management AG, beraten und von Marcel Weiss (re), CEO Serafin Asset Management AG, zusammen mit Patrick Hofer geführt. Bild: schweizeraktien.net

Herr Lee, Herr Weiss, im Sommer gab es einen Wechsel in der operativen Verantwortlichkeit des Fonds. Wie hat sich dieser Wechsel auf die Struktur des Fonds ausgewirkt, wie hat sich die Segment-Verteilung geändert?

Marcel Weiss: Wir haben im Sommer die Verantwortlichkeiten neu geordnet. Patrick Hofer (langjährig im PM u.a. des Substanzwerte Fonds) und ich bewirtschaften den AMG Substanzwerte Schweiz Fonds. Erhard Lee, Gründer des Fonds und Mitglied des Verwaltungsrats der Serafin Asset Management AG, nimmt eine beratende Funktion ein, indem er sein langjähriges Know-how im Schweizer Aktienmarkt und insbesondere in den Nebenwerten einbringt. Das Portfolio des AMG Substanzwerte Schweiz Fonds haben wir in den letzten rund 20 Monaten konsequent auf die bewährten AMG-Grundwerte ausgerichtet und in Bezug auf die Titelanzahl breiter diversifiziert. Dabei haben wir das Fondsprofil auch weiter geschärft: Unser Anlagefokus richtet sich stark auf Schweizer Small Caps, welche überwiegend Substanzwert-Charakter haben und über eine zum erwartenden Wachstum attraktive Bewertung verfügen. Gesellschaften, die mehr als 50% und teilweise bis zu 100% ihrer Umsätze in der Schweiz machen, räumen wir insgesamt eine hohe Portfolioallokation ein. Durch diese «Swissness» wollen wir unter anderem das defensive Anlageprofil des Fonds zusätzlich untermauern und damit den Fonds auf dem bewährten Pfad weiterführen. Der Fonds eignet sich hervorragend als Ergänzung zu einem Aktienportfolio, welches in der Regel aus gross- und mittelkapitalisierten sowie meist international orientierten Gesellschaften zusammengesetzt ist.

 

Es fällt auf, dass Sie kürzlich aus den Nahrungsmittel-Herstellern Bell und Barry Callebaut ausgestiegen sind. Ist das der relativ schwachen Kursentwicklung geschuldet oder gab es andere Gründe, die Sie zu diesem Schritt veranlasst haben?

Erhard Lee: Unsere Analysearbeit hat auch zum Ziel, dass wir Risiken bei Gesellschaften identifizieren und im Anlagekontext dann solche Unternehmen konsequent meiden. Diese Überlegungen haben im Fall Barry Callebaut zum Abbau der Position im Fonds geführt. Im Fall Bell Group haben wir die Mittel in andere, vielversprechendere Positionen alloziert.

Während viele Fonds einen Bogen um Immobiliengesellschaften machen, sind zwei Ihrer drei grössten Positionen in diesem Segment beheimatet. Zusätzlich haben Sie neu die Investis Holding in Ihr Portfolio aufgenommen. Sie setzen also stark auf eine positive Entwicklung am Immobilienmarkt. Gründet Ihre Zuversicht in einem weiteren relativ starken Bevölkerungswachstum in der Schweiz hin zu einem «10-Millionen-Staat»?

Erhard Lee: Generell gefallen uns Immobilienanlagen im Kontext mit dem Anlageprofil der AMG Substanzwerte Schweiz Fonds gut. Nachdem wir den Immobilien-Anteil in den letzten Jahren reduzierten, haben wir in diesem Jahr die Gewichtung in diesem Segment in Erwartung tieferer Zinsen gezielt erhöht. Die meisten unserer Portfoliogesellschaften in diesem Segment zeichnen sich durch sehr attraktive Entwicklungsprojekte aus, wovon viele in den nächsten 1-3 Jahren auf den Markt kommen. Gesellschaften wie HIAG und Investis verfolgen zudem ein aktives Portfoliomanagement, woraus wir weiterhin Zusatzerträge erwarten.

Stark sind Sie auch in Finanztitel investiert. Jetzt kommt ein Neuengagement in die Liechtensteinische Landesbank LLB hinzu, deren Aktienkurs seit über zwei Jahren kontinuierlich steigt. Sind Sie mit diesem Investment nicht etwas spät dran?

Marcel Weiss: Die Aktie der LLB passt im Banksegment sehr gut in unser Anlagekonzept. Im Gegensatz zu vielen anderen Universalbanken verfügt die LLB über ein sehr ausgewogenes Ertragsprofil, bestehend aus dem Zinsdifferenzgeschäft, dem Kommissions- und Handelsgeschäft. Die Bank verfolgt zudem einen Wachstumspfad im Schweizer Markt und in Deutschland. Diese Initiativen machen strategisch viel Sinn, ohne dabei das Risikoprofil der Bank stark zu verändern. Bewusst besteht unser Schwergewicht in Finanztitel bei den Versicherungen, die über eine starke Kapitalbasis verfügen und sehr attraktiv bewertet sind.

Könnten Zinssenkungen nicht zu zurückgehenden Kursen bei Bankentiteln führen?

Marcel Weiss: Wir gehen nicht davon aus, dass wir wieder Negativzinsen sehen werden. Die Zinsmarge der Banken wird daher nicht stark leiden. Und im Fall LLB schützen das sehr ausgewogene Ertragsprofil und die gezielte Wachstumsstrategie, um allfällige kurzfristige Effekte einzudämmen.

Der langjährige CEO der Jungfraubahn, Urs Kessler, zieht sich aus der operativen Spitze des Unternehmens zurück. Er hat das Unternehmen gerade auch mit Blick auf die Expansionsstrategie massgeblich verantwortet. Wie sehen Sie die Zukunft der Jungfraubahn, in die Sie investiert sind, ohne Mister Jungfraubahn?

Erhard Lee: Auch nach dem CEO-Wechsel glauben wir, dass die Kontinuität erfolgreich weitergeführt und die Gästezahlen für die Jungfraubahnen erfolgreich weiterentwickelt werden können. Die Gesellschaft ist dafür sehr gut positioniert und hat ein überzeugendes Gesellschaftsmodell, welches nicht von einer einzigen Führungsperson abhängig ist.

Von welcher Entwicklung an den Märkten gehen Sie in 2024 und mit Blick ins 2025 aus?

Marcel Weiss / Erhard Lee: Wir denken, dass die Konjunkturrisiken schon bald ausreichend eingepriced sind. Allerdings wird die Unsicherheit in der globalen Politik aus verschiedenen Gründen hoch bleiben. Viele Aktien gross- und mittelkapitalisierter Gesellschaften reflektiveren diese Risiken unserer Meinung nach ungenügend. Dagegen sind Small Caps und dabei insbesondere häufig als unspektakulär bezeichnete solide Schweizer Nebenwerte, welche zudem auch stark in der Schweiz verankert sind und ihre Umsätze hier generieren, sehr attraktiv bewertet. Auch unter Berücksichtigung der im internationalen Vergleich eher tiefen Wachstumsraten dieser Gesellschaften sind diese aus heutiger Anlagesicht – unter Einbezug der Risiken – unseren Meinung nach ein vielversprechendes Investment.

Herr Lee, Herr Weiss, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

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