Am Monatsultimo fallen die Schweizer Leit-Indizes um jeweils über 1,4%. Im SLI zeigen nur zwei Valoren positive Vorzeichen: Lindt & Sprüngli mit 0,2% sowie die erst im Vormonat auf die Favoritenliste von schweizeraktien.net gesetzte Geberit mit 4,7%. Auch die Monatsbilanzen der Indizes sind mit rund minus 3% wiederum negativ. Der Markt, so scheint es, scheidet Spreu und Weizen.
Der Small- und Mid-Cap Index SPIEXX steht nicht besser da mit einem Monatsverlust von ebenfalls 3%. Tatsächlich sind die meisten Aktien in letzter Zeit unter die Räder gekommen. Oft enttäuschen die Zahlen und die gegebenen Ausblicke der Unternehmen. Ein eindrückliches Beispiel liefert SoftwareOne, deren Aktie am 31. Oktober um 39,4% auf nur noch 7.80 CHF gefallen ist, den tiefsten Stand seit dem IPO vor fünf Jahren. Der CEO verliess das Unternehmen kurzfristig, das Wachstum schwächelt, und auch der Ausblick wird zurückhaltender. Über allem schwebt dazu noch der Zwist zwischen den Grossaktionären und Gründern, von denen einige das Unternehmen von der Börse nehmen wollen, die anderen nicht.
Pioniere, Mitläufer und Totalschäden
Neben solchen Extremfällen, zu denen auch die Wertvernichter ams-Osram und Meyer Burger (-99% im letzten Jahr) zählen, sind aber auch viele Standard-Aktien betroffen. Nestlé bewegt sich auf dem tiefsten Niveau seit sechs Jahren, und auch der abrupte CEO-Austausch hat bislang keine Trendwende herbeigeführt, obwohl die meisten professionellen Marktteilnehmer in den Jubel über das vom Unternehmen gegebene schwachbrüstige Narrativ einstimmen. Es häufen sich auch sonst Fälle von verspätetem Aktionismus, wie das Beispiel Georg Fischer zeigt. Die Maschinenbausparte wird veräussert, für die Guss-Sparte werden «Optionen geprüft». Zukünftig will sich das Traditionsunternehmen auf Flow-Technologien wie in der Wasserversorgung konzentrieren. Das ist eine der Stärken von Sulzer, wo das Geschäft brummt und der Aktienkurs in neue Höhen geklettert ist. Der Unterschied ist, dass Sulzer die Zeichen der Zeit sehr viel früher erkannt hat.
Schutzzölle sollen für US-Wirtschaftswunder sorgen
Marktverzerrungen an der Börse können sich lange hinziehen, vor allem, wenn die Akteure und die Meinungsbildner ihre gemeinsame Sicht der Dinge unhinterfragt verbreiten und aufrechterhalten können. Die US-Wahlen sind ein Paradebeispiel. Obwohl die Evidenz eindeutig Biden eine bessere wirtschaftliche Bilanz im Verhältnis zu der seines Vorgängers im Amt zugestehen muss, wird dem überführten Kriminellen und mehrfachen Pleitier Trump völlig irrational die höhere Kompetenz zugesprochen. Erst in jüngster Zeit dämmert immer mehr Anlegern und den sich zu Wort meldenden Experten, dass die von Trump angekündigte Erhebung von massiven Schutzzöllen schlecht für europäische Exporteure ist – und auch für die Volkswirtschaften als Ganzes. Dass die Schweiz nicht in der EU ist, spielt dabei aus transatlantischer Sicht überhaupt keine Rolle. Insofern überrascht die plötzliche Katerstimmung an den europäischen Börsen eigentlich nicht.
Beschränkte Korrekturrisiken
Die Aktien der Favoritenliste von schweizeraktien.net sind davon weniger betroffen, da sie entweder den Grossteil ihres Geschäfts in Europa abwickeln wie z.B. Geberit oder aber direkt in ihren Märkten produzieren wie SIG Group oder Galderma. Sie dürften unter US-Zöllen kaum zu leiden haben. Die zuletzt gemeldeten Zahlen fallen auch durchwegs stark aus, bei SIG Group, bei Galderma, bei Geberit. Insbesondere ist das Wachstumstempo trotz kleinerer Abstriche intakt, und die EBITDA-Margen bleiben überdurchschnittlich hoch. Marktführerschaft kommt eben nicht von ungefähr, sondern ist Folge einer überlegenen Strategie, die zu hohen und steigenden Marktanteilen führt. Trotzdem können auch diese Aktien bei einem Sell-out verlieren, sollte es nach der US-Wahl zu einem bösen Erwachen kommen. Dennoch dürfte eine solche Korrektur mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den Favoriten sowohl zeitlich wie auch im Ausmass beschränkt bleiben – und Verluste von mehr als 40% oder gar 99% sind praktisch auszuschliessen.
OTC-X Liquidity Index mit leichtem Minus
Während die Indizes der SIX trotz allem immer noch eine positive Jahresperformance aufweisen, bleibt der ausserbörsliche Aktienmarkt gemessen an den OTC-X Indizes im negativen Bereich. Der OTC-X Liquidity verzeichnet seit Anfang Jahr ein Minus von 3,6%. Dennoch bleiben die Aktienumsätze auf hohem Niveau. Nach 10 Monaten im laufenden Jahr wurden 177.9 Mio. CHF umgesetzt. Läuft es in den verbleibenden zwei Monaten nicht schlechter, könnte sogar das Niveau des Vorjahres in Höhe von 216.5 Mio. CHF überboten werden. 2023 war das zweitbeste Jahr der Geschichte, nur 2017 wurde mit 247 Mio. CHF ein höheres Niveau erreicht. Im Monat Oktober blieben sowohl Espace Real Estate wie auch Cendres + Métaux unverändert, doch Weiss + Appetito und Weleda konnten zulegen. Drei der vier Valoren zeigen ein Pluszeichen.
Bei den CEOs nachgespürt
Im Interview mit schweizeraktien.net erläutert der CEO von Cendres+Métaux, Philipp von Büren, die Zahlen des ersten Halbjahres und nimmt Stellung zu diversen Fragen, die für Anleger aufschlussreich sind. Auch wenn von Büren keine Prognosen abgibt, die über die Aussagen im Semesterberich hinausgehen, so stellt er doch fest, dass die Nachfrage der Kunden bisher keine Anzeichen einer Abschwächung erkennen lässt. Auch auf OTC-X finden sich Chancen für Investoren. Wie im Fall Cendres+Métaux weist auch die Aktie der Griesser Holding einen hohen Abschlag auf den Buchwert auf. Der Kurszerfall bis auf 640 CHF scheint übertrieben. Im kürzlich erschienen Beitrag «Reif für den Turnaround?» spürte schweizeraktien.net bei CEO Urs Neuhauser mit Blick auf den aktuellen Geschäftsverlauf nach.