Michael Sieber, CFO CKW: «Wichtig für das Klima ist, dass wir die Wärmeproduktion dekarbonisieren»

Zögerliche Akzeptanz und Projektbewilligungen bremsen Ausbau von erneuerbaren Energien

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Michael Sieber ist seit 2020 Finanzchef und stv. CEO der CKW Gruppe. Zuvor war der Dipl. Betriebsökonom Leiter Controlling Produktion & Netze und Mitglied der Geschäftsleitung der Axpo Power AG. Bild: zvg

Die Preise für Energie haben sich zwar normalisiert, bleiben aber volatil. In diesem schwierigen Umfeld hat CKW im Geschäftsjahr 2023/2024 dennoch eine respektable EBITDA-Marge von 21,6% erreicht. Im Gespräch mit schweizeraktien.net erklärt CFO Michael Sieber, wie CKW am Markt navigiert, um gleichzeitig die hohen Investitionen in die Netze und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu stemmen und die Rentabilität hoch zu halten. Er spricht auch Klartext zu verschiedenen Energieformen und was der beschleunigten Dekarbonisierung der Energieversorgung in der Schweiz noch im Weg steht.

Im Geschäftsbericht 23/24 berichten Sie, dass CKW 1000 PV-Anlagen installiert hat oder 20 pro Woche. Ist das nachfragegetrieben, und wie könnte sich das Installationstempo in den nächsten 3-5 Jahren entwickeln?

Die vergangenen rund sechs Jahre waren geprägt von einem enormen Wachstum. CKW Gebäudetechnik hat den Zubau von Solar in dieser Zeit mehr als verzehnfacht. Inzwischen stagniert die Nachfrage in der Schweiz – und auch bei uns – auf hohem Niveau. Der Fachverband Swissolar geht davon aus, dass die Nachfrage ab 2027 wieder steigen wird. Wir teilen diese Einschätzung.

«Knapp 40% der Schweizer Gebäude werden nach wie vor mit Heizöl beheizt»

CKW expandiert kontinuierlich im Bereich nicht fossiler Energieträger. Dazu zählen auch Wärmepumpen, von denen Sie 186 im letzten Geschäftsjahr installiert haben. Wie schätzen Sie das weitere Wachstumspotenzial ein? Gemäss der European Heat Pump Association zählt die Schweiz pro 1000 Haushalte 152 Wärmepumpen, gegenüber 635 beim Spitzenreiter Norwegen, 47 in Deutschland und 15 im UK. Wo könnte oder sollte die Schweiz bis 2030 stehen?

Knapp 40% der Schweizer Gebäude werden nach wie vor mit Heizöl beheizt. Die Dekarbonisierung der Wärme bietet somit ein enormes Einsparpotenzial von schädlichen Treibhausgasemissionen. Die Ablöse kann mit Wärmepumpen erfolgen oder durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz. Wir sind in beiden Bereichen tätig und wollen den Ausbau nachhaltiger und CO2-freier Wärmeproduktion vorantreiben.

Worauf führen Sie die zögerliche Adoption der Wärmepumpe in Europa, abgesehen von den skandinavischen Ländern, zurück? Die ökonomischen und ökologischen Vorteile sind doch für rationale Kunden gleichermassen überzeugend. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Aufgrund der Bevölkerungsdichte eignet sich die Schweiz bestimmt besser für Fernwärmeverbünde als die skandinavischen Länder. Wenn uns dieser Ausbau gelingt, müssen wir bei den Wärmepumpen nicht zu den europäischen Spitzenreitern gehören. Wichtig für das Klima ist, dass wir die Wärmeproduktion dekarbonisieren. Weiter dürften Förderregime und das Verhältnis der Strompreise im Vergleich zu Gas- oder Heizölpreisen eine Rolle spielen. Hier bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Ländern.

Eine Wärmepumpe muss keine riesige Investition sein. Das CKW Wärmeabo macht dies möglich: ein neues All-inclusive-Angebot für Wärmepumpen.
Eine Wärmepumpe muss keine riesige Investition sein. Das CKW Wärmeabo macht dies möglich: ein neues All-inclusive-Angebot für Wärmepumpen. Bild: ckw.ch

Sie erwähnen Fernwärme und -kälte, in deren Entwicklung Sie investieren. Wo liegen die Potenziale und Grenzen von CKW?

Wir decken heute in der Schweiz erst rund 8% des Wärmebedarfs mit Fernwärme ab. Potenzial ist damit sicher noch vorhanden. Der Aufbau eines neuen Fernwärmenetzes ist mit grossem baulichem und finanziellem Aufwand verbunden. Deshalb machen wir die Realisierung eines neuen Fernwärmenetzes von genügend Wärmeabsatz abhängig. Zudem muss an zentraler Lage die Wärme produziert werden können, beispielsweise durch ein Holzheizkraftwerk oder ein Seewasserkraftwerk. Einen solchen Standort zu finden, ist oft nicht einfach. Wenn wir bei der Fernwärme auf Wärme-Kraft-Kopplung setzen, bietet dies den grossen Vorteil, dass wir Wärme- und Stromproduktion kombinieren können.

Sogar bei der in der Schweiz als unpopulär und schwierig geltenden onshore Windenergie konnten Sie Fortschritte erreichen. Was begründet Ihren Optimismus, dass die Potenziale in der Schweiz zukünftig stärker erschlossen werden?

Wir arbeiten an mehreren Windprojekten, stehen aber zum Teil auch nach jahrelanger Projektierungsarbeit immer noch am Anfang. Es gibt noch kein bewilligtes Projekt. Hoffnung machen mir die deutliche Annahme des nationalen Stromgesetzes und die Zustimmung der Luzerner Bevölkerung zum neuen kantonalen Plangenehmigungsverfahren. Letzteres unterstützt vor allem den Ausbau der Windkraft. Auch alle Gemeinden, in denen wir Projekte planen, haben zugestimmt.

Welchen Anteil am von CKW erzeugten Energie-Mix könnte denn die Windenergie bestenfalls in 10 Jahren haben?

Im gesamten Mix wird der Anteil Windstrom wohl auch in zehn Jahren leider klein sein. Dies, obwohl die Windkraft in der Schweiz durchaus grosses Potenzial hat. Sie hat den Vorteil, dass sie den Strom zu zwei Dritteln im Winter produziert. Mit ihrem komplementären Produktionsmuster wäre sie eine wichtige und optimale Ergänzung zu Solar. Ein optimaler Mix der beiden Technologien würde die Winterstromlücke verkleinern und zu tieferen Systemkosten führen.

«Im gesamten Mix wird der Anteil Windstrom wohl auch in zehn Jahren leider klein sein»

Was wären die Alternativen?

Geht man von weniger starkem Ausbau der Windkraft aufgrund fehlender Akzeptanz aus, braucht es deutlich mehr Produktion aus Gaskraftwerken und/oder den Langzeitbetrieb eines Kernkraftwerks, um die Versorgung im Winter zu sichern.

Im Segment Gebäudetechnik erzielte CKW in den beiden letzten Geschäftsjahren 12% respektive 19% Wachstum. Der Anteil am Gesamtumsatz entspricht mit 257.4 Mio. CHF nahezu einem Viertel. Auch um Sondereffekte wie die Devestition des letzten Jahres bereinigt, erscheint die EBIT-Marge mager. Zeichnet sich eine Verbesserung ab?

Das Segment Gebäudetechnik hat dank gezielten Massnahmen die Profitabilität im vergangenen Geschäftsjahr um 10 Mio. CHF gesteigert. Das ist sehr erfreulich und bestätigt, dass unser eingeschlagener Weg der richtige ist. In den vergangenen Jahren haben wir stark in die Wachstumsbereiche E-Mobilität, Wärme und Solar investiert. Diese Investitionen sind auf Langfristigkeit ausgelegt. In der ersten Phase ist Wachstum und der Aufbau von neuen Geschäftsfeldern mit Vorleistungen verbunden (Standorte, Prozesse, Aufbau und Integration von neuen Mitarbeitenden, IT, Infrastruktur usw.). Wir sind überzeugt, dass sich die Investitionen in diese zukunftsträchtigen Geschäftsfelder in den nächsten Jahren lohnen werden.

Sie haben je 50% des selbst produzierten Stroms für das laufende und das kommende Geschäftsjahr zu guten Preisen verkauft. Kommt es dadurch zu einer erodierenden Gewinnentwicklung oder können die sonstigen Aktivitäten dies in den Folgejahren kompensieren?

Das ist korrekt. Wir haben einen grösseren Anteil unserer Stromproduktion der kommenden 24 Monate bereits verkauft. Damit sichern wir uns eine gute Ertragslage für die nächsten zwei Jahre, welche über dem langjährigen Mittelwert der Vergangenheit liegt. Bewertungseffekte aufgrund eines Allzeithochs der Energiepreise und einmalige Verkaufsgewinne können wir mit den übrigen Aktivitäten aber nicht kompensieren.

«Wir haben einen grösseren Anteil unserer Stromproduktion der kommenden 24 Monate bereits verkauft»

Die Umsatz- und Gewinnentwicklung verlief in den letzten Jahren erratisch, was wesentlich von externen Faktoren wie der Energiekrise bestimmt wurde. Wie sieht Ihr Weg zu einer stabileren Ergebnisentwicklung für die kommenden Jahre aus?

Unser Geschäftsergebnis ist oft stark geprägt von externen Einflüssen wie zum Beispiel Marktpreisschwankungen, Wertkorrekturen oder auch Sondereffekten. Unser Umfeld können wir nicht beeinflussen, aber wir können uns gut darin positionieren. Denn gerade aufgrund erratischer Energiepreise über die Jahre hinweg haben wir eine Absicherungsstrategie entwickelt, welche Marktpreisrisiken und die Volatilität der Jahresergebnisse reduziert.

Mit einer Eigenkapitalquote von 84,5% und Liquidität von über 500 Mio. CHF scheint CKW überkapitalisiert. Auch unter Berücksichtigung der geplanten hohen Investitionen in Netze und erneuerbare Energien wären höhere Dividenden durchaus möglich. Was sind Ihre Pläne für die zukünftige Ausschüttungspolitik?

Die Höhe der Dividende wird durch den Verwaltungsrat vorgeschlagen und durch die Aktionäre an der Generalversammlung entschieden. Es liegt darum nicht an mir, die Ausschüttungspolitik zu kommentieren.

Zwei Punkte möchte ich aber festhalten: Im vergangenen Jahr wurde die ordentliche Dividende aufgrund des sehr guten Ergebnisses von 6 auf 10 Franken pro Aktie erhöht, an diesen 10 Franken will der Verwaltungsrat auch dieses Jahr festhalten. Die Pay-out-Ratio beträgt damit rund 50% des bereinigten EBIT. Und: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine solide finanzielle Ausstattung wichtig ist, um auch in einem turbulenten Marktumfeld bestehen zu können.

Inwiefern kann Ihr innovatives Tarifsystem die Effizienz der Infrastruktur steigern, die Preise der Kunden senken und die Rentabilität von CKW erhöhen?

Mit dem neuen Tarifmodell erhöhen wir nicht die Rentabilität von CKW. Vielmehr wollen wir dafür sorgen, dass wir unseren Kundinnen und Kunden auch künftig günstige Stromtarife bieten können. 2025 hat der Kanton Luzern die schweizweit günstigsten Strompreise.

Mit der Abschaffung von Hoch- und Niedertarif und der Einführung eines neues Netz-Leistungstarifs wollen wir Anreize dafür schaffen, dass einerseits Solarstrom besser genutzt wird und andererseits Leistungsspitzen vermindert werden. Wenn wir es alle gemeinsam schaffen, dass die Leistungsspitzen nicht exorbitant zunehmen, können wir einerseits mehr Solaranlagen und Wärmepumpen ins System integrieren und andererseits die Netzkosten weiterhin tief halten.

Was können die Aktionäre vom laufenden Geschäftsjahr 2024/2025 erwarten?

CKW macht keine Angaben zu künftigen Jahresergebnissen. Die Aktionäre dürfen aber wiederum von einer soliden Geschäftsentwicklung im Jahr 2024/25 ausgehen.

Vielen Dank, Herr Sieber, für die informativen Antworten und Erläuterungen.

Aktienkurs CKW
Die Aktien von CKW haben sich in den letzten drei Jahren positiv entwickelt. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der CKW AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 380 CHF für eine Aktie bezahlt. Bei einer Ausschüttung von 10 CHF, die an der Generalversammlung vom 30. Januar 2025 beschlossen werden soll, beträgt die Rendite 2,6%.

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