
Dass sich immer mehr Mediennutzer in die Blasen von Social Media verabschieden, ist eine Binse. Ebenso wie die Tatsache, dass klassische Journalismus-Anbieter deshalb mit abnehmenden Abonnentenstämmen und zurückgehenden Werbeeinnahmen zu kämpfen haben.
Da macht die Schweiz keine Ausnahme. Grosse Häuser wie CH Media oder die TX Group bauen kontinuierlich redaktionelle Stellen ab, was sich in der Qualität ihrer Angebote spiegelt.
Bei soviel Lärm um den Niedergang einer Branche ist die Stille und Unaufgeregtheit, mit der die Neue Zürcher Zeitung gegen den Strom schwimmt, wohltuend. Qualitätsjournalismus funktioniert, ist die Botschaft aus der Falkenstrasse in Zürich, dem Sitz des Unternehmens. Das zeigen die Zahlen des Geschäftsberichts 2024.
Steigende Nutzerzahlen kompensieren Rückgang im Werbemarkt
Das Unternehmen NZZ erzielte im Jahr 2024 einen Gesamtertrag von 248.3 Mio. CHF, was einem Rückgang um 1% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Rückgang sei insbesondere auf tiefere Leistungsverrechnungen infolge der IT-Entflechtung mit CH Media zurückzuführen, schreiben die Verantwortlichen.
Im Nutzermarkt, also bei Lesern und Abonnenten, konnte die NZZ den Ertrag 2024 steigern und damit den Rückgang im Werbemarkt kompensieren.
Der Ertrag im Nutzermarkt belief sich auf 114.9 Mio. CHF und lag damit 2% über dem Vorjahr. Trotz dem weiteren Rückgang der Leser des Printerzeugnisses konnte die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten mit 212’600 (Vorjahr: 211’100) stabil gehalten werden.
Deutliche Erhöhung des Umsatzes pro Digital-Abonnent in der Schweiz
Die Ertragssteigerung im Nutzermarkt sei durch mehrere zentrale Faktoren getrieben worden. So konnte durch die Erweiterung des digitalen Produktangebots und insbesondere den Ausbau des Premium-Abonnements NZZ Pro in der Schweiz der durchschnittliche Umsatz pro Digital-Abonnent um 9% erhöht werden. In Deutschland setzte sich das starke Wachstum derweil fort – der Umsatz legte um 11% zu, hauptsächlich dank dem anhaltenden Wachstum bei den Digital-Abonnenten.
Der Ertrag im Werbemarkt belief sich auf 103.4 Mio. CHF. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von 2%, was auf die niedrigeren Erträge im Print-Werbemarkt zurückzuführen sei. Der relative Anteil an Erträgen aus digitaler Werbung gegenüber Printwerbung habe dagegen weiter zugenommen, schreibt die NZZ.
Rückläufiger Betriebsaufwand und steigendes Betriebsergebnis
Der Betriebsaufwand vor Abschreibungen ging trotz Inflation, der vollständigen Übernahme von The Market und Investitionen in Wachstumsinitiativen gegenüber dem Vorjahr um 0.2 Mio. CHF auf 232.9 Mio. CHF zurück. Zusammen mit dem Ergebnisbeitrag aus der im Juni 2024 erworbenen strategischen Beteiligung von 25% am Out-of-Home-Medienunternehmen APG|SGA resultierte ein bereinigtes Betriebsergebnis in Höhe von 16.6 Mio. CHF (+11%) und ein Unternehmensgewinn von 14.8 Mio. CHF.
Ausblick
Die NZZ will ihr organisches Wachstum weiterhin vorantreiben, indem sie weiter gezielt in ihr publizistisches Kerngeschäft investiert – sowohl im Heimmarkt Schweiz als auch im Wachstumsmarkt Deutschland. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie sei der weitere Ausbau angrenzender Geschäftsfelder, etwa im Live Bereich. Investitionen in Wachstum und Innovation hätten dabei Priorität, schreibt die NZZ.
Mit der Beteiligung an der APG|SGA habe die NZZ einen wichtigen Meilenstein in der Umsetzung ihrer Strategie erreicht. Ab dem Geschäftsjahr 2025 werde sich die Beteiligung erstmals ganzjährig im Ergebnisanteil an assoziierten Gesellschaften widerspiegeln.
Der Strukturwandel von Print zu Digital schreite sowohl im Nutzermarkt wie auch im Werbemarkt weiter voran und werde von tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen begleitet. Das Unternehmen sei aber mit seiner klaren Strategie und einer soliden Bilanzstruktur für die Zukunft aufgestellt, schreiben die zuversichtlichen NZZ-Verantwortlichen.
Fazit
Während viele etablierte Medienhäuser hierzulande Mitarbeitende entlassen und den redaktionellen Output immer stärker beschneiden, macht die NZZ vor, wie es anders geht. Das Mantra «Qualitätsjournalismus» ist kein Lippenbekenntnis, sondern manifestiert sich in steigenden Abozahlen und Werbeeinnahmen, die gegen den Trend stabil bleiben.
Dass das Team um CEO Felix Graf dabei die Kosten im Griff hat, zeigt der zurückgehende Betriebsaufwand.
Man darf gespannt sein, wie die Beteiligung an der APG|SGA zum Erfolg in den kommenden Jahren beitragen wird. Dass die links-grüne Mehrheit im Zürcher Gemeinderat Werbung im öffentlichen Raum der Stadt Zürich stark einschränken möchte, könnte bei der APG|SGA Einnahme-Dellen verursachen. Aber ob dieses illiberale Vorhaben der linken politischen Mehrheit in Zürich von Erfolg gekrönt sein wird, muss sich erst noch weisen.
Jenseits von allen politischen Wirrungen hat die Beteiligung am Aussenwerber den Preis, dass der Eigenkapitalanteil von stolzen 75,6% auf 53,9% zurückgegangen ist. Wenn sich aber die Beteiligung wirtschaftlich als erfolgreich herausstellt, wird der Eigenkapitalanteil wieder wachsen. Und eine EK-Quote von über 50% bedeutet weiterhin eine durchaus solide Finanzierung.
Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten wie im Vorjahr eine Dividende von 200 CHF pro Aktie. Das entspricht einer Rendite von 4,0% auf Basis des letztbezahlten Aktienkurses auf OTC-X, was durchaus attraktiv ist.
Weniger attraktiv war die Entwicklung des Aktienkurses im vergangenen Jahr, der mit 5’000 CHF deutlich unter dem Stand von 2023 notiert und damit auch rund 7% unter dem Buchwert von 5’322 CHF. Das relativ niedrige bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12.0 macht die Skepsis der Anleger deutlich, dass Investments in Medientitel von grosser Unsicherheit ob der zukünftigen Entwicklung der Branche bestimmt sind.
