Duri Prader, CEO Lienhardt&Partner Privatbank: «Ein Handelskrieg führt letztlich auch zu einem Zinskrieg»

Im Gespräch äussert sich der CEO der Zürcher Privatbank zum ausserordentlich guten Geschäftsjahr 2024 und zur Aktualität an den Finanzmärkten

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Duri Prader, CEO der Privatbank Lienhardt & Partner Zürich, im Gespräch mit schweizeraktien.net. Bild: schweizeraktien.net

Dank Zuwachses der Kundenvermögen sowie höherer Zinsen und Ausleihungen ist der Gesamtertrag bei der Zürcher Privatbank Lienhardt & Partner deutlich angestiegen. Der Gewinn kletterte um 18,7% auf 11.84 Mio. CHF. Der Gesamtertrag stieg auf 52.86 Mio. CHF (+15,6%). Gleichzeitig fiel der Geschäftsaufwand mit 30.30 Mio. CHF um 10,2% höher aus als im Vorjahr.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net äussert sich CEO Duri Prader zu den Geschäftszahlen und der Erhöhung der Dividende und geht auf die jüngsten Entwicklungen der Finanzmärkte ein, die nach den Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump ordentlich durchgeschüttelt worden sind.

Herr Prader, letzte Woche erschütterte der amerikanische Präsident die Welt mit der Ankündigung von Einfuhrzöllen. Wie ordnen Sie diese Massnahmen ein?

Zölle sind bekanntlich keine Wirtschaftspolitik, die erfolgsversprechend ist. Es fragt sich deshalb, warum die Amerikaner diese Strategie verfolgen. Experten diskutieren weltweit die Frage, ob es sich nur um ein Druckmittel für Verhandlungen handelt oder um eine langfristige Strategie. Zumindest im Fall von Vietnam hat Trump am Freitag nach Gesprächen mit der dortigen Regierung Offenheit gezeigt. Vietnam hat angeboten, die Zölle auf US-Importe auf null Prozent zu senken, was Trump dazu veranlasste, in einer Stellungnahme zu erklären, dass er bereit sei, die US-Zölle ebenfalls deutlich zu reduzieren.

Die Märkte haben nach der Trump-Rede im Rosengarten des weissen Hauses mit scharfen Korrekturen geantwortet. Als wie gross erachten Sie die Risiken einer Eskalation bis hin zu einem weltweiten Handelskrieg?

Das ist schwer zu beurteilen. Wenn im Gegensatz zur ersten Amtszeit die Zölle wirklich umfassend umgesetzt werden, dann wird das zu grossen Problemen führen. Nicht Inflation wäre global die Folge, sondern Stagflation oder sogar Deflation. Es ist aber schwer vorstellbar, wie diese Zölle administrativ in so kurzer Zeit effizient umgesetzt werden können. Ein weltweiter Handelskrieg führt letztlich auch zu einem Zinskrieg. Die Zinsen würden am langen Ende deutlich fallen, was wiederum die Zentralbanken unter Druck setzen wird.

Auch die Schweiz ist vom Zoll-Furor betroffen. Eine politische Reaktion darauf findet praktisch nicht statt. Man will das Pulver trocken halten. Dagegen kann es sich die Schweizer Wirtschaft nicht leisten, einfach abzuwarten. Mit welchen Konsequenzen müssen Ihrer Ansicht nach die exportorientierten Unternehmen hierzulande rechnen?

Als Kleinstaat sind wir auf ein regelbasiertes System angewiesen, um weltweit Handel treiben zu können. Wir haben nur einen sehr beschränkten Einfluss, um diese Rahmenbedingungen durchzusetzen. Wichtig ist aber, dass wir Leistungsorientierung, soziale Mobilität, sozialen Frieden, unsere freiheitliche Gesellschaft und unsere Verteidigungsfähigkeit sicherstellen. Reziproke Zölle sind ein Schnellschuss, der die deflationären Tendenzen nur verstärken würde. Der Bundesrat hat richtigerweise bereits zu verstehen gegeben, dass im Moment nicht die Absicht besteht, die kürzlich auf null gesenkten Einfuhrzölle wieder einzuführen.

Wie sehr sind Ihre Kunden von den Zoll-Geschehnissen betroffen? Wie gross sind die Sorgen, dass sie mit ihren Investments Realverluste einfahren werden?

Zunächst gilt der Grundsatz, nicht in Panik zu verkaufen! Wir haben einen starken «home bias» in unseren Portfolios. Mit anderen Worten: Wir halten mehrheitlich Schweizer Aktien. Überrascht worden sind wir aber von den hohen Zöllen, die uns in der Schweiz auferlegt worden sind. Das haben wir nicht erwartet. Der Kurssturz erinnert in seiner Grössenordnung an den Corona-Abverkauf. Daher ist mit einer Gegenbewegung zu rechnen, die den Marktteilnehmern Zeit verschafft, sich gegebenenfalls an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Wir analysieren die Lage in Ruhe und werden dann entscheiden, ob wir unsere Übergewichtung in Aktien beibehalten.

«Zunächst gilt der Grundsatz, nicht in Panik zu verkaufen»

Sie schreiben in Ihrem Geschäftsbericht, dass der Brutto-Zinserfolg 2024 in Folge höherer Zinsen gesteigert werden konnte. Allerdings sind die Zinsen bereits wieder am Fallen. Ende 2024 hat die SNB die Zinsen um 0.5 Prozentpunkte auf 0,5% gesenkt. Wie begegnet die Bank Lienhardt weiteren möglichen Senkungen der SNB oder sind Sie der Ansicht, dass ein Boden erreicht ist?

Wir haben für das laufende Jahr deutlich tiefere Zinserträge budgetiert. Ob die Zinsen weiter fallen werden oder nicht, wird sich zeigen und ist von vielen Umständen abhängig. Wir haben dieses Thema bereist kurz gestreift. Ein Handelskrieg würde die Zinsen unter Druck setzen. Es wird uns daher nicht sonderlich überraschen, falls wir wieder in einem Negativzinsumfeld landen würden. Wir sind in der Schweiz bereits nahe an einer negativen Inflation.

Die Bank Lienhardt hat ein sehr gutes Geschäftsjahr 2024 hingelegt. Ihr Geschäftserfolg ist um über 20% gestiegen, der Gewinn um 19%. Was sind die Gründe für diesen Erfolg?

Wir haben in den letzten Jahren viel investiert. Der Erfolg kam nicht zufällig. Aber das letzte Jahr war sicherlich aussergewöhnlich gut. Wir konnten in allen Bereichen die Erträge steigern. Von den Zinserträgen haben wir bereits gesprochen. Aber auch das Dienstleistungs- und Kommissionsgeschäft sowie der Handelsertrag hatten sich sehr positiv entwickelt. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Geschäftstätigkeit auch unter den aktuell schwierigeren Vorzeichen auf der Erfolgsspur bleiben wird. Unser einzigartiges Geschäftsmodell mit Private Banking, Immobilien und Vorsorge erfreut sich einer regen Nachfrage.

«Wir konnten in allen Bereichen die Erträge steigern»

Sie schreiben im Geschäftsbericht, dass erhebliche Investitionen in Personal, IT-Infrastruktur und die Sanierung von Immobilien geplant sind. Können Sie das etwas konkretisieren?

Die stets wachsenden Anforderungen an die IT-Sicherheit bzw. an die Cybersecuity ist aufgrund der zunehmenden Bedrohung wie Phishing, Ransomware oder DDoS-Attacken für alle Banken eine grosse Herausforderung. Darüber hinaus müssen wir den immer strengeren regulatorischen Anforderungen gerecht werden. Digitalisierung, Automatisierung und die Skalierbarkeit spielen ferner eine wichtige Rolle und sind Voraussetzung, um sich ändernden Kundenbedürfnissen anzupassen und nachhaltig zu wachsen. Diese Themen verursachen die meisten Kosten.

Die Aktionäre wird die Dividendenerhöhung von 46 auf 50 CHF freuen. Weniger Freude haben sie an der Entwicklung des Aktienkurses, der seit Ende 2023 seitwärts verläuft. Worauf führen Sie es zurück, dass die Lienhardt-Aktie nicht stärker nachgefragt wird?

Ich führe die Bank und bin verantwortlich, dass wir Dienstleistungen anbieten, die im Markt gefragt sind, dass unsere Bank gut kapitalisiert ist, wir profitabel wachsen und nachhaltig Gewinn machen. Zum Aktienpreis kann ich mich nicht äussern. Ich kann einfach festhalten, dass die Aktie zurzeit um den ausgewiesenen Buchwert gekauft werden kann.

Kursverlauf der auf OTC-X und bei der Bank Lienhardt selbst gehandelten Aktie von Lienhardt & Partner. Quelle: otc-x.ch

Das Finanzdepartement hat beschlossen, die geplante Verschärfung der Eigenmittelvorgaben auf Gesetzesstufe zu heben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Lex UBS.  Wie würde eine höhere Eigenmittel-Hinterlegung die Bank Lienhardt treffen?

Das würde uns keine Sorgen bereiten. Wir sind per 31.12.2024 mit einer Kernkapitalquote von 25.9% und einer Leverage Ratio von 12.7% ausgezeichnet kapitalisiert. Die entsprechenden Werte liegen zum Vergleich bei der UBS bei 14.3% (bei einem Minimum von 11.2%) und 4.7% (bei einem Minimum von 3.75%).

Bei all den negativen News, denen wir derzeit ausgesetzt sind – wo sehen Sie Anzeichen, dass wir am Ende des Jahres 2025 doch sagen könnten: Ganz so schlimm war es dann doch nicht?

Aktienmärkte bewegen sich immer nach der Differenz zwischen den Erwartungen und der Realität. Es ist heute unbestritten schwierig, irgendwo positive Anzeichen zu sehen. Aber es ist sehr wohl denkbar, dass die momentane Erwartung, ein globaler Handelskrieg, nicht Realität wird. Das führt uns zur eingangs besprochenen Frage zurück, ob die Zollpolitik eine langfristige Strategie oder nur ein Druckmittel sei. Letzteres würde sicher zu wieder steigenden Börsenkursen führen. Wir können uns ein solches Szenario gut vorstellen.

Herr Prader, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. 

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