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Daura AG: Der Tokenisierungs-Experte stellt seine Geschäftstätigkeit ein

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Das Unternehmen – und mit ihm das Logo – ist bald Geschichte. Der Tokenisierungsexperte muss aufgeben.

Es ist ein Schock – völlig aus heiterem Himmel kommt er jedoch nicht. Schon mehrfach hat schweizeraktien.net darauf hingewiesen, dass die Tokenisierung von Eigenkapital trotz zahlreicher Projekte in der Schweiz einen schweren Stand hat. Nun wirft der Pionier der Branche das Handtuch. Die Daura AG stellt ihre Tätigkeit ein. In einem Brief an die Aktien-Emittenten schreibt das Unternehmen: «Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass digitale Aktien langfristig die bevorzugte Form der Unternehmensanteile sein werden. Dennoch mussten wir feststellen, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis damit nachhaltig Gewinne erzielt werden können. Daher haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, unser Service-Angebot zum 30. November 2024 einzustellen.»

«Es ist schizophren, alle sagen, dass die tokenisierte Aktie die Zukunft ist, trotzdem wagt sich kaum jemand vor», sagt Peter Schnürer, CEO von Daura. Das Unternehmen sei seit einigen Monaten auf der Suche nach einem Kapitalgeber. Man habe sich aber schon von Beginn weg den 1. November als Zeitlimit gesetzt. Obwohl Schnürer noch in Verhandlungen ist, habe er nun begonnen, die Emittenten von tokenisierten Aktien zu informieren, damit diese sich auf die Situation einstellen können. Die Aktionäre, also die Besitzer von tokensierten Aktien, sind noch nicht benachrichtigt worden. Bis Ende Oktober sollen alle Nutzer der Daura-Plattform separat in Kenntnis gesetzt werden.

Das Aktienregister für KMU

Daura wurde im Frühling 2018 als Gemeinschaftsunternehmen von Luka Müller, Partner der Anwaltskanzlei MME, und Swisscom gegründet – Swisscom hat ihren Anteil verkauft und ist mittlerweile nicht mehr an Bord. Im Oktober des gleichen Jahres stiess Peter Schnürer als Geschäftsführer zum Blockchain-Start-up. Das Ziel des Unternehmens war es, die Ausgabe von Aktien, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die nicht börsenkotiert sind, zu vereinfachen. Daura gab das erste Registerwertrecht der Schweiz auf einer Blockchain heraus. Die Gesellschaft bezeichnet sich als «das Schweizer Aktienregister für KMU».

Peter Schnürer CEO daura
Daura-CEO Peter Schnürer sucht einen strategischen Investor – doch die Zeit wird knapp. Bild: zvg

Über die vergangenen Jahre hat Daura rund 100 Unternehmen als Kunden gewonnen. Nicht alle haben tokenisierte Aktien emittiert, einige führen lediglich das Aktienbuch mit der Technologie oder organisieren ihre Generalversammlung regelmässig digital. Was bedeutet das Aus von Daura für Unternehmen, die ihre Anteile auf der Blockchain handelbar gemacht haben? Die Plattform bleibt gemäss Unternehmensangaben bis Ende November wie gewohnt verfügbar. In dieser Zeit bietet Daura den Kunden die Möglichkeit, alle relevanten Informationen in strukturierter Form von der Plattform herunterzuladen und ausserhalb zu verwenden.

Es fehlt der Sekundärmarkt und das Settlement

Das Angebot von Daura – und anderen Tokenisierungs-Anbietern – wurde im breiten Markt nicht angenommen. Nur vereinzelte KMU entschlossen sich dazu, ihr Eigenkapital digitalisieren zu lassen. Es fehlten grosse «Leuchtturm-Projekte». Zudem mangelte es an Teilen für ein effizientes Ökosystem. Zwar stellen die Anbieter einen funktionierenden Primärmarkt zur Verfügung. Es hätte aber auch einen Sekundärmarkt, der ins bestehende Finanzsystem eingegliedert ist, sowie die Integration von digitalen Zahlungsmitteln und ein ebensolches Settlement für eine unmittelbare Erfüllung des Geschäfts benötigt. Zudem gab es keine bereits kotierten Unternehmen, die sich entschieden, auch tokenisierte Aktien zu emittieren. Die Schweizer Börse und der Finanzplatz arbeiten an einer eigenen Lösung. Deshalb blieben auch die wichtigen institutionellen Anleger den tokenisierten Aktien vorerst fern.

Auch die Aktionariat AG, ein weiterer Tokenisierungsspezialist, sieht sich mit Problemen konfronitert. Im Juli kündigte das Unternehmen an, die Zeit für einen strategischen Wandel sei gekommen. Der Tokenisierungs-Anbieter nahm in Management und Strategie Anpassungen vor. Die Aktionariat AG will sich zukünftig darauf konzentrieren, einem Blockchain-affinen Publikum erstklassige technische Tools zur Verfügung zu stellen. «Wir wollen skalierbare Investor Relations für Unternehmen Wirklichkeit werden lassen, die die Vorteile der Blockchain-Technologie verstehen», schreibt das Unternehmen.

Mit Käufern in Verhandlung

Es sei geprüft worden, ob eine Übergabe an einen strategischen Investor möglich sei, der den langfristigen Fortbestand des Unternehmens sichert, schreibt Daura. «Die Gespräche mit einem potenziellen Käufer laufen weiter, konnten jedoch nicht innerhalb nützlicher Frist abgeschlossen werden», heisst es weiter. In der Folge hätten die Aktionäre von Daura einstimmig die Auflösung der Gesellschaft beschlossen. «Während dieser Auflösungsphase werden wir weiterhin intensiv nach einem strategischen Käufer suchen, der die Plattform weiterführen will. Über den Stand der Entwicklungen werden wir Sie regelmässig informieren», heisst es im Schreiben an Unternehmen mit tokenisierten Aktien. Daura hat sich in den vergangenen Monaten verschlankt und besteht eigentlich nur noch aus dem CEO. Die Entwicklungsarbeit wird an externe Programmierer vergeben.

Auch wenn die Daura-Aufgabe ein Rückschlag für die Tokenisierung ist, das Konzept überzeugt weiterhin. Und egal, wer sich durchsetzen wird, die klassische Finanzinfrastruktur wird früher oder später wegen Effizienzgewinnen auf DLT (Digital Ledger Technology) wechseln. Vielleicht, ohne dass es die Aktionäre gross wahrnehmen, weil lediglich im Hintergrund das Abwicklungssystem auf diese disruptive Technologie wechselt. Die Tokensierung von Vermögenswerten und die Abwicklung des Handels über eine Blockchain bedeuten aber einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Das geschieht nicht von heute auf morgen. Die Technologie ist nur Mittel zum Zweck.

Börsengänge Schweiz: Die Pipeline für 2025 ist gut gefüllt

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Sparks IPO Academy
13 Unternehmen durchlaufen 2024/25 die Sparks IPO Academy. Vielleicht befindet sich darunter auch einer der nächsten IPO-Kandidaten. Bild: schweizeraktien.net
Sparks IPO Academy
13 Unternehmen durchlaufen 2024/25 die Sparks IPO Academy. Vielleicht befindet sich darunter auch einer der nächsten IPO-Kandidaten. Bild: schweizeraktien.net

Mit den Börsengängen lief es in der Schweiz in diesem Jahr bisher nicht ganz so gut. Während es global in den ersten drei Quartalen 870 IPOs gab, fiel die Bilanz für die Schweizer Börse SIX anzahlmässig mit nur einem echten Going Public eher schwach aus, obwohl das Debüt von Galderma ein Mammut-IPO war und weltweit zu den grössten gehörte, für die Schweiz mit einem Volumen von 2.3 Mrd. CHF sogar das grösste seit 2017. Noch bis zum Jahresende 2024 wird das Listing des Telekommunikationsunternehmens Sunrise erwartet. Im 2025 soll der IPO-Markt dann weiter an Fahrt aufnehmen.

Mindestens 6 IPOs in 2025 erwartet

Insgesamt sei sehr viel Optimismus im Markt zu spüren, fasst Valeria Ceccarelli, Head Primary Markets bei der SIX, die Stimmung an den Märkten an der Auftaktveranstaltung der 4. Sparks IPO Academy zusammen. Wenn das Marktumfeld so bleibe, werde 2025 ein gutes IPO-Jahr. Konkret wollte Ceccarelli nicht werden. Doch Vertreter von Emissionsbanken teilen die Zuversicht. Die Pipeline für 2025 sei gut gefüllt, heisst es. Man rechne mit rund sechs IPOs im kommenden Jahr, darunter auch mittelgrosse Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 1 Mrd. CHF. Wer genau zu den Börsenkandidaten gehört, darüber herrscht allerdings Stillschweigen. Investmentbanken, Anwälte und Treuhänder arbeiten offenbar hinter den Kulissen an den nächsten Börsengängen.

Auftakt der 4. Sparks IPO Academy

Am Dienstag startete im SIX Convention Point zum 4. Mal die Sparks IPO Academy, ein Programm der Schweizer Börse, das potenzielle Börsenkandidaten mit den Anforderungen an ein Going Public vertraut machen soll. In den letzten drei Jahren durchliefen 45 Unternehmen die Academy, bestehend aus Online-Schulungen und ganztägigen Seminaren. In diesem Jahr haben sich 13 Unternehmen angemeldet. Klar ist allerdings, dass nicht jedes Unternehmen ein IPO-Kandidat ist und die Teilnehmerliste der Academy nicht mit einer Pipeline gleichzusetzen ist. Im Laufe der letzten Jahre gab es nach Informationen der Veranstalter Firmen, die weiter privat bleiben wollen, andere wurden verkauft oder haben die Geschäftstätigkeit eingestellt.

Ein heterogener Branchenmix

Auch in diesem Jahr nehmen Unternehmen an dem Programm teil, die, wie die Investmentgesellschaft Climartis, erst vor wenigen Jahren gegründet wurden. Oder traditionsreiche Firmen wie das Kranunternehmen Wolffkran, das auf eine 170-jährige Geschichte zurückblicken kann. Auch der Branchenmix ist sehr heterogen: Mit Muvon Therapeutics, Ilya Pharma und Zurimed Techologies waren gleich drei Unternehmen aus dem Lifesciences-Sektor dabei. Das ETH-Spin-off Zurimed verfolgt dabei die Vision, mit seiner «Nähmaschine» für menschliches Gewebe zum Unicorn auf dem Gebiet des «Soft Tissue Repair» für die orthopädische Sportmedizin zu werden. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, braucht es aber noch viel Kapital, das durch den Börsengang beschafft werden soll.

Plastik-Problem lösen

Ambitionierte Ziele im Clean-Tech-Bereich haben die Firmen Enespa, Sun Contracting und DePoly. Von Enespa und Sun Contracting befinden sich Aktien und Obligationen durch Privatplatzierungen bereits im breiten Publikum. Der Börsengang soll dann einen regulierten Handel ermöglichen. DePoly befindet sich hingegen in den Händen der Gründer und von VC-Investoren. Das als Top-100-Start-up ausgezeichnete Unternehmen ist ebenso wie Enespa in der Kreislaufwirtschaft angesiedelt und will mit einem speziellen Verfahren PET und Polyester recyclen. DePoly will somit einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Plastik-Problems leisten.

Aus dem Umfeld der digitalen Medien

Auch das Westschweizer ICT-Unternehmen infomaniak gehört zu den Teilnehmern der Academy. Bild: schweizerkatien.net

Die Swiss Marketplace Group (SMG) ist bereits zum zweiten Mal mit dabei. Das Joint Venture von TX Group, Ringier, dem Versicherer Mobiliar und der Investmentgesellschaft General Atlantic gilt schon länger als IPO-Kandidat. Auch dem Sektor der digitalen Medien zuzuordnen sind der Westschweizer Serviceprovider Infomaniak sowie das spanische Live-Streaming-Unternehmen Nexoom, dessen Hauptsitz in Zug ist.

Erleichterter Börsenzugang für KMUs

Unter den mittlerweile über 50 Firmen, welche in den vergangenen Jahren die Sparks IPO Academy durchlaufen haben, dürfte in den kommenden Jahren das eine oder andere den Kurszettel im Sparks, dem KMU-Segment der SIX, erweitern. Denn das klare Ziel des Börsenbetreibers ist es, mit Sparks den Zugang gerade für kleinere und schnell wachsende Firmen zu erleichtern. Dazu werden, neben den geringeren Listinganforderungen als im Hauptsegment, in Zukunft weitere Services offeriert, welche den Firmen das Going und Being Public erleichtern sollen.

Luxusgüter-Aktien: Neuer Boom?

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Der Durchschnittspreis für eine neue Hermès Kelly Bag aus Leder beginnt bei etwa 8’000 CHF und kann je nach Grösse und Material bis zu 80’000 CHF oder mehr gehen. Bild: stock.adobe.com

In den letzten 10 Jahren wurden Luxusgüter in Studien, Analysen und Fachartikeln immer mit dem Hinweis auf China, den dort schnell wachsenden Wohlstand und den unstillbaren Hunger der 1.4 Mrd. Konsumenten auf Luxusgüter aller Art versehen. Inzwischen ist China als Wachstumstreiber in den Köpfen der Anleger assoziativ stark verankert. Doch tatsächlich kommt der grösste Teil der Nachfrage aus den USA, Europa, Japan und vielen Emerging Markets. An den Börsen verläuft die Entwicklung der Luxusgüter-Aktien sehr differenziert.

Es war ein Fehler mancher Unternehmen im Luxusgüter-Segment, ausschliesslich oder hauptsächlich auf China zu setzen. Immerhin handelt es sich um ein Land, das seit mehr als sieben Jahrzehnten von der Kommunistischen Partei gelenkt wird – und Luxus steht auf der Agenda des Politbüros bestimmt nicht weit oben. Tatsächlich ist die Konsumentenstimmung in China eingebrochen, nachdem sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit der Covid-Pandemie stetig verschlechtert haben. Die Wachstumsraten haben sich seitdem halbiert, und ein grosser Teil der potenziellen Käufer von Luxusgütern leidet unter der seit Jahren schwelenden Immobilienkrise, in deren Verlauf die Wiederverkaufswerte der Objekte dramatisch eingebrochen sind. Richtig ist allerdings auch, dass die Klasse der Superreichen in China weiterhin Champagner, Luxusuhren und exklusive Artikel aller Art kauft. Doch ein Massenmarkt, wie bis 2020, ist es nicht mehr. Die meisten westlichen Luxusgüter sind auch in China teurer als in der Schweiz oder in Japan. So kommt es, dass die stark rückläufige Anzahl chinesischer Touristen eher in Zürich oder Tokio Luxusgüter erwirbt, da sie dort weniger kosten als im Heimatland.

China-Lastigkeit fordert Tribut

Manche der börsenkotierten Hersteller von Luxusgütern haben stark auf den chinesischen Markt gesetzt und dort zunächst hohe Wachstumsraten und dann auch hohe Umsatzanteile erreicht. Ein solches Beispiel ist Ermenegildo Zegna. Die Aktie ist seit 2021 an der NYSE kotiert. Der luxuriöse und traditionsreiche italienische Hersteller von edler Bekleidung erzielte sehr hohe Umsatzanteile in China. Der Kurs hat sich in den letzten Monaten fast halbiert. In der Region Greater China sanken die Umsätze im ersten Halbjahr 2024 um 13,2% auf nur noch 266.3 Mio. USD. Diese Entwicklung wurde zwar durch die Zuwächse in den meisten anderen Regionen, vor allem den amerikanischen Ländern, mehr als kompensiert, doch trotz der Umsatzerhöhung um 6,3% auf 960.1 Mio. USD lag das organische Wachstum bei -2,7%, und der operative sowie der ausgewiesene Gewinn litten deutlich.

Gewinnschrumpfung bei Kering

Bei allen an der Börse vertretenen Luxusgüter-Produzenten erzählen die Kursverläufe die eigentliche Geschichte. Zu den Verlierern zählt neben Zegna die französische Kering, deren Aktie im letzten Jahr 44% verlor und auf 5-Jahressicht 49%. Im ersten Halbjahr 2024 sank der Konzernumsatz um 11% auf 9 Mrd. Euro, der Anteil der Region Asien-Pazifik ging um 5 Prozentpunkte auf 32% zurück. Die grösste Marke ist Gucci, die seit einiger Zeit schon mit Problemen ringt. Der Markenumsatz sank im ersten Semester um 20% auf 4.1 Mrd. Euro. Auch die anderen Marken verzeichneten aus verschiedenen Gründen einen Rückgang der Margen. Der Gewinn je Aktie fiel um mehr als die Hälfte auf 7.16 Euro.

Chart Kering
Kursverlauf der Kering-Aktie während der letzten 5 Jahre. Chart (in EUR): boerse.de

Soll ein «Taking Private» den Sinkflug von Swatch stoppen?

Ein weiterer Verlierer im Universum der Luxusgüter-Konzerne ist die Schweizer Swatch, trotz der jüngsten Kurserholung. Im ersten Halbjahr 2024 sank der Umsatz um 14,3% auf 3.5 Mrd. CHF. Ohne die Währungsverluste von 145 Mio. CHF lag der Rückgang bei 10,7%. Swatch hebt im Halbjahresbericht explizit hervor, dass der scharfe Rückgang der Luxusgüter-Nachfrage in China für den Umsatzschwund ursächlich ist. Die Marke Swatch entwickelte sich entgegen dem Trend in China mit einem Wachstum von 10% jedoch positiv. Der Gewinn kollabierte von 686 Mio. CHF auf 204 Mio. CHF. Für das zweite Semester gibt sich CEO Nick Hayek optimistisch und erwartet starkes Wachstum in den USA und Japan. Der chinesische Markt bleibe bis Ende des Jahres schwierig, das Potenzial für weiteres Wachstum sei jedoch intakt. Die Aktie verlor im vergangenen Jahr 20% und auf 5 Jahressicht 18%. Das klingt weniger dramatisch, als es wirklich ist. Das historische Hoch Ende 2013 lag bei fast 600 CHF, das Zwischenhoch von 2018 bei fast 500 CHF. Die Aktie stürzte Ende September 2024 bis auf 149 CHF und stieg dann unter dem wohlgenährten Eindruck eines bevorstehenden «Taking Private» durch die Hauptaktionäre auf rund 180 CHF an. Tatsächlich kaufte die Familie Hayek für etliche Mio. CHF Aktien am Markt. Von den Marktteilnehmern wird darüber spekuliert, ob die Familie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle ausstehenden Aktien schultern kann. Die aktuelle Marktkapitalisierung der Kategorie der Inhaberaktien beträgt nur noch 5.6 Mrd. CHF. Am Markt wird geschätzt, dass ein überzeugendes Übernahmeangebot bei mindestens 230 CHF je Aktie liegen müsste.

Italienische Luxusgüter-Produzenten als Übernahmeziele

Weitere Übernahmen liegen in der Luft. Im September erwarb der Branchenprimus LVMH 10% an der Beteiligungsgesellschaft des CEO und Grossaktionärs des italienischen Luxusgüter-Konzerns Moncler, Remo Ruffini, mit der Option, die Beteiligung auf 22% zu erhöhen. Ruffini will mit dem frischen Kapital seinen Anteil am Aktienkapital von bisher 16% erhöhen. Die Moncler-Aktie ist seit 2013 an der Mailänder Börse kotiert und bringt nach dem jüngsten Kurssprung eine Market Cap von 14.8 Mrd. Euro auf die Waage. In den letzten 5 Jahren hat sich der Umsatz auf 3 Mrd. Euro nahezu verdoppelt. Gerade in Italien sind etliche Player noch in Familienbesitz, u.a. Ferragamo, Zegna und Prada unter den börsenkotierten Unternehmen, aber auch privat gehaltene Unternehmen wie Giorgio Armani. Der smarte Einstieg bei Moncler durch LVMH könnte die nächste Runde der Konsolidierung einläuten. Die Prada-Aktie stieg in den letzten 12 Monaten um 22% und in den letzten 5 Jahren um 135%. Die Marktkapitalisierung liegt bei 16.4 Mrd. Euro, das KGV für 2024 wird von der Analystengilde auf durchschnittlich 21 geschätzt.

Langfristig überzeugende Performance von Richemont

Richemont dagegen trennt sich nun von den digitalen Aktivitäten mit Namen YNAP, die jahrelang für Verluste gesorgt haben. Letztes Jahr sollte YNAP an den Onlinehändler Farfetch verkauft werden, doch der wurde übernommen, und der neue Eigner Coupang aus Südkorea winkte ab. Nun übernimmt der Onlinehändler Mytheresa YNAP und beteiligt Richemont im Gegenzug mit 33% am Aktienkapital. Dennoch könnte es bei Richemont diesbezüglich noch zu substanziellen Abschreibungen kommen. Durch die Beendigung der verlustträchtigen Expansion in die direkte digitale Vermarktung im Modesegment sehen die Perspektiven für Richemont besser aus. Die Aktie zählt mit einer 1-Jahresperformance von 23% und einer Kurssteigerung um 115% in den letzten 5 Jahren zur Spitzengruppe im Luxusgüter-Universum. Die Market Cap beträgt 67.7 Mrd. CHF. Hier zeigt sich das Muster, dass die Top-Player der internationalen Luxusgüter-Industrie auch die beste Performance bringen. Wenn auch der Gewinn im Geschäftsjahr zum 30. März 2024 leicht auf 3.7 Mrd. CHF zurückging, so hat er sich doch in den letzten 5 Jahren fast vervierfacht.

Chart Richemont
Richemont verzeichnete in den letzten 5 Jahren eine Kurssteigerung um 115%. Chart (in CHF): six-group.ch

Knick im Aktienkurs von LVMH bietet Einstiegschance

Gemessen an der Market Cap bleibt LVMH mit 328 Mrd. Euro der globale Spitzenwert in der Branche. Noch im April 2023 stieg der Kurs kurzzeitig auf über 900 Euro, fiel aber bis September 2024 auf 600 Euro. Auf aktueller Kursbasis errechnet sich bei einem geschätzten KGV für 2024 von 21 ein Kurssteigerungspotenzial zum Höchststand von fast 40%. Die Performance im letzten Jahr belief sich auf -4%, auf 5 Jahressicht 73%. Im ersten Halbjahr wurde ein organisches Wachstum von 1% erreicht. Der Umsatz lag bei 41.7 Mrd. Euro. Der Gewinn sank um 14% auf 7.3 Mrd. Euro. LVMH ist breit diversifiziert und litt unter der generellen Nachfrageschwäche in China sowie Zurückhaltung der Käufer von Mode, Spirituosen und Lederwaren. Es dürfte sich um eine vorübergehende Delle handeln, da die neue Zinssenkungsrunde die Konjunktur und die Zuversicht der Konsumenten verbessern sollte. Wie und wann sich die Konsumentenstimmung in China verbessern soll, bleibt allerdings schwer zu prognostizieren.

Chart LVMH
Gemessen an der Market Cap bleibt LVMH mit 328 Mrd. Euro der globale Spitzenwert in der Branche. Chart (in EUR): google.com

Hermès mit herausragender 5 Jahresperformance

Operativ besser lief es beim Top-Performer Hermès. Die Aktie stieg in den letzten 12 Monaten um 22% und in den vergangenen 5 Jahren um 236%. Die Market Cap liegt aktuell bei 223 Mrd. Euro. Auf Basis des für 2024 geschätzten Gewinns errechnet sich mit 48 das mit Abstand höchste KGV der Branche. Hermès repräsentiert als Pure Play das absolute «High End» des investierbaren Luxusgüter-Sektors. Kein Konkurrent erzielt höhere Margen und hat eine treuere Kundschaft. Wer mehr als 10’000 Euro für die neueste Handtaschen-Kreation ausgeben kann, ist von Zins- und Konjunkturzyklen nicht betroffen. Und selbst auf diesem Preisniveau können spezielle Kreationen nochmals ein Vielfaches davon kosten. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 15% auf 7.5 Mrd. Euro, der operative Gewinn um 7% auf 3.2 Mrd. Euro. Die Aktie liegt mit aktuell 2130 Euro nur wenig unter dem Rekordhoch. Hermès bleibt weiterhin die erste Wahl.

Chart Essilor-Luxottica
In den letzten 5 Jahren stieg die Aktie von Essilor-Luxottica um 60%. Chart (in EUR): google.com

L´Oréal und Essilor-Luxottica

Erwähnenswert bleiben L´Oréal und Essilor-Luxottica, wenn auch Luxusgüter nur für einen Teil der Umsätze sorgen. Die Aktie von L´Oréal veränderte sich per saldo im letzten Jahr nicht, die 5-Jahresperformance beträgt 63%. Auf Basis der aktuellen Market Cap von 211 Mrd. Euro beträgt das für 2024 geschätzte KGV 31. Im zweiten Quartal 2024 legte der Umsatz angetrieben durch die Nachfrage in Nordamerika und Europa um 6,7% auf 10.9 Mrd. Euro zu. Essilor-Luxottica zeigt im letzten Jahr mit 29% die beste Kursentwicklung. Ein Grund ist die Zusammenarbeit mit Meta zur Integration von KI in Brillen. In den letzten 5 Jahren stieg die Aktie um 60%. Bei einer inzwischen auf 98 Mrd. Euro angestiegenen Market Cap errechnet sich ein für 2024 geschätztes KGV von 36. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 5% auf 13.3 Mrd. Euro, der Gewinn erreichte 1.8 Mrd. Euro.

Bergbahnen Sörenberg: Ausbleibender Schnee macht Unternehmen «verletzlich»

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Ein Winterwunderland wie hier die Rossweid gab es in der Saison 2023/24 nur selten zu sehen. Foto: ©Martin Schwaiger

Theo Schnider, Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Sörenberg AG (BBS), nimmt kein Blatt vor den Mund. Verletzlich sei man geworden, finanziell stecke man in Schwierigkeiten, ein zermürbender Winter liege hinter dem Unternehmen, beklagt der VRP im Vorwort zum Geschäftsbericht.

Er habe schon an der Generalversammlung im Herbst 2023 davor gewarnt, dass ein erneuter schlechter Winter die Bergbahnen in finanzielle Schwierigkeiten bringen könne. «Was wir uns alle nicht herbeiwünschten, ist mit voller Wucht eingetroffen: 22% weniger Ersteintritte im 5-Jahresschnitt und ein Verlust von 2.4 Mio. CHF.»

Regen und zu warme Wintertemperaturen

Der Grund ist schnell ausgemacht. Begann der Winter 2023/24 noch vielversprechend und ermöglichte mit viel Schnee einen «grossartigen» Saisonstart, folgten schon bald der grosse Regen und viel zu warme Temperaturen.

Immerhin hat die künstliche Beschneiung bestens funktioniert, so der VRP. Die Investitionen in die zusammenhängende Beschneiungsanlage Rothorn bis Dorf seien entscheidend wichtig. Auf dem Rothorn habe es viel Naturschnee und in den Gebieten Dorf und Platz trotz der widrigen Umstände gute Pistenverhältnisse dank Kunstschnee gegeben. «Wir dürfen sogar behaupten, dass wir erstaunlich ‹kunstschnee-sicher› sind», schreibt Schnider.

Keine Sommerreserven wegen Umbau der Luftseilbahn

Auf Sommerreserven konnte das Unternehmen hingegen nicht bauen, wurde doch 2023 die Luftseilbahn auf den höchsten Luzerner Berg fertiggestellt. Der Auftritt der neuen Luftseilbahn Brienzer Rothorn begeistere jetzt Gäste wie Seilbahnfachleute, freut sich Schnider. Sich für die Ausbauvariante «Retrofit» zu entscheiden, also möglichst viel Bausubstanz und bestehendes Wissen mit einfliessen zu lassen, sei absolut richtig gewesen und habe sich gelohnt. Mit dem gezielten Ausbau auf dem Berg, mit neuen sanitären Anlagen, einer leistungsfähigen Küche und einem gemütlichen Gipfelrestaurant erfolge nun auf die Sommersaison 2024 der Abschluss des Projektes «Retrofit».

Einnahmerückgänge in sämtlichen Segmenten

Die Nettoerlöse der Bergbahnen Sörenberg sanken im Berichtsjahr 23/24 (zum 31.05.) um über 10% auf 10.4 Mio. CHF (Vorjahr 11.7 Mio. CHF). Auffallend ist, dass sämtliche Segmente stark zurückgehende Einnahmen verzeichneten, von den Transporteinnahmen über die Erträge aus der Restauration bis hin zu Beherbungs- und Logiserträgen.

Gegensteuer gaben die Sörenberger um CEO René Koller und CFO Otto Jenni, in dem auch die Kosten deutlich nach unten getrieben wurden. So sank der Betriebsaufwand von 4.7 Mio. auf 4.3 Mio. CHF, und dies trotz deutlich höherer Energiekosten. Der Personalaufwand reduzierte sich von 5.6 Mio. CHF auf 5 Mio. CHF.

Fremdkapitalquote steigt stark an

Aber durch deutlich höhere Abschreibungen von 2.3 Mio. CHF (nach 1.9 Mio. im Vorjahr) und einen um mehr als 100% gestiegenen Finanzaufwand von 0.52 Mio. CHF steht unter dem Strich ein Jahresverlust von 2.44 Mio. CHF (Vorjahr -0.74 Mio.). Der massiv höhere Finanzaufwand ist durch die höheren Zinszahlungen für das aufgenommene Fremdkapital sowie durch die Zinszahlungen beim Leasing der Pendelbahn Rothorn zurückzuführen.

Die Investitionen von 22 Mio. CHF in «Retrofit» machen sich dann auch deutlich in der Bilanz bemerkbar. Auf der Aktivseite spiegelt sich dies in einem von 27 Mio. auf 34 Mio. CHF gestiegenen Anlagevermögen wider. Auf der Passivseite ist das Fremdkapital von 17.2 Mio. auf 30.1 Mio. CHF angeschwollen, die Bilanzsumme besteht nun aus 75% Fremdkapital, die Eigenkapitalquote ist von 42% auf 25% zurückgegangen.

Nach zwei verlustreichen, weil schneearmen, Wintern nach der Pandemie und stark gestiegenen Zins- und Energiekosten sowie der zu stemmenden Grossinvestition am Rothorn spricht Theo Schnider von einer Herkulesaufgabe, die auf die Bergbahnen Sörenberg AG zukommt.

Abkehr vom Dynamic Pricing

Mit dem Projekt «New Horizon» hätten der VR und die GL nach einer intensiven Analysearbeit, wo kein Stein auf dem anderen blieb, diverse Lösungsansätze unter dem Motto «Kräfte bündeln» erarbeitet, schreiben die BBS. Im Fokus stehe ein Konzentrationsprozess, um die Kostenbasis zu reduzieren mit gleichzeitiger Vorwärtsstrategie und Stärkung der Kernelemente und Potenziale. Kurzfristig bedeutet dies die Verkleinerung des Winterbetriebs mit Fokus auf die Skigebiete Sörenberg Dorf, Schwand und Brienzer Rothorn.

Ebenfalls hat der Verwaltungsrat entschieden, nach zwei Jahren vom aktuellen Preismodell «Dynamic Pricing» abzusehen und zum Fixpreissystem zurückzukehren. Kundenzufriedenheit habe oberste Priorität, so die BBS. Die Aufgabe des Preismodells «Dynamic Pricing» sei aber keine Abkehr von der Digitalisierung.

Heftige Kundenreaktionen

Apropos Kundenzufriedenheit: In den sozialen Medien und den Kommentaren z.B. des «Entlebucher Anzeigers» macht sich bereits der Frust der Gäste bemerkbar. Vor allem die Schliessung von Rieschli und Ochsenweid stösst manchem sauer auf. «Anstatt Millionen ins Rothorn zu stecken, das für Familien mit Kindern wenig attraktiv ist, hätte man besser die Infrastruktur im Rischli verbessert, um die Schneesicherheit zu erhöhen», meint ein Kommentarschreiber.

Fazit

Dass sich Gäste über den einen oder anderen Einschnitt in «ihrem» Skigebiet ärgern, ist nachvollziehbar, aber eben nicht entscheidend für die weitere Strategie der Betreiber, die längerfristig das Potenzial des von ihnen bearbeiteten Tourismusgebiets im Auge haben müssen. Die klaren Worte, die VRP Schnider im Geschäftsbericht wählt, sind deshalb notwendig, um ein gewisses Mass an Alarmbereitschaft bei der Belegschaft, aber auch bei Aktionären und Gästen auszulösen.

Denn ein Skigebiet in mittlerer Lage, wie es die BBS betreibt, wird wohl in Zukunft noch stärker unter der Erwärmung und dem Ausbleiben des Weissen Goldes «Schnee» zu leiden haben. Es ist deshalb auch richtig, den Fokus stärker auf den Sommerbetrieb zu richten, wie es die BBS mit den Investitionen ins Brienzer Rothorn vormachen. Eine ganze Reihe anderer Bergbahnbetriebe in einer ähnlichen Höhenlage versucht ebenfalls, mit dem Fokus auf den Sommerbetrieb dem Fluch der warmen Winter zu entkommen.

Jetzt hoffen die Betreiber, dass sie mit «Retrofit» den Gipfel des Rothorns deutlich attraktiver gemacht haben und damit zusätzliche Gäste anlocken können. Angesicht einer Investition von 22 Mio. CHF ist jetzt ein starkes Marketing gefragt. Sicher ist es schon mal vernünftig, der Zielgruppe Familien mit der Abkehr vom Dynamic Pricing einen festen Preis anzubieten, der negative Überraschungen ausschliesst.

Für die Aktionäre und Aktionärinnen heisst es jetzt, Geduld aufzubringen. Geduld, weil keine Dividende ausgeschüttet wird und Geduld, um nicht bei schlechten Nachrichten Aktien unter Wert zu verkaufen. Denn der Kurs der auf OTX-X selten gehandelten Aktie ist in diesem Jahr heftig eingebrochen, um über 70%. Allerdings ist anzumerken, dass es sich dabei um einen einzelnen Verkauf im Oktober von 5 Aktien zu 110 CHF handelt, der letzte Preis davor betrug im Februar 2024 noch 340 CHF.

Hinweis in eigener Sache: Am 29. Oktober 2024 findet der Branchentalk Tourismus am Flughafen Zürich statt.

Bondpartners SA im Video: Der Anleihenhändler vom Genfersee

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Bondpartners SA, deren Familienmaxime Tradition und Solidität ist, ist an der OTC-X notiert und übt ihre Finanzvermittlungsaktivitäten seit mehr als einem halben Jahrhundert in Lausanne aus, in einer grünen Umgebung mit königlicher Vergangenheit.

Im Video stellt uns Christian Plomb, CEO und Mehrheitsaktionär, das Unternehmen vor und erklärt die historische Bedeutung seines Hauptsitzes.

Philipp von Büren, CEO Cendres+Métaux: «Die ‹quick-wins›-Synergien konnten umgesetzt werden»

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Produktion Cendres+Métaux
Blick in die Produktion des Edelmetallverarbeiters Cendres+Métaux in Biel. Bild: zvg

Es kommen Gegenwinde in den Geschäftsbereichen von Cendres+Métaux auf. Der Zulieferer für das Luxus-Segment der Schweizer Uhrenindustrie spürt die bisher leichte Nachfrageabschwächung und auch die Frankenstärke sowie die Zurückhaltung der Patienten bei edelmetallhaltigem Zahnersatz als Folge des steigenden Goldpreises. Das Zahlenwerk des ersten Semesters 2024 zeigt jedoch bisher nur geringe Bremsspuren. Im Interview mit schweizeraktien.net gewährt CEO Philipp von Büren Einblicke, wie das Unternehmen bei der Integration der Akquisitionen vorankommt, wie die Herausforderungen im Bereich People and Culture adressiert werden und wie Cendres+Métaux weiterhin «auf Kurs» gehalten werden soll.

Herr von Büren, bei unserem letzten Interview vor einem Jahr hatten Sie erstaunliche Anfangserfolge bei der Akquisition von Fachkräften verzeichnet. Die Problematik ist zwischenzeitlich in fast allen Branchen evident. Sind Sie bei der weiteren Gewinnung von Fachkräften gut vorangekommen?

Es ist uns gelungen, viele Stellen zu besetzen und unsere offenen Stellen zu reduzieren. Die Situation in einigen Bereichen ist jedoch immer noch angespannt, dies wird sich durch weitere bevorstehende Pensionierungen nicht sofort verbessern. Wir arbeiten daher weiter an der Erhöhung der Attraktivität der Cendres+Métaux Gruppe, der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe, Schulungen und Investition in unsere Kultur und Werte.

Vor zwei Jahren hatten Sie Aufträge, die mangels Personal nur verzögert abgearbeitet werden konnten. Wie stellt sich das Verhältnis heute dar?

Letztes Jahr kam hinzu, dass die Lieferfristen für den Kauf von neuen Maschinen viel Zeit in Anspruch nahmen. Heute sind die Lieferzeiten wieder auf ein normales Level zurückgekehrt. Generell haben sich unsere Lieferfristen und Lieferrückstände reduziert.

«Generell haben sich unsere Lieferfristen und Lieferrückstände reduziert»

Philipp von Büren ist seit 2022 CEO der Cendres+Métaux Gruppe. Bild: zvg

Was ist zur Integration der beiden 2023 akquirierten Gesellschaften Schlierholz und Lauener zu sagen? Stellen sich die Synergien, wie gewünscht, ein? Sie wollten auch Fuss in neuen Industrien fassen.

Die «quick-wins»-Synergien konnten wir wie geplant umsetzen. Weitere sind im Prozess und auf Kurs. Dazu entstehen Synergien durch die Vernetzung der verschiedenen Teams und Spezialisten der verschiedenen Firmen. Wir fördern die Zusammenarbeit in allen Bereichen und sehen noch ein sehr grosses Potenzial.

Sie haben hohe Investitionen in neue Maschinen getätigt. Hat das die Wettbewerbsfähigkeit, die Produktivität und die Profitabilität planmässig verbessert?

In unserem Tätigkeitsgebiet sind grössere Investitionen in unser Personal und Maschinen wichtig, um langfristig profitabel und wettbewerbsfähig zu bleiben. So haben wir einen klar definierten Investitionsplan, den wir umsetzen. Durch diverse Investitionen gelingt es uns, eine höhere Wertschöpfung zu erreichen und unseren bestehenden und neuen Kunden einen erweiterten Service sowie ein erweitertes Angebot zu bieten.

Die Konjunktur in der Volksrepublik China hat sich weiter abgeschwächt. In der Erläuterung zur offiziellen Schweizer Uhren-Statistik des ersten Semesters heisst es zwar, dass der Rückgang hauptsächlich auf der geringeren Nachfrage nach Stahluhren beruht, doch Swatch-Chef Hayek berichtet über extremen Nachfrageschwund bei hochpreisigen Uhren. Wie stellt sich die Situation in Ihrem Luxury-Segment dar?

Nach einer 3-jährigen starken Wachstumsphase erwarten wir für uns eine Konsolidierungsphase auf hohem Niveau. Wie weit die einzelnen Marken der Uhrenindustrie betroffen sind, können wir nicht kommentieren. Aus den Export-Statistiken ist zu vermerken: Der weitaus grösste Export-Markt für Schweizer Uhren sind die USA, die Exporte in dieses Land verzeichnen ein Wachstum von +5.2% YTD gegenüber Vorjahr, und auch Japan verzeichnet ein gutes Wachstum von +11.4% YTD gegenüber Vorjahr. Die Exporte von hochpreisigen Uhren (Export-Wert >3‘000 CHF) ist um -3.2% in Stückzahlen gegenüber Vorjahr gesunken (Stand August 2024).

«Nach einer 3-jährigen starken Wachstumsphase erwarten wir für uns eine Konsolidierungsphase auf hohem Niveau»

Die Kerninflationsrate in der Schweiz ist zwar deutlich zurückgegangen, doch die Preise für Energie, Materialien und Personal steigen dennoch überproportional. Wie stark ist Ihr Unternehmen von den Teuerungstendenzen betroffen, und wie sehen Ihre Gegenmassnahmen aus?

Die Preissteigerungen waren in den letzten beiden Jahren in etlichen Bereichen markant und sehr volatil. Die Volatilität hat stark abgenommen, und auch die Preise sind stabiler. Dies erlaubt uns besser zu planen und zu kalkulieren. Wie viele andere Unternehmen arbeiten wir an Automatisationen, Prozessverbesserungen, Erweiterung unseres Angebots, um die Preissteigerungen möglichst abzufedern.

Kaum kontrollierbar sind die Verwerfungen an den Devisenmärkten. Wie gehen Sie mit der fortgesetzten Frankenstärke um, und welche Auswirkungen hat die Stärke der Heimatwährung auf die Nachfrage bei den Endkunden in aller Welt?

In der Schweiz haben wir einen starken Franken, aber eine gegenüber dem Ausland viel tiefere Inflationsrate. Wir müssen weiterhin die Produktivität erhöhen, um auch langfristig gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. Derzeit sehen wir keine Abschwächung der Nachfrage bei unseren Kunden.

Im Geschäftsbericht 2023 schreiben Sie, dass die Akquisitionen auch durch den Verkauf eines Bruchteils der Goldbestände finanziert wurden. Welchen Effekt hat der markante Preisanstieg des Edelmetalls im laufenden Jahr auf Ihre Bilanz?

Die eigenen Edelmetall-Bestände sind zu historischen Werten in der Bilanz verbucht.

Im letzten Jahr haben Sie ein zentrales Management Team gebildet, dem sechs Direktorinnen und Direktoren angehören. Damit sind u.a. Qualitätsmanagement sowie die Verantwortlichen für Technologie, Kommunikation und Personal in die Entscheidungsfindung eingebunden. Wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz des «Empowerments» aus?

Wir organisieren uns in einer Matrix Organisation. D.h. wir haben General Manager, welche sich um die Gesellschaften kümmern, und wir haben Personen, welche sich auf verschiedene Funktionen auf Gruppenstufe konzentrieren, die sicherstellen, dass wir in der Gruppe die Standardisierung innerhalb der Funktionen erreichen. Dies ist eine grosse Veränderung, welche wir vor einem Jahr begonnen haben. Die Zusammenarbeit in verschiedensten Bereichen wird dadurch stetig verbessert, professionalisiert und unterstützt.

Trotz des guten Ergebnisses in 2023 und der günstigen Bewertungsparameter hat sich der Aktienhandel bisher nicht, wie gewünscht, belebt, sondern bewegt sich tatsächlich nach sieben Monaten bei etwa 25% des Vorjahresniveaus. Damit haben weniger als 1% der ausstehenden Aktien den Besitzer gewechselt. Wie kann die für Anleger unbefriedigende Liquidität verbessert werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Liquidität zu verbessern, diese werden diskutiert. Grundsätzlich gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Grundsätzlich müssen wir die Nachfrage zu erhöhen versuchen.

Als wir vergangenen August über Medtech gesprochen haben, verwiesen Sie in beiden Segmenten, Auftragsfertigung und Eigenmarkengeschäft, auf neue Projekte und Entwicklungen, die 2024 die Marktreife erlangen sollten. Was können Sie zum Stand der Dinge sagen?

Wir sind grundsätzlich auf Kurs, in einzelnen Fällen mit einer Verzögerung von ca. einem halben Jahr.

Bis 2030 will Cendres+Métaux bei den Scope 1+2 Emissionen klimaneutral sein. Sind Sie in den vergangenen 12 Monaten vorangekommen?

Wir haben verschiedene Initiativen und Investitionen definiert, die uns bei dieser Zielerreichung helfen.

Wie gut sind Sie auf die Anpassung des Obligationenrechts im Bereich des Sustainability Reporting vorbereitet? Der Vorentwurf war vom Bundesrat Ende Juni 2024 veröffentlicht worden.

Dazu nehmen wir noch keine detaillierte Stellung. Wir orientieren uns auch an internationalen Richtlinien, insbesondere deren von Europa, und erarbeiten die nötigen Massnahmen dazu.

Welche Herausforderungen und Risiken beschäftigen Sie derzeit am meisten?

Die Herausforderungen bestehen sicherlich in der Organisation und Zusammenführung der Gruppe und der Gesellschaften sowie der verschiedenen Teams. Ein grosses, wichtiges und herausforderndes Projekt, das wir umsetzen, ist die Vereinheitlichung der ERP-Systeme in der Gruppe. Weiterhin und auch in den nächsten Jahren erwähnenswert ist die Herausforderung, die Erfahrungen und das Wissen von unseren langjährigen Mitarbeitern zu sichern, bevor diese in Pension gehen. Aus Risikoperspektive sind sicherlich das Cyberrisiko und die Preissteigerung der Edelmetalle zu erwähnen.

«Ein grosses (…) Projekt, das wir umsetzen, ist die Vereinheitlichung der ERP-Systeme in der Gruppe»

Wagen Sie nach den ersten sieben Monaten trotz der allgemeinen Unsicherheiten eine Prognose zum Gesamtjahr 2024?

Dazu sagen wir nicht mehr, als bereits im Halbjahresbericht erwähnt worden ist.

Vielen Dank, Herr von Büren, für die gegebene Orientierung.

Aktienkurs Cendres+Métaux
Nach einer kurzen Aufwärtsbewegung hat die CM-Aktie in den letzten Wochen wieder etwas verloren. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Cendres+Métaux SA werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 4’950 CHF für eine Aktie bezahlt.

Erhard Lee und Marcel Weiss, AMG Substanzwerte Schweiz Fonds: «Swissness untermauert defensives Anlageprofil»

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Der AMG-Fonds Substanzwerte Schweiz Fonds wurde 2004 aufgelegt und zielt darauf ab, vorsichtig und unternehmerisch in erprobte, solide Schweizer Firmen zu investieren. Der Anteil an Small Cap beträgt über 50%, wodurch sich der Fonds von den meisten anderen Small & Mid Cap Fonds deutlich unterscheidet. Darunter befinden sich mit Cham Group und Perlen Industrieholding auch zwei OTC-Werte. Das insgesamt defensive Anlageprofil ist ein weiteres Merkmal, was den Fonds zu einem interessanten Anlagebaustein insbesondere für Schweizer Privatanleger macht. Das Fondsvolumen beträgt aktuell um die 38 Mio. CHF.

Der Fonds wird seit Mitte des Jahres von Erhard Lee (li), Verwaltungsrat Serafin Asset Management AG, beraten und von Marcel Weiss (re), CEO Serafin Asset Management AG, zusammen mit Patrick Hofer geführt. Bild: schweizeraktien.net

Herr Lee, Herr Weiss, im Sommer gab es einen Wechsel in der operativen Verantwortlichkeit des Fonds. Wie hat sich dieser Wechsel auf die Struktur des Fonds ausgewirkt, wie hat sich die Segment-Verteilung geändert?

Marcel Weiss: Wir haben im Sommer die Verantwortlichkeiten neu geordnet. Patrick Hofer (langjährig im PM u.a. des Substanzwerte Fonds) und ich bewirtschaften den AMG Substanzwerte Schweiz Fonds. Erhard Lee, Gründer des Fonds und Mitglied des Verwaltungsrats der Serafin Asset Management AG, nimmt eine beratende Funktion ein, indem er sein langjähriges Know-how im Schweizer Aktienmarkt und insbesondere in den Nebenwerten einbringt. Das Portfolio des AMG Substanzwerte Schweiz Fonds haben wir in den letzten rund 20 Monaten konsequent auf die bewährten AMG-Grundwerte ausgerichtet und in Bezug auf die Titelanzahl breiter diversifiziert. Dabei haben wir das Fondsprofil auch weiter geschärft: Unser Anlagefokus richtet sich stark auf Schweizer Small Caps, welche überwiegend Substanzwert-Charakter haben und über eine zum erwartenden Wachstum attraktive Bewertung verfügen. Gesellschaften, die mehr als 50% und teilweise bis zu 100% ihrer Umsätze in der Schweiz machen, räumen wir insgesamt eine hohe Portfolioallokation ein. Durch diese «Swissness» wollen wir unter anderem das defensive Anlageprofil des Fonds zusätzlich untermauern und damit den Fonds auf dem bewährten Pfad weiterführen. Der Fonds eignet sich hervorragend als Ergänzung zu einem Aktienportfolio, welches in der Regel aus gross- und mittelkapitalisierten sowie meist international orientierten Gesellschaften zusammengesetzt ist.

 

Es fällt auf, dass Sie kürzlich aus den Nahrungsmittel-Herstellern Bell und Barry Callebaut ausgestiegen sind. Ist das der relativ schwachen Kursentwicklung geschuldet oder gab es andere Gründe, die Sie zu diesem Schritt veranlasst haben?

Erhard Lee: Unsere Analysearbeit hat auch zum Ziel, dass wir Risiken bei Gesellschaften identifizieren und im Anlagekontext dann solche Unternehmen konsequent meiden. Diese Überlegungen haben im Fall Barry Callebaut zum Abbau der Position im Fonds geführt. Im Fall Bell Group haben wir die Mittel in andere, vielversprechendere Positionen alloziert.

Während viele Fonds einen Bogen um Immobiliengesellschaften machen, sind zwei Ihrer drei grössten Positionen in diesem Segment beheimatet. Zusätzlich haben Sie neu die Investis Holding in Ihr Portfolio aufgenommen. Sie setzen also stark auf eine positive Entwicklung am Immobilienmarkt. Gründet Ihre Zuversicht in einem weiteren relativ starken Bevölkerungswachstum in der Schweiz hin zu einem «10-Millionen-Staat»?

Erhard Lee: Generell gefallen uns Immobilienanlagen im Kontext mit dem Anlageprofil der AMG Substanzwerte Schweiz Fonds gut. Nachdem wir den Immobilien-Anteil in den letzten Jahren reduzierten, haben wir in diesem Jahr die Gewichtung in diesem Segment in Erwartung tieferer Zinsen gezielt erhöht. Die meisten unserer Portfoliogesellschaften in diesem Segment zeichnen sich durch sehr attraktive Entwicklungsprojekte aus, wovon viele in den nächsten 1-3 Jahren auf den Markt kommen. Gesellschaften wie HIAG und Investis verfolgen zudem ein aktives Portfoliomanagement, woraus wir weiterhin Zusatzerträge erwarten.

Stark sind Sie auch in Finanztitel investiert. Jetzt kommt ein Neuengagement in die Liechtensteinische Landesbank LLB hinzu, deren Aktienkurs seit über zwei Jahren kontinuierlich steigt. Sind Sie mit diesem Investment nicht etwas spät dran?

Marcel Weiss: Die Aktie der LLB passt im Banksegment sehr gut in unser Anlagekonzept. Im Gegensatz zu vielen anderen Universalbanken verfügt die LLB über ein sehr ausgewogenes Ertragsprofil, bestehend aus dem Zinsdifferenzgeschäft, dem Kommissions- und Handelsgeschäft. Die Bank verfolgt zudem einen Wachstumspfad im Schweizer Markt und in Deutschland. Diese Initiativen machen strategisch viel Sinn, ohne dabei das Risikoprofil der Bank stark zu verändern. Bewusst besteht unser Schwergewicht in Finanztitel bei den Versicherungen, die über eine starke Kapitalbasis verfügen und sehr attraktiv bewertet sind.

Könnten Zinssenkungen nicht zu zurückgehenden Kursen bei Bankentiteln führen?

Marcel Weiss: Wir gehen nicht davon aus, dass wir wieder Negativzinsen sehen werden. Die Zinsmarge der Banken wird daher nicht stark leiden. Und im Fall LLB schützen das sehr ausgewogene Ertragsprofil und die gezielte Wachstumsstrategie, um allfällige kurzfristige Effekte einzudämmen.

Der langjährige CEO der Jungfraubahn, Urs Kessler, zieht sich aus der operativen Spitze des Unternehmens zurück. Er hat das Unternehmen gerade auch mit Blick auf die Expansionsstrategie massgeblich verantwortet. Wie sehen Sie die Zukunft der Jungfraubahn, in die Sie investiert sind, ohne Mister Jungfraubahn?

Erhard Lee: Auch nach dem CEO-Wechsel glauben wir, dass die Kontinuität erfolgreich weitergeführt und die Gästezahlen für die Jungfraubahnen erfolgreich weiterentwickelt werden können. Die Gesellschaft ist dafür sehr gut positioniert und hat ein überzeugendes Gesellschaftsmodell, welches nicht von einer einzigen Führungsperson abhängig ist.

Von welcher Entwicklung an den Märkten gehen Sie in 2024 und mit Blick ins 2025 aus?

Marcel Weiss / Erhard Lee: Wir denken, dass die Konjunkturrisiken schon bald ausreichend eingepriced sind. Allerdings wird die Unsicherheit in der globalen Politik aus verschiedenen Gründen hoch bleiben. Viele Aktien gross- und mittelkapitalisierter Gesellschaften reflektiveren diese Risiken unserer Meinung nach ungenügend. Dagegen sind Small Caps und dabei insbesondere häufig als unspektakulär bezeichnete solide Schweizer Nebenwerte, welche zudem auch stark in der Schweiz verankert sind und ihre Umsätze hier generieren, sehr attraktiv bewertet. Auch unter Berücksichtigung der im internationalen Vergleich eher tiefen Wachstumsraten dieser Gesellschaften sind diese aus heutiger Anlagesicht – unter Einbezug der Risiken – unseren Meinung nach ein vielversprechendes Investment.

Herr Lee, Herr Weiss, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Peter Schildknecht, Perlen Industrieholding: «Der Marktanteil in Westeuropa bei grafischen Druckpapieren ist von 2% auf rund 10% gestiegen»

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Peter Schildknecht, CEO Perlen Industrieholding
Dr. Peter Schildknecht, CEO Perlen Industrieholding. Bild: zvg
Peter Schildknecht, CEO Perlen Industrieholding
Dr. Peter Schildknecht, Vorsitzender der Gruppenleitung der Perlen Industrieholding AG. Bild: zvg

Nach 23 Jahren an der SIX beschlossen die Aktionäre der heutigen CPH Group im Mai 2024 die Abspaltung der Papieraktivitäten in die ausserbörslich gehandelte Perlen Industrieholding AG. Sie bündelt das Papiergeschäft und die Immobilien auf dem Areal in Perlen im Kanton Luzern. Bis zur erfolgreichen Ausgliederung im Juni 2024 bildete das Unternehmen den Geschäftsbereich Papier in der nun auf Verpackung und Chemie fokussierten Industriegruppe CPH Group AG, vormals CPH Chemie + Papier Holding AG. In den letzten fünf Jahren bewegte sich der Jahresumsatz der Papiersparte zwischen 210 Mio. CHF und 385 Mio. CHF. Aktuell sind rund 350 Mitarbeitende für die Perlen Papier AG tätig. Im Interview mit schweizeraktien.net beantwortet Peter Schildknecht, der Vorsitzende der Gruppenleitung der Perlen Industrieholding, Fragen zur weiteren Strategie in einem Markt, der unter Konsolidierungsdruck steht und von Nachfragerückgängen gekennzeichnet ist. Die Antworten machen in vielerlei Hinsicht fassbarer, was die Aktionäre langfristig erwarten können und was den Charme der «Last man standing»-Strategie ausmacht.

Im März 2024 kündigte die CPH Chemie + Papier Holding AG die Abspaltung der Papieraktivitäten an. Seit Ende Juni wird die Aktie der Perlen Industrieholding AG ausserbörslich gehandelt. Wie zufrieden sind Sie bisher mit den Ergebnissen der Abspaltung?

Die bisherigen Ergebnisse der Abspaltung sind im Rahmen unserer Erwartungen ausgefallen. Die Motivation für die Abspaltung des Papierbereichs war, aus dem historisch gewachsenen börsenkotierten Industriekonglomerat CPH Chemie + Papier Holding AG mit drei unabhängigen und in verschiedenen Märkten operierenden Bereichen zwei fokussierte Unternehmen entstehen zu lassen. Einerseits die Perlen Industrieholding AG, welche sich auf das volatilere, regionale Papiergeschäft konzentriert und die Nutzungspotenziale des attraktiven Industrieareals in Perlen beinhaltet. Und andererseits die CPH Group AG mit den verbleibenden Chemie- und Verpackungsaktivitäten als eine rasch wachsende, innovative und global tätige Wachstumsgesellschaft, welche weiterhin an der Börse kotiert bleibt.

Wir sind überzeugt, dass sich die Perlen Industrieholding AG ausserbörslich besser entwickeln kann

Wir sind überzeugt, dass sich die Perlen Industrieholding AG ausserbörslich besser entwickeln kann. Das Papiergeschäft befindet sich seit Jahren in einem strukturell rückläufigen Markt bzw. in einem hart umkämpften Verdrängungswettbewerb. Da das Papier wenig Differenzierungsmöglichkeiten bietet, sind die Ergebnisentwicklungen je nach Höhe der vorhandenen Überkapazitäten volatil. Wie in der Vergangenheit gezeigt, sind wir überzeugt, dass sich auch zukünftig über die Zyklen hinweg gutes Geld verdienen lässt. Zudem bietet das Industrieareal in Perlen langfristig attraktive Nutzungspotenziale für die Perlen Industrieholding AG.

Die De-Konglomeration soll es erleichtern, die langfristig verfolgte «Last man standing»-Strategie fortzusetzen. Es scheint, als ob die Investoren und auch die Fachmedien damit wenig anfangen können. Bitte erläutern Sie den Lesern kurz und bündig, worauf diese Strategie abzielt und womit die Aktionäre rechnen können?

Der Fokus auf das «Last man standing» ist ein klares Bekenntnis zum Papiergeschäft. Es ist mit seiner regionalen Volumenstrategie im Markt für Zeitungsdruck- und Magazinpapier sowie für Altpapierrecycling gut positioniert. Das Papiergeschäft soll sich im Rahmen der Konsolidierung dank der Verfolgung einer Kostenführerschafts-Strategie, langfristigen Kundenbeziehungen, einer starken Bilanz und ausgezeichnetem Know-how besser im Markt halten und so über den Zyklus auch in Zukunft freie Cashflows generieren können. Zusätzlich agiert die Perlen Papier AG bereits heute nahezu CO2-neutral und differenziert sich damit vom Wettbewerb. Mit dieser Strategie ist die Perlen Papier AG als unabhängiges Unternehmen in der Lage, die Volatilität des Papiergeschäfts mit tendenziell sinkender Nachfrage zu meistern und weiterhin Werte zu generieren. Für die Aktionäre sind regelmässige Dividendenzahlungen geplant, die an die Geschäftsentwicklung, an den freien Cashflow und an die vorhandene Liquidität gekoppelt sind.

Die Nachfrage nach Pressepapieren fällt seit Jahren, gleichzeitig nehmen auch die Kapazitätsstilllegungen vieler Konkurrenten stark zu. Was können Sie den Lesern zu den aktuellen Marktbedingungen sagen?

Die Nachfrage nach grafischen Druckpapieren in Europa und weltweit ist weiter strukturell rückläufig. Dadurch akzentuiert sich der Konsolidierungsdruck. Mitbewerber haben aufgrund der herausfordernden Marktbedingungen die Schliessungen von weiteren Anlagen angekündigt und teilweise auch bereits umgesetzt. Diese sollten zu einer Reduktion der Überkapazitäten führen. Bei einem ausgeglicheneren Angebots- und Verbrauchsverhältnis können höhere Preise durchgesetzt und damit gute und erfreuliche Margen erzielt werden. Insgesamt schreitet die Konsolidierung in der Branche stetig voran.

Über die Jahre betrachtet entwickeln sich Umsatz und EBITDA ziemlich erratisch, wo im Zyklus befinden wir uns am Ende des laufenden Geschäftsjahrs?

In den vergangenen zwei Jahren konnten wir im Papiergeschäft gute EBITDAs ausweisen. Im abgelaufenen Jahr betrug die EBITDA-Marge 13,9% und im 2022 sogar hohe 21,0%. Letztes Jahr war der Nachfragerückgang in Westeuropa aber mit über 20% aussergewöhnlich hoch, was in der Folge zu hohen Überkapazitäten im 2024 führte. Entsprechend befinden wir uns derzeit in einer Phase mit tieferen Papierpreisen und einer sich weiter akzentuierenden Konsolidierung. Wenn sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wieder eingependelt hat, erwarten wir eine erneute Erholung und wieder solide freie Cashflows. Grundsätzlich haben wir über die Zyklen positive freie Cashflows erreicht. Diese streben wir auch in Zukunft an.

Die Entwicklung des Papiergeschäfts verläuft sehr erratisch. Abb. zvg

Einerseits bezeichnen Sie den Markt für Pressepapiere als «Kirchturmmarkt» und nennen einen Radius von 700 km, andererseits erzielen Sie über 70% des Umsatzes ausserhalb des Heimatmarkts und sehen dort weitere Expansionsmöglichkeiten. Können Sie den scheinbaren Widerspruch für unsere Leser auflösen?

Der relevante Absatzmarkt der Perlen Papier AG liegt aus logistischen Gründen in einem geografisch eingeschränkteren «Kirchturmmarkt», der, wie von Ihnen erwähnt, etwa einem Radius von 700 km rund um den Produktionsstandort in Perlen entspricht. Grundsätzlich verfolgt der Bereich Papier im regionalen Absatzmarkt in Westeuropa eine Kostenführerschaftsstrategie, um im Verdrängungsmarkt erfolgreich zu bestehen. Unsere geografische Lage im Herzen von Europa ist inzwischen zu einem grossen Vorteil geworden. Beispielsweise existieren in Italien keine Produktionsanlagen für Zeitungsdruckpapier mehr. So sind wir mit unserem Standort in Perlen aufgrund der Nähe zu Italien logistisch ideal gelegen und haben dadurch für Lieferungen nach Italien gegenüber unseren Konkurrenten Kostenvorteile. Wenn europäische Mitbewerber ihre Anlagen stilllegen, gehen weitere Produktionskapazitäten aus dem Markt. So ist der Marktanteil in Westeuropa der Perlen Papier AG bei grafischen Druckpapieren in den vergangenen Jahren von 2 auf rund 10% gestiegen, ohne dass wir dabei unsere Kapazitäten erweitert haben.

Einer der genannten «strategischen Wettbewerbsvorteile» der Perlen Papier AG ist die hauptsächliche Verwendung von Altpapier, was zugleich die Kosten und die Treibhausgas-Emissionen tief hält. Die Menge an Altpapier schrumpft jedoch mit der rückläufigen Zahl von Zeitungslesern. Stimmt es, dass Sie deshalb zunehmend Altpapier aus den Nachbarländern importieren? Und was bedeutet das für die Kosten und die Emissionen?

Wenn die Nachfrage nach Pressepapieren zurückgeht, geht in der Folge auch das verfügbare Altpapier zurück. In diesem Sinne werden auch die Radien, in welchen das Altpapier beschafft werden muss, über die Jahre zunehmend grösser. Einen beträchtlichen Teil des Altpapiers müssen wir so mittlerweile auch aus dem angrenzenden europäischen Ausland beziehen, wo entsprechend auch grössere Distanzen zum Transport des Altpapiers zurückzulegen sind. Letztes Jahr haben wir beispielsweise rund 30% des Altpapiers importiert.

In der Präsentation zur Abspaltung heisst es, dass die Führungsstruktur der Perlen Industrieholding AG in den kommenden Monaten überprüft werden soll. Was können Sie heute zum Stand der Dinge sagen?

Die Führungsstruktur wird aktuell überprüft, und die Ergebnisse werden zu gegebener Zeit kommuniziert. Spätestens zur kommenden Generalversammlung im Mai 2025 dürfte hier Klarheit bestehen.

Das Nachhaltigkeitsprofil der Perlen Papier AG ist herausragend in der Industrie. Gemäss dem Fachverband CEPI liegt ihr CO2-Footprint um 76% unter dem europäischen Durchschnitt. Wissen die Kunden das auch zu schätzen? Und warum schätzen die Investoren die Wettbewerbsvorteile angesichts der tiefen Bewertung von 120 Mio. CHF so gering ein?

Die Perlen Papier AG arbeitet permanent an der Reduktion des CO2-Fussabdrucks. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Massnahmen zur diesbezüglichen Verbesserung umgesetzt worden. Dazu zählen zum Beispiel der Einsatz ressourcenschonender Materialien oder die kontinuierliche Senkung des Energieverbrauchs. Nicht unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit der benachbarten KVA Renergia erwähnt werden, die die Perlen Papier AG mit CO2-befreitem Dampf beliefert. Der Bereich Papier ist aufgrund all dieser Massnahmen heute bereits nahezu CO2-neutral (Scope 1 und 2). Zudem bietet die Perlen Papier AG seit 2021 klimaneutrales Papier an. Bislang handelt es sich mit 1‘800 Tonnen (0,5%) im Vergleich zur gesamten Absatzmenge von 371’000 Tonnen im Geschäftsjahr 2023 noch um geringe Mengen. Wir erwarten zwar eine zunehmende Dynamik in den kommenden Jahren, sehen aber aktuell noch eine grundsätzliche Zurückhaltung der Kunden, für CO2-neutrale oder nachhaltig produzierte Produkte einen leicht höheren Preis zu bezahlen. Persönlich bin ich überzeugt, dass der tiefe CO2-Fussabdruck zukünftig eine wichtigere Rolle spielen wird und wir uns damit stärker vom Wettbewerb differenzieren können.

In die Perlen industrieholding AG wurde auch ein grosser Teil des Immobilienbesitzes eingebracht, der verstärkt entwickelt werden soll, um so auch für steigende Miet- und Pachteinnahmen zu sorgen. Zuletzt lagen die Mieteinnahmen jedoch bei vergleichsweise überschaubaren 0,5 Mio. CHF. Was ist das Ziel auf 5-Jahressicht?

Die Ausschöpfung des Nutzungspotenzials der Immobilien in Perlen soll mit der Ansiedlung komplementärer industrieller Aktivitäten weiter gefördert werden. Dabei handelt es sich um einen attraktiven Standort, in zentraler Lage mitten im Herzen der Schweiz mit guter Verkehrs- (Strasse, Bahn) und Infrastrukturanbindung (Strom, Wärme, Wasser). Heute sind rund 70’000 m2 im Baurecht verpachtet. Wir möchten diese Einnahmen steigern, geben aber noch keine konkreten Zielgrössen an.

Das Industrieareal in Perlen. Bild: perlen-industrieholding.ch

Konkret sollen «komplementäre industrielle Aktivitäten» auf den Arealen angesiedelt werden. Können Sie das etwas präzisieren? Und sind Sie mit dem Vorhaben schon vorangekommen?

Beim Industrieareal in Perlen handelt sich um einen attraktiven Standort, der, wie erwähnt, logistisch gut erschlossen ist und über eine eigene Energieerzeugung verfügt. Wir machen uns grundsätzliche Überlegungen zur Erschliessung aller Arealteile, um die Nutzungspotenziale des Areals insgesamt langfristig besser auszuschöpfen und weiterzuentwickeln, dies allerdings sehr überlegt und ohne Hast.

Wir können uns Branchen vorstellen, die komplementär zum Papiergeschäft sind und Synergien bieten können. Zum Beispiel Energie (inkl. Energiespeicher), Wasserversorgung, Faserstoff-Nutzer, Recycler, IT-Firmen inkl. Server-Farmen, Tech-Dienstleister aller Art, Infrastrukturfirmen und so weiter. Vieles ist denkbar, warum nicht auch Wohnungen an den Rändern des Areals.

Die Aktienumsätze auf OTC-X sind hoch. Bisher wurden über 610’000 Aktien gehandelt, also mehr als 10% der ausstehenden 6 Mio. Aktien. Zu den Verkäufern zählen wohl vor allem institutionelle Investoren, denn allein in der ersten Woche wechselten Aktien im Wert von über 4 Mio. CHF den Besitzer. Die Aktie ist von einem kurzzeitigen Hoch von 26 CHF auf aktuell 20 CHF gefallen. Wie sieht Ihre Investor Relations Strategie als eigenständiges Unternehmen aus?

Wir setzen weiterhin auf einen Dreiklang aus Transparenz, regelmässiger Informationen über Unternehmensentwicklung und Kennzahlen sowie Pflege von Beziehungen zu Aktionären, Investoren, Analysten und weiteren Stakeholdern.

Wie würden Sie den Replacement Value der Papieraktivitäten beziffern?

Die Perlen Papier AG hat über Jahrzehnte mehr als 1 Mrd. CHF in Sachanlagen inklusive Altpapieraufbereitung, Faserstoffherstellung aus Holz, Biomassekraftwerk, Schienennetz, Abwasserreinigungsanlage oder Wasserturbinen investiert. Im aktuellen Marktumfeld investiert jedoch kaum jemand mehr. Vielmehr müsste für die Papieraktivitäten die gesamte Wertschöpfungskette von der Faser über das Altpapier, die Energieinfrastruktur, die Kernanlagen und die Immobilien bis hin zur Reinigung des Prozesswassers betrachtet werden. Die Eintrittshürden in das Papiergeschäft sind enorm hoch, sodass im aktuellen Marktumfeld nicht mit neuen Wettbewerbern gerechnet werden muss.

Nach fast neun Monaten im laufenden Geschäftsjahr, wie schätzen Sie Umsatz und EBITDA für 2024 ein? Und wie sind die Aussichten hinsichtlich einer Dividendenzahlung?

Wir erwarten für das Geschäftsjahr 2024 der Perlen Industrieholding AG einen Umsatz deutlich unter dem Vorjahr 2023 sowie ein negatives EBITDA, jedoch weiterhin einen über den Zyklus positiven freien Cashflow.

Wir planen regelmässige Dividendenzahlungen, die gekoppelt sind an Geschäftsentwicklung, freien Cashflow und Liquidität. Der Verwaltungsrat wird darüber entscheiden, ob er der ordentlichen Generalversammlung im Mai 2025 einen entsprechenden Antrag für eine Dividende und in welcher Höhe unterbreiten wird.

Die Konsolidierung der europäischen Pressepapierproduzenten wird weiter voranschreiten

Bitte geben Sie unseren Lesern noch einen mittelfristigen Ausblick bis 2027. Wie wird die Konsolidierung der europäischen Papierindustrie, insbesondere im Bereich Pressepapiere, weitergehen, wie werden sich die Preise entwickeln, und wie lauten Ihre Gewinnerwartungen?

Die Konsolidierung der europäischen Pressepapierproduzenten wird weiter voranschreiten. Das Papiergeschäft inklusive des Altpapiers ist ein volatiles. Je nach Angebots- und Nachfragesituation kann diese Volatilität nach oben wie nach unten stark ausschlagen. Zudem werden diese Märkte immer kleiner und «unelastischer». Grundsätzlich erwarten wir eine Bodenbildung und eine nachhaltige Co-Existenz zwischen den Print- und den digitalen Medien. Ob sich die Nachfrage nach Pressepapieren auf tieferem Niveau einpendeln wird und falls ja, wann, lässt sich heute noch nicht abschliessend einschätzen. Jedenfalls wollen wir im Markt aktiv bleiben, solange wir über den Zyklus positive freie Cashflows generieren können.

Ihre Investitionen bleiben hoch, dennoch liegt das aktuelle KBV bei 0.6. Was können die Aktionäre längerfristig von der Perlen Industrieholding AG erwarten?

Dank der Verfolgung der Kostenführerschaft sowie innovativen und umweltfreundlichen Produkten streben wir an, einer der verbleibenden und über den Zyklus profitablen Papierhersteller in Europa zu sein. Darüber hinaus verfügt die Perlen Industrieholding AG über 410’000 m2 bebaubares Industrieland und 640’000 m2 Landwirtschaftsfläche in Perlen für weitere Entwicklungen.

Vielen Dank, Herr Dr. Schildknecht. Die Leser werden Ihre offenen und informativen Antworten bestimmt zu schätzen wissen.

Perlen Industrie Seit Mai 2024 ist die Perlen Industrieholding auf OTC-X gelistet. Chart: otc-x.ch

Immobilienanlagen im Fokus: Rückenwind für Immobilienwerte

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Licht am Horizont: Die aktuelle Entwicklung der Leitzinsen bringt Vorteile für den Immobilienmarkt. Bild: stock.adobe.com (KI-generiert)

Am 26. September, kurz vor Ende seiner Amtszeit als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), kündigte Thomas Jordan eine weitere Zinssenkung um 0,25 Basispunkte auf 1,0% an. Der rückläufige Inflationsdruck ermöglichte diese geldpolitische Lockerung. Zudem stellten die Währungshüter klar, dass sie bereit seien, den Leitzins gegebenenfalls auch weiter zu senken. Beispielsweise, wenn es im Fall einer stärker als erwartet ausfallenden Abschwächung der US-Wirtschaft und einer ausbleibenden Erholung in der Eurozone zu erneutem Aufwertungsdruck auf den Franken kommt – was angesichts der aktuellen makroökonomischen Lage keineswegs auszuschliessen ist. «In den nächsten Quartalen können weitere Zinssenkungen erforderlich werden, um die Preisstabilität in der Schweiz in der mittleren Frist zu gewährleisten», kündigte Jordan an. Vor der SNB hatten bereits die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen gesenkt: Auch dort wird bis zum Jahresende mit weiteren Zinsschritten gerechnet.

Für die Immobilienmärkte bringt diese Entwicklung Vorteile. Denn mit den bereits erfolgten und möglicherweise weiteren Leitzinssenkungen werden die Finanzierungskonditionen günstiger. Für private Käufer wird der Eigenheimerwerb wieder erschwinglicher als in der «Hochzins»-Phase der beiden vergangenen Jahre, und auch das zwischenzeitlich stark abgeflaute Interesse der professionellen Anleger an Immobilieninvestments dürfte wieder steigen. Das Risiko einer stärkeren Immobilienpreiskorrektur ist aus Sicht von Marktbeobachtern wie etwa Fredy Hasenmaile, Chefökonom bei Raiffeisen Schweiz, aufgrund der mittlerweile wieder deutlich niedrigeren Hypothekarzinsen denn auch «vom Tisch» – und mittelfristig sei «ein wieder etwas stärkeres Preiswachstum» zu erwarten.

REAL Index

Immobilienaktien sind bei Schweizer Anlegern in diesem Jahr wieder gefragt, wie der REAL Index zeigt. Chart: six-group.com

Durch diesen geldpolitischen Rückenwind erholten sich die Aktienmärkte und kehrten nach den Kurskorrekturen von Anfang September wieder auf den Aufwärtstrend zurück. Diese positive Kursentwicklung spiegelt sich auch bei den Schweizer Immobilienaktien wider: Nach einem kurzen Unterbruch befindet sich der REAL Index erneut in der Aufwärtsbewegung. Am 2. Oktober 2024 schloss der Index bei 3.508 Punkten, was einer Jahresperformance von +9,31% entspricht.

Auch die europäischen Immobilientitel profitieren von der positiven Marktlage. Der EPRA Index legte im bisherigen Jahresverlauf um 6,31% zu (nicht währungsbereinigt).

SWIIT Index

Der SWIIT Index für Immobilienfonds erreichte neue Jahreshöchststände. Chart: six-group.com

Bei den kotierten Immobilienfonds löste der Zinsentscheid der SNB ein kleines Kursfeuerwerk aus, wodurch sich der SWIIT Index weiter den Höchstständen vom Januar 2022 annähert. Die Jahresperformance stieg auf ein neues Hoch von +11,11%.

Das verbesserte Investorensentiment macht sich auch am Primärmarkt bemerkbar, wo die letzten Emissionen erfolgreich abgeschlossen wurden. Im September nahmen die kotierten Immobilienfonds Bonhôte Immobilier, Immofonds und Procimmo Residential Lemanic Fund über 270 Mio. CHF an frischem Kapital auf. Auch die Transaktionen bei den nicht kotierten Immobilienfonds wurden erfolgreich abgeschlossen. Die nächste Emission hat schon begonnen: Seit dem 2. Oktober 2024 läuft die Kapitalerhöhung des SF Retail Properties Fund; die Bezugsfrist endet am 11. Oktober 2024. Die neuen Mittel sollen in den Ausbau des Portfolios und bei Bestandesliegenschaften in die Potenzialerschliessung fliessen.

Ina Invest und Cham Group: Fusion geplant

Am 23. September 2024 gaben die Immobiliengesellschaften Cham Group und Ina Invest bekannt, dass sie eine Fusion prüfen. Der Zusammenschluss soll als «Merger of Equals» erfolgen; eine entsprechende Absichtserklärung wurde bereits von den Verwaltungsräten beider Unternehmen unterzeichnet.

Durch die Fusion entstünde ein Portfolio, das sich auf wirtschaftlich stärkste Metropolregionen der Schweiz konzentriert. Nach Fertigstellung der Entwicklungsprojekte würde der Wohnanteil des gemeinsamen Immobilienportfolios über 50% betragen. Die Aktien des fusionierten Unternehmens sollen weiterhin im Immobiliensegment der SIX Swiss Exchange kotiert bleiben.

Die Gespräche über den möglichen Zusammenschluss sind noch in einem frühen Stadium. Die Gesellschaften werden zu gegebener Zeit über die Fortschritte informieren. Bei einem positiven Verhandlungsergebnis sollen die Aktionäre an den Generalversammlungen im Frühjahr 2025 über die geplante Fusion abstimmen.

Die Nachricht über die mögliche Fusion wurde von den Investoren positiv aufgenommen, die Aktien der kotierten Ina Invest stiegen daraufhin um über 7,5%.

 

Vail Resorts: Will Berge versetzen

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Die «Weisse Arena» Flims/Laax habe ein Kaufangebot auf dem Tisch gehabt – und abgelehnt. War es eines von Vail Resorts?

«Wir haben ein gutes Angebot auf dem Tisch gehabt, aber wir haben abgelehnt», sagte Reto Gurtner, Präsident und Delegierter des Verwaltungsrats der «Weissen Arena», an der Generalversammlung des integrierten Dienstleistungsunternehmens in der Tourismus- und Freizeitbranche in Flims/Laax/Falera. Gemäss Gurtner bestehe kein Bedarf für einen Verkauf, solange es eine «derart gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde gebe».

Der 69-jährige Gurtner gab an der GV keine Informationen zu seiner Nachfolge. Im November 2023 war Markus Wolf nach vier Dienstjahren als CEO der Weissen Arena Gruppe zurückgetreten. Es gab damals Gerüchte, dass dies nicht freiwillig geschehen sei. Vor einigen Wochen gab es handfeste Berichte zum Verkauf der «Weissen Arena».

Die Amerikaner kommen

Der «Blick» berichtete Ende August, dass Vail Resorts seinen Einfluss in der Schweiz ausbauen wolle. Er wisse aus zuverlässiger Quelle, dass fünf bis sechs Skigebiete in der Schweiz und in Österreich im Visier von Vail Resorts wären, sagt Pierre Besson, Chef der Magic Mountains Cooperation, gegenüber dem Boulevard-Blatt. Sein Unternehmen vermarktet den Magic Pass, der Zugang zu 80 Skigebieten in der Schweiz ermöglicht und bereits 180’000 Abonnenten zählt. Besson gab weiter zu Protokoll, dass wegen dem Vorstoss der Amerikaner «in den Schweizer Bergen Unruhe» herrsche. Gemäss dem Bericht im «Blick» stehe die «Weisse Arena» zuoberst auf der Einkaufsliste der Amerikaner.

Das können sie sich vorerst abschminken. Welche Destinationen stehen noch auf der Einkaufsliste von Vail Resorts? Ein bekannter und wichtiger Schweizer Player ist die Destination Davos. Dort tönt es aber gleich wie in der «Weissen Arena». An der Generalversammlung sagte Vidal Schertenleib, Verwaltungsrat und CEO der Davos Klosters Bergbahnen AG, auf Anfrage eines Medienvertreters, ein Verkauf sei kein Thema. Es gebe weder Verhandlungen noch Kontakte mit Vail Resorts.

Mehr als Bahnen und Lifte

Vail Resorts ist der weltweit grösste Betreiber von Skigebieten und kontrolliert Skigebiete in den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und der Schweiz. Die Gesellschaft betreibt ausserdem mehr als 250 Einzelhandels- und Verleihzentren in ganz Nordamerika. Vails Konzept für eine Destination besteht darin, ein umfassendes Angebot an Liften, Skischulen, Restaurants, Hotels und Sportgeschäften aufzubauen und auch Grossveranstaltungen durchzuführen. Vail Resorts besitzt Mehrheiten an den Skigebiet-Installationen in Andermatt Sedrun und Crans Montana. Die Gruppe unterhält auch Partnerschaften mit grossen europäischen Destinationen wie Verbier 4 Vallées im Wallis, Les 3 Vallées in Frankreich, Skirama Dolomiti in Italien oder Ski Arlberg in Österreich.

Der Unternehmenssprecher von Vail Resorts will zu «Gerüchten» wie dem Angebot für Flims/Laax und der Expansionsstrategie in Europa keinen Kommentar abgeben. Er legt aber die Strategie der Amerikaner dar: «Der Eintritt in den europäischen Skimarkt ist eine langfristige strategische Priorität für Vail Resorts. Wir verfolgen einen disziplinierten Ansatz bei der Akquisition von Skigebieten und suchen nach solchen, die unser bestehendes Netzwerk ergänzen und sich in Bezug auf Erfahrung und Lage nicht überschneiden.»

Keine Spekulanten, keine Amerikanisierung

Der «Branchenverband» der Skigebiete verhält sich bei Fusionsplänen neutral. «Der Verband Seilbahnen Schweiz mischt sich nicht in Unternehmensangelegenheiten ein. Das sei Angelegenheit der Besitzer und vielleicht der Standortgemeinde», sagt Berno Stoffel, Direktor des Verbandes Seilbahnen Schweiz. Seine Organisation sei aber in regelmässigem Kontakt mit Vail Resorts. Es sei wichtig, dass ein Skigebiet auch nach einer Übernahme ein System-Player bleibe und nicht neue Standards, etwa bei Arbeitskonditionen oder Berufsbildung, setze.

Vail Resorts verhalte sich gemäss Stoffel diesbezüglich offen und sehr korrekt – und sei auch dankbar über die Zusammenarbeit mit Seilbahnen Schweiz. Wenn jetzt wie in den Medien kolportiert, weitere Schweizer Skigebiete übernommen würden, muss gemäss Stoffel darauf geachtet werden, dass der Wille zur lokalen Verankerung und ein ausgewiesenes Bergbahn-Know-How vorhanden ist. «Vail hat in Andermatt gezeigt, dass dies so ist. Wir spüren derzeit auch keine Amerikanisierung», so der Direktor von Seilbahnen Schweiz.

Ein Pass für alle Destionationen

Vail Resorts sieht in Europa viel Wachstumspotenzial, da der europäische Markt fast dreimal so gross ist wie der nordamerikanische. Ein Mittel, um das Wachstum anzukurbeln, sind Skipässe, die in allen Gebieten des Unternehmens gültig sind. Der «Epic-Pass» von Vail Resorts kostet rund 1000 USD pro Jahr. Mit dem Pass sollen insbesondere mehr amerikanische Gäste nach Übersee gelockt werden.

«Wir suchen Skigebiete, die unser bestehendes Netzwerk ergänzen, ohne dass es zu Überschneidungen in Bezug auf Erfahrung oder Lage kommt. Ausserdem suchen wir nach Destinationen mit einer einzigartigen und unverwechselbaren Identität, die unser Portfolio aufwerten», antwortet der Sprecher von Vail Resorts auf die Frage, was denn eine Destination erfüllen müsse, um interessant zu werden. Darüber hinaus seien die Qualität der Pisten und die Annehmlichkeiten vor Ort, wie z. B. Restaurants und Après-Ski-Möglichkeiten, wichtige Faktoren. Schliesslich wolle Vail die Loyalität der eigenen Gäste fördern und sicherstellen, dass jedes Skigebiet das Gesamterlebnis innerhalb des Netzwerks verbessere.

Als Unternehmen setze sich Vail Resorts dafür ein, den Zugang zum Skifahren zu erleichtern und die Skiindustrie durch den «Epic-Pass» langfristig zu unterstützen. «Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, dass wir unseren Gästen mit einem einzigen Pass Zugang zum Skifahren in der Nähe ihres Heimatortes und zu Weltklasse-Skigebieten auf der ganzen Welt bieten», so der Vail-Sprecher. Dieses Konzept der überregionalen Skipässe hat Konkurrent Alterra Mountain bereits weiterentwickelt. Die Gesellschaft betreibt 18 Skigebiete und 14 Heli-Ski-Hütten. Alterra arbeitet über die Ticketpartnerschaft «Ikon-Pass» mit Skigebieten wie Aspen in den USA und Kitzbühel, Chamonix sowie Cortina D’Ampezzo und in der Schweiz mit Zermatt und St. Moritz zusammen.

Alterra ist in Europa weiter

Im Frühjahr 2024 ist Alterra zudem eine Kooperation mit den Oberengadiner Bergbahnen eingegangen, die es Ikon-Pass-Inhabern ermöglicht, bis zu sieben Tage pro Jahr in die Region zu reisen. Der Pass, der 1360 USD kostet, soll gemäss Medienbericht von rund 1 Mio. Personen genutzt werden. Die Partnerschaft mit Alterra hat Zermatt, das jährlich 2 Mio. Gäste verzeichnet, 50’000 zusätzliche Gäste beschert. Die Alterra Mountain Company befindet sich im Besitz der Private-Equity-Gesellschaft KSL Partners.

Vail arbeitet gemäss Stoffel mit Andermatt und Crans Montana nicht unbedingt mit den Top-Destinationen in der Schweiz und den Alpen zusammen. Beide Destinationen gehören nicht zu den Top 10 der meist frequentierten Skigebieten der Schweiz. Alterra sei da mit Zermatt, St. Moritz, Chamonix und Kitzbühel besser aufgestellt. Das Unternehmen beabsichtige dabei nicht, Skigebiete zu erwerben. Es gehe Alterra nur um Produktkooperationen und die Reichweite des Ikon-Skipasses.

Andermatt noch unter Budget

In Andermatt hat Vail Resorts die finanziellen Ziele im vergangenen Geschäftsjahr knapp verpasst. Dies sagte Omar El Hamamsy, CEO von Orascom, vor kurzem im Interview mit schweizeraktien.net. «Das anspruchsvolle Budget wurde knapp verfehlt.» Die Zusammenarbeit und das Feedback aller Beteiligten sei aber durchwegs positiv, fügt er an. Orascom verkaufte im Jahr 2022 die Installationen und die Tätigkeiten am Berg an Vail Resorts, behielt aber einen Minderheitsanteil von 49%. Im vergangenen Jahr folgte der Einstieg von Vail in Crans Montana.

In dem im Juli beendeten Geschäftsjahr 2023/24 stagnierte der Umsatz von Vail Resorts auf 2,89 Mrd. USD, wobei weniger Skipässe zu höheren Preisen verkauft wurden, wie das Unternehmen mitteilte. Der operative Gewinn (EBITDA) ging um 11% auf 825 Mio. und der Reingewinn um 14% auf 230 Mio. USD zurück. Höhere Kosten und Abschreibungen belasteten das Resultat.

Bekanntheit und Attraktivität gestiegen

«Zum Finanzergebnis beziehungsweise zur Strategie der Andermatt-Sedrun Sport AG können wir als Minderheitsaktionärin keine Angaben machen», sagt Stefan Kern von Andermatt Swiss Alps auf Nachfrage. Die Zahlen würden anlässlich der Generalversammlung bekannt gegeben. Der Einstieg von Vail Resorts in Andermatt habe aber grundsätzlich zu einer weiteren Steigerung der Bekanntheit und Attraktivität der Destination Andermatt-Sedrun beigetragen und in der Folge zu mehr Übernachtungen. «Die Zusammenarbeit ist sehr zielführend und erfolgreich», sagt Kern.

Indirekt bestätigte der Orascom-CEO El Hamamsy im Interview auch die Expansionsstrategie der Amerikaner in der Schweiz. Dass nun weitere Engagements in der Schweiz auf dem Programm stehen würden, zeige Orascom, dass es Vail ernst meine mit der Schweiz. Bevor die US-Gesellschaft 2022 eine Mehrheitsbeteiligung am Skigebiet Andermatt-Sedrun übernommen hat, waren nur 3% der Hotelgäste in der Region Amerikaner. Im vergangenen Winter kletterte der Anteil der US-Gäste nach Unternehmensangaben auf 11% und soll weiterwachsen. Auch Crans Montana gibt an, sich diesen Winter für einen US-Ansturm zu rüsten.

Hoher Franken, hohe Berge

«Es wird spannend, wenn neue Konkurrenz entsteht», sagt Stoffel zu den neu entstehenden Kooperationen. Ein wichtiger Treiber von ausländischen Investitionen in Schweizer Skigebieten ist der starke Franken. Er ist attraktiv für ausländische Investoren. Schon ohne Betriebsgewinn hätte ein Investor in den vergangenen zehn Jahren allein mit Währungsdifferenzen gut verdient. «Das ist ein entscheidender Unterschied in der Akquisition von Skigebieten zwischen der Schweiz und Österreich», fügt Stoffel an.

Ein weiterer Vorteil ist die Lage der hiesigen Skigebiete, ergänzt der Direktor von Seilbahnen Schweiz. «Die Skigebiete in der Schweiz sind die höchstgelegenen in den Alpen, und mit den Herausforderungen des Klimawandels besitzen sie hier einen entscheidenden Standortvorteil», sagt Stoffel. Es ist aber nicht so, dass Vail nur auf den Wintersport schaut. Die Amerikaner haben in ihren «heimischen» Resorts in den USA bewiesen, dass sie auch im Sommertourismus stark sind.

Hinweis in eigener Sache: Am 29. Oktober 2024 findet der Branchentalk Tourismus am Flughafen Zürich statt.

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