Start Blog Seite 19

Meyer Burger: Zwischen Turnaround und Totalausfall

1
Das Meyer Burger-Werk in Colorado/USA. Bild: zvg
Das Meyer Burger-Werk in Colorado/USA. Bild: zvg

Rettung oder Rückzug? Meyer Burger will mit B2B-Geschäften und neuen Produktionsstrategien den Turnaround schaffen. Doch der Weg bleibt steinig. Lohnt sich ein Engagement noch für Anleger?

Meyer Burger steht – einmal mehr – an einem entscheidenden Punkt. Das Solarunternehmen setzt nach dem katastrophalen Crash der Aktie voll auf die Neuausrichtung im B2B-Geschäft und plant, mit Partnerschaften und Produktionsoptimierungen den Turnaround zu schaffen. Zudem wurde das Management ausgewechselt. Besonders DESRI, ein bedeutender Partner aus den USA, spielt eine Schlüsselrolle. Doch nicht alles läuft rund – alte Probleme und neue Risiken überschatten die Erfolgsaussichten.

Wachstum durch Partnerschaften und USA-Fokus

Meyer Burgers neue Strategie basiert auf langfristigen Abnahmeverträgen mit Partnern, vor allem Kraftwerksbetreibern wie Desri. Das Unternehmen ist ein führender Entwickler, Eigentümer und Betreiber im Bereich der erneuerbaren Energien in den Vereinigten Staaten. Der gesamte Markt von Meyer Burger richtet sich jetzt ausschliesslich auf die USA – und nur noch B2B-Geschäfte stehen im Fokus. «Die Zusammenarbeit mit Desri bietet Meyer Burger langfristige Stabilität, indem Abnahmegarantien das Verkaufsrisiko verringern», sagt Eugen Perger, Head of Equity Strategy bei Research Partners. Der Direktvertrieb wird zugunsten von Grossprojekten aufgegeben, und das Unternehmen verabschiedet sich aus dem Endkundengeschäft.

Wichtiges Element der neuen Strategie ist die Optimierung der Produktionsstandorte. Meyer Burger wird in Deutschland und den USA produzieren, aber mit einer klaren Aufgabenteilung: In Deutschland, in Thalheim, werden nur noch Solarzellen hergestellt, während diese in Goodyear, USA, zu kompletten Solarmodulen zusammengebaut werden. «Das erlaubt Effizienzgewinne», so Perger, «aber nur, wenn beide Standorte voll ausgelastet sind.» Der Versand von Einzelteilen in die USA reduziert zwar Logistikkosten. Einzelteile sind oft kompakter verpackbar als ein zusammengebautes Endprodukt, was Platz spart und den benötigten Frachtraum reduziert. Aber die wahre Herausforderung besteht darin, die Kapazitäten der Fabriken in beiden Ländern zu maximieren.

Die früher oft genannten 3 Jahre technologischer Vorsprung von Meyer Burger sind dahingeschrumpft. Asien fabriziert gleichwertige Solarzellen (Bild: zVg).

Technologisch kein Vorsprung mehr gegenüber Asien

Ein weiteres Problem: Technologisch ist Meyer Burger inzwischen nicht mehr unbedingt führend. Heterojunction-Technologie (HJT) und die Smart Wire Connection Technology (SWCT), einst gefeierte Alleinstellungsmerkmale, bieten heute kaum noch einen Vorsprung. «Asiatische Konkurrenten haben stark aufgeholt. HJT und SWCT sind keine einzigartigen Verkaufsargumente mehr – sie heissen in Asien einfach nur anders», so Perger. Dies schmälert Meyer Burgers Wettbewerbsfähigkeit erheblich. Das frühere Argument lautete nämlich immer: «3 Jahre technologischer Vorsprung.» Der globale Wettbewerb in der Solartechnik ist hart, und ohne technisches Alleinstellungsmerkmal wird es schwierig, die Marktposition auszubauen. Immerhin ist die Nachfrage nach Solarmodulen in den USA nach wie vor gut – aber längst nicht mehr so hoch wie im Boom während der Russlandkrieg-Energiekrise.

Finanzielle Risiken und Kapitalbedarf

Auch finanziell steht Meyer Burger vor einer Zerreissprobe. Die erwarteten Verluste in den Jahren 2024 und 2025 sind erheblich. «Wir rechnen mit einem Minus in zweistelliger Millionenhöhe, welches das Unternehmen stark belasten wird», prognostiziert Perger. Besonders die Forderung von Desri nach Arbeitsplatzgarantien für die kommenden Jahre erhöht den Druck auf die Kostenstruktur. Meyer Burger bleibt so wenig Spielraum für Restrukturierungen. Gleichzeitig kosten die in Deutschland notwendigen Sozialpläne für abgebautes Personal zusätzlich Geld, was die finanzielle Situation weiter verschärft.

Hinzu kommt das Problem der Eigenkapitalengpässe. Viele – mehrmals und jahrelang – enttäuschte Aktionäre wollen nicht weiter investieren, weil sie das Vertrauen in die optimistischen Prognosen verloren haben. Fremdkapital und Subventionen, wie eben aus Colorado, werden dringend benötigt. «Ohne erhebliches Fremdkapital, ca. 100 Mio. CHF, bleibt die Umsetzung der neuen Pläne ein heisses Spiel auf Zeit», analysiert Perger. Sogar eine Übernahme durch Partner wie Desri könnte im Raum stehen, falls Meyer Burger den Kapitalbedarf nicht decken kann. Das wäre allerdings ein Szenario, das die Aktionäre nicht erfreuen dürfte. Es könnte sowohl einen potenziell zu niedrigen Übernahmepreis als auch eine Verwässerung ihrer Anteile durch Kapitalerhöhungen bedeuten.

Talfahrt ohne Ende? Im Jahr 2011 erreichte die an der SIX kotierte Meyer-Burger-Aktie ihren Höchststand. Danach begann der nicht enden wollende Abstieg. Bild: zVg

Positiver Ausgang möglich, aber riskant

Trotz dieser Stolpersteine gibt es auch Argumente, die für eine Investition sprechen. Meyer Burger könnte, sofern die Partnerschaften erfolgreich und die Produktionsstätten ausgelastet werden, den Umsatz bis 2026 auf 300 bis 400 Mio. Euro steigern. Das Ziel in diesem Blue Sky Szenario: ein EBITDA von 50 bis 60 Mo. Euro. «Wenn alles optimal läuft, wäre eine schwarze Null bis 2026 möglich», meint Perger. Doch auch er bleibt skeptisch. Denn nach Abschreibungen und Zinsbelastungen bleibt der Rein-Gewinn vorerst auf der Kippe – und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) lässt sich aktuell gar nicht berechnen.

Die technischen und finanziellen Herausforderungen sind also beträchtlich: Solange Meyer Burger keine technologischen Vorteile hat – und sich die Partnerschaften nicht auszahlen – bleibt der Turnaround äusserst ungewiss. Anleger müssen, wie schon früher, einmal mehr einen langen Atem haben. Die Aktie ist für kurzfristige Investoren also schlicht uninteressant, es sei denn, sie spekulieren auf Kursprünge durch neues Sentiment. Also auf Faktoren, die nichts mit den fundamentalen Werten des KMU zu tun haben.

Fazit: Lohnt sich das Investment?

Meyer Burger steht zwischen Turnaround und Totalausfall. Auf der Pro-Seite stehen potenzielle Umsatzsteigerungen durch neue Partnerschaften und die Konsolidierung der Produktion. Zudem gibt es Hoffnung auf ausreichende Subventionen und neues Fremdkapital von «Gläubigen».

Auf der Kontra-Seite lasten hohe Verluste, Kapitalengpässe und technologisches Gleichauf mit Asien schwer auf dem Unternehmen. «Das ist ein Spiel mit dem Feuer», resümiert Perger. Die entscheidenden Fragen für Anleger lauten: Traut man Meyer Burger den Turnaround nach all den vergangenen Enttäuschungen noch zu? Und wie lange müssen Aktionäre auf einen «echten» Gewinn unter dem Strich warten?

Das Investment in Meyer Burger bleibt ergo risikoreich. Quasi ein Blick in die Wolken mit Hoffnung darauf, dass sich die versteckte Sonne zeigt. Die Zahlen für 2024 und 2025 sprechen vorerst dagegen.

Cham Group: Gespräche über Zusammenschluss mit Ina Invest

0
Das Papieri Areal in Cham würde mit dem Portfolio der Ina Invest zusammengeführt. Bild: www.papieri-cham.ch
Das Papieri-Areal in Cham würde mit dem Portfolio der Ina Invest zusammengeführt. Bild: www.papieri-cham.ch

Es bahnt sich in der Schweiz eine Fusion von zwei Immobiliengesellschaften an. Wie die Ina Invest AG und die Cham Group AG heute bekannt gaben, prüfen sie eine Fusion der beiden Gesellschaften. Während Ina Invest an der SIX kotiert ist, werden die Aktien der Cham Group ausserbörslich gehandelt. An beiden Gesellschaften ist Unternehmer Philipp Buhofer über seine Buru Holding beteiligt: Mit 15,7% an der Ina Invest und mit 48,2% an der Cham Group.

Liegenschaften in wirtschaftsstärksten Regionen

Gemäss einer Medienmitteilung soll der Zusammenschluss 2025 im Sinne eines «Merger of Equals» erfolgen. Es sei eine Absichtserklärung der beiden Verwaltungsräte unterzeichnet worden. Durch den möglichen Zusammenschluss entstünde eine der führenden Immobiliengesellschaften der Schweiz mit einem qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Portfolio an erstklassigen Standorten, heisst es in der Medienmitteilung weiter. Die Renditeliegenschaften und Entwicklungsprojekte von Ina Invest und Cham Group befinden sich in Basel, Cham, Genf, Lausanne, Winterthur und Zürich und konzentrieren sich damit auf die wirtschaftsstärksten Metropolregionen der Schweiz.

Die Cham Group ist derzeit ausschliesslich mit der Entwicklung des Papieri-Areals in Cham beschäftigt. Der Wert des Portfolios lag per Ende Juni 2024 bei 480.3 Mio. CHF. Die Ina Invest rapportierte in ihrem Semesterabschluss einen Portfoliowert von 847 Mio. CHF. Beide Gesellschaften verfügen über Entwicklungsprojekte, die nach Fertigstellung einen Wert von weit über 3 Mia. CHF umfassen würden.

«Durch den Zusammenschluss würde eine Portfoliogrösse erreicht, die Vorteile bietet hinsichtlich der Flexibilität in der Projektrealisierung, der Finanzierungsmöglichkeiten sowie der Nutzung von Skaleneffekten und Synergien», schreiben die Unternehmen in der Medienmitteilung. Sie weisen allerdings auch darauf hin, dass sich die Gespräche zwischen der Cham Group und Ina Invest über einen möglichen Zusammenschluss noch in einem frühen Stadium befänden und die Aktionäre beider Gesellschaften im Frühjahr 2025 an den jeweiligen ordentlichen Generalversammlungen über die geplante Fusion abstimmen sollen. Anschliessend sollen die Aktien weiter an der SIX Swiss Echnange gehandelt werden.

Aktienkurs Cham Group
Die Aktien der Cham Group AG haben in diesem Jahr um rund 3,5% zugelegt. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Cham Group werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 510 CHF für eine Aktie bezahlt.

Investora: Investoreninteresse an Schweizer Small Caps weiterhin intakt

0
Die Schweizer Small Caps (blau) hinken in diesem Jahr bisher den SMI-Titeln (grün) hinterher. Chart: six-group.com

Die Anlageklasse der Small Caps ist in den letzten Monaten hinter den Blue Chips zurückgeblieben. Während der SMI seit Jahresbeginn mit knapp 8% im Plus liegt, weist der Small-Cap-Index SSCI nur ein knappes Plus auf. Das tat dem Interesse an den kleinen und mittleren Schweizer Aktiengesellschaften allerdings keinen Abbruch: Die einmal jährlich stattfindende Investorenkonferenz Investora war auch in diesem Jahr sehr gut besucht. Obwohl sich viele Unternehmen mit einem schwierigen Marktumfeld konfrontiert sehen, dominierte – wie sollte es auch anders sein – der Optimismus.

Schweiz als Insel der Glückseligen?

«Es tut gut, einmal an eine Schweizer Small-Cap-Konferenz zu gehen», meinte ein deutscher Investor. In Deutschland überwiege der Pessimismus; Unternehmen und Investoren befänden sich im Krisenmodus. Die Schweiz sei eine «Insel der Glückseligen». Vielleicht lag dies nicht nur an der Stimmung der professionellen Anleger, sondern auch an der guten Auswahl der Unternehmen. Auch unter den 34 Unternehmen, die sich in Zürich präsentierten, überwog der Optimismus. Bernhard Wiehl, Finanzchef des Automobilzulieferers Autoneum, machte deutlich, dass sich zwar die Automobilindustrie in Europa «am Rande einer Depression» befinde, die Situation in Amerika und vor allem in Asien jedoch ganz anders sei. Gut für ein Unternehmen wie Autoneum, das selbst im Jahr der grossen Automobilkrise 2024 noch die Guidance erhöht hat und mit einem Umsatz von 2.3 bis 2.5 Mia. CHF sowie einer EBIT-Marge von 5 bis 5,5% rechnet.

Unternehmen im Wachstumsmodus

SKAN CEO Thomas Huber an der Investora
SKAN-CEO Thomas Huber präsentierte sein Unternehmen an der Investora. Bild: schweizeraktien.net

Natürlich handelt es sich bei der Automobilindustrie derzeit um eine stark gebeutelte Branche. Von den Schweizer Zulieferern waren daher an der Investora mit Ausnahme von Autoneum keine vertreten. Wie Wachstum geht, zeigten Unternehmen aus dem Logistik-, Energie- und Healthcaresektor. Endrücklich ist die Wachstumsstory der SKAN Holding, die auch schweizeraktien.net schon länger verfolgt. CEO Thomas Huber zeigte auf, dass angesichts der immer grösser werdenden Anzahl von biotechnologisch hergestellten Medikamenten die Nachfrage nach den Isolatoren der Firma weiter wachsen werde. Er betonte allerdings auch, dass dies Zeit benötige. «Wer als Investor nicht mindestens fünf Jahre bei uns dabeibleiben möchte, der sollte gar nicht erst investieren», so Huber vor den Investoren. Der SKAN-Aktienkurs bewegt sich denn auch seit Monaten seitwärts.

Passives Investieren schadet den Small Caps

Es gibt auch einige andere Firmen, die an der Investora präsentierten und deren operative Performance sich im Aktienkurs nicht niederschlägt. Die Gründe dafür sind vielfältig: geringer Freefloat, komplexes Geschäftsmodell, fehlende Analystenabdeckung wurden im Gespräch während der Networking-Pausen genannt. In den vergangenen Jahren sei es immer schwieriger geworden, aktiv in Einzeltitel zu investieren. Gerade grössere institutionelle Anleger setzen offenbar lieber auf passive Instrumente und passive Anlagestrategien. Für Small Caps scheint es da wenig Platz zu geben. «Da die Performance gerade von Pensionskassen einmal im Jahr gemessen wird, kann es sich eine PK nicht erlauben, hier schlechter als der Markt abzuschneiden», weiss ein Fondsmanager. Denn gerade wegen der geringeren Liquidität der Small Caps kann es durchaus passieren, dass ein Investor seine Aktien gar nicht oder nur mit einem grossen Abschlag verkaufen kann. Das drückt dann auf die Performance.

Stadler-Chef Spuhler zeigt sich zuversichtlich

Eines der Highlights an der Investora war der Auftritt von Peter Spuhler, dem Patron der Stadler-Rail-Gruppe. Auch die Aktie seines Unternehmens gehört zu den grossen Verlierern unter den Schweizer Industrietiteln, auch wenn Stadler Rail mit einer Marktkapitalisierung kein Small Cap ist. Seit dem Börsengang im April 2019 verloren die Aktien rund 40%. Doch Spuhler, ganz Vollblutunternehmer, will von einer Fehlentscheidung nichts wissen. «Ich würde den Schritt nochmals wagen», so der Patron in einem Gespräch mit dem Chefredaktor der Finanz und Wirtschaft. Er machte auch deutlich, dass Stadler Rail sich immer wieder gegen grosse Konkurrenten durchsetzt, was zu einem starken Auftragseingang führt. Doch es brauche oft Jahre, bis aus den Aufträgen Umsatz werde. Kritisch betrachtet wird von vielen Investoren auch die Marge, die mit rund 2% derzeit sehr gering ausfällt. Spuhler kündigte an, dass diese langfristig wieder auf 8 bis 9% steigen soll.

Überflieger R&S Group

Unter den vielen Unternehmen, die an den zwei Tagen in «The Hall» präsentierten, war auch der Neuling R&S Group. Diese hat durch den fulminanten Kursanstieg seit dem Listing über den Spac VT5 mit einem Plus von 77% für Furore gesorgt. CEO Markus Laesser strich in seiner Präsentation die drei Wachstumstreiber Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Modernisierung der Stromnetze hervor. Diese würden dem Geschäft mit Transformatoren in den kommenden Jahren Rückenwind verleihen. Kürzlich hat R&S durch den Kauf von Kyte Powertech seine Marktposition weiter ausgebaut. Es zeigt sich, dass trotz des schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Umfelds gerade Small-Caps-Unternehmen in einer spezialisierten Nische tätig sind, die von den grossen Trends Digitalisierung und Klimawandel profitieren können. Dazu gehört auch der Anbieter von Logistiklösungen Kardex. Von diesen grossen Trends sowie der Deglobalisierung, Urbanisierung und dem zunehmenden Mangel an Arbeitskräften im Lager gebe es weiteres Potenzial für das Unternehmen. Der Aktienkurs von Kardex ist seit Jahresbeginn um einen Drittel gestiegen.

Da kann Autoneum trotz allem Optimismus nicht ganz mithalten: Die Titel haben seit Jahresbeginn rund 10% verloren. Es zeigte sich, dass trotz des allgemein schwierigen Umfelds bei der richtigen Titelauswahl ein Investment in Small- und Mid Caps die Blue Chips um Längen schlagen kann. Die Investora ist und bleibt daher ein wichtiges Schaufenster für das Segment der Schweizer KMU-Aktien.

Healthcare Aktien: Trendwende nach langer Korrektur zeichnet sich ab

0
Die Schweizer Medizintechnikbranche ist vielfältig. Bildquelle: swiss-medtech.ch

Alle zwei Jahre veröffentlicht Swiss Medtech, der Verband der Schweizer Medtech-Industrie, seine Studie zur Entwicklung der volkswirtschaftlich bedeutenden Branche. Der Stand der Dinge ist ermutigend – auch für Investoren. Schon seit drei Jahren befinden sich die Leit-Aktien Straumann und Sonova in einer andauernden Korrektur-Phase. Könnte diese schon bald durch einen neuen Aufwärtstrend umgekehrt werden?

Zwischen 2021 und 2023 stieg der Umsatz der Schweizer Medtech-Branche von 20.8 Mrd. CHF auf 23.4 Mrd. CHF. Das entspricht einem jährlichen Zuwachs um 6%. Die rund 1400 in der Schweiz domizilierten Medtech-Unternehmen beschäftigen laut der Studie von Swiss Medtech fast 72’000 Mitarbeitende. Das ist mehr als ein Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Mehr als die Hälfte des Branchenumsatzes entfällt auf die Top-70-Unternehmen, während 95% der Unternehmen weniger als 250 Mitarbeitende beschäftigen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Medizintechnik wird an deren Beitrag zum Handelsbilanzüberschuss erkennbar, der mit 5.8 Mrd. CHF bemerkenswerte 11,9% zur positiven Handelsbilanz des Landes beisteuert. Und beachtliche 12% des Umsatzes werden in Forschung & Entwicklung investiert, ein Spitzenwert im Vergleich zu allen anderen Branchen.

Wachstumsbremse Medizinprodukteregulierung

Die EU-Länder sind sowohl die wichtigste Exportdestination als auch der wichtigste Markt für Importe. Die USA sind allerdings mittlerweile zum grössten einzelnen Handelspartner avanciert, für Exporte wie auch für Importe. Nicht erfasst in den Export- und Importzahlen ist die Produktion Schweizer Medtech-Unternehmen ausserhalb des Heimatmarktes . Zunehmend liegt der Fokus der Expansion auf Asien, Nord- und Südamerika. Die europäische Medizinprodukteregulierung erweist sich als Wachstumsbremse, da die Zulassungsverfahren langwierig und bürokratisch überfrachtet sind, was extrem kostentreibend ist und daher für Wettbewerbsnachteile sorgt.

Inflation drückt Margen

Wie Swiss Medtech ermittelt hat, haben 80% der Medtech-Unternehmen zusätzliches Personal einstellen müssen, um den Anforderungen der EU-Regularien gerecht zu werden. Das Produktportfolio wurde bei der Hälfte der Branchenvertreter um 20% reduziert. Die Entwicklungskosten erhöhten sich branchenweit um 28%, die Produktkosten um 13% und die Produktpreise um 8%. Diese scharfe Kostenschere schneidet zwangsläufig tief in die Margen. Das dürfte auch einer der Gründe für die Kontraktion der Gewinne in den letzten Jahren sein und somit die jahrelange Baisse der Aktien mitverursacht haben. Dazugetreten ist in den letzten Jahren verstärkt die allgemeine Inflation, ausgehend von den höheren Preisen für Rohstoffe, Transport, Energie und Logistik.

Schweizer Gesetzgebung soll geändert werden

Die europäische Medizinprodukteregulierung verzögert die Marktzulassung zum Teil um mehrere Jahre, was dazu führt, dass der Schweizer Bevölkerung erst verspätet innovative und manchmal lebensrettende neue medizintechnische Produkte zur Verfügung stehen. Daher strebt die Branche an, dass neue Medizinprodukte, die von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zugelassen wurden, auch in der Schweiz an den Markt kommen können. Bereits mehr als 20% der Schweizer Unternehmen beantragen die Erstzulassung in den USA. Das Schweizer Parlament hat deshalb schon 2022 den Bundesrat beauftragt, die von der FDA zugelassenen Medizinprodukte auch in der Schweiz zuzulassen. Der Vorteil ist, dass die FDA schneller als die europäische Zulassungsbehörde arbeitet. Dadurch würden die Patienten in der Schweiz besser versorgt werden und die Industrie im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten. Weiterhin würde die Attraktivität des Medizintechnik-Standorts Schweiz europa- und weltweit nochmals gesteigert werden.

Digitalisierung und KI als Impulsgeber

Kennzeichnend für die Schweizer Medtech-Industrie ist die Stärke in der Gestaltung effizienter Prozesse. Daher werden die Chancen der Digitalisierung entschlossen genutzt und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz forciert. Dies wiederum verlangt hohe Investitionen in IT und Datensicherheit. Bei den börsenkotierten Unternehmen zeichnet die Kursentwicklung recht unterschiedlich ab, wie die einzelnen Unternehmen mit den Herausforderungen des Marktes zurechtkommen respektive im besten Fall frühzeitig Anpassungen vorgenommen haben.

Pioniergewinne für Ypsomed

Ypsomed hat die Veränderungen des Marktes und der Regulierung früh erkannt und diese zu einem guten Teil antizipiert. Von entscheidender Bedeutung für die positive Entwicklung ist die strategische Entscheidung zur vollständigen Fokussierung auf Delivery Systems, also das boomende Geschäft mit den Autoinjektoren. Seit Anfang Jahr liegt die Aktie mit 41% im Plus und in den letzten 12 Monaten mit 60%. Dazu hat ohne Zweifel auch die Ausnahmeentwicklung im Bereich der injizierbaren Therapien – Stichwort Novo Nordisk und Eli Lilly – wesentlich beigetragen, doch ohne die richtigen Weichenstellungen in den Vorjahren wäre die starke Geschäftsentwicklung kaum in diesem Ausmass möglich gewesen. Das ist auch der Grund, warum Ypsomed auf schweizeraktien.net der Top-Pick in der Industrie während der letzten Jahre war.

Der Boom der «Injectibles»

Im Geschäftsjahr 2023/2024 kletterte der um eine Devestition bereinigte Umsatz um 24,5% auf 548.5 Mio. CHF! Die EBIT-Marge stieg um mehr als das Doppelte auf 15,7%, und der Jahresgewinn erhöhte sich um 52,8% auf 78.4 Mio. CHF, was einer Nettogewinnmarge von 14,3% entspricht. Der Ausblick bleibt positiv. Die selbsentwickelte Ypso-Pump wurde zur Zulassung bei der FDA eingereicht. Bis 2025 sollen zwei Unternehmenseinheiten geschaffen werden, die sich ganz auf das B2C- respektive das B2B-Geschäft fokussieren. Wachstumsimpulse schaffen auch neue Indikationsgebiete für die Autoinjektoren wie Migräne, Multiple Sklerose, Onkologie, Dermatitis und Psoriasis. Für das Geschäftsjahr 2024/2025 wird ein Wachstum von 25% und ein EBIT von 140 Mio. CHF erwartet. Das war Grund genug, um die Ypsomed-Aktie Anfang August nach Ausverkauf an den Börsen auf die Liste der Turnaround-Kandidaten zu setzen. Der Kurs stieg seitdem von 380 CHF auf 420 CHF. Der seit September 2022 etablierte Aufwärtstrend ist intakt.

Chart Ypsomed
Seit Anfang Jahr liegt die Aktie von Ypsomed mit 41% im Plus. Chart: six-group.com

SKAN – Weltmarktführer bei Isolatoren

Ein weiterer Titel, der sich dem Abwärtssog in der Branche entziehen konnte, ist SKAN. Die Aktie des Spezialisten für Isolatoren zur keimfreien Abfüllung von injizierbaren Therapien hat sich zwar auf 12 Monatssicht wie auch seit Anfang Jahr per saldo kaum bewegt, doch durch die hervorragende Geschäftsentwicklung ist SKAN gut in die seit dem IPO über dem Branchendurchschnitt liegende Bewertung hineingewachsen. Aufgrund der weiterhin starken Perspektiven ist die Aktie reif für einen Ausbruch nach oben.

Die Aktie von Straumann erlitt seit dem Hoch einige Rückschläge. Chart: six-group.com

Trendwende bei Straumann lässt auf sich warten

Anders ist das Bild bei den langjährigen Favoriten Straumann und auch Sonova. Die Höchststände verzeichneten beide Marktführer nach der langen Hausse während der intensiven Covid-Periode Ende 2021. Danach folgt der Absturz, wenn auch im letzten Jahr mit Ansätzen einer nachhaltigen Erholung. Bereits 2022 war die Folgerung aus dem Kursgeschehen, dass ohne die Leitaktien Straumann, Lonza und Bachem keine dauerhafte Trendwende des Sektors erfolgen kann. Straumann fiel im Sptember 2022 auf unter 90 CHF und kratzte seitdem zweimal an der 150-CHF-Marke. Doch die Hürde wurde bisher nicht genommen, da es immer wieder zu kräftigen Rückschlägen kommt. Während in der Covid-Ära praktisch alle Banken Kaufempfehlungen aussprachen, selbst auf aberwitzig hohem Kursniveau, sind es heute hauptsächlich Halte-Empfehlungen, teilweise, wie bei UBS, sogar Sell-Einschätzungen. Tatsache ist, dass die Bewertung auch auf dem gedrückten Kursniveau nicht gerade attraktiv ist. Das KGV 2024 liegt bei ca. 38. Der Geschäftsverlauf ist weiterhin positiv. Im ersten Halbjahr kletterte der Umsatz in CHF um 11,3%, organisch jedoch um 16,1%. Die Margen waren allerdings unter leichtem Druck, was nicht zuletzt auf die Frankenstärke zurückzuführen ist. Besonders gut lief es in den wichtigen Volumenmärkten USA und China. Durch Einführung von Innovationen wie dem kabellosen Intraoral-Scanner, dem Verkauf von 80% an der Zahnschienentochter DrSmile und neuen Initiativen zur Schulung von Zahnmedizinern zu digitalen Prozessen in der Behandlung ist der Fokus geschärft worden. Der adressierbare Markt hat ein Volumen von 19 Mrd. CHF, wovon 2.6 Mrd. CHF im laufenden Jahr auf Straumann entfallen werden. Die Kern-EBIT-Marge bleibt mit 27,3% stark, wenngleich sie etwas tiefer als in der Vorjahresperiode ausfällt. Im Management wurden verschiedene Änderungen bekannt gegeben. U.a. wird Matthias Schupp, bisher Head Latinamerica, ab Oktober neuer CEO von Medartis. Trotz guter Geschäftsentwicklung ist die Medartis-Aktie auf andauerndem Sinkflug. Sollte der Kurs der Straumann-Aktie die Hürde bei 150 CHF nachhaltig überwinden, eröffnen sich neue Kurspotenziale, die zunächst durch das historische Hoch bei 210 CHF begrenzt werden.

Chart Sonova
Der Kurs der Aktie von Sonova konnte sich festigen. Chart: six-group.com

Sonova scheint Tritt zu fassen

Bei Sonova ist der langfristige Aufwärtstrend ungebrochen. Ähnlich wie bei Straumann scheint es jedoch viel Zeit zu erfordern, bis die Korrektur nach der Übertreibungsphase abgeschlossen ist. Nach dem Doppelhoch von Ende 2021 und Mai 2022 halbierte sich der Kurs innerhalb weniger Monate. Noch im Oktober 2023 pendelte der Kurs knapp über 200 CHF, konnte sich jedoch im laufenden Jahr deutlich befestigen. Dazu trugen innovative Produkte bei wie ein Hörgerät, das mit Hilfe von KI Umgebungsgeräusche vermindern kann, sodass die Hörqualität deutlich verbessert wird. Im Geschäftsjahr 2023/2024 per 30. März war der Umsatz um 3% rückläufig. Für das laufende Geschäftsjahr wird von den Analysten ein Zuwachs im hohen einstelligen Prozentbereich prognostiziert. Der Wettbewerb ist hart. Für längerfristige Impulse sorgt die zunehmende Überalterung der Gesellschaft, denn Hördefizite treten vor allem bei Senioren auf. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen teureren Produkte für eine nachhaltige Nachfragebelebung sorgen werden.

Auch bei den weiteren Leitaktien des Healthcare-Segments (ohne Pharma) liegen die historischen Höchststände deutlich über den aktuellen Kursen. Sowohl Lonza wie auch Bachem scheinen noch mehr Zeit zu benötigen, um in die hohen Bewertungen hineinzuwachsen. Deutlich zulegen konnte dagegen PolyPeptide, allerdings nach einem regelrechten Absturz um 90% von 140 CHF auf 14 CHF.

Fazit

Die Medizintechnik und ihre Zulieferer bilden einen wichtigen und wachstumsstarken Sektor, dessen Perspektiven sich durch Innovationen weiter verbessern. Allerdings läuft die Entwicklung nicht gleichmässig, sondern differenziert ab. Die Schweizer Weltmarktführer und langjährigen Zugpferde an der Börse, Straumann und Sonova, bleiben auf ihrem Wachstumskurs, sind allerdings davon betroffen, dass die Nachfrage nach hochpreisigen Produkten und Dienstleistungen unter der Inflation leiden. Die Patienten wählen daher oft preiswerte Lösungen oder schieben ihre Entscheidungen auf. Sowohl bei Zahnersatz wie auf bei Hörgeräten werden in den meisten Ländern nur preiswerte Lösungen von den Kostenträgern übernommen, in manchen Ländern ohne umfassendes Versicherungssystem sind die Kosten sogar vollständig von den Patienten zu tragen.

Ein anderes Bild zeigt sich bei chronischen und tödlichen Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, Adipositas oder Herzkrankheiten. Bei diesen Indikationen entstehen hohe Kosten für die Gesundheitssysteme, die durch neue Diagnostikverfahren und effektive Therapien auf längere Sicht wesentlich vermindert werden. In diese Kategorie fallen unter den börsenkotierten Schweizer Aktien Ypsomed und SKAN. Ansonsten spielt die Musik hauptsächlich in den USA. Die Aktien von Stryker und Intuitive Surgical beispielsweise haben ihre alten Höchststände längst hinter sich gelassen und steigen fast vertikal. Eine globale Investment-Lösung bieten die spezialisierten Medtech-Fonds von Bellevue Asset Management.

Kursaal Bern AG: Umsatz gesteigert, Rückkehr in die Gewinnzone

0
Umsatz gesteigert, Kosten im Griff, Rückkehr in die Gewinnzone. Die Kursaal Bern AG zeigt sich zufrieden mit dem Halbjahresergebnis. Bild: kursaal-bern.ch

Die Kursaal Bern AG konnte den Umsatz in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 38.2 Mio. CHF steigern, ein Plus von 5,1%. In den Segmenten Kongresszentrum sowie Hotel & Restaurants seien gute Umsatzsteigerungen erzielt worden, schreiben Verwaltungsratspräsident Daniel Buser und CEO Kevin Kunz im Vorwort zum Halbjahresbericht. Die Spielbanken lägen hingegen etwas unter dem Vorjahr und den Erwartungen.

Das Umsatzwachstum sei trotz eines verhaltenen ersten Quartals in einem von Unsicherheiten geprägten Marktumfeld zustande gekommen, so die Verantwortlichen.  Ein starkes zweites Quartal habe deutlich höhere Umsätze in allen Sparten generiert, mit Ausnahme der terrestrischen Casinos.

Starker Anstieg des EBITDA

Das ausgewiesene Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) erhöhte sich um 2.7 Mio. auf 6.2 Mio. CHF. Unter dem Strich weisen die Berner einen Gewinn von 1.9 Mio. CHF aus, in der Vorjahresperiode war noch ein Verlust von 0.6 Mio. CHF angefallen.

Im Kongresszentrum sei das erste Halbjahr 2024 nach Informationen des Unternehmens insgesamt planmässig verlaufen. Februar und April waren schwächer gebucht, Mai und Juni dagegen sehr stark. Ende Juni 2024 liege man bei Umsatz und Gewinn deutlich über dem Vorjahr. Der Trend hin zu immer kurzfristigeren Buchungen bleibe jedoch weiter bestehen.

Deutliches Umsatzwachstum auch in der Gastronomie. Dies sei auch auf den Umbau des Giardino Restaurant & Bar im Vorjahr zurückzuführen. Und auf die Rooftop Igloos, die in den ersten zwei Monaten 2024 mit einem japanisch ausgerichteten Ramen-Angebot erfolgreich abschnitten. Hingegen habe das kühle, regnerische Wetter im Frühsommer die Giardino Terrasse und den Giardino Container getroffen.

Umsatzrückgang im Casino-Bereich

Trotz leichter Steigerung bei den Besucherzahlen mussten die Casinos der Kursaal Bern AG einen Umsatzrückgang von 21.8 Mio. auf 21.2 Mio. CHF verbuchen. Zurückzuführen sei dies in erster Linie auf die Anfang April begonnenen Bauarbeiten beim Casino Neuchâtel, die den Verkehr einschränkten und Parkplätze blockierten, so das Unternehmen. Deshalb seien die Ziele für das erste Halbjahr 2024 nicht erreicht worden. Wegen der Bauarbeiten, die voraussichtlich noch bis Ende des Jahres andauern würden, bleibe die Situation herausfordernd.

Zufrieden zeigt sich die Kursaal Bern AG mit der Entwicklung des Onlinecasinos 7melons.ch, das im ersten Halbjahr einen Zuwachs verzeichnen konnte. Anhaltende Investitionen in Plattform und Spielangebot sorgten für eine zunehmende Konkurrenzfähigkeit.

Zur Jahresmitte wurde der Aktienanteil am Grand Casino Kursaal Bern auf 68,5% erhöht. Man wolle damit langfristig die Ertragsperspektive steigern.

Betriebsaufwand geht zurück – Investitionen ebenfalls

Der Betriebsaufwand ist im ersten Halbjahr leicht von 32.8 Mio. auf 32 Mio. CHF gesunken. Am stärksten wurden hierbei bei den Werbungskosten gespart, die von 4.4 Mio. auf 3.7 Mio. CHF zurückgingen, ein Rückgang um satte 16%.

Gleichzeitig ging auch die Investitionstätigkeit des Unternehmens deutlich zurück. Im ersten Halbjahr wurden 1.3 Mio. investiert, nach 3.6 Mio. im Vorjahreszeitraum.

Ausblick

Im Kongresszentrum seien die Bücher bis Ende Jahr gut gefüllt, schreibt die Kursaal Bern AG. Der Umbau weiterer Räumlichkeiten sei geplant. Hoffnung macht auch, dass sich die Reisebranche weiter im Aufwind befindet. Das Bundesamt für Statistik hat für das erste Halbjahr 2024 in der Schweizer Hotellerie 20,1 Mio. Logiernächte verzeichnet, das sind rund 476’000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das erfüllt die Berner mit Zuversicht.

Sie machen aber auch darauf aufmerksam, dass die angespannte geopolitische Lage, eine schwache Weltkonjunktur sowie rückläufige Investitionen einen dämpfenden Effekt auf die allgemeine Wirtschaftslage habe. Dies vor dem Hintergrund eines erneut unterdurchschnittlichen Wachstums der Schweizer Wirtschaft.

Fazit

Umsatz gesteigert, Kosten im Griff, Rückkehr in die Gewinnzone. Die Macher sind sichtlich zufrieden mit dem ersten Halbjahr. Allerdings sind die Zahlen, die die Berner vorlegen, insofern nur schwer interpretierbar, weil die Kursaal Bern AG keine Segmentberichterstattung vorlegt. So lässt sich die Profitabilität der einzelnen Töchter nicht nachvollziehen. Das Fehlen der Segmentberichte wird mit möglichen Wettbewerbsnachteilen begründet. Die relevanten Mitbewerber seien grösstenteils Gesellschaften ohne öffentlich zugängliche Finanzinformationen, schreibt die Kursaal Bern AG.

Das ist aber nicht ganz richtig. Gerade im Casino-Bereich sind viele Mitbewerber auf otc-x gelistet und veröffentlichen in ihren Geschäftsberichten detailliert die Profitabilität ihrer Geschäftsbereiche.

Für die Aktionärinnen und Aktionäre wäre es wünschenswert, wenn die Kursaal Bern AG hier mehr Transparenz schaffen würde. Gerade im umkämpften Markt der Online-Casino-Anbieter, der auch grosse Teile des Werbeaufwands der einzelnen Gesellschaften verschlingt, wäre eine Veröffentlichung der relevanten Zahlen zu begrüssen.

Die Aktien der Kursaal Bern AG sind an der BX Swiss kotiert. Zuletzt wurden 330 CHF für eine Aktie bezahlt.

Kursverlauf der an der BX Swiss gehandelten Aktie der Kursaal Bern AG. Quelle: bxswiss.com

Branchentalk Tourismus am 29. Oktober: Diskussion über die Zukunft des Reisens am Flughafen Zürich

0
Flughafen Zürich
Der Branchentalk Tourismus 2024 findet am 29. OIktober am Flughafen in Zürich statt. Bild: zvg
Flughafen Zürich
Der Branchentalk Tourismus 2024 findet am 29. Oktober am Flughafen in Zürich statt. Bild: zvg

Inflation, Klimawandel, geopolitische Krisen wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten – die Tourismusbranche sieht sich derzeit mit massiven Herausforderungen konfrontiert. Trotz der erschwerten Rahmenbedingungen erlebt der Tourismus nach dem Ende der Corona-Pandemie weltweit ein bemerkenswertes Comeback. An vielen Hotspots der Welt, auch in der Schweiz, ist der Overtourism zurück, als wäre die Pandemie nie gewesen. Von der oft erwähnten «neuen Normalität» ist nichts geblieben; stattdessen sind alte Muster wieder präsent.

Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich die Frage, wohin sich die Tourismusindustrie in den nächsten Jahren entwickelt. Diesem Thema widmet sich der Branchentalk Tourismus 2024, der am 29. Oktober 2024 am Flughafen Zürich stattfindet. Unter dem Motto «Zukunft des Reisens – Erfolgreicher Tourismus in einem Umfeld permanenten Wandels» treffen sich Experten, Investoren und Brancheninsider, um über Trends, Herausforderungen und Chancen des globalen Tourismus und die Auswirkungen für die Schweiz zu diskutieren. Begleitend dazu findet ein Investoren-Meeting statt, bei dem führende Vertreter grosser Tourismusunternehmen wie u.a. der Jungfraubahn Holding AG, der Titlis Bahnen und des Flughafens Zürichs ihre Visionen und Strategien präsentieren.

Dominique Gisin
Ein Highlight des Branchentalk Tourismus wird ein Gespräch mit Dominique Gisin sein. Bild: zvg

Ein Highlight wird das Gespräch mit der ehemaligen Skirennfahrerin und heutigen Pilotin Dominique Gisin sein, die über ihre vielseitigen Erfahrungen und ihre Rolle im Verwaltungsrat der Titlis Bahnen sprechen wird. Zum Abschluss des Tages steht eine Round-Table-Diskussion auf dem Programm, bei der Vertreter der Tourismusbranche wie Frédéric Füssenich (Rigi Bahnen), Sylvia Epaillard (Interhome), Karim Twerenbold (Twerenbold Reisen), und Andreas Gerber (Swiss Int. Airlines) über die Zukunft des Reisens debattieren.

Der Branchentalk Tourismus 2024 bietet eine ideale Plattform, um wertvolle Kontakte zu knüpfen und tiefere Einblicke in die Entwicklungen und Perspektiven der Tourismusbranche zu erhalten. Weitere Information und das Programm finden Sie unter www.schweizeraktien.net/branchentalk-tourismus-29-oktober-2024/

 

Aventron: Bei stabilem Umsatz steigt die Profitabilität im 1. Halbjahr

0
Aventron 1-MW-Wasserkraftwerk Laskbekken, Norwegen
Aventron ist auch an Wasserkraftwerken wie hier in Wasserkraftwerk Laskbekken, Norwegen, beteiligt. Bild: aventron.ch
Aventron 1-MW-Wasserkraftwerk Laskbekken, Norwegen
Aventron ist auch an Wasserkraftwerken wie hier im Wasserkraftwerk Laskbekken, Norwegen, beteiligt. Bild: aventron.ch

Die aventron AG präsentierte für das 1. Halbjahr 2024 einen stabilen Umsatz von 72.4 Mio. CHF sowie einen deutlich höheren Semestergewinn von 14.0 Mio. CHF. Dies gelang vor allem wegen der Erweiterung des Kraftwerksportfolios, wie das im Bereich der erneuerbaren Energien tätige Unternehmen in einer Medienmitteilung schreibt.

Stabiler Umsatz und Steigerung der EBIT-Marge

Rund 52% des Umsatzes von 72.4 Mio. CHF entfielen auf das Segment Windenergie, 24% auf Solarenergie und 23% auf Wasserkraft. Aventron teilt weiter mit, dass rückläufige Strompreise, die aufgrund der gesunkenen Energiekosten erwartet wurden, den Umsatz dämpften. Allerdings sei es gelungen, diesen Effekt durch die Inbetriebnahme neuer Projekte im Wind- und Wasserkraftbereich zu kompensieren.

Die Stromproduktion stieg von 713 Mio. kWh im Vorjahr auf 772 Mio. kWh. «Im ersten Halbjahr 2024 produzierte unser Kraftwerkspark 772 Gigawattstunden Strom, auch weil wir unser Portfolio weiter ausbauen konnten», erklärt Eric Wagner, CEO von aventron, in der Mitteilung. Aventron konnte seit dem Vorjahr zwei neue Wind- und Wasserkraftwerke sowie 28 neue Solaranlagen in Betrieb nehmen. Diese neuen Projekte trugen nicht nur zur gesteigerten Stromproduktion bei, sondern halfen auch, die Auswirkungen der gesunkenen Strompreise auszugleichen.

14.0 Mio. CHF Halbjahresgewinn

Das Betriebsergebnis (EBIT) des Unternehmens betrug 27.9 Mio. CHF, was zu einer Steigerung der EBIT-Marge um 1,2 Prozentpunkte auf 38,6% führte. Unter dem Strich verblieb ein Gewinn von 14.0 Mio. CHF. Dieser habe die eigenen Erwartungen übertroffen, so Wagner.

Zudem führte das Unternehmen im 1. Halbjahr eine Kapitalerhöhung im Umfang von 60 Mio. CHF erfolgreich durch. Die Aktien wurden zum Preis von 12.50 CHF ausgegeben. Dies soll die Wachstumspläne von aventron in den kommenden Jahren absichern und weiter beschleunigen. Durch die Kapitalerhöhung stieg die Eigenkapitalquote auf knapp 40%.

Bis Ende 2024 plant aventron, die Marke von 800 MW installierter Leistung zu überschreiten, was ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu ihrem mittelfristigen Ziel von 1000 MW ist.

Aktienkurs Aventron
Der Aktienkurs von aventron hat in den letzten Wochen weiter verloren. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Aventron AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 11 CHF für eine Aktie bezahlt. Seit Jahresbeginn hat der Aktienkurs knapp 10% verloren. Eine gleichbleibende Dividendenzahlung von 32 Rappen vorausgesetzt, liegt die Rendite bei 2,9%.

Sunstar Holding: Strategische Weichenstellung in einem anspruchsvollen Marktumfeld

0
Sunstar Hotel Pontresina
Das neue Hotel der Sunstar-Hotelgruppe in Ponetrsina. Bild: zvg
Sunstar Hotel Pontresina
Das neue Hotel der Sunstar Hotelgruppe in Pontresina. Bild: zvg

Das Geschäftsjahr 2023/24 war für die Sunstar Hotelgruppe herausfordernd. Dies gab das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht bekannt. So verlief die Sommersaison 2023 durchwachsen. Unbeständiges Wetter führte zu schwankender Nachfrage, und die gestiegene Fernreiselust europäischer Gäste setzte klassischen Destinationen, insbesondere in Graubünden, zu. Das Sunstar Hotel Davos durchlief seine letzte Saison unter der Marke Sunstar und wurde zum 1. November 2023 an die Davos Klosters Bergbahnen AG verkauft.

Die Wintersaison begann mit ausreichend Schnee, was den Start in die Skigebiete erleichterte. Hotels in Graubünden und Grindelwald profitierten von der Rückkehr internationaler Gäste, was zu einer besseren Buchungslage führte. Allerdings verzögerte sich die Eröffnung des neuen Hotels in Pontresina kurzfristig, was den Geschäftsverlauf in der Endphase der Saison beeinträchtigte. Auf Nachfrage von schweizeraktien.net erklärt CEO Silvio Schoch: «Unvorhersehbare Herausforderungen im Bauprozess führten zu Verzögerungen bei der Eröffnung unseres neuen Hotels in Pontresina.»

Übernachtungszahlen steigen deutlich an

Insgesamt wurden 199’200 Übernachtungen im vergangenen Geschäftsjahr verzeichnet. Ohne das Hotel Davos lagen die Übernachtungen bei 179’000, was einem Anstieg von 19% im Vergleich zum ebenfalls bereinigten Vorjahr entspricht. Damit liegt die Sunstar-Gruppe voll im Trend. 2023 verzeichnete die Schweizer Hotellerie gesamthaft ein Plus der Logiernächte von 9,2% gegenüber 2022. Auch von Januar bis Juli 2024 kletterten die Übernachtungszahlen in den Schweizer Hotels nochmals um 2%, wobei ein signifikanter Anstieg um 4,7% bei den ausländischen Gästen verzeichnet wurde, während die Übernachtungen von Schweizer Gästen leicht um 0,6% zurückgingen.

Die Sunstar-Gruppe konnte dabei im Geschäftsjahr 2023/2024 besonders in Grindelwald dank des internationalen Tourismus einen deutlichen Anstieg verzeichnen, während die Übernachtungen aus den traditionellen Quellmärkten zurückgingen. «Unsere traditionellen Quellmärkte wie Deutschland und Grossbritannien verzeichneten rückläufige Übernachtungen, da viele Gäste verstärkt Fernreisen unternahmen», erklärte Silvio Schoch.

Die Zimmerbelegung stieg von 53% im Vorjahr auf 57%. Der durchschnittliche Zimmerpreis (ADR) erhöhte sich von 215 CHF im Vorjahr auf 224 CHF. Ebenso wuchs der Umsatz pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) von 114 CHF im Vorjahr auf 127 CHF. Der wichtigste Markt blieb die Schweiz mit einem Anteil von 49% an den Übernachtungen. Gleichzeitig nahm der Anteil internationaler Gäste, vor allem in Grindelwald, deutlich zu.

Finanzielle Kennzahlen von Verkäufen geprägt

Der Betriebsertrag ging um 12% auf 37.0 Mio. CHF zurück, was auf den Verkauf der Hotels in Davos und Wengen zurückzuführen ist, welche in der letztjährigen Erfolgsrechnung noch berücksichtigt waren. Der Nettoerlös, einschliesslich der Erlöse der Hauptsitzgesellschaften, lag bei 38.8 Mio. CHF (-11.62%), ebenfalls unter dem Vorjahreswert von 43.9 Mio. CHF. Der Bruttobetriebsgewinn (GOP) betrug 5.7 Mio. CHF (Vorjahr: 7.7 Mio. CHF), während sich die GOP-Marge auf 14,8% verschlechterte. Gründe dafür waren unter anderem gestiegene Kreditkartenkommissionen, Rekrutierungskosten und Wechsel in der Leitungsebene.

Die flüssigen Mittel der Sunstar Swiss Hotel Collection gingen um 9,5% zurück, was vor allem auf die Rückzahlung von Darlehen zur Reduzierung der langfristigen Verbindlichkeiten zurückzuführen ist. Diese konnten im Laufe des Jahres um 50% gesenkt werden. Gleichzeitig wurden Teile der flüssigen Mittel in laufende Investitionen in die Hotelbetriebe eingesetzt.

Die Sachanlagen verzeichneten eine Abnahme um 34%. Dies ist auf den Verkauf der Hotel-Immobilie in Davos sowie auf Sonderabschreibungen in Höhe von 8.7 Mio. CHF zurückzuführen, die im Rahmen der fortlaufenden Prüfung der Werthaltigkeit der Hotel-Immobilien vorgenommen wurden. Diese Abschreibungen waren notwendig, um den Marktwert der Vermögenswerte korrekt widerzuspiegeln und eine solide Basis für zukünftige Investitionen zu schaffen.

Der Ertrag aus der Restauration ging im Vergleich zum Vorjahr um 19% zurück. Hauptursache hierfür war der Wegfall des Wintergeschäfts in Davos, das traditionell starke Einnahmen aus der Halbpension generierte.

Das EBT (Betriebsergebnis vor Steuern) lag bei -10.6 Mio. CHF, was auf die hohen Abschreibungen auf Sachanlagen sowie die Rückgänge bei den Betriebserträgen zurückzuführen ist.

Ausblick und strategische Ausrichtung

Trotz des positiven Jahresergebnisses von 4.0 Mio. CHF (+94%) (Vorjahr: 2.0 Mio. CHF) schlägt der Verwaltungsrat vor, keine Bardividende auszuschütten. Der Grund dafür ist das weiterhin anspruchsvolle Marktumfeld und der notwendige Investitionsbedarf, insbesondere angesichts des negativen Betriebsergebnisses vor Steuern (EBT). Die Aktionäre erhalten weiterhin Hotelgutscheine im Wert von 50 CHF pro Aktie und profitieren von Treuekarten.

Für die Zukunft setzt Sunstar auf eine nachhaltige Entwicklung der Hotels und plant gezielte Investitionen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Zudem soll das Beteiligungsmodell «Ferienclub Privilège» mit dem neuen Modell «Sunstar Aktien» zusammengeführt werden. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der weiteren Digitalisierung und dem möglichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um die Betriebsabläufe zu optimieren und den Mitarbeitenden mehr Zeit für die Gästebetreuung zu geben. Trotz der Herausforderungen wird weiterhin daran gearbeitet, die Marktposition zu stärken und langfristige Werte für die Aktionäre zu sichern.

Fazit

Mit dem Verkauf des Hotels in Davos und der Eröffnung des neuen Hauses in Pontresina hat Sunstar zwei bedeutende strategische Schritte vollzogen. Diese Massnahmen stärken die Position des Unternehmens, sowohl in der Sommer- als auch in der Wintersaison vermehrt internationale Gäste anzusprechen. Insbesondere in Pontresina, in der Nähe von St. Moritz, werden ganzjährige Besucherpotenziale erschlossen.

Gleichzeitig zeigt das Wachstum der asiatischen Gäste, dass sich Sunstar erfolgreich im internationalen Markt positioniert. Sollte der Trend zu Fernreisen nach der Covid-19-Pandemie abnehmen, könnte dies auch den europäischen Tourismus stärken, was Sunstar zugutekommt. Die Rückzahlung der Darlehen unterstützt das Ziel, die Gruppe aus der Verlustzone zu führen und eine nachhaltige Rendite zu erzielen.

Trotz der Unsicherheiten und Herausforderungen bleibt Sunstar gut aufgestellt, um in den kommenden Saisons weiter zu wachsen und langfristig erfolgreich zu sein. Die Rückkehr zu einer Bardividende könnte in den nächsten Jahren wieder möglich sein, sobald die Stabilisierung weiter vorangeschritten ist.

Die Aktien der Sunstar Holding werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 630.00 CHF für eine Aktie bezahlt.

Hinweis in eigener Sache: Am 29. Oktober 2024 findet der Branchentalk Tourismus am Flughafen Zürich statt.

Jungfraubahn: Generationenwechsel bei der grössten Schweizer Bergbahn

0
Die V-Bahn der Jungfraubahnen mit dem Eiger-Express war das wichtigsten Projekt in den vergangenen Jahren. Bild: jungfrau.ch ©DavidBirri
Die V-Bahn der Jungfraubahnen mit dem Eiger-Express war das wichtigste Projekt in den vergangenen Jahren. Bild: jungfrau.ch ©DavidBirri

Nur ganz knapp ist die Jungfraubahnen-Gruppe im 1. Halbjahr 2024 an einem neuen Rekordergebnis vorbeigeschrammt. Vor allem gestiegene Kosten führten zu einer geringeren Marge. Mit einem Rekordumsatz von 141.8 Mio. CHF (+7,0%) und einem Reingewinn von 34.5 Mio. CHF kann der im kommenden Jahr abtretende CEO Urs Kessler dennoch sehr zufrieden sein. Ob sich der Erfolgskurs nach der Ära Kessler fortsetzt, ist offen. Zwar hat der Verwaltungsrat Ende August mit Oliver Hammel den Nachfolger bestimmt; wie sich der Wechsel nach 16 Jahren unter der Führung des Berner Oberländers Kessler auf die künftige Unternehmensentwicklung auswirkt, muss sich erst noch zeigen. Denn, wie die Jungfraubahnen in einer Medienmitteilung selbst schreiben: Die Fusstapfen von Urs Kessler, in die Hammel treten wird, sind gross.

Top of Europe lockt jährlich 1 Mio. Besucher an

Höher. Schneller. Weiter. Das könnte auch das Motto des Interlakner Tourismusunternehmens sein. Denn mit wenigen Ausnahmen, wie den Pandemiejahren 2020 bis 2022, ging es bei der Jungfraubahn-Gruppe stets aufwärts. Die Besucherzahlen am Jungfraujoch, das weltweit als Top of Europe vermarktet wird, kletterten zeitweise auf über 1 Million. Mit den Gästezahlen stiegen auch die Umsätze der Jungfraubahn-Gruppe an. Eng verbunden ist der Anstieg mit dem Eintritt von Urs Kessler 1987 in das Unternehmen. Er hat erst als Verkaufsleiter die asiatischen Märkte erschlossen und später als CEO den Aufstieg des Unternehmens entscheidend mitgestaltet. Es ist also auch kein Wunder, dass im 1. Halbjahr 2024, dem letzten vollen Geschäftsjahr unter der Leitung des Berner Oberländers, wieder ein Rekordumsatz von 141.8 Mio. CHF vermeldet werden konnte.

Besucherzahlen Jungfraujoch seit 1912
In der mehr als 100-jährigen Geschichte der Jungfraubahn sind die Gästezahlen auf dem Jungfraujoch auf über 1 Mio. gestiegen. Abb. jungfrau.ch/Investorenpräsentation

Jungfraujoch wieder auf Rekordkurs

Doch zum kräftigen Umsatzanstieg beim Gesamtumsatz hat nicht nur das Flaggschiff Jungfraujoch beigetragen. Hier stiegen die Verkehrserträge im 1. Semester nur um 2,2% auf 56.9 Mio. CHF, die Gästezahlen allerdings um 9,9%, was nur noch 2,2% weniger als im bisherigen Rekordjahr 2019 sind. Die geringe Zunahme des Verkehrsertrags bei einem kräftigen Anstieg der Gästezahlen erklärt das Unternehmen in seinem Halbjahresbericht mit dem Einsatz der «Swiss Half Fare Card», einem Halbtax für internationale Touristen. Insgesamt stieg der Nettoumsatz am Jungfraujoch auf 83.9 Mio. CHF (+3,4%). Auf der Stufe Betriebsergebnis (EBITDA) konnte der Rekordwert des Vorjahres nicht gehalten werden. Obwohl das Jungfraujoch mit 33.8 Mio. CHF mehr als die Hälfte zum Gruppen-EBITDA von fast 62 Mio. CHF beisteuert, ging der Wert in der ersten Jahreshälfte um 5,1% zurück.

Erlebnisberge liefern wichtige Beiträge zum Erfolg

Der wichtigste Treiber der Umsatzentwicklung waren im 1. Halbjahr 2024 die Erlebnisberge, zu denen der Harder in Interlaken, die Schynige Platte in Wilderswil und die First in Grindelwald gehören. Hier wies die Bahn ein fettes Plus von 35,4% auf 17.7 Mio. CHF aus. Der Nettoumsatz der drei Erlebnisberge kletterte auf 22,2 Mio. CHF (+31,5%). Wie der Segmentsberichterstattung zu entnehmen ist, stieg das EBITDA für die Erlebnisberge um 35,2% auf knapp 13.4 Mio. CHF. Die Erlebnisberge haben sich erst in den vergangenen zehn Jahren zu einem wichtigen Standbein der Jungfraubahnen-Gruppe entwickelt. 2004 fusionierte die Firstbahn mit der Jungfraubahn, die später ihr Sommergeschäft immer weiter ausbaute und heute mehr Umsatz im Sommer als im Winter erzielt. Auch die Harderbahn und die Schynige-Platte-Bahn konnten erst dank einer starken Kooperation in der Vermarktung mit der Jungfraubahn ihr volles Potenzial entfalten und erzielen heute hervorragende Margen, wie auch das Halbjahresresultat unterstreicht.

Schwaches Wintersportgeschäft

Weniger gut lief es hingegen im Wintersportgeschäft. Die Anzahl Skiervisits in der Jungfrau Ski Region stagnierte bei 930’000, der Verkehrsertrag nahm sogar um 4,1% auf 24.5 Mio. CHF ab. Mit dem Wintersportgeschäft setzten die Jungfraubahnen im 1. Semester 2024 nur noch 29.6 Mio. CHF um, ein Rückgang von 2,6% gegenüber dem Vorjahr. Begründet wird das schwache Abschneiden u. a. mit Promotionen sowie den unsicheren Wetterbedingungen. Im Wintersportgeschäft verdiente die Jungfraubahn-Gruppe von Januar bis Juni nur noch 9.8 Mio. CHF (-24,4%), dies vor Abschreibungen. Dies ist dennoch mehr als 2019, in dem das Wintersportsegment einen Nettoumsatz von 21.9 Mio. CHF erzielte und ein EBITDA von 5.7 Mio. CHF. Das dürfte nur knapp ausgereicht haben, um die Abschreibungen zu finanzieren. Noch vor der Eröffnung der V-Bahn hatte Urs Kessler versprochen, dass man mit der Eröffnung der V-Bahn wieder in der Champions League der Wintersportbahnen mitspielen wolle und das Segment einen positiven Beitrag zum Gruppenergebnis beisteuern werde.

Mehr Kosten für Waren, Personal und Energie

Dass es der Jungfraubahn-Gruppe im 1. Semester nicht gelungen ist, auch auf Stufe EBITDA an den Rekord des Vorjahres anzuknüpfen, liegt am überproportional höheren Betriebsaufwand. Nicht nur der Warenaufwand (+11,8%), auch die Kosten für Energie (+171,5%) und der Personalaufwand (+10,4%) stiegen kräftig an, was insgesamt zu einem um rund 10 Mio. CHF höheren Betriebsaufwand von 79.8 Mio. CHF führte. Trotz eines leichten Rückgangs um 1,8% erreichte das EBITDA knapp 62 Mio. CHF und eine Marge von 43,7%. Dies stellt für ein Bergbahnunternehmen einen hervorragenden Wert dar. Allerdings hatte die Bahn die Corona-Pandemie auch genutzt, um die Organisation zu durchleuchten und auf Kosteneffizienz zu trimmen. Davon profitierte die Gesellschaft vor allem 2023.

Wichtige Zukunftsprojekte aufgegleist

Obwohl Urs Kessler bereits an der Generalversammlung vom kommenden Jahr das Unternehmen verlassen wird, hat er gemeinsam mit seiner Geschäftsleitung noch wichtige Projekte auf den Weg gebracht. Dazu gehören die rund 100 Mio. CHF teure Erneuerung der Firstbahn, die voraussichtlich ab 2030 direkt ab Grindelwald Bahnhof ins Ski- und Ausflugsgebiet in dem Bergdorf führen wird. Auch hat das Stimmvolk in Lütschental mit grossem Mehr dem Bau einer Solaranlage auf der Alp Hintisberg durch die Jungfraubahn zugestimmt. Ein wichtiges Projekt, das dem Berner Oberländer Tourismusunternehmen künftig neben dem Wasserkraftwerk Lütschental weiteren sauberen Strom liefern soll. Und auch ein Hotelprojekt am Bahnhof Interlaken Ost von den Berner Oberland Bahnen (BOB) ist auf den Weg gebracht worden.

Von DKSH ins Berner Oberland

Diese Projekte wird im kommenden Jahr Oliver Hammel zu Ende führen, der im Juni 2025 das Steuer von Urs Kessler übernimmt. Bisher leitet Hammel für das Handelsunternehmen DKSH den Geschäftsbereich Technologie für die Märkte Thailand, Laos, Kambodscha und Myanmar. Zuvor führte er den Technologiebereich für den Markt China mit Sitz in Shanghai. Der 41-Jährige, der mit einer Chinesin verheiratet ist, verfügt allerdings über keinerlei Erfahrung im Tourismus und ist auch im Berner Oberland nicht verwurzelt. Er wird dann gemeinsam mit dem Verwaltungsrat eine neue Ära für das Tourismusunternehmen einläuten.

Oliver Hammel, neuer CEO der Jungfraubahn
Der 41-jährige Oliver Hammel wird ab Juni 2025 die Leitung der Jungfraubahn-Gruppe übernehmen. Bild: zvg

Allerdings zeichnet sich auch im Verwaltungsrat schon bald ein Generationenwechsel ab: Präsident Heinz Karrer ist 65-jährig und erreicht daher das Pensionsalter. Entscheidend wird daher auch sein, wer Karrers Nachfolge antritt und welche Impulse dann vom neuen CEO und dem verjüngten Verwaltungsrat für die grösste Bergbahngesellschaft der Schweiz gegeben werden.

Fazit

Noch einmal muss Urs Kessler liefern. Er wird auch für 2024 einen neuen Rekord beim Umsatz anstreben. Ob dies auch auf Stufe Unternehmensgewinn gelingt, muss sich erst noch zeigen. Denn die Kostentreiber bleiben auch in der 2. Jahreshälfte bestehen. Die Bewertung der Aktie hatte eine positive Entwicklung teilweise vorweggenommen. Der Kurs stieg im 1. Halbjahr 2024 auf über 200 CHF, korrigierte nach Bekanntgabe des Halbjahresergebnisses allerdings bereits wieder.

Hier zeigt sich einerseits, dass die Investoren nicht ganz glücklich damit waren, dass die Kosten überproportional zum Umsatz gestiegen sind. Andererseits war auch die Wahl des neuen CEO überraschend. Zwar könnte mit dem von aussen kommenden Oliver Hammel ein ganz neues Kapitel für die Jungfraubahn-Gruppe aufgeschlagen werden. Dies wünscht sich offenbar auch der Verwaltungsrat, da er bewusst nicht auf eine interne Lösung setzt. Zudem kann Hammel seine Kenntnisse über die asiatischen Märkte voll in das Unternehmen einbringen. Ob es ihm allerdings auch gelingt, in der Tourismusbranche Fuss zu fassen, muss sich erst noch zeigen. Ebenso fehlt ihm noch das regionale und schweizweite Netzwerk, das in der Branche nötig ist, um Projekte zum Erfolg zu bringen.

Am Schluss dürfte es auch an der Strategie des Verwaltungsrats liegen, wie sich die Jungfraubahn-Gruppe in den kommenden Dekaden entwickelt. Eine Konsolidierungsstrategie in der Region und darüber hinaus wäre eine Option; dies gerade in Zeiten, in denen wieder einmal ausländische Konzerne wie Vail Resorts und Alterra in die Schweiz expandieren. Eine andere Strategie wäre es, direkt in den Wachstumsmärkten Asiens eigene neue Projekte zu entwickeln, so wie es der Flughafen Zürich mit seinen internationalen Projekten in Südamerika und Indien tut. Die Antworten auf diese Fragen werden auch entscheidend dafür sein, welches Potenzial die Aktie in Zukunft noch hat. Hinzu kommen die Herausforderungen, welche mit dem Klimawandel einhergehen und u.a. das Wintersportgeschäft gefährden könnten.

Aktienkurs Jungfraubahn Holding AG
Während der Amtszeit von Urs Kessler als CEO hat sich der Aktienkurs zeitweise mehr als vervierfacht. Chart: six-group.com

Mit einem erwarteten KGV von 15 und einer Dividendenrendite von 3,5% ist die Aktie auf dem aktuell niedrigeren Kursniveau sicherlich nicht zu teuer. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass trotz weiterer anstehender Investitionen, wie z. B. der Erneuerung der Firstbahn, hohe Cashflows generiert und in Form von Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet werden können. Nach der jüngsten Kurskorrektur auf rund 180 CHF ist die Aktie für Anleger trotz des anstehenden Managementwechsels wieder interessanter geworden.

Hinweis in eigener Sache: Am 29. Oktober 2024 findet der Branchentalk Tourismus am Flughafen Zürich statt. Urs Kessler, CEO der Jungfraubahn Holding AG, wird am Investoren-Meeting teilnehmen.

Eniwa AG: Warmes Klima führt zu niedrigerem Energieabsatz

0
Die Argauer Eniwa-Gruppe bl
Die Aargauer Eniwa-Gruppe erzielte im 1. Halbjahr 2024 einen Gewinn von 6.7 Mio. CHF.

Im 1. Halbjahr 2024 erzielte die Eniwa AG dank des Wachstums bei ihren Dienstleistungen sowie in den Bereichen Erneuerbare Energien, Elektromobilität und Digital mit 3.1 Mio. CHF ein gegenüber dem Vorjahr besseres operatives Betriebsergebnis (EBIT). Das positive Finanzergebnis trägt zu einem Gruppengewinn von 6.7 Mio. CHF bei, wie das Unternehmen mitteilt.

Der milde Winter und der warme Frühling hätten zu einem weiteren Rückgang der Heizgradtage von -7.4% gegenüber dem Vorjahr geführt, welche den Energieabsatz negativ beeinflussten, schreibt die Eniwa AG.

Der Energieabsatz lag im ersten Halbjahr bei 157 GWh (-15,6%) beim Strom, der Absatz im Eniwa Gasnetz bei 199 GWh (-3,4%). Gründe dafür seien das mildere Klima, die allgemeinen Energiesparmassnahmen sowie die zunehmende Photovoltaik-Eigenproduktion der Kundinnen und Kunden. Hingegen hätte bei der Fernwärme/Fernkälte der Absatz dank des kontinuierlichen Netzausbaus um 18,3% auf 39 GWh gesteigert werden.

Aufgrund der sehr angespannten Versorgungslage im Herbst 2022 hatte sich die Eniwa AG nach eigenen Angaben vertraglich ausreichend Strom und Gas gesichert, um ihren Kundinnen und Kunden stets eine sichere Versorgung zu gewährleisten. Aufgrund der unerwartet milden Witterung in den Wintermonaten Januar bis März musste die überschüssige Energie der vertraglich abgesicherten Mengen zu niedrigeren Preisen verkauft werden.

Die Stromproduktion des Wasserkraftwerks Aarau erhöhte sich um 14,8% auf 57 GWh. Das neue Dotierkraftwerk (DKW) beim Stauwehr Schönenwerd sei auf Volllast gelaufen, so die Eniwa. Der regional selbst produzierte Strom trage zur Glättung der durchschnittlichen Beschaffungskosten bei. Erneut profitierte die Kundschaft von der hohen Eigenproduktion aus dem Wasserkraftwerk Aarau mit langfristig nahezu konstanten Produktionskosten.

GV-Termine und Veranstaltungen