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Schweizer Hotellerie: Näher an den Sternen

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Das Suvretta House gehört zu den Flaggschiffen unter den Hotels in St. Moritz. Bildquelle: suvrettahouse.ch

Die Zahlen, welche der Branchenverband Hotelleriesuisse für die «NZZ am Sonntag» ausgearbeitet hat, deuten auf einen Luxusboom in den Bergen hin. Gab es im Jahr 2010 in den Schweizer Bergregionen noch 253 Hotels im Vier- und Fünfsternbereich, waren es 13 Jahre später gemäss Zeitungsbericht bereits deren 304. Viele weitere sollen in Planung sein. Die Anzahl Hotelbetriebe im Dreisternbereich und tiefer fiel von 2900 auf 2350. Gleichzeitig stagniert die Anzahl der Hotelübernachtungen in den Alpengebieten: Über alle Kategorien hinweg liegen sie damals wie heute bei etwas über 17 Mio. Logiernächten. Anteilsmässig konnte der Luxusbereich jedoch massiv zulegen. 2010 wurden 4.8 Mio. Übernachtungen in Vier- und Fünfsternhotels gezählt, 2023 waren es über 6.2 Mio.

Doch die vermeintliche Flucht in den Luxus ist auch eine Überlebensstrategie. Das klassische Schweizer Familien- und Mittlestands-Skigebiet steht vor grossen Herausforderungen. Die meisten befinden sich in mittleren und tiefen Lagen. Die Schneefallgrenze steigt jährlich. Exklusive Luxusangebote in den Bergen lassen sich besser verkaufen als Skiferien ohne Schnee oder auf Kunstschneestreifen. Die hohen Kosten in Beschneiung und Personal verteuern die Skiferien im Allgemeinen – nicht nur im gehobenen Bereich. Gemäss dem Freizeitindex des Vergleichsportals Comparis sind Winterferien jüngst deutlich teurer geworden. Gegenüber 2019 kosten Winterferien 10% mehr.

Leichter Trend in Metropolen und in den Bergen

Diese Entwicklungen lassen die Befürchtung aufkommen, dass Ski- und Winterurlaub für Schweizer je länger, je mehr ein unerschwingliches Vergnügen wird. Die Wintersportorte auch jenseits von Luxusdestinationen wie Gstaad, St. Moritz oder Zermatt scheinen sich auf vermögende Gäste aus dem Ausland zu konzentrieren. Dieses Kundensegment dürfte auch den Vorteil haben, dass, wenn eine Weltregion wirtschaftlich oder politisch unter Druck ist, der Gästerückgang von Reisenden aus einem anderen, gerade prosperierenden Land kompensiert wird.

Der Sprecher von HotellerieSuisse, Vinzenz van den Berg, relativiert diesen Eindruck: «Ein genereller, starker Trend in Richtung Vier- und Fünf-Sterne-Hotellerie lässt sich in den Zahlen der vergangenen Jahre nicht eindeutig ablesen. In einzelnen Segmenten – etwa in den Metropolen oder im Berggebiet – gibt es eine leichte Zunahme des 4-Sterne-Anteils, während der 5-Sterne-Bereich nur marginal wächst.» Von einer breiten Strategie zur Kompensation rückläufiger Besucherzahlen könne nicht gesprochen werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Anteil an Schweizer Gästen im Vorkrisenvergleich nach wie vor erhöht sei.

Vielmehr sind es gemäss van den Berg einzelne Betriebe oder Regionen, die sich in diese Richtung entwickelten. Weiter sei die Anzahl Betriebe auch nur eine der Kennzahlen, die in diesem Zusammenhang wichtig seien. «Die Logiernächte und Anzahl Zimmer pro Kategorie spielen ebenfalls eine Rolle, da vor allem ein allgemeiner Trend zu grösseren Betrieben feststellbar ist», erläutert der HotellerieSuisse-Sprecher.

Schweizer Gäste nicht auf dem Rückzug

«Wir beobachten den Trend zur Aufwertung der Berghotellerie, sehen jedoch keine direkte Konkurrenz durch neue Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels, da das Grand Resort Bad Ragaz in seiner Vielfalt einzigartig ist», sagt Alexandra Ellerkamp, Marketingverantwortliche der Grand Resort Bad Ragaz AG. Die Kombination aus der Heilkraft des Thermalwassers, das sowohl im Spa als auch in der öffentlichen Tamina Therme genutzt werde, sowie ein kulinarisches Angebot, das mit insgesamt sechs Michelin-Sternen, einem Grünen Michelin-Stern und 76 GaultMillaut-Punkten unter einem Dach europaweit einmalig sei.

Ergänzt werde das Angebot durch erstklassige Freizeitmöglichkeiten wie zwei Golfplätze und ein Casino. Zudem bietet das Grand Hotel im Bereich Healthy Living ein umfassendes Spektrum an medizinischer Expertise und Gesundheitsprogrammen, während die Clinic Bad Ragaz auf spezialisierte medizinische Versorgung und erstklassige Behandlungen fokussiert ist. «Unsere zentrale Lage inmitten einer beeindruckenden Berglandschaft und in unmittelbarer Nähe zum Walensee stärkt unsere besondere Positionierung zusätzlich», ergänzt die Marketingverantwortliche.

«Der Schweizer Markt war, ist und bleibt für die Beherbergungsbranche ein stabilisierender Faktor und macht momentan rund 55% der Übernachtungen aus», sagt der Sprecher von HotellerieSuisse. Während der Pandemie war der Inlandanteil besonders hoch, langfristig dürfte er sich aber wieder unter dieser Höchstmarke einpendeln. Insgesamt sind gemäss HotellerieSuisse Beherbergungsbetriebe in der Regel breit aufgestellt, um verschiedene Quellmärkte zu bedienen und nicht von einzelnen Gästegruppen abhängig zu sein. «Die Schweizer sind nicht auf dem Rückzug. Das hat vielleicht in den vergangenen Jahren so ausgesehen, weil während und kurz nach Pandemie ausschliesslich nur Schweizer in Schweizer Hotels abgestiegen sind», sagt der Sprecher der Aevis Victoria Gruppe. Dieser Anteil musste wieder sinken. Langfristig sei das aber kein Trend.

Schweizer Grossstädte als Tourismus-Hotspots

Auch im Unterland stellt HotellerieSuisse kleine Umwälzungen fest. In den grossen Städten gibt es gemäss van den Berg eine leichte Verschiebung zugunsten der Vier-Sterne-Kategorie. In den übrigen Städten zeige sich hingegen eine weitgehend konstante Verteilung der Hotelklassifikationen. «Es gibt also punktuelle Entwicklungen, aber kein flächendeckender Trend in Richtung höherer Kategorien», so der Sprecher.

Es hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die Schweizer Grossstädte zu beliebten Tourismusdestinationen aufgestiegen sind. «Wir beobachten, dass globale Player wie die Mandarin Oriental Hotel Group verstärkt in Zürich investieren. Doch statt dies als Bedrohung zu sehen, betrachten wir es als Chance, neue Zielgruppen in die Stadt zu bringen», sagt Joachim Schweier, Senior Marketing & Communications Manager für die Dolder Hotel AG. Ein gesunder Wettbewerb belebe den Markt, und die Dolder Hotel AG bezeichne sich eher als Marktbegleiter denn als Mitbewerber. Letztlich profitierten Gäste von einem vielfältigen Angebot und hoher Servicequalität – und genau das mache Zürich als Destination noch attraktiver.

Ständige Investitionen

Die in der Schweiz ausserbörslich und an der Börse handelbaren Hotelgruppen bewegen sich alle im oberen Segment der Kategorien. Doch das muss nicht das Ende der Fahnenstange sein. «Das Dolder Grand ist mit der höchsten Auszeichnung 5-Sterne-Superior ausgezeichnet. Dennoch muss kontinuierlich investiert und das Personal geschult werden, um dies zu halten», sagt der Sprecher der Gruppe. Der Fokus liege auf einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Angebots, um den steigenden Erwartungen der Gäste gerecht zu werden.

Dies umfasse unter anderem Investitionen in Design, Servicequalität und Individualisierung des Gästeerlebnisses. Konkret bedeute das beim Dolder Grand, dass in den vergangenen drei Jahren viel in die Bereiche Food & Beverage, Room und Spa investiert wurde. So wurden ein neues Gartenrestaurant, eine neue Bar, ein Omakase-Restaurant und wechselnde Pop-up-Restaurants eröffnet. Zudem würden Foodrunner-Roboter zur Entlastung des Personals eingesetzt.

Auch das Grand Resort Bad Ragaz ist bereits als 5-Sterne-Superior-Hotel klassifiziert, was die höchste Einstufung von HotellerieSuisse darstellt. Ein weiteres Upgrade im Sinne einer Klassifizierung ist somit nicht möglich. «Unser Anspruch geht jedoch weit über die Erhaltung des bestehenden Niveaus hinaus. Durch fortlaufende Investitionen, innovative Konzepte und die stetige Weiterentwicklung unserer Angebote stellen wir sicher, dass wir unseren Gästen nicht nur höchsten Komfort, sondern immer wieder neue, aussergewöhnliche Erlebnisse bieten, die den aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen gerecht werden», wirbt die Sprecherin.

Mitarbeitende wollen Abwechslung

Der Sprecher von Aevis Victoria bezeichnet die Mitarbeitenden als entscheidenden Faktor, die den Unterschied ausmachen würden – «die Investitionen in die Mitarbeiter sind entscheidend». Die Aevis Victoria Gruppe biete attraktive Konditionen an, dazu zähle man insbesondere die Möglichkeit, an unterschiedlichen Orten in den führenden Hotels zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. «Unsere Gruppe kann Anstellungen in Städten wie St. Moritz, Interlaken, Zermatt, Bern oder London – und dank Hotels im Privatbesitz der Eigentümer auch an Orten wie Paris – anbieten». Das würde sehr geschätzt.

Die Aevis Victoria Gruppe verfügt nur über Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. «Es besteht wegen des Angebotsmix, den wir bieten wollen, kein Bedarf, Hotels aufzuwerten», sagt der Sprecher. Die Höherstufung von Vier-Sterne-Hotels wäre wegen des Platzbedarfs, der zusätzlich erforderlich ist, auch nicht möglich. Der Sprecher betont, dass das Jahr 2024 für die Gruppe ein Rekordresultat gebracht habe und es im laufenden Jahr gleich weitergehe. So hätten die Hotels in Zermatt, wie die gesamte Destination, ein Rekordjahr erlebt. Das Hotel Alpengold, das ehemalige Goldeneye in Davos, laufe seit der Umpositionierung vom ehemaligen Intercontinental ebenfalls sehr gut. In der Gruppe seien nicht nur die Belegungsraten gestiegen, sondern auch die Durchschnittspreise. Das habe damit zu tun, dass der Trend von Gruppenreisen zu Individualtourismus gehe.

Exklusivität schützt vor Schwankungen

Die Hotelbranche ist anfällig auf konjunkturelle Entwicklungen. Einzelne Betriebe oder Regionen, die sich stark auf bestimmte internationale Märkte fokussieren, können anfälliger auf wirtschaftliche Schwankungen oder Währungseffekte sein. «Die Branche als Ganzes ist jedoch historisch resilient und passt sich durch flexible Preisgestaltung und Angebotsanpassungen an veränderte Marktbedingungen an. Zudem ist die Nachfrage in der Schweiz breit diversifiziert, wodurch kurzfristige Einbrüche in einzelnen Märkten oft kompensiert werden können», sagt der Sprecher von HotellerieSuisse.

Jüngst habe man in den Hotels von Aevis Victoria vor allem eine Zunahme von Reisenden aus den Vereinigten Staaten gesehen. «Die wirtschaftliche Entwicklung oder der Wechselkurs spielen bei der Kundengruppe, die sich solche Hotels leistet, jedoch keine entscheidende Rolle», merkt der Sprecher von Aevis Victoria an. In Bad Ragaz sieht das Resort eine steigende Nachfrage etwa aus Deutschland, den USA und dem Mittleren Osten. «Faktoren wie Sicherheit, Klima und die wirtschaftliche Lage im Heimatland, Wechselkurse und Nachholbedarf wegen Covid-19 beeinflussen das Reiseverhalten sicherlich», sagt Alexandra Ellerkamp. Während wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Währungsschwankungen und geopolitische Entwicklungen die Reiseaktivität in diesen Märkten mitbestimmen, zeige sich, dass das Grand Resort Bad Ragaz durch seine Exklusivität, hohe Servicequalität und erstklassige Angebote auch in anspruchsvollen Zeiten als bevorzugte Destination gewählt werde.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit

Auch die Luxushotellerie kommt nicht darum herum, die Zielmärkte zu analysieren. «Eine vorausschauende Marktanalyse ermöglicht es uns, gezielte Strategien für verschiedene Zielgruppen und Reisesegmente zu entwickeln. Flexibilität ist dabei entscheidend, um schnell und effizient auf veränderte Rahmenbedingungen wie den Covid-Ausbruch, den Krieg in der Ukraine oder die Wahlen in den USA zu reagieren», sagt der Sprecher der Dolder-Hotel AG. Zudem nutze sein Unternehmen Daten von Schweiz Tourismus und dem Bundesamt für Statistik, um globale Reisetrends und Marktentwicklungen bestmöglich zu analysieren und darauf einzugehen.

Ähnlich äussert sich seine Kollegin vom Grand Resort Bad Ragaz: «Eine vorausschauende Marktanalyse ist von zentraler Bedeutung, um gezielt auf Veränderungen in den Gästeprofilen reagieren zu können. Durch durchdachte Marketingstrategien, enge Partnerschaften mit Reiseveranstaltern und eine flexible Preisgestaltung lassen sich Verschiebungen in der Gästestruktur teilweise steuern.» Die Fähigkeit zur schnellen Anpassung ermöglicht es dem Grand Resort, bei Bedarf auf geopolitische Entwicklungen und Marktveränderungen einzugehen, ohne die langfristige Strategie aus den Augen zu verlieren. Externe Faktoren wie politische Ereignisse oder Flugverbindungen seien jedoch schwer vorhersehbar, weshalb das Unternehmen den Markt kontinuierlich beobachte und die Strategien gegebenenfalls anpasse, um auch in dynamischen Zeiten beständig auf hohem Niveau zu agieren.

Standortvorteil im Winter

Der Klimawandel ist ein Thema, mit dem sich die Destinationen und Beherbergungsbetriebe intensiv auseinandersetzen. Erweiterungen und Anpassungen im Angebot – etwa durch verstärkte Fokussierung auf Wandern, Biken oder Wellness – sind in vielen Destinationen erkennbar. So werden die Zwischensaisons attraktiver, und auch die Sommersaison steigt in der Beliebtheit. Obwohl auch der Branchenverband Schweiz Tourismus diese Transformation aktiv unterstützt, bleibt die Wintersaison der Schwerpunkt. Die Schweiz hat in der Wintersaison einen Standortvorteil, da ihre Skigebiete im Durchschnitt höher liegen als in den Nachbarländern. Das sorgt für vergleichsweise hohe Schneesicherheit.

Das Hotel Suvretta Haus St. Moritz wollte die Fragen des Journalisten nicht, beantworten, weil man die «Privatsphäre der Gäste» wahren wolle. Ebenso wenig ging das Unternehmen auf die Frage ein, ob die Mehrheitsbesitzer, die Familie Candrian, gezielt Aktien der eigenen Gesellschaft aufkaufe. Solche Gerüchte machen angesichts, des seit Jahren steigenden Aktienkurses die Runde. Dies könnte aber auch in der Geschäftstätigkeit begründet liegen, die in den vergangenen Jahren überdurchschnittliche Ergebnisse lieferte. Die Regeln für den Bezug von Covid19-Härtefallgeldern verhindern jedoch, dass den Aktionären vom hohen Gewinn bis zum Spätsommer 2026 etwas ausgeschüttet wird.

Aktien überzeugen nicht

Auch andere Hotel-Gesellschaften zeigten erfreuliche Resultate etwa Aevis Victoria. Die Einnahmen der MRH Switzerland AG, der Hotelbetriebsgesellschaften von Aevis Victoria, legten um 10,5% auf 188.4 Mio. CHF zu. Im Immobilienbereich, der unter anderem Hotels in Zermatt, Zürich, Davos, Interlaken und Flims umfasst, stieg der Portfoliowert um 23 Mio. auf 881.2 Mio. CHF. Zu Beginn des laufenden Jahres ist zudem der Verkauf eines Portfolios von nicht strategischen Vermögenswerten über 100 Mio. CHF eingeleitet worden. Das spiegelt sich aber nicht im Kursverlauf wider, dieser ist über drei Jahre von knapp 20 CHF auf gegen 12 CHF eingebrochen.

Chart Aevis Victoria Apr 25
Der Kurs der Aktie von Aevis Victoria hat in den letzten drei Jahren nachgegeben. Chart: six-group.com

Im Jahr 2023 «rettete» der Bäder- und Casino-Betrieb dem Grand Ressort Bad Ragaz das Jahresergebnis und sorgte für einen kleinen Gewinn. Der Hotelbetrieb war mehrere Monate von Renovationsarbeiten beeinträchtigt. 2024 folgte die Sanierung der Therme. Auch der Aktienkurs hätte einer Renovation nötig. Er reduzierte sich von 6000 CHF im Februar 2023 auf aktuell 3600 CHF.

Chart Resort Bad Ragaz
Der Kurs der Grand Resort Bad Ragaz reduzierte sich seit Feburar 2023. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Dolder Hotel AG bewegen sich in etwa auf dem Stand von vor drei Jahren. Immer wieder wird angeführt, Urs Schwarzenbach, Financier und Besitzer des Zürcher Luxushotels, habe sich mit den Umbauinvestitionen übernommen. Zudem wurde er wegen Steuerhinterziehung im Kunsthandel verurteilt. Die Hotel-Aktien vermögen nicht zu überzeugen, lassen sich jedoch auch nur bedingt untereinander vergleichen, da die Gesellschaften unterschiedliche Stossrichtungen pflegen und teilweise neben der Luxushotellerie noch andere Dienstleistungen anbieten, etwa hochstehende medizinische Betreuungen in Bad Ragaz sowie durch Aevis Victoria – oder Casinos, Therme und Golf, ebenfalls in Bad Ragaz.

Chart Dolder Hotel
In etwa auf dem Stand von vor drei Jahren: die Aktie der Dolder Hotel AG. Chart: otc-x.ch

Neue Zürcher Zeitung: Qualitätsjournalismus funktioniert – auch wirtschaftlich

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Die Neue Zürcher Zeitung bleibt in der Schweiz ein Garant für Qualitätsjournalismus. Bild: unternehmen.nzz.ch

Dass sich immer mehr Mediennutzer in die Blasen von Social Media verabschieden, ist eine Binse. Ebenso wie die Tatsache, dass klassische Journalismus-Anbieter deshalb mit abnehmenden Abonnentenstämmen und zurückgehenden Werbeeinnahmen zu kämpfen haben.

Da macht die Schweiz keine Ausnahme. Grosse Häuser wie CH Media oder die TX Group bauen kontinuierlich redaktionelle Stellen ab, was sich in der Qualität ihrer Angebote spiegelt.

Bei soviel Lärm um den Niedergang einer Branche ist die Stille und Unaufgeregtheit, mit der die Neue Zürcher Zeitung gegen den Strom schwimmt, wohltuend. Qualitätsjournalismus funktioniert, ist die Botschaft aus der Falkenstrasse in Zürich, dem Sitz des Unternehmens. Das zeigen die Zahlen des Geschäftsberichts 2024.

Steigende Nutzerzahlen kompensieren Rückgang im Werbemarkt

Das Unternehmen NZZ erzielte im Jahr 2024 einen Gesamtertrag von 248.3 Mio. CHF, was einem Rückgang um 1% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Rückgang sei insbesondere auf tiefere Leistungsverrechnungen infolge der IT-Entflechtung mit CH Media zurückzuführen, schreiben die Verantwortlichen.

Im Nutzermarkt, also bei Lesern und Abonnenten, konnte die NZZ den Ertrag 2024 steigern und damit den Rückgang im Werbemarkt kompensieren.

Der Ertrag im Nutzermarkt belief sich auf 114.9 Mio. CHF und lag damit 2% über dem Vorjahr. Trotz dem weiteren Rückgang der Leser des Printerzeugnisses konnte die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten mit 212’600 (Vorjahr: 211’100) stabil gehalten werden.

Deutliche Erhöhung des Umsatzes pro Digital-Abonnent in der Schweiz

Die Ertragssteigerung im Nutzermarkt sei durch mehrere zentrale Faktoren getrieben worden. So konnte durch die Erweiterung des digitalen Produktangebots und insbesondere den Ausbau des Premium-Abonnements NZZ Pro in der Schweiz der durchschnittliche Umsatz pro Digital-Abonnent um 9% erhöht werden. In Deutschland setzte sich das starke Wachstum derweil fort – der Umsatz legte um 11% zu, hauptsächlich dank dem anhaltenden Wachstum bei den Digital-Abonnenten.

Der Ertrag im Werbemarkt belief sich auf 103.4 Mio. CHF. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von 2%, was auf die niedrigeren Erträge im Print-Werbemarkt zurückzuführen sei. Der relative Anteil an Erträgen aus digitaler Werbung gegenüber Printwerbung habe dagegen weiter zugenommen, schreibt die NZZ.

Rückläufiger Betriebsaufwand und steigendes Betriebsergebnis

Der Betriebsaufwand vor Abschreibungen ging trotz Inflation, der vollständigen Übernahme von The Market und Investitionen in Wachstumsinitiativen gegenüber dem Vorjahr um 0.2 Mio. CHF auf 232.9 Mio. CHF zurück. Zusammen mit dem Ergebnisbeitrag aus der im Juni 2024 erworbenen strategischen Beteiligung von 25% am Out-of-Home-Medienunternehmen APG|SGA resultierte ein bereinigtes Betriebsergebnis in Höhe von 16.6 Mio. CHF (+11%) und ein Unternehmensgewinn von 14.8 Mio. CHF.

Ausblick

Die NZZ will ihr organisches Wachstum weiterhin vorantreiben, indem sie weiter gezielt in ihr publizistisches Kerngeschäft investiert – sowohl im Heimmarkt Schweiz als auch im Wachstumsmarkt Deutschland. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie sei der weitere Ausbau angrenzender Geschäftsfelder, etwa im Live Bereich. Investitionen in Wachstum und Innovation hätten dabei Priorität, schreibt die NZZ.

Mit der Beteiligung an der APG|SGA habe die NZZ einen wichtigen Meilenstein in der Umsetzung ihrer Strategie erreicht. Ab dem Geschäftsjahr 2025 werde sich die Beteiligung erstmals ganzjährig im Ergebnisanteil an assoziierten Gesellschaften widerspiegeln.

Der Strukturwandel von Print zu Digital schreite sowohl im Nutzermarkt wie auch im Werbemarkt weiter voran und werde von tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen begleitet. Das Unternehmen sei aber mit seiner klaren Strategie und einer soliden Bilanzstruktur für die Zukunft aufgestellt, schreiben die zuversichtlichen NZZ-Verantwortlichen.

Fazit

Während viele etablierte Medienhäuser hierzulande Mitarbeitende entlassen und den redaktionellen Output immer stärker beschneiden, macht die NZZ vor, wie es anders geht. Das Mantra «Qualitätsjournalismus» ist kein Lippenbekenntnis, sondern manifestiert sich in steigenden Abozahlen und Werbeeinnahmen, die gegen den Trend stabil bleiben.

Dass das Team um CEO Felix Graf dabei die Kosten im Griff hat, zeigt der zurückgehende Betriebsaufwand.

Man darf gespannt sein, wie die Beteiligung an der APG|SGA zum Erfolg in den kommenden Jahren beitragen wird. Dass die links-grüne Mehrheit im Zürcher Gemeinderat Werbung im öffentlichen Raum der Stadt Zürich stark einschränken möchte, könnte bei der APG|SGA Einnahme-Dellen verursachen. Aber ob dieses illiberale Vorhaben der linken politischen Mehrheit in Zürich von Erfolg gekrönt sein wird, muss sich erst noch weisen.

Jenseits von allen politischen Wirrungen hat die Beteiligung am Aussenwerber den Preis, dass der Eigenkapitalanteil von stolzen 75,6% auf 53,9% zurückgegangen ist. Wenn sich aber die Beteiligung wirtschaftlich als erfolgreich herausstellt, wird der Eigenkapitalanteil wieder wachsen. Und eine EK-Quote von über 50% bedeutet weiterhin eine durchaus solide Finanzierung.

Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten wie im Vorjahr eine Dividende von 200 CHF pro Aktie. Das entspricht einer Rendite von 4,0% auf Basis des letztbezahlten Aktienkurses auf OTC-X, was durchaus attraktiv ist.

Weniger attraktiv war die Entwicklung des Aktienkurses im vergangenen Jahr, der mit 5’000 CHF deutlich unter dem Stand von 2023 notiert und damit auch rund 7% unter dem Buchwert von 5’322 CHF. Das relativ niedrige bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12.0 macht die Skepsis der Anleger deutlich, dass Investments in Medientitel von grosser Unsicherheit ob der zukünftigen Entwicklung der Branche bestimmt sind.

Der Kurs der auf otc-x gelisteten NZZ-Aktie ist in den letzten drei Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Im Kursverlauf manifestiert sich die Skepsis der Anleger über die Zukunft der Medienbranche. Quelle: otc-x.ch

 

Bergbahnen: AlpsPass, Magic Pass – die Karten in den Schweizer Alpen werden neu gemischt

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Mit dem neuen AlpsPass können Skifans künftig am Titlis, im Jungfraugebiet, in AdelbodenLenk und dem Aletschgebiet fahren. Bild: titlis.ch
Mit dem neuen AlpsPass können Skifans künftig am Titlis, im Jungfraugebiet, in AdelbodenLenk und im Aletschgebiet fahren. Bild: titlis.ch

März 2025 – die Wintersaison 2024/25 in der Schweiz, die dank reichlich Schnee und hoher Besucherzahlen erfolgreich abschloss, neigt sich dem Ende zu, während in den USA Skifahrer mit unbeständigem Schneefall kämpfen. Die Schweiz bleibt ein Magnet für Touristen, Sommer wie Winter. Die Bergbahnen bieten vielfältige Skipässe, doch der Markt verändert sich: Magic Pass und AlpsPass mischen die Optionen auf, internationale Anbieter wie Ikon und Epic Pass gewinnen an Bedeutung. Dies auch für US-Amerikaner, die bei Schneemangel in ihren Resorts Alternativen wie Zermatt oder Andermatt suchen. Für Anleger stellt sich die Frage: Wer profitiert, wer bleibt zurück?

Ein Markt im Wandel: Von Top4 zum Magic Pass

Bis Herbst 2024 bot der Top4-Skipass Zugang zu den Skigebieten in Gstaad, Meiringen-Hasliberg, Adelboden-Lenk und der Jungfrau-Region. Gstaads Wechsel zum Magic Pass beendete diese Ära. Auch die Bergbahnen Meiringen-Hasliberg haben sich dem Skipass, der seinen Ursprung im Wallis hat, angeschlossen, statt zum neuem AlpsPass zu wechseln. Hanspeter Wenger, Geschäftsführer der Bergbahnen Meiringen-Hasliberg, erklärte in der Berner Zeitung, der «richtige Zeitpunkt» sei gekommen, da der AlpsPass «eine Nummer zu gross» war. Der Magic Pass, günstig und ganzjährig, zeigt den Trend zu flexiblen Angeboten, die auch internationale Gäste anziehen.

Die Pässe im Vergleich

Skipass Preis (Vorverkauf) Gebiete Gültigkeit Zielgruppe
Magic Pass 419 CHF ~100 (neu u.a. Gstaad, Meiringen-Hasliberg) Ganzjährig Familien, Viel-Skifahrer
AlpsPass 949 CHF 4 (Jungfrau, Engelberg-Titlis, Adelboden-Lenk, Aletsch-Arena+Wahltage) Winter Premium-Skifahrer
TopCard 1’300 CHF 4+3 (Davos, Laax, Arosa-Lenzerheide+Wahltage) Ganzjährig Regionalfans
Ikon Pass ~1’329 USD Zermatt, St. Moritz (+ global) Winter (global) Luxusreisende
Epic Pass ~1’051 USD Andermatt, Crans-Montana (+ global) Winter (global) Internationale Skifahrer

 

Magic Pass: Der Allrounder für alle

Der Magic Pass kostet ab Mitte März 2025 im Vorverkauf 419 CHF und umfasst 99 Gebiete, darunter 17 neue wie Gstaad und Sörenberg. Sébastien Travelletti, Direktor der Magic Mountains Cooperation, sagt: «Wir wollen Familien und Viel-Skifahrer gleichermassen ansprechen.» Die Abonnentenzahl steigt von 197’000 auf 270’000, mit 24’000 in Bern. Kleine Bahnen wie Wiriehorn profitieren von höheren Einnahmen. Berno Stoffel, CEO von Seilbahnen Schweiz, betont: «Die Frequenzentwicklung im Sommer bei Bergbahnen mit Ganzjahrespässen ist sehr positiv, heute werden 30% des Umsatzes im Sommer erwirtschaftet.»

Fast 100 Destinationen haben sich mittlerweile dem Magic Pass angeschlossen. Abb.: www.magicpass.ch/de/

AlpsPass: Premium mit europäischem Anspruch

Der AlpsPass, der zu einem Vorverkaufspreis von 949 CHF zu haben ist, umfasst Jungfrau-Region, Adelboden-Lenk, Aletsch Arena und Engelberg-Titlis, plus drei Wahltage bei TopCard-Gebieten. Norbert Patt, CEO der Titlisbahnen, erklärt: «Der AlpsPass bietet Skifahrern mit vier erstklassigen und schneesicheren Gebieten ein attraktives und vielseitiges Angebot. Dank der Kooperation mit Laax, Arosa-Lenzerheide und Davos erreichen wir eine breitere Zielgruppe.»

Kathrin Nägeli von den Jungfraubahnen ergänzt: «Es ging darum, Destinationen mit Schneesicherheit, Angebotsvielfalt und Qualität zu finden. Wir sind überzeugt, dass wir im Alpenraum eigenständig ein langfristiges Angebot schaffen können.» Sie betont zudem: «Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Jungfrau Ski Region verzeichnete in den letzten Saisons regelmässig Rekord-Frequenzen und Verkehrserträge, dank dem Generationenprojekt V-Bahn spielen wir wieder in der Champions-League des Wintersports.»

TopCard: Regionale Stärke

Die TopCard ist für einen Preis von 1’300 CHF am Markt und bietet Davos Klosters (300 Pistenkilometer), Arosa Lenzerheide (225 km) und Laax inklusive Sommer, plus Wahltage im AlpsPass-Netz. Sie spricht Regionalfans an und sichert stabile Einnahmen. Stoffel hebt hervor: «Ganzjahrespässe spielen für Schweizer und europäische Kunden eine immer wichtigere Rolle, besonders im Sommer.»

Ikon und Epic: US-Power in den Alpen

Der Ikon Pass (rund 1’329 USD) mit Zermatt und St. Moritz und der Epic Pass (rund 1’051 USD) mit Andermatt und Crans-Montana ziehen US-Skifahrer an. Zermatt verzeichnete 50’000 Skier-Days von US-Gästen, Andermatts US-Anteil stieg seit dem Einstieg von Vail Resorts, die auch 30 Mio. CHF in Crans-Montana investieren, von 3% auf 11%. Stoffel analysiert: «Ikon und Epic sind auf dem amerikanischen Markt stark. Mit der verstärkten Einbindung europäischer Gebiete stieg die Anzahl amerikanischer Gäste stark an. Ihr Einfluss wird zunehmen, wenn weitere Stationen dazustossen und der Verkauf in Europa gesteigert wird, doch bislang dominieren lokale Pässe wie Magic Pass oder TopCard.»

USA und Schneeschwierigkeiten

Klimaveränderungen sorgen in den USA für unzuverlässigen Schneefall, der Skigebiete wie Vail oder Breckenridge vor Herausforderungen stellt. Zermatt, Andermatt und Crans-Montana bieten Alternativen. «Die Schweiz ist international sehr gut aufgestellt und diversifiziert», sagt Stoffel. «Bergbahnen arbeiten erfolgreich mit Schweiz Tourismus zusammen und führen Kampagnen durch, während das Angebot qualitativ an internationale Kundschaft angepasst wurde.» Patt ergänzt: «Immer mehr US-Skifahrer schätzen unsere Schneesicherheit, Gletscher und die lange Saison. Das Interesse wächst kontinuierlich.»

Anlegerperspektive: Gewinner und Verlierer

Der Magic Pass bringt kleinen Bahnen wie Wiriehorn Vorteile durch hohes Volumen, da die steigende Abonnentenzahl Einnahmen erhöht. Diese planbaren Einnahmen zu Saisonbeginn senken das Risiko roter Zahlen trotz schwankender Wetterbedingungen, auch wenn die Margen durch den niedrigen Preis von 419 CHF und hohe Betriebskosten begrenzt bleiben, Dies dürfte Investoren mit Fokus auf hohe Renditen eher abschrecken.

Der AlpsPass hingegen stärkt Unternehmen wie die Jungfraubahn Holding, die von Premium-Kunden profitiert und höhere Margen erzielt, etwa durch den Preis von 949 CHF und Zusatzausgaben vor Ort wie Gastronomie oder Ausrüstung. Das Wachstum ist jedoch eingeschränkt, da der Pass derzeit nur fünf Gebiete umfasst und eine breitere Expansion Zeit braucht. Die TopCard sichert der Davos Klosters Bergbahnen AG solide Einnahmen durch treue Stammgäste und Ganzjahresnutzung, bietet aber wenig Skalierungspotenzial für grössere Investitionen.

Bei Ikon und Epic dominieren Vail Resorts und Alterra durch US-Kapital und globale Reichweite, gestützt auf Investitionen wie die 30 Mio. CHF in Crans-Montana. Lokale Bahnen wie Zermatt Bergbahnen AG und Andermatt Swiss Alps AG gewinnen zusätzliche Umsätze durch den Zustrom internationaler Gäste, verlieren aber etwas an Kontrolle durch Abhängigkeit von den Strategien der US-Konzerne.

Fazit: Planbarkeit trifft auf Potenzial

Mit dem Vorverkauf für 2025/26 zeichnet sich ab, wie unterschiedlich die Pässe Kunden ansprechen. Der Magic Pass liefert kleinen Bahnen frühzeitig liquide Mittel für Planungssicherheit bei wechselndem Wetter, die Renditen bleiben durch schmale Margen jedoch begrenzt. Der AlpsPass nutzt höhere Margen aus Premium-Kunden, doch sein Wachstum ist durch nur fünf Gebiete eingeschränkt. Die TopCard erzielt stabile Einnahmen aus Stammgästen, ohne nennenswerte Expansion. Ikon und Epic ziehen internationale Gäste an und bieten Potenzial für hohe Gewinne. Lokale Bahnen stehen dabei oft im Schatten der US-Konzerne.

Branchentalk Immobilien: Verantwortungsvolle Arealentwicklung im Fokus

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Respect the DNA ist einer der 7 Grundsätze der Cham Group, künftig Cham Swiss Properties, bei der Entwicklung von Arealen. Bild: schweizeraktien.net/Luca Uloth
«Respect the DNA» ist einer der 7 Grundsätze der Cham Group, künftig Cham Swiss Properties, bei der Entwicklung von Arealen. Bild: schweizeraktien.net/Luca Uloth

Tiefe Leerstandsquoten, wachsende Bevölkerung, wenig Baulandreserven: Vor diesem Hintergrund stehen immer mehr Immobilienunternehmen hierzulande vor der Herausforderung, wie ein Angebot erstellt werden kann, das der Nachfrage nach dem knappen Gut Wohnliegenschaften entgegenkommt.

Beim 1. Branchentalk «Immobilien» von schweizeraktein.net mit mehr als 80 Gästen im historischen Kalandersaal der alten Papierfabrik in Cham stellten vier ganz unterschiedliche Akteure ihre Konzepte zu einer verantwortungsvollen Arealentwicklung vor.

Die Cham Group und das Papieri-Areal

Dabei stand im Mittelpunkt, wie Industriegelände, die nicht mehr Industriegelände sind, in Wohnraum umgewandelt werden können. Wie können die grossen Flächen, die zum Teil mit denkmalgeschützten Bauten versehen sind, in eine neue Nutzung überführt werden? Welche Konsequenzen hat eine solche Umnutzung für Planer, Architekten, Bauunternehmer und schliesslich die Mieter/Käufer?

Dass die Veranstaltung auf dem Papieri-Areal stattfand, war natürlich kein Zufall. Hier entwickelt die Cham Group ein neues Wohn- und Arbeitsquartier unter Einbezug der industriellen Bauten, auf denen schon lange nichts mehr produziert wird. Direkt an der Lorze werden prägende Bestandsbauten der ursprünglichen Papierfabrik mit markanten Neubauten ergänzt und nachhaltig realisiert. «Hier entsteht ein neuer Begegnungsort mit überregionaler Ausstrahlung, wo sich Geschichte und Gegenwart die Hand reichen», preisen die Verantwortlichen ihr Vorhaben an.

Nachhaltige und verantwortliche Entwicklung

Es war denn auch an Thomas Aebischer, CEO der Cham Group, den hochkarätig besetzten Branchentalk zu eröffnen und das Projekt Papieri in seinen Einzelheiten vorzustellen. Vor seiner Eröffnungs-Präsentation wurden die Besucher von vier Geschäftsleitungsmitgliedern über das Areal geführt. Vor Ort wurde jedem deutlich, welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen die Transformation in sich birgt.

Die Cham Group hat ein eigenes Strom-, Wärme- und Kältenetz für das Areal geplant und umgesetzt. Einerseits wird ein Teil des Energiebedarfs durch Photovoltaik abgedeckt, aber auch das Wasserkraftwerk an der Lorze, das einmal die Papierfabrik mit Strom versorgte, wurde in die Energieplanung miteinbezogen und leistet seinen Anteil an der Versorgung der 1’000 Wohnungen, die bis 2032 fertiggestellt werden sollen.

Eine eigene Energiezentrale liefert den bereits fertig gestellten Wohnungen mittels Wärmepumpen, die durch Erdsonden versorgt werden, die notwendige Wärme und Kälte. Für die Elektromobilität wurde mit den Partnern Allride und WWZ eine Reihe von Ladestationen und ein Mobilitätsangebot aufgebaut.

Bei Projekten in dieser Grössenordnung stehen die Entwickler insbesondere vor der Herausforderung, wie die denkmalgeschützten Bauten in das Gesamtkonzept einbezogen werden können. «Respect the DNA» ist dabei einer der Leitsätze der Cham Group.

Einbezug aller Stakeholder

Um ein konfliktgeladenes Modell wie das Papieri-Areal umzusetzen, braucht es den Einbezug aller Stakeholder. Die Bevölkerung, die Behörden und das Aktionariat müssen eingebunden werden. Das ist der Cham Group sehr gut gelungen, sicher auch deshalb, weil man sich in der Planung die nötige Zeit und Behutsamkeit nahm, um alle mit an Bord zu holen. Und auch der «Vater» des Projekts hat einen grossen Anteil daran, denn mit Philipp Buhofer, dem Ankeraktionär und Investor der Cham Group, hat ein Chamer massgeblich zur Umsetzung beigetragen. Dazu später mehr.

Natürlich profitiert die Cham Group auch von der Tatsache, dass das Bauvorhaben im Kanton Zug liegt. Der Zürcher Aebischer strich heraus, dass die Baubewilligung für das Projekt lediglich drei Monate benötigte und mit einer 3-seitigen Auflage versehen worden sei. In Zürich hätte man mit 60 Seiten rechnen müssen, so Aebischer.

In den Zwischenräumen der Schweiz

Vor ähnlichen Herausforderungen, wenn auch in ganz anderen Regionen, steht die Espace Real Estate aus Solothurn. «Wir sind in den Zwischenräumen», sagte CEO Lars Egger, was geografisch gemeint ist. Das im Mittelland tätige Immobilienunternehmen setzt wie die Cham Group auch auf das «Recycling» von Bestandsbauten. So wurden bei der letzten Etappe der Überbauung Volaare in Zuchwil zwei alte Mehrfamilienhäuser nicht abgerisssen, sondern saniert. Dies aufgrund dem bewussten Umgang mit der «grauen Energie», die bei Neubauten den grössten Teil des CO2-Ausstosses ausmacht.

Als weiteres Beispiel für die Umnutzung einer Industriebrache zeigte Egger den Neubau einer Gesundheitsimmobilie auf dem ehemaligen Areal des Spezialfahrzeug-Herstellers Aebi.

Die Glaubwürdigkeit gegenüber den Stakeholdern fasste Egger in den griffigen Satz «Wir kommen, um zu bleiben», zusammen.

Von der Lokomotiven-Fabrik zu Wohn- und Gewerberaum

Wie bei Espace steht auch das Stakeholder-Management beim Bauunternehmer und Immobiliendienstleister Implenia im Fokus. Adrian Wyss, Head Division Buildings, machte das am Beispiel der Arealentwicklung der Lokstadt in Winterthur deutlich. Verdichtung sei der Schlüssel zum Erfolg, sagte Wyss.

Auf 60’000 m2 entstehen bis 2030 Wohnungen und Gewerbe auf dem ehemaligen Sulzer-Areal. In der Vergangenheit sind hier «tabula-rasa»-Ansätze wie «Winti-Nova» 1989 und «Megalou» 1998 gescheitert. Implenia reüssierte, weil das Unternehmen den Bestand erhalten will, ein etappierbares Vorgehen benutzt und die blühende Industriegeschichte in ihr Projekt integriert. Und weil die Stakeholder durch integrierte Arealkommunikation mitgenommen worden sind. 64% der Stimmberechtigten der Stadt Winterthur gaben dem Projekt grünes Licht.

«Wir lieben den Bestand»

Last but not least stellte Marco Feusi, CEO der HIAG Immobilien AG, das Projekt ALTO in Zürich vor. «Wir lieben den Bestand», machte Feusi klar. Auf einer Arealgrösse von 8’000 m2 werden bis 2026 125 Wohnungen auf dem ehemaligen Grundstück der Fiat Chrysler Automobiles gebaut. Auch hier soll die Identität durch Bewahrung der historischen Struktur beibehalten werden.

Die Baubewilligung erhielt die HIAG AG innerhalb von fünf Monaten, womit die Zürcher Behörden fast so schnell sind wie die Zuger. Die zügige Abwicklung der Eingabe hat auch damit zu tun, dass HIAG dem Grundsatz «Erhalten statt Ersetzen» gefolgt ist und darauf bedacht war, beim Bau von ALTO graue Energie zu vermeiden.

Ein weiterer Grundsatz des Unternehmens ist die Fokussierung auf Nachhaltigkeit, das beim Projekt in Zürich stark auf Photovoltaik setzt und einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) vorantreibt, was wirtschaftliche Vorteile für Mieter und Eigentümerin bringt.

Die Bedeutung der Versorger

Auch wenn kein Immobilienunternehmen, so sind die Versorger doch eng mit der Entwicklung von Arealen verzahnt. Liefern sie doch die notwendige Energie wie Strom, Gas und Telekommunikationsanbindung. Hierzu waren am Branchentalk zwei Vertreter der Wasserwerke Zug (WWZ) eingeladen. WWZ CEO Andreas Ronchetti und Marcel Fähndrich, Leiter Energie, betonten die Megatrends Dekarbonisierung und Elektrifizierung, die im Bauprozess miteinbezogen werden müssen. Wer baut, muss die Versorgung eng mit einbeziehen, pflichtete Cham Group CEO Aebischer bei.

Der Kopf hinter dem Erfolg der Arealentwicklung Papieri

Zum Schluss der Veranstaltung lud Björn Zern von schweizeraktien.net Philipp Buhofer auf die Bühne, um mit ihm einerseits über seine abwechslungsreiche Karriere als Unternehmer und Investor, andererseits über seine Verdienste als «Kopf» des Umbaus des Papieri-Areals zu sprechen.

Phillip Buhofer sprach am Branchentalk Immobilien über sein Leben als Unternehmer und die Fusion von Cham Group mit Ina Invest. Bild: schweizeraktien.net/Luca Uloth

Als Mitbesitzer der ehemaligen Papierfabrik an der Lorze hat Buhofer bereits Anfang der Nullerjahre die Weichen für die jetzige Entwicklung des Areals gestellt. Dabei war auch ihm der Einbezug der Stakeholder stets ein zentrales Anliegen. Dass Buhofer aus einer bekannten Zuger Unternehmerfamilie stammt, hat ihm bei der Beurteilung der Gemengenlage durchaus geholfen.

Buhofer war zuletzt massgeblich daran beteiligt, dass es zur Fusion der Cham Group mit der Ina Invest kam, woraus das zehntgrösste Immobilienunternehmen der Schweiz entsteht. Am 9. April werden die Aktien des neu firmierten Unternehmens Cham Swiss Properties zum ersten Mal an der Börse SIX gehandelt.

Dass der Branchentalk laut Aussagen vieler Beteiligter zum vollen Erfolg wurde, lag auch an dem hervorragenden Catering des Restaurants Schiff in Zug, das einen langen, intensiven Tag immer wieder mit Köstlichkeiten zu unterlegen wusste.

Immobilienanlagen im Fokus: Herausforderndes Umfeld

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Bild: stock.adobe.com

Die Anleger bleiben verunsichert. Die von der Trump-Administration verhängten Zölle sorgen immer wieder für Unruhe an den Märkten. Obwohl die jüngsten Konjunkturdaten der Vereinigten Staaten besser ausfielen als erwartet, sinkt bei vielen Marktteilnehmern die Risikobereitschaft.

Der Index S&P 500 verzeichnet im laufenden Jahr eine negative Performance von 3,2%. US-Aktien stehen generell unter Druck, doch besonders betroffen ist der Technologiesektor FL/TM. Von den sogenannten «Magnificent 7», einer Gruppe führender Technologieaktien mit hohem Marktgewicht, Innovationskraft und normalerweise aussergewöhnlicher Performance, kann im laufenden Jahr nur Meta Platforms eine positive Wertentwicklung (+3%) ausweisen. Alle anderen Titel dieser Gruppe notieren deutlich im Minus, wobei die Tesla-Aktie im ersten Quartal 2025 rund ein Drittel ihres Wertes eingebüsst hat. In Europa und der Schweiz hingegen konnten die bisherigen Kursgewinne grösstenteils gehalten werden. Der DAX notiert bei einem Plus von 13,91%, während der SPI eine Performance von +10,72% aufweist.

REAL Index

Die Schweizer Immobilienaktien erweisen sich weiterhin als stabile und sichere Anlagen. Der REAL Index profitiert aktuell von der Zinsentwicklung in der Schweiz, wo die Zinssätze seit rund zwei Wochen wieder rückläufig sind. Der Index der kotierten Schweizer Immobilienaktien weist im laufenden Jahr eine Performance von +8,39% aus. Den grössten Kursgewinn erzielte die Aktie vom Indexschwergewicht Swiss Prime Site mit einem Anstieg von 11,62%. Auch die europäischen Immobilienaktien haben sich nach den deutlichen Kursverlusten von Anfang März wieder stabilisiert. Der EPRA Index, hat sich von seinem bisherigen Jahrestief (-5,23% YTD) leicht erholt und notiert aktuell bei -2,74% (nicht währungsbereinigt).

Tabelle: zVg

SWIIT Index

Bei den Schweizer Immobilienfonds ist wieder eine leichte Aufwärtsbewegung zu erkennen. Dank der jüngsten Kurserholung weist der Index eine Jahresperformance von +1,48% aus. Bis zum Allzeithoch fehlen dem Index weniger als 2 Prozentpunkte. Wesentlicher Treiber für die jüngste Kursentwicklung ist, dass die zwischenzeitlich hohe Kapitalnachfrage vom Primärmarkt erfolgreich bedient werden konnte, wodurch nun wieder vermehrt Kapital in den Sekundärmarkt fliesst. Zuletzt führten drei kotierte Immobilienfonds fast zeitgleich Kapitalerhöhungen durch. Alle drei Transaktionen verliefen erfolgreich: Insgesamt wurden neue Anteile im Wert von 369 Mio. CHF platziert. So hat etwa der SF Sustainable Property Fund neue Anteile im Gegenwert von 144,3 Mio. CHF ausgeben. Laut Mitteilung der Fondsleitung werden die Mittel für den Kauf neuer Liegenschaften, die systematische Optimierung der Nachhaltigkeit, die Erschliessung von Potenzialen bestehender Objekte sowie zur Reduktion von Fremdkapital eingesetzt. Wie der Gesamtmarkt, so stand auch der SF Sustainable Property Fund zeitweise unter erhöhtem Verkaufsdruck, doch setzte in der zweiten Monatshälfte eine Kurserholung ein: Nach Abschluss der Kapitalerhöhung hat der Titel dank der weiterhin hohen Nachfrage um knapp 4%t an Wert zugelegt. Der Index stieg im gleichen Zeitraum um rund 1,9%.

Text: Thomas Marti und Florian Lemberger, Swiss Finance & Property Group

Der Artikel in der Rubrik «Immobilienanlagen im Fokus» erscheint in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Immobilien-Magazin Immobilien Business.

Infrastruktur-Aktien: Rationale und irrationale Kurseffekte der Mega-Bazooka

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Die von der Schaffung der Sondervermögen in Deutschland und in der EU ausgehenden Impulse haben eine starke Hausse an den Aktienbörsen ausgelöst. Bild: stock.adobe.com

Kaum jemand hätte erwartet, dass die deutsche Börse die Leitfunktion von der Wall Street übernehmen würde. Seit Jahresbeginn schob sich der DAX um 13% nach oben, in den USA dagegen ist der Dow-Jones um 1% gefallen, der Nasdaq liegt 10% im Verlust. Der jüngste DAX-Kursschub im März ging davon aus, dass die neue deutsche Regierung mit den Mehrheiten des alten Parlaments die berühmt-berüchtigte «Schuldenbremse» aushebelte und angesichts der Bedrohungen aus Ost und West Sondervermögen in Höhe von 1.3 Billionen Euro für Verteidigung sowie für Infrastruktur beschloss.

Auch die EU schafft neue Programme in Höhe von 800 Mrd. Euro, die im Wesentlichen dem bereits bekannten «Draghi-Plan» folgen. Die Auswirkungen strahlten weit über die Landesgrenzen hinaus und erfassten auch die Börsen in Wien, Zürich, Paris, London, Amsterdam und Mailand. Die starke Tendenz der europäischen Aktienindizes wirft aber auch Fragen auf.

Beispiel Rheinmetall

Die Börse ist ein Antizipationsmechanismus, tendiert jedoch zu Übertreibungen – in beide Richtungen. Die euphorischen Kursgewinne im Verteidigungs-Sektor veranschaulicht keine Aktie besser als Rheinmetall. Allein seit Anfang Jahr schoss der Kurs von 615 Euro auf 1445 Euro. Vor Beginn des Ukraine-Krieges Anfang 2022 lag der Kurs noch unter 100 Euro. Trotz jetzt forscher Wachstumsraten ist das KUV auf 6 gestiegen, die Marktkapitalisierung erreichte in der Spitze 69 Mrd. Euro. Das KGV 2025 kann auf 45 bis 50 geschätzt werden.

Chart Rheinmetall Apr 25
Kursverlauf der Aktie der Rheinmetall AG in den letzten 3 Jahren. Chart (in EUR): boerse-frankfurt.de

Boom im Verteidigungssektor

Dass im Verteidigungs-Sektor Bewegung aufkommt, hatte sich seit Jahren abgezeichnet, doch die involvierten Summen waren noch vergleichsweise bescheiden. Die europäischen NATO-Mitglieder verliessen sich vor allem auf den militärischen und nuklearen Schutzschild des Senior-Partners USA. Trotz vieler Mahnungen diverser US-Präsidenten über die Jahrzehnte haben die Europäer ihre NATO-Verpflichtungen nicht ernst genommen. 2024 haben erst 23 der 32 Nato-Länder die geforderte Hürde – 2% ihres BIP – in die Verteidigung investiert. Inzwischen fordert Trump 5%!

Das NATO-Dilemma

Dazu kommt, dass die Europäer nicht mehr sicher sein können, mit den USA am gleichen Strang zu ziehen. Die Annäherung der Trump Administration an Putin und Russland sowie die unverblümten Annexionsdrohungen gegen Grönland – und damit gegen Dänemark und auch die EU – haben auf europäischer Seite die seit den 1950er Jahren bestehende Allianz der NATO-Staaten erschüttert und die Protagonisten schockiert. Ebenfalls bedroht ist das weitere amerikanische NATO-Mitglied Kanada, das nun den Ausbau der Beziehungen zur EU anstrebt. Mehr als die Hälfte der Kanadier sehen sich als Europäer, weniger als ein Viertel als Nordamerikaner, so die Ergebnisse einer Volksbefragung von 2023.

Frieden und Krieg

Insofern hat sich die Sicherheitslage in Europa seit 2022 grundlegend geändert und 2025 mit dem erneuten Amtsantritt von Trump nochmals fundamental gewandelt. Eigentlich kommt die europäische Reaktion viel zu spät und ist ihrem Wesen nach eben reaktiv. Dabei wird an jeder Militär-Akademie gelehrt, dass man sich unter dem Primat der Sicherheit und Erhaltung der Souveränität im Krieg auf den Frieden und im Frieden auf den Krieg vorbereiten muss. Die Periode der Friedensdividende seit Beginn der 1990er Jahre ist definitiv vorbei. Dies ist bisher scheinbar weder in der Spass-Gesellschaft noch bei den Wut-Bürgern in den westlichen Demokratien angekommen. Die EU fordert zwar derzeit ihre Bürger auf, Reserven für 72 Stunden vorzuhalten für den Fall von Naturkatastrophen oder Kriegsakten, doch das wird nicht reichen, um das veränderte geopolitische Kräfteverhältnis und die akute Bedrohungslage ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu heben.

Geht die Hausse zu weit?

Tatsache ist aber auch, dass die Sondervermögen nicht sofort mit der Giesskanne verteilt werden, sondern zum weitaus grössten Teil nicht vor 2028 in die Wirtschaft fliessen werden. Die Hausse an der Börse könnte somit schon zu viel vorweggenommen haben. Ein Grund ist, dass geeignete Aktien rar an den Börsen gesät sind und somit sehr viel Kapital auf wenige und oft niedrig kapitalisierte Werte mit teilweise geringem Streubesitz stösst. Die Aktie des deutschen Herstellers von Radaren und Optronik für Kampfflugzeuge und Panzer, Hensoldt, konnte sich allein seit Anfang Januar mehr als verdoppeln. Die Market Cap liegt nach einer Korrektur aktuell bei 7.2 Mrd. Euro, der Free-Float bewegt sich bei 33,5%.

Der europäische Verteidigungs-Sektor

Im europäischen Kontext haussierten die französische Thales, die italienische Leonardo sowie die britische BAE Systems. Leonardo ist beispielsweise mit 22,8% an Hensoldt beteiligt und über Joint Ventures auch mit Thales im Geschäft. An den meisten Unternehmen des Sektors sind auch Staaten substanziell beteiligt, wie Italien an Leonardo und Frankreich an Thales. Eine solche Aktionariatsstruktur strebt auch Thyssenkrupp an, die ihre U-Boot Sparte dieses Jahr an die Börse bringen will. Die Aktie zählte im laufenden Jahr zu den stärksten Performern mit mehr als einer Verdoppelung. Ein Titel an der SIX, der extrem von den Aufwinden im Sektor profitieren konnte, ist Cicor. Mit 56% Kursanstieg seit Anfang Jahr zählt der Zulieferer von Elektronik zu den Starperformern in Zürich. Die Market Cap beträgt nun über 400 Mio. CHF.  Das Unternehmen hatte sich seit einiger Zeit auf Lösungen für die Verteidigungsindustrie fokussiert.

Investment Fonds und ETFs als Marktfaktor

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass insbesondere seit 2022 mehrere Investment Fonds und ETFs mit Verteidigung und Sicherheit im Namen lanciert wurden. Die Volumina summieren sich auf einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag. Die grössten Positionen sind die oben genannten Aktien, ergänzt um Saab, Rolls Royce und weitere Zulieferer.

Der Sektor muss sich neu erfinden

Ein Dilemma ist und bleibt die hohe Abhängigkeit Europas von den USA. Volle 64% der europäischen Militärbudgets flossen in der langfristigen Betrachtung an amerikanische Hersteller wie Boeing, Lockheed Martin und General Dynamics. Einzig Frankreich hat eigene Systeme und ist somit bedingt autark. Die britischen Nuklearkapazitäten sind operativ von den USA hochgradig abhängig. Über die britische Schlagkraft machte sich ein Kreml-Sprecher kürzlich lustig und sagte, dass die ganze Armee ins 75’000 Besucher fassende Wembley Stadion passen würde, was auch zutreffend ist. Zu erwarten ist, dass zahlreiche neue Unternehmen gegründet werden und bestehende Unternehmen ihre Produktion erweitern respektive verlagern werden, bspw. Armee-Fahrzeuge und militärische Komponenten herstellen statt Automobile.

Infrastruktur-Boom mit Verspätung

Bereits Ende 2018 und Anfang 2019 veröffentlichte schweizeraktien.net eine vierteilige Serie zum Infrastruktur-Sektor und den Investment-Chancen am Schweizer Aktienmarkt. Ob ABB, Implenia oder SSE Holding – die damals identifizierten Aktien stehen heute meist wesentlich höher. Über die dringend notwendigen Investitionen in Bahnnetze, Energieerzeugung und -distribution, Brücken, Tunnel usw. wird zwar seit langem gern und viel gesprochen, doch tatsächlich sind die Infrastukturen des «alten Kontinents» oft marode und sogar gemeingefährlich. Beispiele sind einsturzgefährdete Brücken oder die schlechte Wasserqualität auf den britischen Inseln. Die Deutsche Bahn verzeichnet mehr Verspätungen als jemals zuvor.

Chart ABB Apr 25
Aktienkursentwicklung von ABB. Chart (in CHF): six-group.com

Von der Schuldenbremse zur Mega-Bazooka

Doch mit Blick auf die ohnehin hohe Staatsverschuldung in den meisten Ländern der EU und die Sonderbelastungen durch die Pandemie, den Krieg in der Ukraine sowie die Energiekrise war die Verpflichtung zu Investitionen in die Infrastruktur nach hinten verschoben worden. Die nun im Krisenmodus ausgehebelte «Schuldenbremse» in Deutschland und stattdessen die Schaffung der Sondervermögen – die Mega-Bazooka – kommen einer Zeitenwende gleich. Die Börse hat die schliesslich glaubhafte Etablierung der Fakten richtig antizipiert und den Aktien der Profiteure der veränderten Fiskalpolitik zu einem aussergewöhnlich steilen Höhenflug verholfen.

Beschränkte Auswahl an der Börse

Im Infrastruktur-Sektor ist das Bild ähnlich wie im Verteidigungs-Sektor. An der deutschen Börse finden sich hauptsächlich international aktive Unternehmen wie Siemens, Heidelberg Materials und Hochtief. Das heisst, der Deutschland-Anteil des Geschäftsvolumens ist eher gering. Obwohl Hochtief nur 5% des Umsatzes in Deutschland erzielt, stieg der Kurs seit Anfang Jahr von 130 Euro auf 186 Euro, korrigierte jedoch inzwischen. Bei Heidelberg Materials kletterte der Kurs im laufenden Jahr von 120 Euro auf in der Spitze 182 Euro. Der Grossaktionär, die Milliardärsfamilie Merckle, verkaufte allein in der ersten Hälfte des Monats März Aktien im Wert von 82 Mio. Euro.

Chart Geberit Apr 25
Kursverlauf der Geberit-Aktie. Chart (in CHF): six-group.com

Börsen Wien und Zürich

Die Hausse griff auch auf Schweizer und österreichische Aktien über. An der Börse Zürich avancierten Geberit und Holcim zu den besten Monatsgewinnern. In Wien erzielten Wienerberger, Porr und Strabag herausragende Kursgewinne. Auch bei diesen Titeln scheint die Auswirkung der deutschen Sondervermögen übertrieben ausgefallen zu sein. Inzwischen hat sich eine erste Korrekturbewegung eingestellt.

Implenia bleibt günstig bewertet

Eine Ausnahme ist die Aktie von Implenia, was verwundern kann. Denn beim grössten Schweizer Baukonzern liegt der Deutschland-Anteil am Geschäftsvolumen bei rund einem Drittel und damit höher als bei den meisten zuvor genannten Profiteuren der Mega-Bazooka. Anfang März, bevor die Schuldenbremse gelöst und die Mega-Bazooka ausgepackt wurde, untersuchte schweizeraktien.net die Chancen der Implenia-Aktie und macht Signale einer Trendwende aus. Zu diesem Zeitpunkt lag die Aktie bei 36 CHF, am Jahresbeginn noch bei 30 CHF. Implenia wurde von der Infrastruktur-Hausse erfasst und erreichte kurzzeitig 43 CHF. Angesichts des 2024 erzielten Gewinns je Aktie von 5.08 CHF ist die KGV-Bewertung somit von 7x auf 8x geklettert. Der aktuelle Kurs liegt bei 40.40 CHF. Die meisten anderen vergleichbaren Aktien weisen dagegen KGVs von mindestens 12x auf, oft mehr.

Langfristige Perspektiven

Zwischenzeitlich wurden von Implenia weitere Auftragseingänge in einem dreistelligen Millionenvolumen verzeichnet, darunter auch aus Deutschland. Und dann kann sich auch Kursfantasie daran entzünden, dass die Pläne inzwischen sehr konkret sind, an der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz einen neuen Mega-Large-Hadron-Collider zu bauen. Der CERN-LHC ist der grösste der Welt und hat zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse gebracht, wie den Nachweis der Higgs-Teilchen. Um jedoch weitere Erkenntnisse zu gewinnen, insbesondere zur sogenannten Dunklen Energie und zur Dunklen Materie, die 95% unseres Universums ausmachen, muss eine grössere Maschine konstruiert werden. Dafür muss ein Tunnel gebohrt werden, der 91 km lang ist. Die Kosten des Projekts werden auf über 30 Mrd. USD geschätzt. Implenia ist der mit Abstand führende Tunnelbauer in Europa und an allen Grossprojekten wesentlich beteiligt.

Aktien der zweiten Reihe

Weitere Schweizer Aktien, die im weitesten Sinn auf längere Sicht von dem Investitionsboom in den Ländern der EU profitieren können sind R&S Group, Zehnder, V-Zug und Stadler. Sie alle sind Teil des europäischen Infrastrukturmarktes. Zehnder und V-Zug bieten gute und innovative Lösungen, die bei Neubauten und Renovierungen zum Zug kommen könnten. Allerdings wird es sich eher um Impulse handeln, denn V-Zug beispielsweise erzielt noch 84% des Geschäftsvolumens im Heimatmarkt. R&S Group produziert Transformatoren, wie sie überall in der Elektrizitätswirtschaft benötigt werden. Stadler erhält bereits viele Aufträge aus Deutschland und der ganzen EU. Es kann nicht schaden, wenn noch weitere dazukommen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der neue deutsche Bundekanzler Merz in seiner apolitischen Periode u.a. Mitglied des Verwaltungsrates von Stadler war .

Unter den ausserbörslich gehandelten Aktien sticht SSE Holding hervor. Deren CO2-neutraler Sprengstoff Hynix, ein schwedisch-schweizerisches Joint Venture, erfährt die erste Phase der breiten Markteinführung. Der Nachhaltigkeitsführer Implenia beispielsweise verwendet bei laufenden Projekten bereits den innovativen Sprengstoff.

Chart R&S Group Apr 25
Kursverlauf der Aktie der R&S Group seit Handelsaufnahme. Chart (in CHF): six-group.com

Fazit

Die von der Schaffung der Sondervermögen in Deutschland und in der EU ausgehenden Impulse haben eine starke Hausse an den Aktienbörsen ausgelöst. Umgekehrt verzeichneten Halter von Anleihen signifikante Kursverluste. Die Rendite der 10-jährigen deutschen Bunds stieg im März von 2,4% auf 2,8%. Der bisherige Börsenmotor Wall Street ist schwer ins Stottern gekommen, wozu im Wesentlichen die Politik der neuen Administration beiträgt. Ob sich die europäischen Börsen trotz der angekündigten bedeutenden Investitionsprogramme von den US-Börsen abkoppeln können, bleibt abzuwarten. Abgesehen von Ausnahmesituationen wie der deutschen Einheit ist dies nie nachhaltig geschehen. Dennoch sind Chancen am Aktienmarkt erkennbar. Ein Beispiel ist die noch unterbewertete Implenia, ein weiteres die R&S Group nach der Korrektur der letzten fünf Monate. Und, sollte der Ukraine-Krieg enden, wäre die österreichische Wienerberger als grösster Ziegelhersteller Europas hervorragend für den Wiederaufbau vorbereitet.

Branchentalk Immobilien: Über 80 Gäste auf dem Papieri-Areal in Cham

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Mehr als 80 Teilnehmende kamen zum Branchentalk Immobilien nach Cham. Bild: schweizeraktien.net/Luca Uloth
Mehr als 80 Teilnehmende kamen zum Branchentalk Immobilien nach Cham. Bild: schweizeraktien.net/Luca Uloth

Das Interesse an Schweizer Immobilien-Investments ist ungebrochen. Dies zeigte sich auch an der grossen Resonanz am Branchentalk Immobilien, den schweizeraktien.net am 1. April 2025 zum ersten Mal veranstaltete. Nach den Branchentalks Banken, Tourismus und Industrie ist es die vierte Fachkonferenz für Brancheninsider und Investoren, die von schweizeraktien.net organisiert wird.

Mehr als 80 Gäste konnten im historischen Kalandersaal der alten Papierfabrik in Cham begrüsst werden. Nach einer Führung durch die Geschäftsleitungsmitglieder der Cham Group über das Areal folgten Referate der CEOs von Cham Group, HIAG Immobilien, Espace Real Estate, WWZ und dem Head Division Buildings von Implenia über verantwortungsvolle Arealentwicklung. Den Abschluss bildete ein Gespräch mit Philipp Buhofer über Unternehmertum und sein Engagement bei der Cham Group, die nun mit der Ina Invest zur Cham Swiss Properties fusioniert wird.

Einen ausführlichen Bericht über den Branchentalk lesen Sie hier auf schweizeraktien.net.

Schweizer Aktien Favoriten 2025: Frühjahrsputz an der Börse

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Der Frühling hält Einzug. Bild: stock.adobe.com
Frühlingsgefühle auch an der Börse? Bild: stock.adobe.com

Der März brachte zwar längere Tage, aber auch längere Sorgenfalten für die Anlegerschaft. Der von den USA ausgehende Handelskrieg mit den substanziellen Zöllen schürt die Inflation und dämpft die Nachfrage. Als konjunkturelles Gegengewicht wurde in Deutschland die Schuldenbremse durch eine Änderung des Grundgesetzes gelöst. Die Schaffung der Sondervermögen strahlte auch auf die Schweizer Börse ab. Doch zum Monatsende purzelten die Kurse wieder. Steht eine «Trumpcession» vor der Tür?

Zu den besten Performern im SMI-Index zählten im März Geberit und Holcim. Beide Aktien gaben jedoch zum Monatsende hin wieder nach. Bau- und Zuliefereraktien hatten zunächst einen starken Lauf, doch Gewinnmitnahmen bremsten zwischenzeitlich die Hausse aus.

Auseinanderlaufende Kapitalmärkte

Die US-Indizes korrigierten im Monatsverlauf deutlich, der Nasdaq-Index verlor mit 10,9% seit Jahresbeginn und mit 6,2% im März am meisten. Der SPI-Index dagegen beschliesst den März nahezu unverändert und liegt nach den ersten drei Monaten im Jahr 2025 über 10% im Plus. Der Small- und Mid-Cap-Index SPIEXX verlor im März 4%, steht aber noch 2,6% über dem Indexstand von Anfang Jahr. Die Volatilität an den Finanzmärkten nimmt jedenfalls weiter zu. Die Renditen der europäischen Staatsanleihen stiegen markant, die der US-Bonds fielen. Umgekehrt bleibt die EZB auf Zinssenkungskurs, die amerikanische Fed dagegen dämpft die Erwartungen auf weitere Zinssenkungsschritte unmissverständlich. Die SNB ist, wie immer, in einer sehr besonderen Situation und muss beispielsweise auch die internationalen Kapitalströme ins Kalkül ziehen.

Bewegung auch am Devisenmarkt

Die Dollarstärke hat sich ebenfalls umgekehrt, der Euro steht wieder da, wo er bis Oktober 2024 pendelte. Da US-Fonds Abflüsse verzeichnen, könnten dies erste Anzeichen einer beginnenden Kapitalflucht aus dem USD sein. Eine strukturelle Marktänderung schafft eine neue Nachfrage nach dem Franken. Weil die Yen-Zinsen inzwischen angestiegen sind, verwenden international aktive Kapitalmarktteilnehmer mehr und mehr günstige Franken-Kredite, um Investitionen in anderen Währungsräumen zu finanzieren.

SKAN Holding mit 46% Gewinnsteigerung

Die SKAN Holding präsentierte herausragende Zahlen für das Geschäftsjahr 2024, die den starken Wachstumskurs bestätigen. Der Umsatz nahm um 12,9% zu, das EBITDA um 13,6% und der Auftragseingang um 21,8%. Der Gewinn erhöhte sich um 46,2% auf 40.8 Mio. CHF. Bei einem Gewinn je Aktie von 1.73 CHF wird die Dividende um 5 Rappen auf 40 Rappen angehoben. Der Aktienkurs blieb davon allerdings unbeeindruckt und sank zuletzt sogar unter 70 CHF. Das KGV 2024 ist durch den starken Gewinnanstieg und den rückläufigen Kurs nun auf 40 gesunken, bleibt aber optisch immer noch hoch.

Galderma-Zahlen bestätigen Wachstumskurs

Galderma meldete für 2024 ein Wachstum des Umsatzes von 8% auf 4.4 Mrd. USD. Der Reingewinn nach IFRS belief sich auf 231 Mio. USD. Die Core-EBITDA-Marge erreichte 23,1%. Aufgrund neuer Zulassungen wird erwartet, dass sich die Wachstumsrate auf 10% bis 12% beschleunigt. Nach dem fast einjährigen Höhenflug seit dem IPO fiel der Kurs zuletzt zurück. Ein Grund ist, dass die Private Equity Investoren sich von weiteren Aktien getrennt haben.

Seit dem IPO hat die Galderma-Aktie immer noch fast 50% zugelegt. Chart: six-group.com

Auf und Ab der Kurse

Barry Callebaut konnte sich deutlich erholen, während SIG Group, Ypsomed und VAT sinkende Kurse verzeichnen. Pluszeichen auf Sicht von drei Monaten tragen unter den börsenkotierten Aktien Geberit und Ypsomed. Die Perspektiven der gewählten Valoren sind weiterhin vielversprechend, auch wenn der Markt zunehmend launisch zu werden scheint.

Trendwende an der Ausserbörse?

Am ausserbörslichen Aktienmarkt ging es weniger stürmisch zu. Der OTC-X Liquidity-Index verlor zwar in den vergangenen Wochen geringfügig, gewann im ersten Quartal 2025 jedoch immerhin 1,2%. Bedeutsam daran ist, dass der seit Mitte 2021 und bis Dezember 2024 laufende Abwärtstrend nun beendet scheint. Einen Teil zur Index-Avance steuerte im März die Aktie von Espace Real Estate bei, die gut 5% vorrückte. Bereits im Februar waren solide Zahlen zum Geschäftsjahr 2024 veröffentlicht worden.

Aktienkurs Espace Real Estate
Nach der Bekanntgabe der Jahreszahlen für 2024 haben die Aktien von Espace neue Höchstkurse erklommen. Chart: otc-x.ch

Markanter Anstieg des Aktienumsatzes bei Cendres+Mètaux

Der Kurs von Cendres+Mètaux liegt zwar auf dem Niveau von Anfang Jahr, doch der Aktienumsatz hat sich im März deutlich erhöht. In mehreren Transaktionen wechselten auch zweistellige Stückzahlen den Besitzer. In den ersten drei Monaten 2025 wurden 173 Aktien gehandelt, im gesamten Vorjahr 210 Aktien.

Richtungsweisende Partnerschaft von Weleda

Der Weleda Partizipationsschein ist gegenüber dem Schlusskurs des Vormonats zurückgefallen. Doch das Erscheinungsbild, die Kommunikation und die in den letzten Wochen verkündeten neuen Partnerschaften lassen den Transformationsprozess des Unternehmens in ersten Konturen erkennen. Zuletzt wurde eine Partnerschaft mit der schwedischen Prinzessin Madeleine bekannt gemacht.

Gesunde Lösungen für problematische Entwicklungen

Gegenstand ist eine Hautpflegelinie, die auch für Kinder geeignet ist. Im Digitalzeitalter verbringen selbst unter 10-Jährige Stunden damit, ihr Gesicht zu reinigen, zu pflegen und zu schminken. Das Problem dabei ist, dass die Hautpflegeprodukte für Erwachsene konzipiert und getestet sind. Auf Kinderhaut kann der Säuregehalt zu Verätzungen führen. Der hohe Gehalt von Zusatzstoffen, vor allem bei preiswerteren Produktlinien, ist zumindest eine Ursache für die die sogenannte endokrine Disruption, da viele chemische Verbindungen Hormonen sehr ähnlich sind. Mit weiteren solchen Lösungen für die Bedürfnisse unserer Zeit könnte Weleda noch in ganz andere Dimensionen wachsen.

Cham Group: Aktionäre stimmen der Fusion mit Ina Invest zu

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Über 99% Zustimmung zur Fusion an der GV der Cham Group AG. Bild: schweizeraktien.net
Über 99% Zustimmung zur Fusion an der GV der Cham Group AG. Bild: schweizeraktien.net

Die Fusion der zwei Immobiliengesellschaften Cham Group AG und Ina Invest AG ist unter Dach und Fach. Am 31. März stimmten erst die Aktionäre der Ina Invest AG mit überwältigender Mehrheit dem Antrag des Verwaltungsrates zu; später dann auch die Cham Group Aktionäre. Als Verwaltungsratspräsident wird Stefan Mächler die neu unter Cham Swiss Properties AG firmierende Gesellschaft führen. Mächler sprach an der Generalversammlung der Cham Group AG von einem «Freudentag», da die Fusion mit einer Zustimmungsquote von 99% über die Bühne gegangen sei. Er bezeichnete die neue Gesellschaft aufgrund der zahlreichen noch zu entwickelnden Areale als «hochattraktiv».

Handel ab 9. April an der SIX

Die Aktien sollen ab dem 9. April an der SIX gehandelt werden. Durch die Fusion wird die neue Cham Swiss Properties mit einer Portfoliogrösse von rund 1.6 Mrd. CHF eine der zehn grössten Schweizer Immobiliengesellschaften werden. Nach Fertigstellung der Entwicklungsprojekte erreicht das Portfolio eine Grössenordnung von rund 3 Mrd. CHF, so dass das neue Unternehmen zu Nummer fünf unter den Schweizer börsenkotierten Immobiliengesellschaften aufschliessen kann.

Der Handel der Cham Group-Aktie auf OTC-X wird per 8. April eingestellt. Zuvor erhalten die Aktionäre am 4. April noch eine Dividende in Höhe von 12 CHF je Aktie. Die Aktien werden ab 2. April Ex-Dividende gehandelt.

Kantonalbanken: 2024 war ein durchzogenes Geschäftsjahr für die 21 Institute

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Nach einem Rekordjahr waren die Jahresrechnungen 2024 der Schweizer Kantonalbanken eher durchzogen. Bild: stock.adobe.com
Nach einem Rekordjahr waren die Jahresrechnungen 2024 der Schweizer Kantonalbanken eher durchzogen. Bild: stock.adobe.com

Die Entstehung der Schweizer Kantonalbanken geht bis auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die erste Kantonalbank, die Genfer KB, wurde 1816 gegründet. Grund für die plötzliche Nachfrage nach Bankdienstleistungen war die fortschreitende Industrialisierung der Schweizer Wirtschaft und die sich daraus ergebende Nachfrage nach Krediten.

Gleichzeitig machte sich eine Kapitalknappheit bei den Vorgängerinstituten der Grossbanken bemerkbar, was zur Folge hatte, dass traditionellen Wirtschaftszweigen – das Handwerk und die Landwirtschaft – selbst kleine Kredite verwehrt wurden. Stattdessen floss das Geld in den boomenden Eisenbahnausbau sowie in Handel und Industrie.

Als Folge dieser unverschuldeten Kapitalknappheit akzentuierte sich der Wunsch nach Staatsbanken, die durch die Gewährung von Hypothekar- und anderen besicherten Kediten einerseits und durch das Angebot an sicheren Anlagemöglichkeiten andererseits einem Bedürfnis der Bevölkerung nachkommen sollten.

Von 26 über 24 und 21 zu 13 börsenkotierten Kantonalbanken

Ursprünglich hatte jeder der 26 Kantone bzw. Halbkantone seine eigene Kantonalbank.  Wirtschaftliche Probleme und selbstverschuldete Misswirtschaft führten zum Untergang der Kantonalbanken der Kantone Solothurn und Appenzell Ausserrhoden. Seitdem gibt es nur noch 24 Kantonalbanken von denen 21 über eine Staatsgarantie verfügen und deren 13 an der SIX Swiss Exchange kotiert sind (siehe Tabelle).

Leitzinserhöhungen schlagen negativ zu Buche

Um es vorwegzunehmen: Die Resultate für das Geschäftsjahr 2024 fielen nach einem guten bis sehr guten Geschäftsjahr für einige der Finanzinstitute durchzogen aus. Erwartungsgemäss hoch, aber unter den Markterwartungen, schlugen die Zinserträge zu Buche, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins noch im Dezember 2024 um 50 Basispunkte (Bps) gesenkt hatte, während das Kommissionsgeschäft auch im 2024 Boden dazu gewann und weiterhin für eine zunehmende Unabhängigkeit einzelner Kantonalbanken vom bisherigen hohen Anteil am reinen Zinsgeschäft sorgte.

Nahezu alle Banken litten unter den rückläufigen Zinsen und den gestiegenen Refinanzierungskosten am Geld- und Kapitalmarkt. So präsentiert sich das allgemeine Zinsniveau wegen der lockeren Geldpolitik der SNB auch heute nach der jüngsten Leitzinssenkung um 25 auf 25 Bps deutlich niedriger als vor einem Jahr

Dagegen sorgte im Handelserfolg die Volatilität für schwankende Ergebnisse. Vereinzelt kam es aber auch zu Gewinnrückgängen, wie beispielsweise bei der BCV und GLKB. Während erstere jedoch trotz eines Gewinnrückganges um 6% ihre Dividende von 4.30 auf 4.40 CHF je Aktie erhöht und damit ein Zeichen ihrer Kapitalstärke und Zuversicht an ihre Aktionäre sendet, belassen andere Kantonalbanken ihre Dividende unverändert oder senken die Ausschüttungen gar proportional zum Gewinnrückgang.

Leichte Zunahme beim Geschäftsertrag wiegt Kostensteigerung nicht auf

Während die einzelnen Komponenten des Geschäftsertrags, wenn überhaupt, i.d.R. nur moderate Steigerungsraten verbuchten, sah es auf der Kostenseite anders aus. Vor allem der Personalaufwand legte überproportional zu, und der Reingewinn für das Geschäftsjahr 2024 folgte den Vorgaben nur teilweise, wie sich bei näherer Betrachtung rasch zeigt.

Von Eigenkapitalkosten-Deckung keine Rede

Mit Eigenkapitalrenditen im bestenfalls hohen einstelligen Bereich – Ausnahme: BCV mit ROE 2024 von 11,5% – ist davon auszugehen, dass nur eine geringe Anzahl der Schweizer Kantonalbanken ihre Eigenkapitalkosten, die je nach Geschäftsausrichtung des betreffenden Finanzinstituts im Bereich von 8 bis 10% liegen sollten, erwirtschaftet. Mit anderen Worten und aus Tabelle 1 ebenso ersichtlich ist die Tatsache, dass trotz eines guten operativen Umfelds die meisten Banken nach wie vor Eigenkapital vernichten. Das erklärt zumindest teilweise die recht unterschiedliche Aktienkursentwicklung der Schweizer börsenkotierten Kantonalbanken.

Nach einem Einbruch der Aktienkurse im Jahr 2024 sieht der bisherige Kursverlauf im 2025 nicht berauschend, aber doch einigermassen solide aus, mit Kursgewinnen von 5% bis 11% Von den insgesamt 13 Kantonalbankaktien locken nach wie vor BCV, BEKB, LUKB und SGKB mit günstigen Bewertungen oder/und hohen Dividendenrenditen. Bevorzugt schon seit Jahren aufgrund der hohen regelmässigen Ausschüttungen und steuerfreien Kapitalrückzahlungen werden BCV und SGKB.

Basel III und seine Auswirkungen auf die Kantonalbanken in der Schweiz

Seit dem Jahreswechsel 2024/2025 gilt für Schweizer Banken das Regelwerk Basel III. Hierbei handelt es sich um das letzte Puzzleteil in der regulatorischen Antwort auf die globale Finanzkrise 2007 und 2008, deren Hauptursache viel zu tiefe Eigenkapitalausstattungen der Banken und das Eingehen zu hoher Geschäftsrisiken waren. In der Kombination führte das in der Folge fast zum Meltdown des globalen Finanzsystems. Bei Basel III handelt es sich um ein umfassendes Reformpaket des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS), mit dem besonders die Solvenz und Liquidität im Bankensektor gestärkt werden sollen. Wie unabhängige Auswertungen zeigen, führt es im Segment der Kantonalbanken grösstenteils zu unveränderten Risikogewichtungen bzw. teilweise sogar tieferen Risikogewichtungen. So insbesondere bei den Hypothekarkrediten.

Vorsichtiger Ausblick 2025

Wir befinden uns mittlerweile im vierten Jahr des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine. Ausser ein paar vagen Andeutungen betreffend eines Waffenstillstands nach Putins Gusto gibt es immer noch keine Konkretisierungen, und gemäss Militärexperten dürfte es auch so schnell keine geben.

Inmitten dieses geopolitisch spannungsgeladenen Umfelds einen einigermassen stabilen Ausblick formulieren zu können, bedarf wohl eher einer Kristallkugel als ökonomischer Modelle.

Das Tiefzinsumfeld in der Schweiz stellt Anlagesuchende vor laufend neue Herausforderungen. Einerseits ist bei den Banken weiterhin mit einer hohen Finanzierungsnachfrage zu rechnen, wenngleich in etwas abgeschwächter Form. Dies insbesondere nach den jüngsten Rezessionssignalen aus den USA und Europa, verursacht durch die protektionistische Zollpolitik der Vereinigten Staaten. Klammert man die gegenwärtigen Probleme aus, kommt man zum Schluss, dass das Anlageumfeld für die Schweiz insgesamt attraktiv bleibt.

Anzumerken bleibt, dass sich in den grossen Industrienationen die Inflationszahlen fortlaufend normalisieren, womit sich der Fokus der Zentralbanken auf die Konjunkturentwicklung verschiebt. Neue Impulse für die Finanzmärkte birgt das sich verändernde politische Umfeld in Europa und Übersee. Die im letzten Jahr vollzogene Zinswende dürfte die Aktienmärkte dennoch auch in diesem Jahr begünstigen. So haben die Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank die Situation zusätzlich akzentuiert. Mit einer Normalisierung des Zinsumfelds im Jahr 2023 war dieses geprägt von vier Leitzinssenkungen. Zur gleichen Zeit spürten exportorientierte Unternehmen die weltweit verhaltene Nachfrage und die schwache Konjunktur in Deutschland, der früheren «Wirtschaftslokomotive Europas».

Wie weiter? Optimismus gepaart mit Zuversicht ist das Gebot der Stunde

Zusammenfassend halten wir fest, dass trotz aller geopolitischen und ökonomischen Unwägbarkeiten Grund genug zum Optimismus besteht.

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