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Rolf Weilenmann, Helvetische Bank: «Bei kleineren Anleihen sind wir Marktführer»

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Rolf Weilenmann ist Leiter Corporate Finance bei der Helvetischen Bank. Bild: zvg
Rolf Weilenmann ist Leiter Corporate Finance bei der Helvetischen Bank. Bild: zvg

Börsenkotierte Anleihen werden meistens von Grossunternehmen ausgegeben. Auch für kleine und mittlere Unternehmen kann eine solche Anleihe eine attraktive Alternative zu einem Bankkredit sein. Rolf Weilenmann, Leiter Corporate Finance bei der Helvetischen Bank, erläutert in einem Interview die Vorteile dieser Finanzierungsform. Und er zeigt am Beispiel der kineo finance, die aktuell eine Anleihe begibt, wie der Prozess abläuft.

Herr Weilenmann, die Helvetische Bank ist eine kleine Schweizer Privatbank. Sie erbringt auch Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensfinanzierung. Was unterscheidet Ihr Finanzinstitut von Grossbanken und Kantonalbanken?

Rolf Weilenmann: Mit einem integrierten Investment Banking sind wir noch einer der ganz wenigen Player im Schweizer Kapitalmarktgeschäft. Auf der Fremdkapitalseite ist die Helvetische Bank Marktführer für kleinere Anleihen. Auf der Eigenkapitalseite bieten wir sämtliche Transaktionsarten wie z.B. Börsengänge oder Kapitalerhöhungen an, jedoch wiederum fokussiert auf kleinere Transaktionsvolumen im zweistelligen Mio.-CHF-Bereich. Zusätzlich führen wir öffentliche Übernahmeangebote durch und agieren bei privaten M&A Transaktionen als Lead Advisor.

Rund 70% der Bank sind im Besitz des Verwaltungsrats und der Mitarbeitenden

Die Bank ist nicht börsenkotiert. Wer steht hinter dem Institut?

Rund 70% der Bank sind im Besitz des Verwaltungsrats und der Mitarbeitenden, was uns auch von anderen Banken unterscheidet. Dies äussert sich in einem ausgeprägten Unternehmergeist, was von unseren Kunden äussert geschätzt wird. Als kleine, dynamische und agile Bank ist es uns möglich, schnell und individuell auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und innovative, auf die Kunden zugeschnittene Lösungen zu offerieren.

Sie richten Ihren Fokus auf KMU. Wie definieren Sie bei der Helvetischen Bank ein KMU?

Die Helvetische Bank ist auf mittelständische private Unternehmen sowie kotierte Small- and Mid-Cap-Gesellschaften ausgerichtet. Häufig sind dies Firmen mit einem Umsatz von rund 50 bis 500 Mio. CHF, wobei wir auch kleinere und grössere Kunden haben.

Sie unterstützen die Unternehmer auch bei der Finanzierung mittels Fremdkapital. Eine Spezialität sind hier die KMU-Anleihen. Können Sie das Instrument genauer beschreiben?

Dabei handelt es sich um an der Schweizer Börse kotierte Anleihen mit einer Grösse von 20 Mio. CHF, was dem Mindestvolumen für Anleihen an der Schweizer Börse entspricht, bis zu einer Grösse von 100 Mio. CHF, ab welcher die institutionellen Investoren investieren. Falls die Bond-Story stimmt, bieten wir auch Privatplatzierungen mit einem Finanzierungsvolumen von unter 20 Mio. CHF an.

Wann sollten Unternehmen KMU-Anleihen einsetzen? Sie könnten doch auch einen Bankkredit beziehen.

Jedes Finanzierungsinstrument hat Vor- und Nachteile, und häufig macht eine Kombination einer Anleihe als Sockelfinanzierung und einer atmenden Kreditfinanzierung Sinn.

Unsere Bonds werden meistens gewählt, weil sie keine Sicherheiten oder einengenden Financial Covenants enthalten, tiefe Gesamtkosten aufweisen und wir die Anleihe vor der Emission fest übernehmen. Das bedeutet, dass wir die Platzierung garantieren.

Im Gegensatz zum Kredit bietet die Anleihe als bankenunabhängiges Finanzierungsinstrument auch den Vorteil, dass diese nicht während der Laufzeit durch die Bank gekündigt werden kann, sollte sich der Risikoappetit der Bank ändern.

Wie grenzen Sie die KMU-Anleihen gegenüber Peer-to-Peer lending ab, einer Finanzierungsform, die gerade sehr stark im Kommen ist?

Bei Peer-to-Peer lending handelt es sich um Finanzierungen, bei welchen Investoren Kreditnehmern direkt Geld leihen, ohne dass eine Kreditbank dazwischengeschaltet ist.

Häufig handelt es sich dabei um relativ kleine Finanzierungsvolumen. Zudem fehlt im Vergleich zur Anleihe eine Partei, welche eine Due Diligence über den Kreditnehmer macht und mit der Festübernahme selber ins Risiko geht, wie wir jeweils bei kleineren Anleihen. Zudem verfügt der Geldgeber nicht über ein gehandeltes Investment.

Welche Vorteile bringt die Börsenkotierung einer solchen KMU-Anleihe?

Die Vorteile einer Börsenkotierung sind vielfältig. Zum einen erhält das Unternehmen durch eine Kapitalmarkttransaktion Visibilität und kann ihre Investorenbasis erweitern bzw. diversifizieren. Zum anderen ergibt sich für die Investoren ein liquideres Anlageinstrument, wodurch die jährlichen Zinszahlungen tiefer ausfallen dürften als bei einer äquivalenten, nicht kotierten Anleihe.

Wie hoch sind die Kosten, und ab welchem Volumen lohnt sich eine solche Anleihe?

Die Kosten einer kotierten Anleihe, also Coupon und Emissionsnebenkosten wie Bankgebühr, Anwalts- und SIX-Kosten, sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig und machen oft ab einem Emissionsvolumen von ca. CHF 20 Mio. Sinn. Bei kleineren Emissionsvolumen sind die All-in-Kosten, also Kosten geteilt durch das Finanzierungsvolumen, im Vergleich zu Finanzierungsalternativen allenfalls nicht kompetitiv.

Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die ein Unternehmen erfüllen muss, um eine KMU-Anleihe zu emittieren?

Einerseits gibt es regulatorische Voraussetzungen der Schweizer Börse, wie z.B. bestimmte Reporting-Standards, Track-Record, Mindestvolumen und -eigenkapital. Andererseits definieren die Investoren finanzielle bzw. unternehmerische Voraussetzungen wie robuste Finanzkennzahlen, ein erfahrenes und kompetentes Management und ein solides Geschäftsmodell.

Wie läuft der Prozess ab, und wer sind die Investoren, die solche Anleihen zeichnen?

Wir teilen eine Anleiheemission in zwei Hauptphasen auf. In der Vorbereitungsphase, welche rund zwei bis drei Monate dauert, werden die Dokumente wie Prospekt, Anleihevertrag etc. erstellt und die Due Diligence durchgeführt, während in der zweiten Phase die Vermarktung und der Geldfluss stattfinden.

Die von uns begleiteten Anleihen werden nicht von klassischen institutionellen Investoren gezeichnet, sondern vorwiegend von sophistizierten Privatanlegern, sehr vermögenden Privatpersonen, Family Offices und externen Vermögensverwaltern.

Sind KMU-Anleihen nicht einem höheren Risiko ausgesetzt als diejenigen von grossen Unternehmen?

Vermutlich besteht eine negative Korrelation zwischen der Grösse eines Unternehmens und dessen Ausfallwahrscheinlichkeit. Eine reine Grössenbetrachtung wäre jedoch zu simpel. Die Investoren sollen für das Risiko und nicht die Grösse kompensiert werden. Aber ja, oft weisen solche KMU-Anleihen höhere Renditen aus, als dies bei Anleihen von grossen Unternehmen der Fall ist.

Werden Ratings für die KMU-Anleihen vergeben?

Die Helvetische Bank vergibt selber keine Ratings, und unsere Investoren fordern auch keine. Jedoch gibt es Situationen, in welchen ein Rating sinnvoll sein kann. In solchen Fällen wird eine externe Ratingagentur zur Erstellung eines Ratings beauftragt.

Nennen Sie uns Beispiele von Referenzprojekten, die Sie umgesetzt haben.

Wir durften schon zahlreiche Anleiheemissionen von privaten oder kotierten Schweizer oder deutschen Unternehmen als Lead Manager begleiten. Aktuell befinden wir uns gerade in der Vermarktung einer 20 Mio. CHF Debüt-Anleihe für kineo finance AG.

Was macht kineo als Unternehmen?

kineo finance ist ein sehr spannendes und erfolgreiches Unternehmen, welches auf die Finanzierung mittels Sale and Lease-back von im Markt bereits eingeführten Anlagegütern von wachstumsstarken Jungunternehmen mit innovativen Technologien und Produkten spezialisiert ist.

Z.B. verkauft ein Hersteller von Sensoren für Container diese an kineo, mietet die Sensoren wieder zurück und stellt diese gegen Entgelt den Bahnunternehmen zur Verfügung, welche gar nicht an den Sensoren interessiert sind, sondern nur an den Informationen über die Container, welche von den Sensoren geliefert werden.

Wie sehen die Konditionen für diese Anleihe aus?

Das Volumen der Anleihe beläuft sich auf 20 Mio. CHF mit der Möglichkeit der Erhöhung bis auf 30 Mio. CHF. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Wir sind mit einer Coupon-Spannbreite von 5¾ – 6½ im Markt. Die Anleihe wird ausschliesslich in der Schweiz öffentlich angeboten.

Die Zeichnungsfrist läuft aktuell noch bis am Freitag, 12. Mai 2023, jedoch ist eine frühzeitige Beendigung der Zeichnungsfrist möglich. Interessierte Investoren können über ihren Kundenberater ihrer Bank eine Zeichnung einlegen.

Das Interview führte Björn Zern.

Titlis Bahnen: Projekt Titlis kommt

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Das Projekt Titlis beinhaltet den Neubau der Bergstation und den Ausbau des Richtstrahlturms sowie des Stollens zwischen Turm und Bergstation. Hinter dem Masterplan steht das Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron. Bild: titlis.ch

Wegen des ungünstigen Geschäftsverlaufs in den Corona-geprägten Jahren 2020 bis 2022 stand das Projekt Titlis auf der Kippe. Jetzt hat aber der Verwaltungsrat die Umbaupläne gutgeheissen, und der Realisierung des «Generationenprojekts» steht nichts mehr im Wege.

«Der Baustart ist für das Engelberger Bergbahnunternehmen ein Meilenstein im Projekt Titlis», lässt sich Hans Wicki, Verwaltungsratspräsident der Titlis Bergbahnen, in einer Pressemitteilung zitieren. Bereits nächste Woche sollen die ersten Einrichtungs- und Vorbereitungsarbeiten sowie diverse Material- und Baumaschinentransporte erfolgen. Der Baufahrplan sieht vor, dass im Sommer/Herbst 2023 die Pistenfahrzeughalle als Teilprojekt des Turms gebaut wird, die Spülbohrung zwischen Talstation Ice Flyer und Titlis stattfindet und der Neubau der Linie 2 startet. Beim Gesamtprojekt rechnen die Titlis Bergbahnen mit einer Bauzeit von sechs Jahren und einer Fertigstellung im Jahr 2029. Während der gesamten Zeitspanne solle der Betrieb gewährleistet werden, so das Unternehmen.

Allerdings müssen die Titlis Bahnen tiefer in die Tasche greifen als ursprünglich geplant. Es zeichne sich ab, dass die Realisierung des Projekts Titlis – bedingt durch die Corona Pandemie, die Folgen des Ukraine-Krieges und weiterer (welt-)wirtschaftlicher Faktoren – rund 20% teurer werde als noch vor fünf Jahren berechnet. Geschuldet sei diese Kostensteigerung der aufgelaufenen Teuerung, Lieferengpässen und neuen Auflagen und Erkenntnissen, teilen die Titlis Bahnen mit. Damit verteuert sich das Projekt in absoluten Zahlen von 100 Mio. CHF auf 120 Mio. CHF.

Die Titlis Bahnen sind auf SIX kotiert. Zuletzt kostete eine Aktie 45.60 CHF.

Kursverlauf der Titlis-Aktie in diesem Jahr. Quelle: six-group.com

Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 findet am 26. Oktober in Interlaken statt.

Weiss+Appetito: Spezialbaudienstleister überzeugt mit Jahresabschluss 2022

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Weiss+Appetito
Während die Young Boys sich auf die ersten Spiele im Jahr vorbereiteten, standen die Mitarbeitenden der Bausanierungen von Weiss+Appetito neben dem Feld, auf der Tribüne, im Einsatz. Bild: weissappetito.com

Das Baugeschäft kann auch tückisch und manchmal extrem zyklisch sein. Vom eigentlichen Baugeschäft hat sich Weiss+Appetito jedoch schon lange verabschiedet. Durch kontinuierliche Investitionen und Zukäufe ist das Unternehmen durch Anpassung längst zum baunahen Spezialdienstleister mutiert. Die Aktivitäten sind in sechs Geschäftsbereiche gegliedert. Nicht alle konnten 2022 brillieren, doch unter dem Strich fielen Umsatz- und Gewinnentwicklung durchaus überzeugend aus.

Im Geschäftsjahr 2022 stellten sich zahlreiche Herausforderungen. Materialien, Energie und Treibstoffe wurden deutlich teurer. Durch Weitsicht und kluge Lagerbewirtschaftung ist es Weiss+Appetito jedoch gut gelungen, die Auswirkungen eng zu begrenzen. Das zeigt sich im Zahlenwerk in einer starken Reduzierung des Materialaufwands von 42.8 Mio. CHF auf 33.6 Mio. CHF. Um 1 Mio. CHF auf 3.8 Mio. CHF stieg dagegen der Aufwand für Verbrauchsmaterial und Energie. Deutlich höher fiel allerdings der Aufwand für Leistungen Dritter mit 32.9 Mio. CHF aus. Im Vorjahr waren es 26.6 Mio. CHF. Alle anderen Positionen zeigen sich wenig verändert. Der grösste Kostenblock sind die Personalkosten, die von 58 Mio. CHF auf 60.2 Mio. CHF stiegen. Allerdings nahm die Anzahl der Mitarbeitenden um 23 auf 574 zu.

Eckdaten

Der Jahresumsatz liegt mit 151.8 Mio. CHF um 0.8 Mio. CHF über dem deutlich gesteigerten Vorjahreswert. Das EBITDA-Ergebnis belief sich auf 9.7 Mio. CHF nach 10.1 Mio. CHF im Vorjahr. Die Abschreibungen blieben mit 4.6 Mio. CHF fast unverändert. Das EBIT erreichte 5 Mio. CHF, eine Reduzierung um 0.5 Mio. CHF. Finanzergebnis und Steuerbelastung lagen etwa auf dem Niveau des Vorjahres, der Reingewinn liegt mit 3.9 Mio. CHF rund 0.7 Mio. CHF tiefer als im Vorjahr.

Sondereffekte

Der Gewinnrückgang fällt angesichts der Chronologie des ersten Kriegsjahres und der weitreichenden Verwerfungen gerade für ein Unternehmen in einer zyklischen und für Änderungen der Preise von Energie und Rohstoffen sensitiven Industrie wie Weiss+Appetito doch relativ überschaubar aus. Die genauere Betrachtung der Segmente offenbart zudem Sonderfaktoren und -effekte im Jahresabschluss 2022, die keine fundamentale Schwäche des Unternehmens offenbaren, sondern vielmehr starke Nachfragetrends in allen Bereichen, abgesehen vom Telekomgeschäft.

Verzögerungen bei 5G-Rollout prägen Telekom-Sparte

Das Telekom-Segment war viele Jahre ein Wachstumstreiber, doch 2022 sank der Umsatz um 2.3 Mio. CHF auf 29 Mio. CHF. Ein wesentlicher Grund ist die verzögerte Einführung der 5G-Technologie in der Schweiz, was zum Jahresbeginn zu einer geringen Auslastung geführt hat. Ohne entsprechenden Aufwand fiel das EBIT dennoch befriedigend aus. Im deutschen Markt hat sich das Telekomgeschäft im zweiten Halbjahr belebt. Für 2023 wird für das Schweizer Geschäft optimistisch mit einer Fortsetzung des Umschwungs im zweiten Halbjahr 2022 gerechnet. Das Telekom-Segment umfasst auch die Aktivitäten, die Neue Technologien genannt werden. Hier sind auch die eigenen Entwicklungen für Ladestationen für die Elektromobilität sowie begrünte Solardächer angesiedelt. 2023 könnte es erstmals zur Realisierung von grossen Projekten kommen.

Starkes Wachstum im baunahen Sektor

Den grössten Umsatzbeitrag in Höhe von 54.1 Mio. CHF leisten die beiden baunahen Segmente. Davon entfallen 17.7 Mio. CHF auf Bausanierungen, Energie+Renovationen sowie 36.4 Mio. CHF auf Böden+Beläge.  Beide Segmente erfuhren Umsatzsteigerungen von zusammen 5.1 Mio. CHF, wobei mit 3.9 Mio. CHF der Grossteil von der Sanierungssparte beigesteuert wird. Das gute Abschneiden führen die Partner bei Weiss+Appetito auf die jeweils führende Stellung der Spezialisten aus dem eigenen Haus zurück. Zum weiteren Ausbau der Marktstellung übernahm Weiss+Appetito zum 1. Januar 2023 den Spezialisten für geschliffene Design-Böden paviREY in Hirschthal.

Spezialdienste mit Wachstumsschub

Das Segment Saugen+Blasen, das auch die Spezialdienste und Begrünung umfasst, steigerte den Umsatz um beachtliche 4.9 Mio. CHF auf 48.8 Mio. CHF. Dazu trägt die Integration des zuvor übernommenen Unternehmens Heid bei, ebenso der starke Geschäftsgang in Österreich. Alle Geschäftseinheiten haben gute Resultate erzielt. Das Segment hat «einen grossen Beitrag zum Ergebnis beigesteuert». Als limitierend entwickelt sich unternehmensweit die Lage am Personalmarkt, insbesondere auf den Auslandsmärkten. Das heisst vor allem in Deutschland, dem nach der Schweiz wichtigsten Markt für Weiss+Appetito. Mit 31.3 Mio. CHF werden 21% des Umsatzes im Nachbarland erzielt. Auf Österreich entfallen 4%, auf Frankreich 2%.

Prestige-Auftrag für Rohrleitungssparte

Im Segment Rohrleitungstechnik und Anlagenbau gab dagegen der Umsatz um 7 Mio. CHF auf 14.4 Mio. CHF deutlich nach. In der ersten Jahreshälfte herrschte wegen den Unsicherheiten und Preisoszillationen an den Energiemärkten weitgehend eine Auftragsflaute. Dann jedoch folgte eine starke Auftragserholung, u.a. durch mehrere Projekte zur Gasleitungsumlegung sowie die Entscheidung des Bundesamts für Energie zum Bau eines Reserve-Kraftwerks in Birr. Die Rohrleitungen werden von der Tochter Josef Muff AG gebaut. Nur ein Teil der erbrachten Leistungen wird vor Fertigstellung im Umsatz erfasst. Für 2023 ist eine hohe Dynamik zu erwarten. Gleichzeitig kann der prestigeträchtige Auftrag die Tür für weitere Projekte ähnlicher Art öffnen.

Gute Auftragslage beim Technik-Center

Im Segment Technik-Center stagnierte der Umsatz bei 5.5 Mio. CHF. Hier sind drei Geschäftsbereiche zusammengefasst, die Sondermaschinen nach Kundenanforderungen in den Bereichen Spezialfahrzeugbau und Baumaschinen+Nutzfahrzeuge herstellen sowie die Autowerkstatt. Bei den beiden Letzteren lief das Geschäft rund, während im Spezialfahrzeugbau viele Projekte in Angriff genommen wurden, jedoch keine Auslieferungen stattfanden. Auch in diesem Fall wirkt sich der Mangel an geeignetem Personal als dämpfend aus. Die «sehr gute Auftragslage» Anfang 2023 lässt jedoch einen guten Geschäftsverlauf erwarten.

Fazit

Die Agilität und gute Anpassungsfähigkeit an die sich schnell wandelnden Marktbedingungen sowie die vorausschauende Innovations- und Expansionspolitik machen sich bei Weiss+Appetito bezahlt. Wenn auch der Gewinnausweis für das Geschäftsjahr 2022 leicht rückläufig ausfällt, so zeigt sich doch bei genauerer Betrachtung und unter Berücksichtigung der verschiedenen Sondereffekte, dass die Wachstumsdynamik ungebremst ist, die Margen wohl nur vorübergehend Spuren des Inflationsschubs aufweisen werden und die Positionierung in vielversprechenden Marktsegmenten wie Begrünung, Ladestationen oder Bausanierung voranschreitet. Erste grössere Projekte in diesen relativ neuen Geschäftsfeldern bestätigen die Strategie der Expansion in zeitgemässe Produkte und Dienstleistungen, die bei den Kunden auf Nachfrage stossen.

Chart Weiss+Appetito
Kursverlauf der Aktie von Weiss+Appetito seit 2020. Chart: otc-x.ch

Die auf OTC-X gehandelte Aktie hat seit Anfang Jahr 2,4% auf 350 CHF zugelegt. Das KGV ist mit 6.3 unverändert günstig, das KBV mit 0.54 ebenfalls.

Bernexpo: Über 330’000 Besuchende an der 70. BEA

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In den zehn Tagen besuchten über 330'000 Personen die Publikumsmesse BEA. Bild; zvg
In den zehn Tagen besuchten über 330’000 Personen die Publikumsmesse BEA in Bern. Bild; zvg

Auch die 2. Ausgabe der traditionsreichen Berner Publikumsmesse BEA nach der Pandemie ging am 7. Mai erfolgreich zu Ende. Wie die Bernexpo Groupe mitteilte, seien über 330’000 Besucherinnen und Besucher in den zehn Messetagen auf das Bernexpo-Areal geströmt. Damit liegt die Anzahl Besuchende an der 70. BEA deutlich über dem Vorjahr. 2022 wurde eine Zahl von «mehr als 300’000» gemeldet. Vor der Pandemie im Jahr 2019 waren es lediglich 290’000. «Die Besuchenden sowie auch die rund 840 Ausstellenden haben eine grossartige BEA erlebt», wird Messeleiter Adrian Affolter in der Medienmitteilung zitiert. Auch wenn die Anzahl Besuchende zugelegt hat, so lag die Anzahl Ausstellende unter der von 2019. Seinerzeit wurde von 950 Ausstellern berichtet.

Seit Jahresbeginn hat der Aktienkurs um über 8% zugelegt.

Die Aktien der Bernexpo Holding werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden Kurse von 320 CHF pro Aktie bezahlt.

Weleda: Beauty-Flaute und Fabrikschliessung belasten Resultat

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Weleda setzt auf natürliche Ingredienzen – etwa auf Granatäpfel für die Gesichtspflege.

Wenn die Teuerung anzieht, ändern sich die Prioritäten der Konsumenten. Das hat auch Weleda, der Baselbieter Hersteller von Naturkosmetik und Naturarzneimitteln, im vergangenen Geschäftsjahr feststellen müssen. Die Einnahmen sanken um 2,6% oder 11 Mio. EUR auf 413 Mio. EUR. In Franken belief sich der Umsatzrückgang sogar auf 10% (minus 43 Mio. auf 416 Mio. CHF). Das Unternehmen bilanziert seit vielen Jahren in Euro.

Die beiden Geschäftsbereiche Naturkosmetik und Arzneimittel entwickelten sich 2022 unterschiedlich: Der Umsatz mit Naturkosmetik sank in Euro gerechnet um rund 5%, während jener mit Arzneimitteln 7% zulegen konnte. Der Bereich Arzneimittel baute so den Anteil an den Gruppeneinnahmen auf 21% aus. «Nach vielen Jahren des Wachstums haben wir 2022 durch die globalen Krisen und Inflation erstmals einen Umsatzrückgang hinnehmen müssen. Dies betraf viele Unternehmen aus der Bio- und Naturkosmetik-Branche», sagt Thomas Jorberg, Geschäftsführer von Weleda. Die Kaufzurückhaltung bei den Kunden sei verständlich, wenngleich auch bedauerlich.

Vorreiter bei Naturkosmetik

Im vergangenen März wechselte Thomas Jorberg, der bisherige Präsident des Weleda-Verwaltungsrats, in die Position des Vorsitzenden (Executive Chair). Jorberg war bis 2022 Geschäftsführer (Vorstandssprecher) der deutschen GLS Bank. Nun will er bei Weleda den integrierten Blick über alle Ressorts stärken. Es ist geplant, dass Jorberg die Position des Executive Chairs für zwei Jahre innehat. In dieser Zeit soll ein CEO rekrutiert und eingearbeitet werden.

«Angesichts der bekannten externen Herausforderungen wie Inflation, Energiekrise und Ukrainekrieg gilt es, das Unternehmen gut durch diese Zeiten zu führen», beschreibt der «Executive Chair» seine Strategie. Zusammen mit den Geschäftsleitungsmitgliedern arbeite er vor diesem Hintergrund an langfristigen strategischen Aufgaben. Es sei das Ziel, Vorreiter im Bereich Naturkosmetik und in komplementärer Medizin zu bleiben.

Rückgang mit Ansage

Auf die Frage, ob sich mit der Covid-Pandemie bei den Konsumenten eine Skepsis gegenüber ganzheitlichen, anthroposophischen Anwendungen breit gemacht habe, antwortet der Geschäftsführer: «Wir sehen nach wie vor einen hohen Bedarf an integrativer oder komplementärer Medizin bei Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten.» In der Region Deutschland-Österreich-Schweiz (DACH), die rund 63% Prozent des Umsatzes erwirtschaftete, stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um rund 7,9%, hauptsächlich durch ein sehr starkes Wachstum im Bereich Auge und Erkältung.

Thomas Jorberg, Executive Chair Weleda

«Wir sehen nach wie vor einen hohen Bedarf an integrativer oder komplementärer Medizin.»

Eine Überraschung war der Umsatzrückgang aber nicht. Bereits im vergangenen September machte das Unternehmen im Aktionärsbrief eine ziemlich akurate Prognose. Weil die Umsatzentwicklung von Weleda Naturkosmetik in den wichtigen Märkten Deutschland und Frankreich deutlich hinter den Erwartungen bleibe, erwarte das Unternehmen 40 Mio. EUR oder 10% weniger Umsatz, hiess es damals. Und weiter: Die Bio-Fachmärkte und Topmarken wie etwa Weleda hätten deutliche Umsatzrückgänge, während die billigeren Eigenmarken im Handel entsprechende Umsatzzuwächse verzeichneten.

Von Rabatt-Aktionen konkurrenziert

Nachdem sich der Weleda-Umsatz während der Pandemie erfreulich stabil gezeigt hat, hat das Unternehmen gemäss Jorberg seit Anfang des Jahres 2022 eine Kaufzurückhaltung vor allem bei hochpreisigeren Körperpflege-Produkten wie etwa den Körperölen zu spüren bekommen. Dagegen zeigten sich die Weleda Duschprodukte, auch dank der neu eingeführten festen Duschpflege, ziemlich stabil. «Insgesamt konnten wir im Markt eine Verschiebung hin zu Rabatt-Umsätzen beobachten, von der Naturkosmetik-Marken weniger profitieren.»

Rund die Hälfte des Umsatzes entfällt auf die DACH-Länder. In dieser Region hat Weleda jedoch einen Einnahmenrückgang von 5% hinnehmen müssen. Die Verkäufe stiegen ausserhalb der DACH-Region und Frankreichs um 3%.

Am französischen Standort Huningue werden seit diesem April keine Arzneimittel mehr hergestellt. Diese Restrukturierung hat 129 Stellen gekostet und ist gemäss Unternehmen zusammen mit den inflationsbedingten Kostensteigerungen der Hauptgrund für das Absinken des konsolidierten Betriebsergebnisses (EBIT) in den roten Bereich. Diese Kennzahl sank von einem Plus von 13.3 Mio. EUR im 2021 auf Minus 3.3 Mio. EUR im vergangenen Jahr. Die Kosten für Mitarbeitende und soziale Leistungen erhöhten sich im Geschäftsjahr 2022 um 17% auf 194 Mio. EUR. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 2456 Angestellte.

Frankreich bleibt wichtig

Frankreich bleibt gemäss Jorberg aber wichtig: «Wir bleiben auf dem französischen Markt mit unseren Arzneimitteln vertreten. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäfts.» Zwar sei die Arzneimittelproduktion in Frankreich geschlossen worden; der Standort in Huningue bleibe darüber hinaus aber erhalten. Mit einem an die Rahmenbedingungen angepassten Arzneimittel-Sortiment soll die Marktposition in Frankreich und in Europa gestärkt werden.

Weleda befindet sich nicht in einer Schrumpfkur, das Unternehmen investiert weiter in die Infrastruktur in Arlesheim und im deutschen Schwäbisch Gmünd, wo vor allem der Neubau eines Logistikzentrums ins Gewicht fällt. Das Investitionsvolumen erhöhte sich im vergangenen Geschäftsjahr um drei Viertel auf 37.4 Mio. EUR. Darunter litt auch die Eigenkapitalquote, die sich um 8,1 Prozentpunkte auf 46% reduzierte.

Das Unternehmen hat auf den Umsatzrückgang reagiert. Weleda hat die Wachstumserwartungen angepasst und ist daran, die Kosten zu reduzieren. «2023 werden wir eine grössere Anzahl an Naturkosmetik-Neuprodukten auf den Markt bringen. Wir können dadurch flexibler auf Marktschwankungen reagieren», sagt Jorberg. Den Auftakt habe im März eine vollständig überarbeitete straffende Gesichtspflegeserie auf Basis von Granatapfel und Peptiden der Maca-Wurzel gemacht. Im ersten Quartal 2023 hat das Unternehmen seine Planziele wieder erreicht.

Partizipationsschein

Die nachlassende Lust der Konsumenten auf Markenprodukte in der Kosmetik hat auch auf den Kurs des ausserbörslich gehandelten Partizipationsscheins (PS) durchgeschlagen. Innert Jahresfrist ist die Notierung von knapp über 5000 CHF auf rund 3600 CHF gefallen. Damit dürften die aktuellen Inflationssorgen eingepreist sein. Mit der Fokussierung auf Nachhaltigkeit und natürliche Produkte liegt das Unternehmen aus Arlesheim im Einklang mit der gesellschaftlichen Entwicklung. Das dürfte sich langfristig auch für die Aktionäre auszahlen. Ein Wermutstropfen: Für das Jahr 2022 schlägt der Verwaltungsrat vor, auf eine Dividende zu verzichten. Im Vorjahr waren noch 35 CHF ausgeschüttet worden.

Kurs des PS von Weleda in CHF. Chart: otc-x.ch

Fazit

Auch unter neuer Führung wird Weleda im laufenden Jahr die harzige Entwicklung kaum hinter sich lassen können. Das Unternehmen rechnet mit «einer anhaltend hohen Inflation und dadurch einer weiterhin verhaltenen Konsumstimmung und wachsendem Wettbewerbsdruck». Das hindert die Gruppe nicht daran, sich anspruchsvolle Ziele zu setzen: Die Marktanteile in Frankreich und Deutschland sollen zurückgewonnen und im restlichen Europa, den USA und Asien ausgebaut werden. Die Verkaufszurückhaltung 2022 spiegelt sich in einem Anstieg des Vorratsbestandes um fast einen Drittel auf 92 Mio. EUR.

LSB Grindelwald-Pfingstegg: Schönes Wetter, schöne Gewinne

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Die Nebengeschäfte wie die Fly-Line oder die Sommer-Rodelbahn tragen bereits zu einem Drittel zum Gesamtumsatz der LSB Grindelwald-Pfingstegg bei. Bild: pfingstegg.ch

Um eines muss sich die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg nicht sorgen: den Schnee. Denn die Luftseilbahn verkehrt nur in der warmen Jahreszeit; die diesjährige Eröffnung ist am 13. Mai.

Rekordumsatz

Wenn dann der Frühling, Sommer und Herbst mit überdurchschnittlich gutem Wetter die Touristen in die Berge locken, dann heisst das für das Unternehmen prächtige Umsätze und Gewinne. So geschehen im Jahre 2022, das laut Geschäftsbericht ein Rekordjahr war. 159’950 Besucher zog es an den 156 Betriebstagen auf die Alp Pfingstegg, so viele wie noch nie. Was die Kassen ordentlich klingeln liess. Der Betriebsertrag belief sich auf 2.49 Mio. CHF − eine Verdopplung gegenüber dem corona-geplagten Vorjahr. Aber auch gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2019 ist die Steigerung mit knapp 50% beträchtlich.

Erfolgreiches Nebengeschäft

Neben einem deutlichen Anstieg der Transporte mit der Luftseilbahn schenkt vor allem die Rodelbahn und die Fly-Line, die im Oktober 2019 eröffnet wurde, deutlich ein. Der Umsatz in diesem Segment betrug allein 813’000 CHF. Das Nebengeschäft im Ganzen liefert mittlerweile über einen Drittel des Gesamtumsatzes. Im Vergleich zum 2019 habe sich gezeigt, dass die fast abwesenden Gruppentouristen für die Pfingsteggbahn kein Nachteil gewesen seien. Die annähernd 100% vorhandenen Individualtouristen, gepaart mit dem schönen Wetter, hätten für das Unternehmen eine optimale Mischung zur Generierung des Rekordumsatzes ergeben, schreibt die Pfingsteggbahn in ihrem Geschäftsbericht.

Höherer Betriebsaufwand

Der Betriebsaufwand hat gegenüber dem Vorjahr um ca. 0.31 Mio. CHF (34,3%) auf 1.23 Mio. CHF zugenommen. Insbesondere die Personalkosten sind mit 39% höher ausgefallen, im Vorjahr waren noch wesentliche Kurzarbeitsentschädigungen angefallen. Auch der Sachaufwand liegt um CHF 0.1 Mio. CHF 27,1% höher als im Vorjahr.

Mit einem EBITDA von 1.26 Mio. CHF konnte ein operativer Gewinn ausgewiesen werden, der über 50% des Jahresumsatzes beträgt. Das EBIT beträgt 0.84 Mio. CHF (Vorjahr: – 0.18 Mio. CHF). Beim ausserordentlichen Aufwand handelt es sich grösstenteils um die Erhöhung der Erneuerungsrückstellung von 300’000 CHF.

Keine Dividende

Unter dem Strich weist die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg somit einen Gewinn von 0.312 Mio. CHF aus. Der Bilanzgewinn von 404’000 CHF wird auf die neue Rechnung vorgetragen. Die Aktionärinnen und Aktionäre gehen für 2022 leer aus, eine Dividendenzahlung ist aufgrund der Covid-Notkredite nicht möglich.

Das gute Wirtschaften ermöglicht es dem Unternehmen überdies, einen Kredit der Berner Kantonalbank (BEKB) mit 300’000 CHF um die Hälfte zu reduzieren. Die Erneuerungsrückstellungen wurden um 300’000 CHF auf neu 700’000 CHF erhöht. Die Eigenkapitalquote sank damit von 57% 2021 auf 53% im letzten Jahr.

Fazit

Bergbahnen und Outdoor-Vergnügen sind vom Wetter abhängig. Wenn das mitspielt, wie im sehr schönen Sommerhalbjahr 2022, kommen die Tourismusanbieter in diesem Segment voll auf ihre Kosten. So auch die Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg, die überdies noch den Vorteil hat, vom Wintertourismus und damit von der Schneelage völlig unabhängig zu sein.

Auch zeigt sich, dass die Corona-Zäsur einem Unternehmen, das voll auf Individualtouristen setzt, weniger anhaben kann, als wenn man von Gruppenreisen abhängig ist.

Die Aktie der Luftseilbahn Grindelwald-Pfingstegg wird auf otc-x gehandelt. Zuletzt kostete eine Aktie 1’251 CHF, ein deutlicher Anstieg seit Anfang Jahr, als die Aktie noch zu 1’150 CHF gehandelt wurde.

Kursverlauf der auf otc-x gehandelten Aktie der LSB Grindelwald-Pfingstegg im letzten Jahr. Quelle: otc-x.ch

Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 findet am 26. Oktober in Interlaken statt.

Luftseilbahn Wengen-Männlichen: Wetter sorgt für Rekorde

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Die Luftseilbahn Wengen-Männlichen ist wieder im Aufwärtsmodus. Bild: zVg

Eine um die andere der Bergbahnen, die in diesen Wochen ihren Jahresbericht 2022 veröffentlichen, verzeichnete im letzten Jahr Rekordfrequenzen. Nach dem Pandemie-Absturz und den entsprechenden Verlusten, die nur mit Hilfen der öffentlichen Hand gemildert werden konnten, verdanken die Bahnen unisono einer Tatsache die schnelle Erholung: dem Wetter!

Technische Beschneiungsanlagen sind ein Muss

Das trifft genau so auch auf die Luftseilbahn Wengen-Männlichen (LWM) zu. So zählte der Winter 2022 zu einer der besten Wintersaisons in der Geschichte der Jungfrau Region. Die LWM profitierte dabei auch von den ungünstigen Wetterbedingungen in den Voralpen mit zu hohen Temperaturen und zu wenig bis gar keinem Schnee. Skitouristen mussten deshalb in hochalpine Regionen ausweichen. Wenig Schnee war auch ein Thema in der Jungfrau Region; erneut habe sich aber gezeigt, «dass die technischen Beschneiungsanlagen heute nicht mehr wegzudenken sind und somit auch das gesamte Gewerbe in Wengen davon profitiert», schreibt die LWM in ihrem Jahresbericht.

Und auch der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite. 86 Schönwettertagen standen 49 bedeckte Tage und nur 17 Schlechtwettertage entgegen. Unter dem Strich erzielte die LWM damit einen neuen Besucherrekord. Im Winter mit 338’000 Gästen, im Sommer mit 159’000.

Rückkehr der internationalen Gäste

Internationale Gäste kehrten zurück, die Reiselust sei weiterhin ungebrochen vorhanden, konstatiert die LWM. «Was fast niemand für möglich hielt, wurde im Sommer 2022 aber tatsächlich Realität. Noch nie in der Geschichte der LWM wurden in einem Sommer mehr Gäste transportiert als im Jahr 2022», schreibt das Unternehmen.

Das hohe Besucheraufkommen schlägt sich in den Geschäftszahlen nieder. Der Umsatz lag mit 3.395 Mio. CHF praktisch auf gleichem Niveau wie im bisherigen Rekordjahr 2019. EBITDA und Gewinn liegen gar so hoch wie noch nie: Die LWM erwirtschaftete ein EBITDA von 1.265 Mio. CHF und einen Gewinn von 380’000 CHF. Selbst nach Abschreibungen von 806’000 Franken, die damit wieder Vor-Pandemie-Niveau erreichten, weist das Unternehmen ein EBIT von 459’000 CHF aus.

Teilrückzahlung des Notkredits

Das Umlaufvermögen steigerte sich auf 1.98 Mio. CHF. Zu beachten gilt, dass der bezogene COVID-19-Kredit aus dem Jahr 2020 noch zurückbezahlt werden muss. Dieser Kredit wurde im Berichtsjahr um 59‘130 CHF reduziert. Der Buchwert der Anlage beträgt neu 27,28% des Anschaffungswertes (Vorjahr 30,68%). Der langfristige Bankkredit wurde im Berichtsjahr um CHF 300‘000 minimiert und beträgt neu 2.9 Mio. CHF.

Wechsel in der Geschäftsleitung
Willy Müller ist seit April 2023 neuer Geschäftsführer der LWM. Bild: zVg

Remo Spieler, seit 2020 Geschäftsführer der LWM, hat das Unternehmen auf eigenen Wunsch per Ende April 2023 verlassen, um eine neue Herausforderung anzunehmen. Mit Willy Müller tritt der langjährige Technische Leiter der Luftseilbahn Wengen-Männlichen AG als neuer Geschäftsführer an. Der 46-jährige eidg. dipl. Seilbahnfachmann ist wohnhaft in Wengen und arbeitet seit dem Jahr 2000 bei der LWM.

Fazit

Es geht der LWM wie so vielen anderen Bergbahnunternehmen. Nach den Tal-der-Tränen-Jahren durch Corona schreibt man Rekordumsätze und fährt wieder Gewinne ein. Das ermöglicht es den Unternehmen im Allgemeinen und der LWM im Besonderen, Notkredite zurückzubezahlen und langfristige Bankschulden abzubauen. Im Zuge dessen steigen auch die Eigenkapitalquoten wieder an, bei der LWM um 4 Prozentpunkte auf gesunde 61%.

Von dem Aufschwung haben die Aktionärinnen und Aktionäre jedoch insofern nichts, weil sie weiterhin keine Dividende erhalten. Bleibt für sie nur zu hoffen, dass der Wettergott weiter mitspielt und sich so die Ertragssituation auch in den kommenden Jahren verbessert.

Die Aktie der LWM wird über otc-x gehandelt und kostete zuletzt 174 CHF.

Kursverlauf der Aktie der LWM. Quelle: otc-x.ch

Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 findet am 26. Oktober in Interlaken statt.

Michael Auer, VRP Säntisbahn: «Der Säntis hat eine mythische Anziehungskraft»

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Verwaltungsratspräsident Michael Auer sieht die Säntis Schwebebahn als regional verankertes Unternehmen mit Fokus auf die Kundschaft aus der Schweiz. Bild: zVg 

Die Säntis Schwebebahn AG konnte in 2022 mit 21.8 Mio. CHF ein Rekordergebnis erzielen. Und das, obwohl die Frequenzen mit 382’000 Besuchenden unter dem bisher besten Jahr 2018 lagen, als 424’000 Gäste zu verzeichnen waren.

Unter dem Strich weist das Unternehmen für 2022 eine schwarze Null aus. Das liegt auch daran, dass für das Projekt «Schwebebahn 2026» über eine halbe Million CHF zurückgestellt wurden.

Im Interview mit schweizeraktien.net äussert sich Verwaltungsratspräsident Michael Auer über den Wechsel an der operativen Spitze des Unternehmens, erklärt den Stand des Neubauprojekts der Schwebebahn und führt aus, warum die Aktionärinnen und Aktionäre keine Dividende erhalten.

Herr Auer, Sie haben Anfang diesen Jahres einen neuen Geschäftsführer ernannt, der die zukünftigen Geschicke der Säntisbahn lenken soll und seit 1. April 2023 im Amt ist. Warum ist Ihre Wahl mit Jakob Gülünay auf einen Digitalexperten gefallen, der keine Erfahrung im Bergbahnbetrieb mitbringt?

Die Säntisbahn Schwebebahn AG ist eine vielseitige touristische Erlebnisplattform. Wir betreiben verschiedene Geschäftsfelder und sprechen unterschiedliche Kundengruppen an. Mit Jakob Gülünay übernimmt ein Unternehmer, Digital-, Marketing- und Sales-Experte die Gesamtverantwortung. Er wird dabei durch eine starke Geschäftsleitung unterstützt, in der nebst der Gastronomie- und Hotelkompetenz auch das Bahn- und Infrastruktur-Know-how hervorragend abgedeckt ist. Mit einem kaufmännischen Gesamtleiter ist ausserdem sichergestellt, dass auch die operativen Prozesse wie Finanzen, Personal und Informatik in der Gesamtleitung vertreten sind.

Sie schreiben im Vorwort zum Geschäftsbericht, dass die Frequenzen noch nicht den Vor-Corona-Level erreicht hätten. Dennoch liegen der Umsatz mit 21.8 Mio. CHF und der Erfolg auf Stufe EBITDA mit 4.2 Mio. CHF doch klar über den Ergebnissen der Vor-Corona-Jahre 2018 und 2019. Ist das alleine auf das gut ausgelastete Hotel auf der Schwägalp zurückzuführen?

Mit gegen 75% Hotelauslastung sowie einer Steigerung der durchschnittlichen Übernachtungsdauer sowie einem erneut deutlich gesteigerten Seminar- und Kongressgeschäft trägt dieses Geschäftsfeld zum guten Ergebnis des Unternehmens bei.

Sie weisen in der Erfolgsrechnung für 2022 eine schwarze Null aus. Die kommt unter anderem deshalb zustande, weil Sie für das Projekt der neuen Säntisbahn 579’000 CHF an Rückstellungen verbuchen. Auch werden bereits 539’000 CHF als Abschreibungen auf die «Schwebebahn 2026» getätigt. Das klingt, als hätten Sie schon mit den Arbeiten begonnen?

Die Projektarbeiten für die Planung einer neuen Bahn laufen seit drei Jahren. Ein erstes Plangenehmigungsverfahren musste aufgrund von Einsprachen sistiert werden. Zurzeit steht die Umsetzung eines komplexen zweiten Plangenehmigungsverfahrens im Vordergrund.

Sie schreiben, dass Sie das Projekt aus der Stärke Ihres operativen Geschäfts heraus finanzieren können. Von welchem Investitionsvolumen gehen Sie für die neue Säntisbahn aus?

Über das genaue Investitionsvolumen werden wir informieren, sobald das Plangenehmigungsverfahren abgeschlossen ist und damit die letzten Unsicherheiten bezüglich zeitlicher Umsetzung aus dem Wege geräumt sind.

Sie haben mit 67% eine ansehnliche Eigenkapitalquote. In welchem Ausmass werden Sie den Bau der «Schwebebahn 2026» fremdfinanzieren?

Wir planen den Bau der neuen Bahn im Jahre 2026. Die genaue Finanzierungs-Struktur wird sich im Verlaufe der Detailplanung des Projektes abzeichnen.

Lassen Sie uns noch kurz über den Stand des Tourismus sprechen. Mit welchen Schritten versprechen Sie sich, wieder die Frequenzen aus der Vor-Pandemie-Zeit zu erreichen?

Wir sind bereits heute wieder nahe an den Frequenzen der Vor-Corona-Zeit. Der Säntis als Wahrzeichen und Wetterberg der Ostschweiz hat eine mythische Anziehungskraft. Die Ostschweiz hat grosses touristisches Potenzial, und insbesondere das Appenzellerland begeistert die Gäste immer wieder von Neuem. Wir forcieren unsere Business-to-Business-Verkaufsanstrengungen und schaffen neue Kooperation und Zusammenarbeitsformen mit anderen Leistungsanbietern. Damit schaffen wir die Grundlage für den Ausbau der Bekanntheit der Marke «Säntis» und versuchen, neue Kundengruppen in die Ostschweiz zu holen.

Sie sprechen im Vorwort des Geschäftsberichts auch insbesondere vom Fernbleiben der deutschen Touristen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der Wechselkurs-Problematik. Wie wichtig ist für Sie dieses Gäste-Segment? Welchen Anteil nahmen die deutschen Gäste vor der Pandemie am gesamten Besucheraufkommen ein?

Das Gästesegment ist vor allem vor dem Hintergrund des möglichen Ausbaupotenzials wichtig. Detaillierte Zahlen haben wir leider keine, da wir die Herkunft unsere Gäste nicht systematisch erfassen.

Sie wollen in Zukunft neue Kundensegmente erschliessen. An welche Kunden denken Sie? Soll die traditionell eher auf Schweizer Besucher fokussierte Säntis Schwebebahn internationaler werden?

Wir forcieren keine Internationalisierungs-Strategie, sondern bleiben eine regional verankerte und naturnahe Erlebnis-Plattform mit Fokus auf die Kundschaft aus der Schweiz und aus dem grenznahen Raum. Als breit abgestütztes regionales Unternehmen vertrauen wir ausserdem auch auf die Treue unserer 18’000 Aktionärinnen und Aktionäre.

Mit der schwarzen Null, die Sie schreiben, gehen die Aktionärinnen und Aktionäre sozusagen in Vorleistung, was den Neubau der Säntisbahn anbelangt. Wann dürfen Ihre Anteilseigner wieder mit einer Dividende rechnen?

Die nun vor uns stehende grosse Investition in eine Ersatzbahn wird unser Unternehmen noch einmal stark fordern, führt aber zu einer sehr guten Ausgangssituation für die kommenden Jahre. Es ist verfrüht, heute schon eine Aussage bezüglich einer Dividende an die Aktionäre zu machen. Für den Verwaltungsrat steht die nachhaltige finanzielle Entwicklung des Unternehmens im Vordergrund. Die Fähigkeit, betriebsnotwendige Abschreibungen vorzunehmen sowie die notwendigen Investitionen in die Attraktivierung des Unternehmens zu tätigen, werden längerfristig zu einer Wertsteigerung unseres Unternehmens führen.

Wie sind Ihre Aussichten für das Geschäftsjahr 2023?

Wir rechnen mit einem guten Geschäftsjahr und hoffen dabei auch auf das notwendige Wetterglück.

Herr Auer, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Stolze 18’000 Aktionärinnen und Aktionäre zählt die Säntis Schwebebahn AG. Die Aktien werden über OTC-X gehandelt, zuletzt kostete eine Aktie 910 CHF.

Kursverlauf der Säntis-Schwebebahn-Aktie in den letzten drei Jahren. Quelle: otc-x.ch

Jetzt vormerken: Der Branchentalk Tourismus 2023 findet am 26. Oktober in Interlaken statt.

Schweizer Aktien Favoriten 2023: April-Unbeständigkeiten prägen Börsenstimmung

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In der Natur gang und gäbe: Frühblüher werden im April von erneutem Schneefall überrascht. Bild: stock.adobe.com

Der April zeigte beim Wetter und an den Börsen seine sprichwörtliche Wechselhaftigkeit. Rauf und wieder runter, auf Regen folgt Sonnenschein. Der Trend zeigt bei den Temperaturen und an den Aktienmärkten dennoch am Ende des Monats nach oben. Was mag wohl der Mai bringen? Wird er zum Wonnemonat oder heisst es doch eher «sell in May and go away?»

Wenn es so einfach wäre. Egal, ob Inflations- und Zinsprognosen, Schätzungen der Unternehmensgewinne oder des Abschreibungsbedarfs bei Banken – die Meinungen der Finanz- und Börsenexperten gehen in jedem einzelnen Punkt weit auseinander. Wer diese professionellen Einschätzungen verfolgt, sollte aber nicht vergessen, dass es zum einen um aggregierte Zahlen geht, und zum anderen, dass es sich lediglich um Schätzungen anhand von Modellen handelt, deren Treffsicherheit gerade in den letzten Jahren äusserst unbefriedigend war. Natürlich kann man einfach darüber hinweggehen, doch rational ist das Be- oder Verfolgen von grossenteils fehlerhaften Modellen nicht.

Der Markt hat immer recht

«The market tells the story» ist eine Erkenntnis von Marktbeobachtern. Für sie sind die Preisänderungen am «Markt der Märkte» die eigentlichen Informationen, die Investoren Erkenntnisse über Veränderungen der Erwartungen der Marktteilnehmer liefern. Die dazu passenden Nachrichten und Berichte kommen erst hinterher. Und die Inflationszahlen sowie die Gewinnmeldungen der Unternehmen noch später.

Tatsache ist, dass der Markt (fast) immer recht hat. Aktien von Unternehmen mit Pricing-Power performen im aktuellen Umfeld gut und halten ihre teils hohen Bewertungen, doch wo steigende Material-, Energie-, Finanzierungs- oder Transportkosten und zunehmend auch Personalkosten und Fachkräftemangel zuschlagen, leidet auch die Erfolgsrechnung. Risiken schlummern selbst da, wo sie nicht unbedingt vermutet werden.

Aventron wächst …

Aventron meldete Anfang des Monats die Zahlen des Geschäftsjahres 2022. Die Produktion stieg, die Anzahl der Kraftwerke auch. Der Umsatz nahm ebenfalls kräftig zu, und auch die Gewinnsteigerung um 3.9 Mio. CHF auf 20.8 Mio. CHF ist überzeugend. Umgerechnet je Aktie kletterte der Gewinn auf 40.6 Rappen. Der in sechs Ländern, davon vier im Euro-Raum, aktive Grünstromproduzent profitierte zwar kräftig von den Energiepreissteigerungen bei den Strommengen, deren Vergütung nicht durch staatlich garantierte Einspeisevergütungen geregelt ist, aber erlitt beträchtliche Währungsverluste durch den im vergangenen Jahr schwachen Euro. Die sind im Finanzergebnis ausgewiesen, dessen Defizit sich von -14 Mio. CHF im Vorjahr auf -28.1 Mio. CHF mehr als verdoppelte.

… doch Währungsverluste wiegen schwer

Die Euroschwäche respektive die Frankenstärke war jedoch ein Muster, das sich über weite Zeiträume erstreckt hat und folglich auch dem Verwaltungsrat bekannt gewesen sein musste. Mehrere Verwaltungsräte sind sogar ausgewiesene Experten für das Management finanzieller Risiken. Im Geschäftsbericht wird das «Interne Kontrollsystem» hervorgehoben, und es heisst dort, dass «wesentliche Risiken auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und ihre Auswirkungen bewertet werden» sowie, dass diese «durch geeignete Massnahmen vermieden, vermindert oder übergewälzt werden». Das ist aber mit Blick auf die Wechselkursrisiken offenbar nicht in die Praxis umgesetzt worden. Es bleibt daher zu wünschen, dass der vielköpfige Verwaltungsrat zukünftig alle Risiken detektiert und frühzeitig evaluiert, um finanziellen Schaden abzuwenden. Die ansonsten positive Erfolgsgeschichte wird dadurch wohl nicht leiden, zumal die vor allem institutionellen Aktionäre im Verwaltungsrat reichlich vertreten sind und bestimmt auch weiterhin bei Kapitalerhöhungen mitziehen, denn sie verfolgen ja langfristige Ziele.

OTC-X Aktien-Performance

Die Aktie von aventron verlor zum Monatsende hin leicht, wobei die Geld-Brief-Spanne weiterhin 11.80 CHF zu 13.20 CHF beträgt. Die anderen OTC-X Favoriten blieben im Monatsverlauf ebenfalls gering verändert. SSE Holding legte weiter zu, Rapid Holding und Weiss & Appetito konsolidierten. Die Performance der vier Aktien seit Jahresbeginn beläuft sich auf durchschnittlich 2,6%. Der OTC-X Liquidity Index stieg um 1,2%.

Chart SSE
Der Kurs der Aktie von SSE legte seit Jahresbeginn kräftig zu. Chart: otc-x.ch
Gewinnmitnahmen bei Komax – SKAN auf Jahreshoch

Bei den fünf an der SIX kotierten Aktien ist das Bild ähnlich geteilt. Während die SKAN Group die Kursgewinne seit Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2022 noch ausbauen konnte, verloren die Star-Performer der ersten zwei Monate, Komax und Bossard, auch im April Terrain. Komax liegt trotz guter gemeldeter Zahlen aktuell 8,5% unter dem Kurs am Jahreswechsel. In der mehrjährigen Betrachtung zeigt sich allerdings, dass die Aktie sehr stabil durch das Krisenjahr 2022 gekommen ist, dann ansprang und nun nach Gewinnmitnahmen am unteren Ende der Kursbandbreite liegt. Anfang März war darauf hingewiesen worden, dass die schnellen Gewinne bei Komax und Bossard zu Glattstellungen einladen. Ziel der Favoritenliste ist, Aktien zu führen, die aussichtsreich sind – und das gilt auf dem aktuellen Niveau insbesondere für die beiden Automations-Titel.

Chart Komax
Im April lag der Titel von Komax unter dem Niveau vom Jahresbeginn. Chart: six-group.com
Risikoaversion als Leitmotiv

Die Performance hat jedenfalls im April gelitten. Seit Jahresbeginn zeigen die fünf SIX-Valoren einen durchschnittlichen Kursanstieg von 11,2%, der allerdings besser als die des Referenzindex SPIEXX mit 9,2% ausfällt. Volatilität ist im gegebenen Umfeld jedoch zu tolerieren. Die Kerninflation steigt weiterhin, und auch die Bankenkrise ist, wie der aktuelle Fall der First Republic Bank in den USA zeigt, noch nicht vorüber. Das Vertrauen an den Kapitalmärkten ist angeschlagen, und das ist ein Grund mehr, eine risikoaverse Strategie zu verfolgen.

SNB-Erfolgsbilanz ausser Konkurrenz

Ein Alarmsignal stellt derzeit auch dar, dass sich aus unterschiedlichen Gründen alle Welt in der Schweiz scheinbar auf die SNB als Sündenbock einschiesst. Dabei ist die SNB die wohl einzige Institution im erweiterten Umfeld des CS-Debakels, die sich nicht nur nichts vorzuwerfen hat, sondern letztlich eine global ausufernde Banken- und Finanzkrise fürs Erste verhindern konnte. Sie ist zugleich die einzige Zentralbank, die ihr Mandat erfolgreich ausfüllt: Nirgends ist die Inflation tiefer als in der Schweiz! Ihr unkonventionelles und erfrischend souveränes Vorgehen ohne grosse Ankündigungen ist höchst effektiv. Die Unvorhersehbarkeit der Zentralbank-Aktionen zeichnete auch die grossen Zentralbanker der letzten Jahrzehnte wie Volcker und Greenspan aus.

«Lame Ducks» und Falken

Die Moden der Zentralbank-Kommunikation der jüngeren Zeit haben bei Fed und EZB nicht eben zur Erreichung der selbstgesteckten Ziele beigetragen, sondern vielmehr einen enormen Glaubwürdigkeitsverlust verursacht. Powell und Lagarde werden als Zentralbanker und «lame ducks» in die Annalen der Finanzgeschichte eingehen, weil sie die nun hartnäckige Inflation nicht haben kommen sehen, Jordan wird dagegen als wacher und scharfsichtiger Falke eine historische Würdigung erfahren. Insofern spricht zwar nichts gegen externe Kandidaten für die Maechler-Nachfolge und die Erweiterung der Mitgliedszahl im Präsidium auf fünf, die Frage ist nur, ob sich dadurch die hohe Qualität der bisherigen Arbeit verbessern oder verschlechtern wird. Eigentlich bezeugt die Umkehrung ins Gegenteil bezüglich der SNB nur das eigene Unvermögen der Protagonisten hinsichtlich des nationalen CS-Desasters, der verfehlten Inflations- und Zinsprognosen oder anderen relevanten Objekten der Betrachtung.    

Bad Schinznach: Die Rückkehr zur Normalität ist gelungen

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VRP Hans-Rudolf Wyss (Mitte) erläutert Aktionären die Umbaupläne in Bad Schinznach. Bild: schweizeraktien.net

VRP Hans-Rudolf Wyss (Mitte) erläutert Aktionären die Umbaupläne in Bad Schinznach. Bild: schweizeraktien.net

Drei Jahre Pandemie haben auch das Klinik- und Bäderunternehmen Bad Schinznach AG zeitweise extrem gefordert. Doch schon Mitte 2022 zeigten die Zahlen in allen Bereichen wieder nach oben. Die Nettoerlöse lagen im letzten Jahr sogar über den 2019er Werten. Nun nimmt das Unternehmen einen seit längerem geplanten Hotelneubau in Angriff.

Kliniken und Hotel gut ausgelastet

Insgesamt erzielte die Bad Schinznach Gruppe im Jahr 2022 einen Nettoerlös von 53.5 Mio. CHF. Das sind 9,9% mehr als im Vorjahr und sogar 2,3% mehr als 2019, dem Jahr vor Beginn der Pandemie. Im umsatzstärksten Geschäftsbereich Klinik und Hotel – hier betreibt das Unternehmen die Privat-Klinik und das Kurhotel Im Park sowie die Klinik Meissenberg in Zug – wurden Nettoerlöse von 40.1 Mio. CHF erwirtschaftet. Während sich die Pflegetage in den beiden Kliniken mit 19’652 (Im Park) und 24’742 (Meissenberg) ungefähr auf Vorjahresniveau bewegten, legte das Kurhotel mit einem Plus von knapp 4% zu. «Unser Hotel war im letzten Jahr wieder sehr gut ausgelastet», berichtete Verwaltungsratspräsident Hans-Rudolf Wyss an der traditionellen Bilanzpräsentation des Unternehmens.

Drei Viertel der Erlöse steuerten 2022 die Kliniken und das Hotel zu den gesamten Erträgen der Bad Schinznach Gruppe bei. Abb.: Geschäftsbericht 2022

Die grössten Herausforderungen im Klinikbereich habe das Unternehmen Anfang 2022 beim Personal gehabt. Wegen Corona waren immer wieder Mitarbeiter ausgefallen, was den Betrieb erschwerte. Auch mit dem Fachkräftemangel muss sich das Unternehmen auseinandersetzen. «Bisher sind wir mit einem blauen Auge davongekommen», so CEO Daniel Bieri. Aber die Lohnerhöhungen in einigen öffentlichen Spitälern werde auch bei der Bad Schinznach Gruppe zu Anpassungen führen. Der Bäderbereich mit seinen zwei Bädern Aquarena fun und Thermi Spa verfehlte mit 284’289 Frequenzen die Vor-Pandemie-Zahlen um knapp 12%. Zu den Nettoerlösen steuerte dieser Bereich knapp 10 Mio. CHF (Vorjahr: 6.6 Mio. CHF) oder einen Anteil von 18,6% bei. Stabil bleiben die Miet- und Pachtzinserträge mit 2 Mio. CHF. Diese stammen vor allem aus der Vermietung der Wohnüberbauung Meisenpark in Zug, dem Haus Habsburg sowie Pachtzinsen u.a. für den 9-Loch-Golfplatz.

Höhere Energiekosten belasten

Aufwandsseitig stechen insbesondere die höheren Personal- und gestiegenen Energiekosten hervor. Dass die Personalkosten von 32.1 Mio. CHF im Vergleich zum Vorjahr um 2.45 Mio. CHF höher zu Buche schlugen, ist vor allem auf den Wegfall der Kurzarbeitsentschädigung zurückzuführen. Diese betrug 2021 noch 1.27 Mio. CHF. Überraschend ist hingegen der Anstieg der Energiekosten, denn die Bad Schinznach AG hatte schon vor einigen Jahren von Erdgas auf Wärmepumpen umgestellt. «In Bad Schinznach produzieren wir 70-80% der Heizenergie über unsere Wärmepumpen», erläutert Bieri. Für den restlichen Anteil müsse man weiterhin Gas einsetzen. In der Klinik Meissenberg wurde bisher mit Gas geheizt. Aufgrund der Mangellage habe man entschieden, für den Winter 2022/23 von Erdgas auf Heizöl umzustellen. Um den Anteil erneuerbarer Energien in der Zuger Tochterfirma zu erhöhen, ist die Installation einer PV-Anlage geplant. Bei Strom profitiere die Bad Schinznach Gruppe noch von Festpreisen bis Ende 2023. «Wir rechnen damit, dass wir ab 2024 höhere Strompreise zahlen müssen», so Bieri.

Der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) lag mit knapp 7.7 Mio. CHF etwas über dem Vorjahresniveau. Dass trotz geringerer Abschreibungen der Jahresgewinn auf 1.6 Mio. CHF zurückging, ist auf eine geringere Aufwertung der 38,1%igen Beteiligung an der Grosswäscherei Schwob sowie wegfallende Entschädigungen im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie zurückzuführen. 2021 lag die Entschädigung des Kantons Aargau für entstandene Mehrkosten bei 788’000.

Keine grossen Veränderungen zeigen sich in der Bilanz. Zwar erhöhten sich die kurzfristig bezogenen Bankschulden aufgrund der im Jahr 2022 getätigten Investitionen. Dennoch bleibt die Eigenkapitalquote mit 43,2% stabil. Stabil bleibt auch weiterhin die Dividende in Höhe von 48 CHF je Aktie, welche der Verwaltungsrat der Generalversammlung am 24. Mai 2023 beantragt.

Nasser Frühling verhilft zu gutem Start

«Wir haben seit Jahresbeginn richtig an Fahrt aufgenommen», sagt Daniel Bieri mit Blick auf die ersten Monate im laufenden Geschäftsjahr. Das schlechte Wetter in den vergangenen Wochen habe zu höheren Frequenzen in den Bädern geführt, das Hotel sei gut ausgelastet, und auch in den Kliniken laufe es weiterhin gut. Im Gegensatz zu den letzten drei Jahren habe man nun wieder einen kleinen Vorsprung gegenüber dem Budget. Das Jahresergebnis 2023 soll daher leicht über den 22er Werten liegen. Die inflationsbedingt höheren Kosten will das Unternehmen durch moderate Preisanpassungen abfedern.

Die Geschäftsleitung der Bad Schinznach AG, Rolf Tanner (CFO), Marcus Rudolf (Direktor Bäder/Technik), Daniel Bieri (CEO) und VRP Hans-Rudolf Wyss am Modell des Hotelprojekts. Bild: schweizeraktîen.net

Der gute Start hat auch den Optimismus im Leitungsteam beflügelt. Nach Abschluss der Zimmersanierungen im März dieses Jahres steht nun das nächste Bauprojekt an. Bis spätestes Sommer 2026 sollen das bestehende Restaurant sowie der Küchen- und Verwaltungstrakt erneuert werden. Ausserdem entsteht angrenzend an das heutige Restaurant ein moderner Hotelneubau mit einem zweiten Restaurant. Die Investitionen sollen nach heutigen Planungsstand im Bereich von 27 Mio. CHF liegen und mit Fremdkapital finanziert werden. Das Bauprojekt wurde bereits 2019 angekündigt, wegen der Pandemie jedoch aufgeschoben. Allerdings liefen die Planungen stets weiter.

Fazit

Auch die Bad Schinznach AG hat die Folgen der Pandemie hinter sich gelassen und blickt optimistisch in die Zukunft. Dies zeigt der Planungsfortschritt für das neue Hotel. Erfreulich ist, dass es der Gesellschaft in diesem Jahr gelungen ist, auch ohne staatliche Unterstützungsgelder wieder einen akzeptablen Unternehmensgewinn zu erzielen. Bei Kursen von 2’150 CHF, die zuletzt auf OTC-X für eine Aktie bezahlt wurden, liegt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis bei eher hohen 36.5. Der ausgewiesene Buchwert liegt bei 1’679 CHF je Aktie, der Kurs also rund 30% darüber. Die Dividendenrendite von 2,2% ist zwar nicht üppig. Allerdings erfolgt diese sehr konstant – das Pandemiejahr 2020 einmal ausgenommen. Interessant ist der Titel vor allem wegen der hohen Substanz. Sowohl in Schinznach als auch in Zug bestehen Landreserven, die dem Unternehmen gehören und eines Tages bebaut werden könnten.

Der Kurs für die Bad-Schinznach-Aktie hat sich von dem Tief während der Pandemie erholt. Chart: www.otc-x.ch

Somit bleibt die Aktie weiter ein Titel für langfristige Anleger mit einem Faible für Substanzwerte. Interessant ist zu sehen, dass die Anzahl Aktionäre während der Pandemie von 796 auf 824 gestiegen ist. Auch die Wyss Gruppe von VRP Hans-Rudolf Wyss hat 2022 ihren Anteil leicht von 56.6 auf 57% aufgestockt.

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