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Immobilienanlagen im Fokus: Kaufen oder mieten? Die Kehrtwende

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Jetzt heisst es rechnen: Mieten ist gegenüber kaufen an vielen Orten wieder attraktiver geworden. Bild: stock.adobe.com
Jetzt heisst es rechnen: Mieten ist gegenüber kaufen an vielen Orten wieder attraktiver geworden. Bild: stock.adobe.com

Eine chinesische Weisheit sagt: Der Mensch ist nur vollkommen, wenn er ein Haus baut. Oder so ähnlich. Ein Haus symbolisiert Stabilität und Sicherheit. Eine Wohnung steht eher für eine temporäre Lebensphase. So gesehen müssten es ja in der mit dem Attribut Sicherheit oft verknüpften Schweiz viel mehr Hauseigentümer geben als Wohnungsbesitzer. Das ist nicht so. Effektiv hat die Schweiz eine sehr niedrige Wohneigentumsquote. Sie beträgt gegenwärtig weniger als 40%. Der europäische Durchschnitt beträgt etwa 70%. Obwohl unser Land sich eine Wohneigentumsförderung in die Verfassung geschrieben hat, bleibt dieser Wert über die Jahre relativ stabil.

Die grösste Hürde für Kaufwillige ist nach wie vor das Regelwerk für Hypothekardarlehen. Hier wird mit einem fiktiven Hypothekarzins von 5% gerechnet. Weil die Preise für privates Wohneigentum in den letzten 20 Jahren so massiv gestiegen sind, kostet ein Durchschnittshaus im Kanton Zürich momentan durchschnittlich 1.8 Mio. CHF, während man für ein ähnliches Haus in der Stadt Zürich 1 Mio. CHF draufschlagen müsste. Der Test mit dem Hypothekarrechner eines beliebigen Finanzinstitutes zeigt, wie viel Gespartes dafür nötig ist und ab welcher Lohnsumme sich die Pforten des Eigentumsparadieses öffnen.

Ein klassischer Wohntraum

Trotz der hohen Hürden ist der Wohntraum für viele Menschen in der Schweiz intakt. Laut der neusten «Wohntraumstudie» von Helvetia Versicherungen träumten letztes Jahr 46% der Befragten von Wohneigentum und erkoren das klassische Einfamilienhaus auf dem Land als Nonplusultra ihrer Traumwelt. Wer sein Wolkenschloss noch bis 2021 realisierte, profitierte stark vom langjährigen Tiefzinsumfeld. Hypothekarzinsen knapp über 1% befeuerten die Nachfrage. Tatsächlich waren die Finanzierungskosten so tief, dass vor einem Jahr ein Kauf in den meisten Regionen der Schweiz günstiger war als die Miete eines vergleichbaren Objektes.

Heute hat sich hingegen der preisliche Vorteil von Wohneigentum in die Peripherie verschoben. In vielen städtischen oder peri-urbanen Gemeinden ist die Miete wieder günstiger. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Immobilienspezialisten IAZI (siehe Kasten), welche insgesamt über 2000 Gemeinden unter die Lupe genommen hat. Dafür wurden die monatlichen Kosten eines Eigentümers und eines Mieters für die kommenden 10 Jahre berechnet. Auf den folgenden Grafiken lässt sich sehr schnell erkennen, in welche Regionen Käufer von Wohneigentum ausweichen müssen, wenn sie immer noch weniger für das Eigentum als für die Miete bezahlen wollen.

Eigentumsprämie 2021: Schwarz bis blau bedeutet, dass sich ein Kauf lohnt, rot bedeutet, dass das Mieten günstiger ist.
Eigentumsprämie 2022
Corona ist an allem schuld

Die Ursache dieser 180-Grad-Kehrtwende liegt wie manches Übel, das uns umhertreibt, in der Corona-Pandemie. Die Lieferkettenprobleme in den Corona-Jahren führten zu einem unerwarteten Aufschwung und einer enormen Nachfrage, als sich die Länder wieder öffneten. Das wiederum trieb die Preise in die Höhe, und die Notenbanken mussten die Leitzinsen aus dem Minusbereich heraushieven, um die Lage in den Griff zu bekommen. Dieses Jahr könnten gemäss Experten weitere Zinsschritte folgen.

«Die stark gestiegenen Hypothekarzinsen haben Eigenheimkäufe in sehr kurzer Zeit sehr viel teurer werden lassen», sagt Donato Scognamiglio, CEO von IAZI. «Ein Zustand, der sich in nächster Zeit nicht verändern wird, selbst wenn die Mieten demnächst steigen.» Sollte der Referenzzinssatz im Juni angehoben werden, dürften die Mieten um rund 3% zulegen, sofern der Eigentümer die Senkungen ebenfalls immer weitergegeben hat. Eine Analyse von IAZI zeigt aber auch, dass dies nur bei rund 40% der Mieten der Fall sein wird.

Festhypotheken doppelt so teuer

Die Kosten für Festhypotheken haben sich binnen eines Jahres ungefähr verdoppelt. Aktuell kostet eine zehnjährige Hypothek 2,76% Zins, vor einem Jahr gab es die beliebteste Festhypothek noch für 1,5%. Für eine fünfjährige Hypothek zahlt man aktuell 2,55%, vor einem Jahr waren es noch 1,23%. Am Tiefpunkt im März 2020 war eine Zehnjahreshypothek gar für unter 1% zu haben: für 0,99%. Aber natürlich hat man so gut wie nie das Glück, auf dem absoluten Tiefpunkt eine Hypothek abschliessen zu können.

Ungeachtet der Zinswende: In weiten Teilen der Schweiz lohnt sich der Kauf eines Eigenheims noch immer, denn nicht überall kostet ein Einfamilienhaus rund 3 Mio. CHF wie in Zürich oder Genf. Im aargauischen Rupperswil, das sich nur in 27 Minuten Zugdistanz von Zürich befindet, sind die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen moderat geblieben. Ein 10-jähriges Durchschnittshaus mit einer guten Lage und Bauqualität kostet rund 900’000 CHF. Ebenso profitieren Käufer an dezentralen Lagen und in ländlichen Regionen.

Ländliche Regionen mit Sparpotenzial

Im Kanton Bern etwa lebt es sich in 303 Gemeinden im Eigenheim günstiger. Nur in zwölf Berner Gemeinden bezahlt man mehr für den Kauf als für die Miete. Wer also vom städtischen oder peri-urbanen Flair der Metropolitanregionen nicht loskommt, muss unter Umständen tiefer in die Tasche greifen. Während ländliche Lagen erhebliches Sparpotenzial offerieren und zusätzlich noch unberührte Landschaften bieten. Die Bereitschaft vieler Unternehmen, hybride Arbeitsformen zu fördern – einzelne Tage im Homeoffice, einzelne Tage im Corporate Office – erhöht die Toleranz für längere Arbeitswege mit Pendelzeiten von mehr als einer Stunde. So nimmt vielleicht eine neue Landfluchttendenz ihren Anfang.

So wurde gerechnet

Der Immobilienspezialist IAZI untersuchte über 2000 Gemeinden der Schweiz. Verglichen wurde die Marktmiete für eine 4,5-Zimmer-Wohnung, 120 Quadratmeter, und der Preis einer gleichwertigen Neubaueigentumswohnung. Basierend darauf wurden die monatlichen Kosten über die kommenden 10 Jahre für einen Eigentümer und einen Mieter hochgerechnet. Die monatliche Kostendifferenz wird als Prozentwert und in Franken ausgewiesen. Ein roter Wert bedeutet, dass das Mieten günstiger ist als das Kaufen.

Die Eigentumswohnung wird über eine Zeitdauer von 10 Jahren fix finanziert. Die erste und zweite Hypothek werden für 2,8% aufgenommen, bei einer Belehnung von 80%. Neben den Zinskosten wurden Unterhaltskosten von 1% des Marktwertes pro Jahr berücksichtigt sowie die Steuern für den Eigenmietwert. Nicht berücksichtigt wurden Opportunitätskosten des Eigentümers, mögliche Wertgewinne/-verluste der Immobilie oder eine Rückzahlung/Amortisation der zweiten Hypothek.

Hypothekarbank Lenzburg: Inspiration, Innovation und Navigation

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Über 1'000 Aktionärinnen und Aktionäre kamen zur ersten physischen GV der Hypi Lenzburg seit vier Jahren. Bild: Boris Baldinger, schweizeraktien.net
Über 1’000 Aktionärinnen und Aktionäre kamen zur GV der HBL in die Mehrzweckhalle in Lenzburg. Bild: Boris Baldinger, schweizeraktien.net

Grosse Freude bei Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, Aktionärinnen und Aktionären und sämtlichen Gästen, dass zum ersten Mal nach drei pandemiebedingten Ausfällen wieder eine Generalversammlung der Hypothekarbank Lenzburg in der Mehrzweckhalle in Lenzburg abgehalten werden konnte.

Über 1’000 Aktionärinnen und Aktionäre liessen sich diese GV nicht nehmen. Schon mit der Türöffnung zwei Stunden vor dem offiziellen Beginn drängten die ersten in die Halle. Um ihnen die Wartezeit bis zum Beginn der GV etwas zu verkürzen, spielte die ConcertBand der Stadtmusik Lenzburg auf.

VR-Präsident Hanhart hatte richtig «Bock» auf die GV, wie er die Versammelten wissen liess. Bild: Boris Baldinger, schweizeraktien.net

Als dann VR-Präsident Gerhard Hanhart die GV eröffnete, sprach er vom «Bock», den er und seine Kolleginnen und Kollegen auf dem Podium darauf hätten, sich quasi auf dem Tablett den Anwesenden zu präsentieren und ihnen direkt ins Gesicht sehen zu können, wofür er lang anhaltenden Applaus erhielt.

Strategie «Inspire – Innovate – Navigate»

Er freue sich sehr, so Hanhart, einmal mehr über eine stabile Entwicklung der Hypi Lenzburg Bericht erstatten zu können. Die Strategie unter dem Motto «Inspire – Innovate – Navigate», die Verwaltungsrat und Geschäftsleitung für die Jahre 2022 bis 2026 verfolgen, müsse konsequent auf der in den letzten Jahren eingeschlagenen Marschrichtung weiterverfolgt werden, forderte der VRP. Man habe die Voraussetzungen dafür mit Investitionen in Mitarbeitende und Infrastruktur vorangetrieben, das sei unschwer dem Geschäftsbericht zu entnehmen, so Hanhart.

Es lag danach an der operativen Spitze des Unternehmens, die Strategie mit Zahlen aus dem letzten Geschäftsjahr und einem Tätigkeitsbericht zu unterfüttern. CEO Marianne Wildi machte dies in gewohnter souveränen Manier. Allerdings begann auch sie wie ihr VRP mit einem Rückblick auf die Jahre ohne physische GV. Wildi erinnerte daran, dass man 2019 beim letzten Zusammentreffen das 150-Jahre-Jubiläum mit vielen Festivitäten gefeiert habe, wovon sie bis heute noch regelmässig Bilder von begeisterten Aktionärinnen und Aktionären erhalte.

CEO Marianne Wildi betonte an der GV, wie entscheidend die richtige Navigation in diesen herausfordernden Zeiten sei. Bild: Boris Baldinger, schweizeraktien.net
«Veränderungen treten ein – oft schneller, als wir das erwarten»

«Hätten Sie mir vor vier Jahren geglaubt, wenn ich Ihnen im Ausblick berichtet hätte, dass uns eine Pandemie trifft, dass Krieg in Europa herrscht und wir über hohe Inflationsraten und stark gestiegene Energiepreise klagen?», fragte sie in die Runde. «Veränderungen treten ein – oft schneller, als wir dies erwarten», so Wildi. Und damit war sie mittendrin in den Turbulenzen, die auch die Hypi Lenzburg direkt betreffen: nämlich der Zinssituation, die nach jahrelanger Tiefzinspolitik durch die Nationalbanken mit jetzt steigenden Zinsen eine markante Umkehrung erhalten hätten, wobei ein Ende noch nicht in Sicht sei.

Für die Hypi Lenzburg ist die Zinsentwicklung positiv. Der Zinsertrag habe sich nach Jahren sinkender Margen 2022 in die richtige Richtung entwickelt, erläuterte Wildi. Trotz einer leichten Verbesserung werde die Erzielung einer ausreichenden Zinsmarge aber auch in Zukunft eine Herausforderung bleiben.

Stabiler Gewinn und Anstieg der Kundengelder

Positiv fielen insgesamt die Geschäftszahlen aus, die Wildi dem Aktionariat erläutern konnte. So schloss die Hypi Lenzburg das Geschäftsjahr mit einem Gewinn von 18.6 Mio. CHF ab. Die Kundengelder stiegen um 6,3% auf 5.1 Mrd. CHF, die Ausleihungen um 4,5% auf 4.7 Mrd. CHF. Die Erhöhung der Kundengelder sei insbesondere auf die Partnerschaft mit dem Start-Up Neon zurückzuführen, freut sich Wildi, die seit 13 Jahren die operativen Geschicke des Unternehmens verantwortet. An dem Vorzeigeprojekt Neon zeige sich, wie wichtig die Kooperationsbereitschaft und die aktive Navigation der Hypi sei.

Der Bruttozinserfolg wurde 2022 um erfreuliche 3 Mio. CHF gesteigert. Der Nettozinserfolg steuert damit 70% (Vorjahr 64%) zum Geschäftsertrag bei und ist damit nach wie vor die Hauptertragsquelle. Die zweitwichtigste Ertragsquelle stammt aus dem Kommissionsgeschäft, das unverändert 17% des Geschäftsertrags ausmacht.

Neue Kooperationen

«Wir haben keine Angst vor Grossem, auch nicht vor Kleinem», führte Wildi mit dem Blick auf andere Kooperationen aus. Gemeint ist einerseits die Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post. Die Hypi Lenzburg konnte durch die Filialöffnung der Post für Partnerunternehmen zwei neue Standorte in Muri (AG) und Aarau eröffnen, womit man neue Erfahrungen im Vertrieb sammeln werde, freut sich Wildi. Andererseits nahmen die Lenzburger im letzten Jahr die Zusammenarbeit mit Flatfox auf: 70% der Mieter nutzten in der Schweiz ein Mietkautionskonto für die Hinterlegung der notwendigen Sicherheitsleistung. Auf der Immobilienplattform Flatfox können Kunden ein solches Konto nun digital eröffnen, die Hypothekarbank Lenzburg mache es möglich, so CEO Wildi.

Bei so vielen neu angestossen Aktivitäten erstaunt es nicht, dass die Personalkosten 2022 um 2.7 Mio. CHF gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind. Die zusätzlichen Personalressourcen ermöglichten insbesondere den gezielten Ausbau der Digitalisierung und des Finstar-Netzwerks, begründete Wildi den Anstieg.

Fortsetzung des hybriden Wegs

Zum Ausbau der Digitalisierung gehört auch Lusee, eine interaktive Beratungslösung. Alle Geschäftsstellen werden damit zukünftig ausgerüstet. Wie Lusee funktioniert, wurde den Aktionärinnen und Aktionären in einem Video erklärt.

«Wir bekräftigen unseren hybriden Weg unter anderem durch die innovativen Erneuerungen des Geschäftsstellennetzes», so Wildi zum Schluss ihrer Ausführungen. Man verfolge konsequent den Ausbau des schweizweiten Banking-as-a-Service Angebots.

Grosse Mehrheiten für die Anträge des Verwaltungsrats

Danach war es an Gerhard Hanhart, den statutarischen Teil der GV in gewohnt professioneller Manier und stets mit einer Sottise gewürzt über die Bühne zu bringen. Die Aktionärinnen und Aktionären folgten allen Anträgen des Verwaltungsrats mit grosser Mehrheit. Auch nahmen sie eine Statutenänderung an, die besagt, dass die Bank in Zukunft international und nicht nur in der Schweiz tätig sein könne. Hanhart begründete dies mit der digitalen Aufstellung der Hypi Lenzburg, die vor Landesgrenzen nicht haltmache. Gewählt wurde am Ende der GV auch die Juristin Dr. Josianne Magnin als Zusatzmitglied in den Verwaltungsrat.

Nach der GV zog es die über 1’000 Aktionärinnen und Aktionäre zum Znacht in eines der vier Lokale im Zentrum Lenzburgs. Bild: Boris Baldinger, schweizeraktien.net
Ausklang im Ochsen, der Krone, dem Time-out und im Alten Gemeindesaal

Nach rund zwei Stunden kam es dann zum von vielen Aktionärinnen und Aktionären herbeigesehnten Ende des offiziellen Teils. Nun machte man sich bei schönem Frühlingswetter grossmehrheitlich zu Fuss auf den Weg in die vier Gaststätten Ochsen, Krone, Time-out und Alter Gemeindesaal im Zentrum Lenzburgs, wo der Abend bei einem zünftigen Essen mit Aargauer Spezialitäten und vielen Gesprächen ausklingen sollte. Schon der Weg dorthin zeugte von der perfekten Organisation rund um die GV. Überall waren sehr freundliche Verkehrshostessen und ihre männlichen Pendants tätig, die den Verkehr regelten und jedem einzelnen einen schönen Abend wünschten. Erstaunlich auch, mit welcher Präzision an die tausend Besucher mit einem Drei-Gang-Menu verwöhnt werden. Die Aktionärinnen und Aktionäre waren ob der gesamten Veranstaltung sichtlich erfreut, schon davor wurde ihnen eine Dividende von 115 CHF zugesprochen und wahlweise Zigarren oder Pralinen von der Hypi Lenzburg geschenkt.

Credit Suisse: Kompass für anständiges Wirtschaften ist völlig verloren gegangen

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Fehlende Kontrolle, zerstörtes Vertrauen: die Credit Suisse ist am Ende. Bild: stock.adobe.com
Fehlende Kontrolle, zerstörtes Vertrauen: Die Credit Suisse ist am Ende. Bild: stock.adobe.com

Es ist enttäuschend. Vor 15 Jahre befanden wir uns in einer Bankenkrise. Der UBS musste der Staat unter die Arme greifen. Politik, Wirtschaft und Aufsichtsbehörden wurden nicht müde zu betonen, dass sie alles unternehmen würden, um eine neue Bankenkrise zu verhindern. Seit gestern wissen wir, dass sie versagt haben.

Es ist nun mühsam, nach den Gründen zu suchen. Denn diese sind vielfältig. Teilweise hausgemacht, teilweise durch exogene Schocks wie den Ukraine-Krieg und deren Folgen beschleunigt. Doch ein Punkt ist klar: Es ist ein eklatantes Versagen der Kontroll- und Aufsichtsorgane. Diese haben ihre Funktion unzureichend wahrgenommen.

Verwaltungsrat

Die Probleme, mit denen die Credit Suisse zu kämpfen hat und die ihr schlussendlich das Genick gebrochen haben, sind schon länger bekannt. Ein Debakel wie bei Archegos und Greensill hat die stolze Schweizer Bank geschwächt. Eine zentrale Figur im Verwaltungsrat war hier Urs Rohner, der von 2011 bis 2021 den Verwaltungsrat präsidierte. Von 2004 bis 2009 war er der Rechtschef der CS Group und Mitglied der Geschäftsleitung. Es ist unverständlich, wie Rohner als Rechtschef oder neudeutsch Group General Counsel ab 2009 in den Verwaltungsrat der Credit Suisse aufrücken konnte. Denn während seiner Zeit als Rechtschef geschäftete die CS munter in den USA mit Kunden, die ihr Vermögen in die Schweiz schaffen wollten. Meistens waren es unversteuerte Vermögen.

Einen solchen Mann zum VR-Vize und später zum Präsidenten zu machen, kann als fahrlässig bezeichnet werden. Es überrascht daher nicht, dass auch später immer wieder eklatante Fehler auftauchten, die es der CS bis heute nicht erlaubt haben, wieder in ruhiges Fahrwasser zu steuern. Auch die internen Kontrollsysteme haben offenbar nicht oder nicht ausreichend funktioniert. Gerade ein Urs Rohner, der als ehemaliger Leiter des Group Corporate Center die internen Systeme hätte kennen müssen, hat im Verwaltungsrat nicht durchgegriffen. Doch als Präsident war Rohner auch nicht allein: Insgesamt zählt der Verwaltungsrat zwölf Personen, darunter so schillernde Namen wie die Harvard Professorin Iris Bohnet. Entweder haben die anderen VR-Mitglieder zu wenig Fragen gestellt oder sie haben sich nicht durchsetzen können. In jedem Fall hat der Verwaltungsrat der Credit Suisse völlig versagt. Und dies nicht erst seit dem Abgang von Urs Rohner, sondern vor allem auch während seiner Amtszeit.

Finma

Unmittelbar nach der Finanzkrise wurde 2009 u.a. als Nachfolgerin der Eidgenössischen Bankenkommission eine neue Aufsichtsbörde ins Leben gerufen: die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma. Ihre Aufgabe ist es, «Anleger, Gläubiger und Versicherte zu schützen und darüber zu wachen, dass der Schweizer Finanzmarkt funktioniert». So jedenfalls steht es auf der Website. Eine wichtige Aufgabe, so könnte man meinen. Doch seit Sonntag wissen wir: Auch die Finma hat im Fall Credit Suisse völlig versagt. Dabei wurde der Verwaltungsapparat in den letzten zehn Jahren massiv aufgebläht. 2009 wies die Finma in ihrem Geschäftsbericht noch 328 Vollzeitstellen aus. 2021 waren es 529. Eine Zunahme von 201 Vollzeitstellen oder 58%! Doch entweder wurden hier die falschen Leute eingestellt oder sie wurden auf die falschen Projekte angesetzt.

Kleinbanken ärgerten sich beispielsweise immer wieder über die zunehmende Regulation, da sie enorme Ressourcen bindet. Doch schaute die Finma bei den grossen, systemrelevanten Banken genau hin? Oder hat auch hier die Aufsichtsbehörde zu zahm reagiert? War vielleicht die Nähe vom CS-Verwaltungsrat zur Finma-Geschäftsleitung zu gross? Jedenfalls hätte die Aufsichtsbehörde das Scheitern der zweiten international tätigen Grossbank rechtzeitig mit ihren Kontrollinstrumenten verhindern müssen. Doch genau das hat sie nicht getan: Anleger und Gläubiger, die in CS-Aktien oder Bonds investiert haben, wurde nicht geschützt. Und ein Funktionieren des Finanzmarktes konnte nur in letzter Minute sichergestellt werden, dank eines gemeinsamen Eingreifens von Bundesrat, SNB und den beteiligten Banken.

Wendet noch mehr Regulation Schaden ab?

Angesichts der Grösse des Schadens für den Finanzplatz Schweiz, der mit dem Aus der Credit Suisse angerichtet wurde, dürfte die Forderung nach noch mehr Regulation laut werden. Dies ist sicherlich im ersten Moment verständlich, denn die neue UBS stellt im Falle eines Scheiterns ein noch grösseres Risiko für den Finanzplatz Schweiz und für die gesamte Volkswirtschaft dar.

Doch der Ruf nach zusätzlicher Regulation dürfte nicht die erwünschten Verbesserungen bringen, wie die Vergangenheit schmerzlich vor Augen führt. Was wieder notwendig ist, muss in den Köpfen der Führungspersonen passieren. Mehr Anstand und Moral sind gefragt, und ein persönlicher Kompass, der sich an diesen Grundsätzen orientiert. Dieser ist bei der Credit Suisse verloren gegangen oder hat gar nie existiert. Wie drückte es kürzlich der frühere VR-Präsident eines Familienunternehmens aus: «Es muss das Ziel sein, mit anständigen Mittel etwas Sinnvolles für die Wirtschaft und Gesellschaft zu erschaffen».

Wer dieses Ziel konsequent und mit Bescheidenheit verfolgt, braucht auch nicht ständig neue Regeln und Vorschriften.

Macro Perspective: Ansteckungsgefahr – droht der nächste Banken-Crash?

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«Wir haben gegenwärtig keinen Crash, nur eine warnende Bewegung des Bodens unter unseren Füssen.» Aus einem Brief von 1845 des Bankiers und Politikers Samuel Jones-Loyd, erster Lord Overstone, ( 1796-1883) zwei Jahre vor dem Bankencrash 1847

Es ist der ultimative Spuk für Notenbanker, Politiker und jeden Sparer und Anleger – eine neue Bankenkrise! Viel haben die plötzlichen Bankenpleiten in den USA und der jahrzehntelange Niedergang der Credit Suisse nicht gemein, und doch reagieren die Märkte gleich. Worum es im Grunde geht, ist der Vertrauensverlust. Doch erfahrene Anleger haben aus den Bankenkrisen der Vergangenheit gelernt.

«Sell first, ask questions later» als Maxime hat bei drohenden Finanzkrisen jedenfalls immer vor grösseren Verlusten geschützt. Das war 2008 so, denn die Lehman-Pleite kam ja nicht aus dem Blauen. Schon davor waren Bear Stearns und die Wachovia Bank unter Orchestrierung der Fed in JP Morgan Chase aufgegangen. Und es war auch bei der Schuldenkrise der lateinamerikanischen Länder Ende der 1980er Jahre so, was dann Anfang der 90er Jahre fast zur Pleite von Citi Bank, Chase Manhattan und weiteren systemkritischen, sogenannten Money Center Banks geführt hat.

Rezept zur Überwindung von Bankenkrisen

Es war diese Bankenkrise, bei der Alan Greenspan als Fed-Präsident zum ersten Mal das inzwischen bewährte Rezept für den Umgang mit Bankenkrisen angewandt hat: Zinsen senken, unlimitierte Kreditlinien gewähren und smarte Auffanglösungen initiieren, weil das besser ist als Bankrotte. Der Panik an den Märkten wird so der Wind aus den Segeln genommen. Die befürchteten grossen Pleiten kommen nicht, strauchelnde Banken werden von starken Banken übernommen, und schon bald löst sich die Panikstimmung wieder auf, was dann Zeit für strukturierte Aufräumarbeiten gibt. Ziel ist die Verhinderung von «Bank-Runs» und der damit verbundenen Domino-Effekte.

Ein Echo von 2008/2009?

Das Rezept wurde auch 2008/2009 angewandt, als der schärfste «melt-down» im Finanzsystem seit 1929 die Welt in den Abgrund zu stürzen drohte. Ursache dieser Krise waren Verbriefungen von Hypotheken im Subprime-Bereich. Das klang zunächst risikoarm, führte jedoch aufgrund des zuströmenden Anlagekapitals zu Anlagedruck, was sich in gelockerten Kriterien der Hypothekenvergabe niederschlug. Am Ende platzte die Blase. Millionen Amerikaner verloren ihr Haus, der Bankensektor geriet auch in Europa ins Wanken. Die grössten Summen hatten, wie sich hinterher zeigte, deutsche Landesbanken investiert. Pleiten und staatliche Garantien kosteten die Steuerzahler Hunderte von Milliarden Euro.

Staatliche oder private Lösung?

Auch die UBS geriet ins Schlingern und musste, wie viele andere betroffene Banken in den USA und Europa, Staatshilfen in Anspruch nehmen. Die CS dagegen, ebenso wie die Deutsche Bank, verzichteten und behalfen sich mit privaten Investoren. Beide Banken fielen in der Folge vor allem durch ihre massgebliche Beteiligung an wenig rühmlichen Aktivitäten wie Geldwäsche, Marktmanipulationen, Betrug etc. auf, was in verschiedenen Jurisdiktionen viele Ermittlungen, Durchsuchungen, Prozesse und Strafzahlungen in Milliardenhöhe nach sich zog. Von den angelsächsischen Banken hat sich nur HSBC ähnlich weit von gesetzeskonformen Geschäftspraktiken entfernt, es jedoch besser verstanden, aus dem Rampenlicht zu bleiben.

Die lange Krise der CS und ihr Ende
Dramatischer Kursrückgang seit Jahren bei der Aktie der Credit Suisse. Bild: stock.adobe.com

Die Krise der CS ist hausgemacht und schwelt seit mindesten 2007. Im Zuge der Finanzkrise stürzte die Aktie von über 80 CHF auf 25 CHF Anfang 2009, erholte sich danach auf über 50 CHF und fällt seitdem kontinuierlich, von Zwischenerholungen abgesehen. Die Marktkapitalisierung beträgt noch 7 Mrd. CHF. JP Morgan, zum Vergleich, fiel 2009 von 48 USD auf 23 USD, steigerte sich dann aber auf aktuell 126 USD, was einer Market Cap von 370 Mrd. USD entspricht. Ein der CS ganz ähnliches Bild zeigt die Deutsche Bank, nur dass das Tief auf 2020 fällt und seitdem der Trend einen moderaten Erholungskurs anzeigt. Dennoch: Die Market Cap ist mit 19 Mrd. Euro im internationalen Banken-Universum geradezu lächerlich niedrig. In beiden Fällen haben Management und Aufsichtsgremien über Jahre hinweg versagt und den Aktionären einen Tod auf Raten beschert. Der Kursverlust von CS seit 2007 – von 80 CHF auf zuletzt weniger als 2 CHF – entspricht -98%!

Die Agonie der Aktionäre

Kaum vermittelbar angesichts der Strategie-, Management- und Governance-Defizite ist, wie lange sich die Malaise hat hinschleppen können. Während sich die Banker exorbitante Gehälter und Boni genehmigten, verloren die Kapitalgeber Milliarde um Milliarde. Eine Kurskorrektur im Geschäftsgebaren war bei nüchterner Betrachtung zu keinem Zeitpunkt erkennbar. Nicht zuletzt entsteht auch dem Finanzplatz Schweiz ein ernstzunehmender Reputationsschaden, den die USA und die EU für die Verfolgung ihrer Zwecke wie das Aufspüren von Steuerhinterziehern zu nutzen wissen werden. Im Fall CS ist das für Finanzgeschäfte so unverzichtbare Vertrauen in die Solidität der Institution scheibchenweise über die Jahre verloren gegangen – der Aktienkursverlauf bildet den Prozess genau ab. Und verweist seit Jahren auf das Ende, das nun gekommen ist. Am Sonntag, 19.03., schliesslich das Ende des Dramas: Am Abend wird in einer Medienorientierung bekannt gegeben, dass die UBS für 3 Mrd. CHF in Aktien die CS übernehmen werde. Dazu kommen 9 Mrd. CHF an staatlichen Garantien sowie weitere Unterstützungsmassnahmen.

Der Fall Silicon Valley Bank

Anders ist der Fall bei den Bankpleiten in den USA gelagert. Hier ist das Vertrauen innerhalb kürzester Zeit verschwunden. Es hat auch nichts mit Missmanagement oder Fehlverhalten zu tun. Der Grund ist eher in den Geschäftsmodellen und der strategischen Ausrichtung zu finden. Die Silicon Valley Bank (SVB) hat seit ihrer Gründung 1983 zahlreiche Tech Start-ups mit Finanzdienstleistungen bei ihrem Wachstum unterstützt. Da zuletzt die Einlagen schneller wuchsen als die Kreditvergabe, wurde das überschüssige Kapital in Staatsanleihen angelegt. Als sich plötzlich und immer schneller die Zinsen nach oben bewegten, fielen spiegelbildlich die Bondkurse – und bescherten der SVB eskalierende Buchverluste. Das «Smart Money» erkannte das Dilemma und zog rapide Gelder ab, was schlussendlich in kürzester Zeit zur Insolvenz und Schliessung führte.

Krypto-Banking

Während die SVB als Financier von jungen innovativen Unternehmen durch den Zinsanstieg in die Bredouille geriet, was dann zum Abfluss von Einlagen führte, ist in den Fällen Silvergate und Signature Bank zwar das Ergebnis gleich, der rapide und massive Abfluss von Kapital, doch die Ursache ist eine andere. Silvergate und Signature Bank waren Pioniere des Krypto-Bankings und durch ihre Services wie digitale Transaktionen 24/7 tief in der Industrie verwurzelt. Nach dem Sturz der Krypto-Währungen und dem offensichtlich Werden der hohen Korrelation von Krypto-Assets mit dem Auf und Ab des Technologie-Sektors zogen auch hier die Kunden ihre Einlagen ab. Silvergate begab sich selbst in Abwicklung, die Signature Bank wurde von den Aufsichtsbehörden geschlossen und unter Verwaltung gestellt. Die Pleite der Signature Bank ist die drittgrösste im Bankensektor der USA seit 2008!

Die FTX-Pleite und die Folgen

Dem ging bereits eine ganze Welle von Krypto-Pleiten voraus. Der Sturz von FTX , mit Ursachen und Folgen, war bereits im November 2022 Gegenstand der Macro Perspective. Zahlreiche Krypto-Akteure folgten zwischenzeitlich. Und bereits davor hatte der Krypto-Sektor mit dem Zusammenbruch des dem Namen nach vertrauenerweckenden Sektors der sogenannten «Stable Coins» das Vertrauen bei den Investoren verspielt. Und noch früher, wie ein Kanarienvogel in der Kohlenmine, zeigten sich Preis-Exzesse bei Auktionen – von Handtaschen über moderne Kunst bis hin zu NFTs und virtuellen Grundstücken im Cyberspace, was Gegenstand der Macro Perspective im Januar 2022 war, zufällig das All-Time High vieler Börsenindizes, bevor die Baisse ihren Lauf nahm.

Ursachen und Wirkungen

Die Ursachen sind jeweils unterschiedlich und führen zu verschieden Verwerfungen, die aber jeweils ihren ultimativen Niederschlag im Finanzsektor finden. Die Furcht vor veritablen Finanzkrisen ist gut begründet, denn sie haben das Potenzial, innerhalb kürzester Zeit die über Jahrzehnte geschaffenen Werte auszulöschen. Ein durchgeknallter Trader trieb die Jahrhunderte alte Barings Bank durch seine Spekulationsverluste in den Bankrott. Lehman Brothers war eine der ehrwürdigsten Institutionen an der Wall Street, bis aus Profitgier ein Klumpenrisiko durch Subprime Hypotheken-Verbriefungen ein schnelles Ende brachte und den globalen Finanzsektor aus seinen Angeln zu werfen drohte.

Vermeidung von Panik als oberste Maxime

Es ist die Ansteckung, die Notenbanker fürchten. Deshalb wird nach dem bewährten Rezept vorgegangen. Ins Bild passen die zahlreichen Versicherungen von US-Präsident Biden, Treasury Secretary Yellen sowie hochrangigen Vertretern von EU und Schweiz, dass die Sparvermögen sicher sind. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang einschränkend, dass der Einlagensicherungsfonds der Schweiz lediglich 8 Mrd. CHF umfasst, also weit weniger als bei CS im Regen steht! Auch die von der Fed initiierte vorläufige Rettung der ebenfalls in Kalifornien tätigen First Republic Bank passt ins Bild. Weitere Pleiten vermeiden und bessere Lösungen finden.

Prudent Banking – Fehlanzeige

Die Aktien der meisten Regionalbanken in den USA sind mehr oder weniger abgestürzt, auch wenn die meisten der betroffenen Banken wenig mit Technologie und Krypto Banking zu tun haben. Vielmehr scheint die unter Donald Trump aufgeweichte Regulierung bei nicht als systemkritisch eingestuften Banken diese zu einem, wie sich nun zeigt, zu sorglosen Eingehen von Risiken bewegt. Diese waren allerdings durch die Beschwichtigungspolitik der Fed und anderer Notenbanken gar nicht auf dem Radar. Mit einem Inflationsanstieg wie im letzten Jahr und folglich rapide steigenden Zinsen hatten weder Notenbanker noch Banker oder die meisten Marktteilnehmer in einem solchen Ausmass gerechnet. Und das rächt sich nun.

Vertrauen im Interbanken-Markt schwindet

Die First Republic Bank wird durch Einlagen in Höhe von 30 Mrd. USD durch JP Morgan, Bank of America, Wells Fargo und andere Grossbanken für den Moment gerettet, da diese den Einlagenschwund kompensieren. Eine Pleite weniger für den Moment. Doch der Markt ist extrem angeschlagen, trotz aller Beschwichtigungen. Die Aktie ist allerdings auch am Freitag um weitere 33% gefallen, trotz der 30 Mrd. USD an neuen Einlagen. Der Index der US-Regionalbanken hat innerhalb einer Woche 24,5% verloren. Die Renditen der 2-jährigen US-Bonds verzeichneten in der gleichen Periode einen Rückgang wie zuletzt 1987, nach dem Oktober-Crash. Offenbar ist die Vertrauensbasis in der US-Bankenwelt schwer erschüttert, es gibt Finanzierungsengpässe. Allein in den vergangenen zwei Wochen liehen sich Banken 165 Mrd. USD über dafür vorgesehene Kreditfazilitäten.

Rallye bei Gold und Bitcoin
Wegen der Bankenkrise greifen Anleger seit Jahresbeginn wieder vermehrt bei Gold zu. Chart: money-net.ch
Auch der Bitcoin hat seit Jahresbeginn wieder fast 50% an Wert gewonnen. Chart: money-net.ch

Sollte es das gewesen sein mit Bankpleiten, könnte sich der Markt bestenfalls schnell wieder normalisieren. Doch aufgrund des verzögerten Transmissionsmechanismus entfalten die höheren Zinsen erst nach und nach ihre Wirkung. Fehlallokationen der Anleger im vergangenen Nullzins-Zeitalter werden nun brutal durch die veränderten wirtschaftlichen Realitäten bestraft. Das System reinigt sich selbst von den Exzessen des letzten Börsen-Zyklus. Ein Zeichen ist auch die Stärke des Goldmarktes. Das Edelmetall kostet nun 8% mehr als noch vor einer Woche. Der Bitcoin, die «Alternative» zum etablierten Finanzsystem, schoss in den letzten neun Handelstagen um 20% in die Höhe, wenn auch von ermässigtem Niveau. Der Preis für Öl dagegen stürzte innerhalb einer Woche von 80 USD je Fass auf 66 USD und damit den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren.

Öl befindet sich im Gegensatz zur Gold und Bitcoin in einer Abwärtsbewegung. Chart: money-net.ch
Boom and Bust

Im Grunde gleichen sich die Boom-and-Bust-Zyklen der vergangenen Jahrhunderte. Immer wieder sorgen Innovationen, Entdeckungen, weltpolitische Ereignisse, Krieg oder Frieden für aussergewöhnliche Phasen der Zuversicht an den Börsen, die oft in einen Boom übergehen. Die Gegenstände wechseln und können von Immobilien über Bonds, Rüstung- oder Transportaktien, Rohstoffe, Bau, High-Tech bis hin zu Krypto und SPACs reichen. Grundsätzlich geht allen Crashs ein kreditbefeuerter Spekulationsboom voraus, der durch übermässige, euphorische und sich selbst verstärkende positive Erwartungen oft auch irrationale Züge annehmen kann. Das war beispielsweise 1999/2000 der Fall, aber auch 2020/2021.

Auf Euphorie und Boom folgt immer die Ernüchterung, die zunächst verdrängte Erkenntnis, dass die Erwartungen unrealistisch waren. Manchmal zieht sich der Prozess der Anpassungen der Erwartungen über Wochen, Monate oder sogar Jahre hin, doch oft kommt es sehr plötzlich und führt dann zu einem breiten «Sell-out», wenn erkannt wird, dass die Zukunft nicht ist, was sie bisher zu sein schien. Von einem «Crash» spricht man dann, wenn zu viele Marktteilnehmer zur gleichen Zeit den Exit suchen und der Absturz der Märkte dann die Realwirtschaft negativ beeinflusst. Schlimmstenfalls kommt es zur Depression wie nach 1929.

Financial Distress

Am Anfang der Krise steht, was die Briten so treffend «financial distress» nennen. Der Terminus ist letztlich unspezifisch und wird oft mit Unsicherheit, Fragilität, Druck, Spannung oder ähnlichen Begriffen umschifft. Im engeren Sinn ist auf Unternehmensebene die absehbare Unfähigkeit zur Bedienung und Rückzahlung des Fremdkapitals gemeint, bei Banken auch die Sicherheit der Einlagen. Kann ein Einzelfall in aller Regel gut verkraftet werden, so ist Ansteckung, besonders im Bankensektor, die grösste Gefahr für die Wirtschaft überhaupt. In «distressed situations» wie Anfang 2009 traut keine Bank der anderen, der Interbanken-Markt kollabiert. Ohne Liquidität und verfügbare Kredite droht das gesamte Finanzsystem zu implodieren. 2009 konnte das gerade noch verhindert werden, und die Aufsicht und Regulierung in den USA hat sich bei den systemrelevanten Banken wesentlich verbessert.

Vom Überschwang zur Kapitulation

Dennoch liegt es offenbar in der menschlichen Natur, Warnungen und Vorsichtshinweisen keine Achtung zu schenken, solange die euphorische Stimmung im Boom und bei weiter steigenden Notierungen anhält. Das war vor den zahlreichen Finanzkrisen des 19. Jahrhunderts so, 100 Jahre später auch, und bis heute hat sich offensichtlich nichts daran geändert. Auf Euphorie folgt bei der Anpassung der Erwartungen Zerknirschung und am Ende Kapitulation. Niemand spricht heute noch von Kanal-Aktien, Tauchglocken-Aktien oder den Hunderten von fallierten Automobil-, Computer- und Halbleiteraktien, welche die unrealistischen Erwartungen der Investoren nicht erfüllen konnten. Geblieben sind nur wenige starke Player oder der Geschäftsgegenstand hat in der realen Welt gar keine bleibende Bedeutung erlangt. So oder so, das Gedächtnis der Kapitalmarktakteure ist vom «Survivor Bias» beherrscht, von den ausgeschiedenen Playern redet niemand. Dabei lässt sich gerade aus den historischen Bankenkrisen viel lernen, etwa durch Sensibilisierung für die frühesten Signale von Stress im Finanzsystem.

Contagion Fears und Appeasement-Politik

Die aktuell vielen Beschwichtigungen und Sicherheitsgarantien sowie Notsitzungen sagen übersetzt nur, dass die für Finanzmarktstabilität verantwortlichen Institutionen und obersten Entscheidungsträger wirklich und ernstlich besorgt sind und alles unternehmen, um «Contagion«», Ansteckung, zu vermeiden. Das ist auch klug, denn tatsächlich schafft eine Panik neue Realitäten, indem sie selbst gesunde Banken durch starke Verwerfungen an den Finanzmärkten aus der Spur bringen kann. Der Schaden einer um sich greifenden Panik mit unabsehbaren Folgen wäre mit Sicherheit grösser als eine geordnete Konsolidierung des Bankensektors.

Inflationsbekämpfung hat Vorrang

Viele Marktteilnehmer sehen den Renditerückgang der Staatsanleihen als positives Zeichen und leiten daraus ab, dass die Notenbanken nun den Kampf gegen die Inflation weniger aggressiv verfolgen. Das dürfte sich als falsch erweisen. So hat die SVB vor ihrer Schliessung massiv Staatsanleihen auf den Markt geworfen, um den Vermögensschwund in der Bilanz zu beenden. Andere Banken in ähnlicher Lage werden ähnlich gehandelt haben. Die Notenbanken aber müssen ihre Glaubwürdigkeit in der Bekämpfung der Inflation nach dem Versagen in den Vorjahren erst einmal wieder herstellen. Durch halbe Sachen kann das nicht geschehen. Verschärfte Konflikte zwischen Monetaristen und eher kurzsichtigen Akteuren sind absehbar.

Zu denken gibt in der von Menschen gemachten und zu überwindenden Situation der Bankenkrise auch folgende frühe Erkenntnis von Lord Overstone: «Keine Warnung kann diejenigen retten, denen bestimmt ist, plötzlich reich zu werden.» Das veranschaulicht der Bericht zur Paracelsus-Klinik und anderen Therapie-Einrichtungen für Superreiche.

Neue Zürcher Zeitung: Ein weiteres sehr erfolgreiches Geschäftsjahr

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Die Neue Zürcher Zeitung setzt in Zukunft auich auf die Werbevermarktung. Bild: zvg
Der Höhenflug der Neuen Zürcher Zeitung geht weiter. Bild: Geschäftsbericht der NZZ AG

Wenn der Umfang des Geschäftsberichts der Gradmesser des Erfolgs ist, dann hat die NZZ Gruppe 2022 ein hervorragendes Jahr hinter sich. 140 Seiten dick ist das «Buch», 2019 begnügte man sich an der Falkenstrasse noch mit 60 Seiten. Und auch in den letzten zwei Jahren hat man gerade mal an 100 Seiten gekratzt.

Es gibt also viel, sehr viel mitzuteilen. Zum Beispiel, dass Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod nach 10 Jahren an der Spitze des VRs altersbedingt sein Mandat abgeben wird. Isabelle Welton, ebenfalls seit einem Jahrzehnt ordentliches Mitglied im VR, wird auf der GV zu seiner Nachfolgerin vorgeschlagen. schweizeraktien.net wird in der kommenden Woche ein umfangreiches Interview mit Etienne Jornod publizieren, in dem dieser auf seine Ära an der Falkenstrasse zurückblickt.

Weiter steigende Abo-Zahlen

Welton wird ein Unternehmen übernehmen, das mit einer klaren Strategie, nämlich dem Fokus auf Publizistik, bereits in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich war. So stiegen auch 2022 die Abonnentenzahlen an, insbesondere in Deutschland. Bei den digitalen Abonnentinnen und Abonnenten, die den wesentlichen Teil des Geschäfts im deutschen Markt ausmachen, verzeichnete die NZZ ein Wachstum von über 24%. Der Wachstumswert des Vorjahres von etwas mehr als 10 % wurde noch einmal deutlich übertroffen.

Insgesamt stieg die Zahl der NZZ-Abonnenten seit 2018 von 155’000 auf knapp 210’000, der Umsatz mit der Leserschaft von 81 Mio. CHF auf knapp 92 Mio. CHF. Das sind eindrückliche Wachstumsraten. Sie sind begründet einerseits durch die Strategie mit dem weiteren Ausbau des Standortes Berlin, andererseits auch durch externe Faktoren. Schon Corona und der damit verbundene Informationshunger spielte dem Lesermarkt in die Hände, der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Unsicherheiten tun ihr übriges.

Umsatz- und Abo-Entwicklung der NZZ. Quelle: Geschäftsbericht 2022
Neuordnung der Beteiligung an CH Media

Mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens CH Media (NZZ und AZ Medien) 2018 lagerte die NZZ ihre Regionalmedien-Beteiligungen in St. Gallen und Luzern in das neu geschaffene Joint-Venture aus, an dem die NZZ 50% hielt. Jetzt werden 15% dieser Beteiligung an AZ Medien veräussert.

Die Medienangebote von CH Media seien heute in einer deutlich stärkeren Position als bei der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens. Mit der Erreichung dieser Ziele sei die Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse bei CH Media ein logischer Schritt und eine konsequente Fortführung der NZZ-Strategie, so der Geschäftsbericht. Mit dem Teilverkauf von 15 % des Aktienkapitals übergibt die NZZ nun die Führung des Unternehmens an die Familie Wanner als Eigentümerin der AZ Medien, behält aber einen strategischen Anteil.

Aufgrund der Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse an CH Media und des Übergangs der Führung an die Mitaktionärin AZ Medien verlangten die Rechnungslegungsvorschriften, dass Goodwill im Umfang von 192,4 Mio. CHF über die Erfolgsrechnung zurückgeführt werde, schreibt die NZZ. Der ausserordentliche nicht liquiditätswirksame Aufwand stehe in keinem Zusammenhang mit der Leistung aus ordentlicher Geschäftstätigkeit des Unternehmens NZZ und habe keinen Einfluss auf das Eigenkapital.

Finanzkennzahlen

In erster Linie sticht das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), das in der Berichtsperiode um 6.0 Mio. CHF auf 30.2 Mio. CHF zugenommen hat, heraus: mit einer entsprechend gestiegenen EBIT-Marge, die sich um 2.1 Prozentpunkte auf 12,2% im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Getragen wird dieser Erfolg abermals durch einen stabilen Nutzer-, sprich Lesermarkt und einen Werbemarkt, dessen Einnahmen gegenüber 2021 praktisch unverändert sind. Alleine der übrige Ertrag hat eine starke Zunahme zu verzeichnen und klettert um 7.5 Mio. auf 57.7 Mio. CHF. Nach der Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen im März 2022 profitierte vor allem das Konferenzgeschäft von NZZ Connect inklusive der Flaggschiff-Konferenz Swiss Economic Forum von einer stärkeren Nachfrage und verzeichnete gegenüber dem Vorjahr höhere Ticketeinnahmen, so die NZZ.

Die Steigerung des betrieblichen Gesamtertrags entspricht mit 7.6 Mio. CHF fast genau dem Anstieg des übrigen Ertrags , 247.1 Mio. CHF. nimmt die NZZ 2022 ein.

Umsatzentwicklung nach Ertragsart (in Mio. CHF). Quelle: GB der NZZ

Auf der anderen Seite nimmt der betriebliche Aufwand nicht im gleichen Masse zu und schlägt mit 228.6 Mio. CHF zu Buche (+ 3 Mio. CHF.). Unter dem Strich weist die NZZ einen Gewinn aus ordentlicher Geschäftstätigkeit von 26 Mio. CHF aus.

Die geringe Zunahme des Aufwands erstaunt, da die Verantwortlichen im GB die Folgen der weltweiten Energiekrise und eine Verschärfung bereits vorhandener Lieferengpässe beklagen, durch die die NZZ im vergangenen Jahr mit deutlichen Kostensteigerungen, namentlich bei den Papierpreisen, konfrontiert gewesen sei.

Ausgebaute Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die NZZ habe die nachhaltige Unternehmensentwicklung im Rahmen eines strukturierten Prozesses vertieft, schreiben die Verantwortlichen im Geschäftsbericht. Es seien die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen mit externer Unterstützung ermittelt worden. So weist der Geschäftsbericht detailliert die CO2-Emissionen (2022: 3’542 Tonnen) aus. Den Löwenanteil daran tragen die Druckaufträge mit 64%; die digitale Nutzung, Transporte und Geschäftsreisen folgen mit jeweils 7% Anteil am CO2-Ausstoss.

Ausblick

Die Herausforderungen blieben gross, schreiben Etienne Jornod und CEO Felix Graf im Vorwort zum Geschäftsbericht. Das Unternehmen müsse sich auf ständige Veränderungen und Innovationen einstellen und weiter in die Zukunft des Geschäfts investieren. Solche Investitionen zur langfristigen Stärkung will die NZZ auch im Zusammenhang mit dem im letzten Jahr bekannt gegebenen Teilverkauf der Beteiligung an CH Media tätigen. So soll der Verkaufserlös in den nächsten Jahren vor allem für gezielte Investitionen in die Redaktionen, die Technologie sowie für Marketing und Produktentwicklung verwendet werden.

Fazit

Der Geschäftsbericht platzt aus allen Nähten. Vor allem der zweite Teil, wo die Highlights im publizistischen Bereich abgefeiert werden und sich die künstlerisch Verantwortlichen mit reichlich Bildmaterial austoben dürfen, gleicht eher einem bunten Rechenschafts- als einem Geschäftsbericht. Aber das sind kosmetische Beanstandungen.

Was am Ende der Ära Jornod bleibt, ist eine Akzentuierung der publizistischen Strategie und ein Erfolgsausweis, der sich sehen lassen kann. Wer hätte bei seinem Amtsantritt vor 10 Jahren damit gerechnet, dass der Verkäufer von Medikamenten (Galenica) aus der Romandie (sic!) sich in der journalistischen Löwengrube, und das auch noch im deutschsprachigen Zürich, so erfolgreich durchsetzen würde?

Auch die verhältnismässige Ruhe, die das Haus NZZ ausstrahlt, hebt sich angenehm vom Lärm ab, die andere Zürcher Medienhäuser wie Ringier und die TX Group von sich geben. Die Abberufung der Chefredaktion bei Ringier und die Degradierung des Chefredaktors des Tages Anzeigers lassen einen Rückschluss auf die Nervosität zu, die in diesen Häusern herrscht. Bei der NZZ dagegen herrscht dagegen schon fast Minne.

Jornod hinterlässt seiner Nachfolgerin ein bestens bestelltes Haus. Die Freude bei den Aktionären über eine Sonderdividende von 400 CHF neben der ordentlichen Dividende von 200 CHF durch den 15%-Anteil-Verkauf an CH Media dürfte gross sein. Bei einem Kurs von 7’200 CHF Ende 2022 beträgt die Dividendenrendite inkl. Sonderdividende stolze 8,3%. Der ausgewiesene Buchwert per Ende 2022 lag bei 7’211 CHF je Aktie und damit auf dem aktuellen Kursniveau.

Und auch der Kursverlauf der auf OTC-X gehandelten Aktie kann sich sehen lassen. In den letzten drei Jahren steig der Kurs von 4’300 CHF auf fast 8’000 CHF, zuletzt wurden 7’200 CHF für eine Aktie bezahlt.

Fast 50% hat die NZZ-Aktie (blau) in den letzten fünf Jahren zugelegt und damit besser performt als andere Schweizer Medienaktien. Chart: www.money.net.ch

Hypi Lenzburg: Nach vier Jahren endlich wieder eine GV

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Auf den Tag genau vier Jahre sind vergangen, seit die Hypothekarbank Lenzburg (Hypi) ihre letzte Generalversammlung mit Präsenz der Aktionärinnen und Aktionäre durchführte. Um so erfreulicher war es, dass Verwaltungsratspräsident Gerhard Hanhart und CEO Marianne Wildi an der 154. Generalversammlung wieder weit über 1000 Teilnehmende begrüssen konnten.

Einen ausführlichen Bericht über das Aktionärstreffen der Hypi finden Sie am Dienstag auf schweizeraktien.net.

RealUnit Schweiz: Weg von Fiat

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Das Konzept des RealUnit ist bereits 2001 vom ehemaligen Gründer und Inhaber der Privatbank Reichmuth & Co. in Luzern, Karl Reichmuth, entwickelt worden. Überzeugt davon, dass der Euro eine Fehlkonstruktion ist, soll der RealUnit eine mit Realwerten gedeckte Parallelwährung werden und somit einen langfristigen Vermögenserhalt gewährleisten.

Karl Reichmuth
Der Gründer und Spiritus Rector der RealUnit Schweiz AG, Karl Reichmuth. Bild: zVg.

Zunächst als Fondsgesellschaft 2010 gegründet, entschied sich Reichmuth 2017, den Fonds aufzulösen und das Kapital in eine neue Investmentgesellschaft, die RealUnit Schweiz AG, zu investieren. Mit dem Börsengang 2021 an die BX Swiss und der dahinterliegenden Wachstumsstrategie kam dann der Schritt zur Öffnung für Privatanleger.

Seither ist das Unternehmen auf Wachstumskurs, was mehrere überzeichnete Kapitalerhöhungen seit dem Börsengang verdeutlichen.

Rückgang des Net Asset Value

2022 verzeichnete das Unternehmen allerdings einen Verlust von 1.3 Mio. CHF, wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Der Net Asset Value (NAV) pro Aktie der Beteiligungsgesellschaft ging im Berichtsjahr um 4,2% auf 1.02 CHF zurück. «Die grossen europäischen Indices, inklusive der SMI, mussten kräftig ‚Federn lassen‘. Vor diesem Hintergrund hat sich unser Fokus auf Sachwerte, bilanzstarke Unternehmen und ein Übergewicht in Edelmetallen als krisenresistent im wahrsten Sinne erwiesen», schreibt Verwaltungsratspräsident Fidelis Götz in der Einleitung zum Geschäftsbericht.

Diese Aussage wird gestützt durch den Börsenkurs, der praktisch durchgehend einige Prozentpunkte über dem NAV liegt.

Entwicklung Kurs Inhaberaktie und innerer Wert (NAV) im Jahr 2022. Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen von RealUnit.
Aktionariat 2022 verzehnfacht

CEO Dani Stüssi begründet auf Nachfrage von schweizeraktien.net die Diskrepanz zwischen NAV und Börsenkurs: «Im 2022 hatten wir eine grosse Nachfrage nach unserer Aktie und konnten die Anzahl Aktionärinnen und Aktionäre verzehnfachen. Andererseits sind wir im Gegensatz zu anderen Investmentgesellschaften sehr liquide und könnten über 90% unserer Anlagen jederzeit innert 3 Tagen verkaufen. Dies würdigt der Markt mit einem leichten Aufpreis.»

Aber zurück zum NAV. Den physisch gehaltenen Edelmetallanteil von 40% sieht das Unternehmen als Stabilitätsanker an. Die ausserhalb des Bankensektors verwahrten Gold-, Silber- und Platinbestände seien Realwerte, welche nicht durch die Notenpresse per Knopfdruck vermehrt werden könnten, sagt Stüssi.

Zusammen mit den vergleichsweise hohen Bargeldbeständen von 11% im Portfolio folgt das Unternehmen ganz den Grundsätzen von Karl Reichmuth. Dessen Abneigung gegen den EURO, aber auch Fiatgeld (fiat lat.: «es geschehe») insgesamt, das einen Wirtschaftsobjekt ohne inneren Wert darstellt, spiegelt sich in dem 40%-Portfolioanteil an Edelmetallen wider.

50% der Anlagen ausserhalb des Bankensystems

Man habe im Anlagereglement festgelegt, dass mindestens 50% der Anlagen ausserhalb des Bankensystems gehalten werden, um bei einer möglichen Finanzkrise direkten Zugriff auf diese Assets zu haben, sagt Stüssi. Ein Teil davon mache das physische Bargeld aus, welches im Gegensatz zum Buchgeld auf der Bank ein gesetzliches Zahlungsmittel sei und auch kein Gegenpartei-Risiko habe. «Bei einem möglichen starken Börsencrash könnten wir mit diesem ‚trockenen Pulver‘ stark unterbewertete Value-Aktien günstig dazukaufen», so der CEO des in Baar beheimateten Unternehmens.

Finanzanlagen tragen Hauptteil der Verluste

Der Anteil an Finanzanlagen ist im Vergleich zu den Edelmetallen im Berichtsjahr 2022 verhältnismässig stärker angestiegen. Die Finanzanlagen tragen dabei einen Hauptteil der Verluste, die RealUnit 2022 zu verzeichnen hatte. So schlägt der Wertschriftenerfolg mit einem Minus von 940’000 CHF zu Buche, die Verluste beim Bestand an digitalen Währungen mit 343’000 CHF.  Dagegen steht ein Edelmetallerfolg von 377’000 CHF. Unter dem Strich weist das Unternehmen ein EBIT von -1.3 Mio. CHF aus (2021: -24’000 CHF).

Die Einzelpositionen des Portfolios von RealUnit. Quelle: Geschäftsbericht RealUnit AG

Beim Blick auf das Portfolio fällt auf, dass sich darunter Titel befinden, die man bei anderen Schweizer Portfolios vergeblich sucht. So ist die grösste Einzelposition mit 2,9% im AP Music Royalties Fund investiert. Der Funds kauft weltweit erfolgreichen Künstlern die Musikrechte für bekannte Hitsongs ab, welche immer wieder im Radio abgespielt werden und damit Cashflow in generieren. Diese Alternativanlage passe gut zu RealUnit, da stabile Erträge unabhängig von Wirtschaftszyklen erzielt würden und eine geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen bestehe, erklärt Stüssi.

Ausgabe von Aktientoken

Seit vergangenem Jahr gibt RealUnit als zentraler Emittent Aktientoken heraus, dessen Inhaber dieselben Rechte wie ein klassischer Aktionär haben. Die Aktientoken seien dank dem stabilen Kurs und der Recovery-Funktion das ideale Einsteigerprodukt, um erste Erfahrungen mit einem Blockchain-Wallet zu machen, sagt Stüssi. Zum Bestand an Kryptowährungen gefragt, sagt der CEO: «Die von uns gehaltenen Bitcoin und Ether haben trotz des aktuellen Cryptowinters langfristig eine Daseinsberechtigung. Immer mehr Personen haben mehr Vertrauen in diese dezentralen Währungen als in die von Zentralbanken gesteuerten Fiat-Währungen, welche seit der Aufhebung der Golddeckung immer stärker an Kaufkraft verlieren.»

Ausblick

Das Unternehmen rechnet mit weiteren Zinserhöhungen der Zentralbanken im Kampf gegen die hartnäckige Inflation. Noch nie in der Geschichte waren die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP so hoch wie heute, so Stüssi. «Wir glauben, dass unser heutiges auf Schulden basiertes Geldsystem aus den Fugen geraten ist und sich in den nächsten Jahren stark verändern wird», prognostiziert der CEO gegenüber schweizeraktien.net.

Fazit

Die stringente Verfolgung der Philosophie des Gründer Karl Reichmuth trägt insofern Früchte, als die Verluste der RealUnit Schweiz AG gemessen am Gesamtmarkt 2022 deutlich niedriger ausgefallen sind. Mit der Edelmetallstrategie konnten Verluste zwar nicht ausgeglichen, aber zumindest reduziert werden. Allerdings waren in den Vorjahren mit dem konservativen Ansatz auch nicht die Gewinne zu realisieren, die auf Aktienmärkte fokussierte Fonds und Beteiligungsgesellschaften erzielt haben.

Gut in die Philosophie passt auch das Engagement im OTC-X-Markt mit Aktien wie WWZ und Raststätte Thurau, da sich dieser Markt wesentlich weniger volatil als die Standardmärkte verhält.

Und mit dem Engagement in dezentrale Kryptowährungen macht das Unternehmen einen weiteren Schritt weg von den «Es-geschehe-Geldern»; das dürfte ganz im Sinne Reichmuths sein.

Die Aktie der RealUnit AG wird auf BX Swiss gehandelt. Zuletzt wurden Kurse von 1.05 CHF pro Aktie bezahlt.

Die Aktie der RealUnit AG wird auf BX Swiss gehandelt. Quelle: bxswiss.com

Espace Real Estate: Erfolgreich auf nachhaltigem Kurs

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Espace Real Estate
86% des Immobilien-Portfolios von Espace Real Estate ist in den Kantonen Solothurn und Bern konzentriert, der Rest entfällt auf die Kantone Aargau, Jura und Schaffhausen. Bild: espacereal.ch

In dem anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld des Jahres 2022 hat sich die Espace Real Estate Holding sehr gut behaupten können. Der operative Gewinn stieg auf den Rekordwert von 18.2 Mio. CHF, die Leerstandsquote wurde auf 3,9% deutlich reduziert, die CO2-Bilanz um 20% verbessert. Der GV am 26.04. soll daher eine um 0.25 CHF auf 5.75 CHF angehobene Dividende beantragt werden.

Der Erfolg der von Espace Real Estate verfolgten Strategie der Dekarbonisierung der Liegenschaften ist nicht nur offensichtlich, sondern trifft auch den Nerv der Zeit. Den Vorteil der weitsichtigen Bestückung der Liegenschaften mit PV-Anlagen und den Anschluss an Fernwärmenetze geniessen nun auch die meisten Mieterinnen und Mieter. Zwei Drittel sind von den allgemeinen Energiepreissteigerungen nicht oder kaum betroffen. Das steigert die Zufriedenheit der Mieter und die Attraktivität der Liegenschaften.

Energie und CO2-Bilanz

Den Schlüssel zur Energiepreisbremse und klimaneutralen Energieversorgung bildet der sogenannte «Zusammenschluss zum Eigenverbrauch», kurz ZEV, mittels dessen die Mieter der Liegenschaften ihren selbstgenerierten Solarstrom ins Netz einspeisen. Viele Liegenschaften sind auch an die ersten Fernwärmenetze der Schweiz angeschlossen, die Wärme aus Seewasser oder Grundwasser gewinnen. Dies trägt auch wesentlich zur Verbesserung der CO2-Bilanz von Espace Real Estate bei. Durch die PV-Installationen und die zertifizierte Bau- und Sanierungspraxis nach SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) hat sich die CO2-Intensität der Liegenschaften 2022 pro Kubikmeter um 20% reduziert.

Zahlenwerk

Die Attraktivität der Liegenschaften sowie die ungebrochene Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum hat 2022 zu einer Reduzierung der Leerstandsquote von 5,3% auf 3,9% geführt. 93 sanierte Wohnungen kamen zur Erstvermietung. Die Mieteinnahmen erhöhten sich von 34.5 Mio. CHF auf 35.6 Mio. CHF. Die Mieterbasis wurde weiter diversifiziert und stieg um 10,4% auf 1620. Neubewertungsgewinne fielen mit 3.1 Mio. CHF um 34,5% tiefer als im Vorjahr aus. Aufgrund geringerer Verkäufe sank der Betriebsertrag um 1,2% auf 36.5 Mio. CHF und der Periodengewinn um 5,9% auf 21.4 Mio. CHF. Der operative Gewinn, also ohne Bewertungseffekte und Verkaufserlöse, erhöhte sich dagegen um 8,2% auf 18.2 Mio. CHF. Der Betriebsaufwand blieb mit 8.2 Mio. CHF unverändert. Der Wert des Portfolios nahm von 738.1 Mio. CHF auf 781.8 Mio. CHF zu. Das Eigenkapital stieg um 10.7 Mio. CHF auf 345.8 Mio. CHF. Die Eigenkapitalquote sank um 1 Prozentpunkt geringfügig auf 43%.

Espace Real Estate, Mieterträge
Mieterträge nach Nutzung. Grafik: espacereal.ch
Der Einfluss des Zinsniveaus

Von den Zinsänderungen war Espace Real Estate bisher kaum betroffen. Das Fremdkapital ist zu 95% mit Zinsbindung ausgestattet, die gestaffelt bis 2032 reicht. Nur das kurzfristige Fremdkapital ist dem Zinsanstieg unterworfen. Die gewerblichen Mietverträge sind grossenteils an den Index der Lebenshaltungskosten gekoppelt. Zwar schreitet die Erhöhung des Wohnanteils voran, doch mehr als die Hälfte der Mieteinnahmen kommt von Büro-, Gewerbe-, Lagermietern sowie von Arztpraxen und Gastronomie. Im gewerblichen Bereich sei das Geschäft schwieriger geworden, so die Aussage im Geschäftsbericht. Höhere Diskontierungssätze für zukünftige Cashflows durch ein steigendes Zinsniveau würden die Bewertung der Liegenschaften negativ beeinflussen.

Ausblick

Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sehen trotz des schwieriger werdenden Umfeldes weiterhin gute Perspektiven. 86% des Immobilien-Portfolios ist in den Kantonen Solothurn und Bern konzentriert, der Rest entfällt auf Aargau, Jura und Schaffhausen. Im Marktgebiet sieht Espace Real Estate starke Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum, insbesondere bei nachhaltigen Bauten. Der Schwerpunkt wird auch 2023 auf der weiteren Dekarbonisierung der Liegenschaften liegen respektive der Anwendung nachhaltiger Baupraktiken bei Sanierung und Neubau. Gegenwärtig befinden sich 73 Wohnungen im Bau, 78 sind in der Planungsphase. Im Zertifizierungsprozess durch SNBS befinden sich 89 Wohnungen sowie ein Projekt «Wohnen im Alter».

Bewertung

Die Aktie von Espace Real Estate hat 2022 von 183 CHF auf 170 CHF verloren. Mit 7,1% Kursverlust ragt die Aktie im Universum der Immobilientitel dennoch hervor. Kursverluste von 50% und mehr waren 2022 keine Ausnahme. Zuzüglich der Dividende errechnet sich ein Total Shareholder Return (TSR) von -4,6%. Im Vorjahr hatte der TSR bei 14,1% gelegen. Die zugrunde liegende Entwicklung von operativem Gewinn und Eigenkapital je Aktie zeigt eine hohe Konsistenz. So stieg das EK je Aktie um 3,2% auf 179.15 CHF. Langfristig orientiert sich der Kursverlauf von Espace Real Estate an der Entwicklung des Eigenkapitals. Vor 2021 war regelmässig ein geringer Discount zum EK beim Aktienkurs zu beobachten. Während der Pandemie baute sich jedoch eine leichte Prämie zum EK auf, die nun wieder zum langfristigen Mittel zurückgefunden hat.

Fazit

Frühes Erkennen der Nachfragetrends und eine konsequente Umsetzung der formulierten Strategie mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, attraktive Standorte und Umgebungen sowie Bezahlbarkeit haben Espace Real Estate zu einem Vorreiter des Wandels im Immobilien-Sektor gemacht. Die hohe Profitabilität beweist, dass Pionieren eben auch die Pioniergewinne zufallen, während Mitläufer und Spätkommer nur zweite oder dritte Wahl sind. Die Resilienz des Geschäftsmodells erweist sich gerade in den schwierigen Zeiten des Umbruchs. Zur Finanzierung des weiteren Wachstums soll der GV am 26. April auch eine Kapitalerhöhung beantragt werden. Ziel ist die Aufnahme von rund 35 Mio. CHF. Ein Aspekt ist neben der Stärkung der EK-Basis vielleicht auch, dass nach Durchführung der Kapitalerhöhung die Dividenden auf längere Sicht steuerfrei für Wohnsitz-Schweizer aus der Kapitalreserve ausgeschüttet werden können. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 3,4%.

Aktienkurs Espace Real Estate
Kursverlauf der Aktie von Espace Real Estate während der letzten 5 Jahre. Chart: otc-x.ch

Die Aktie wird auf OTC-X gehandelt, zuletzt wurden 168 CHF bezahlt. Die anstehende Kapitalerhöhung könnte angesichts der hohen Volatilitäten an den Börsen im Vorfeld zu Kursschwächen führen.

Transparenzhinweis: Die schweizeraktien.net AG erbringt Dienstleistungen für den Emittenten.

AMG Fondsverwaltung: Marktauftritt künftig unter Serafin Asset Management

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Das Team der Serafin Asset Management GmbH, Frankfurt, und der Serafin Asset Management AG, Zug, vor der Frankfurter Skyline. Bild: zvg
Das Team der Serafin Asset Management GmbH, Frankfurt, und der Serafin Asset Management AG, Zug, vor der Frankfurter Skyline. Bild: zvg

Im September 2022 sind die deutsche Serafin Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main und die AMG Fondsverwaltung AG in Zug (Schweiz) eine strategische Partnerschaft eingegangen. Wie beide Unternehmen heute mitteilten, wird diese nun weiter ausgebaut. So hat die Serafin Asset Management Holding in München Ende Februar 2023 wie geplant ihre Beteiligung an der AMG Fondsverwaltung AG auf 75% aufgestockt. Im Zuge eines einheitlichen Marktauftritts werde die AMG Fondsverwaltung AG nun in Serafin Asset Management AG umfirmiert, heisst es in der Medienmitteilung. Die bisherigen Gründeraktionäre, unter Ihnen Erhard Lee, blieben dem Unternehmen weiterhin verbunden.

«Die Umfirmierung der AMG in Serafin Asset Management AG zeigt unser Vertrauen in die ausgezeichnete Expertise der Schweizer Kollegen, die Stabilität der Fondsprodukte und unsere Absicht, die Firma weiter zu etablieren», lässt sich Silvio Halsig, Co-Gründer der Serafin Asset Management, in der Mitteilung zitieren. Für die Investoren und Anleger soll es keine Änderungen geben. Die AMG Fonds werden weiterhin unter dem bisherigen Namen vermarktet.

Auch Marcel Weiss, CEO der Serafin Asset Management AG, begrüsst den Schritt: «Die Änderung schafft für unsere Kunden weitere Transparenz in Bezug auf die Gruppenzugehörigkeit. Das Rebranding vereinheitlicht und stärkt den Markenauftritt und unterstützt die Zusammenarbeit unserer Teams an beiden Standorten in Frankfurt und Zug.» Auch in Bezug auf die Organisation, die personellen Verantwortlichkeiten im Portfolio Management und den Vertrieb in der Schweizer Tochtergesellschaft werde es keine Veränderungen geben. Die Gruppengesellschaften verwalten insgesamt Vermögen in Höhe von rund einer Milliarde Euro.

Sunstar: Sommergewinn dank Verkauf von zwei Hotels

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Der Bau des neuen Sunstar Hotels in Pontresina schreitet termingerecht voran. Es soll noch in diesem Jahr eröffnet werden. Bild: sunstar.ch

Die Sunstar Gruppe teilt in ihrem Aktionärsbrief von Ende Februar 2023 ein erfolgreiches Sommersaisonergebnis 2022 mit. Dank des ausserordentlichen Ertrags aus dem Verkauf der Hotels in Zermatt Ende Mai und Wengen Ende Oktober in der Höhe von gesamthaft 2.7 Mio. CHF erzielten die Liestaler einen Gewinn von 2.5 Mio. CHF. Die Bruttobetriebsgewinn-Marge (GOP), welche die Leistung des operativen Geschäfts aufzeigt, belaufe sich auf 18% und liege damit nur leicht hinter dem Spitzensommer 2019 (19%), so das Unternehmen.

Deutlich weniger Übernachtungen

Ein direkter Vergleich mit den Halbjahresergebnissen der Vorjahre sei nur schwer möglich, da in den operativen Zahlen des Sommers 2022 die Hotels Saas-Fee und Zermatt nicht mehr enthalten sind, schreiben VRP Kuno Sommer und CEO Silvio Schoch im Bericht. Die insgesamt 117‘700 Übernachtungen lägen aus diesem Grund deutlich tiefer gegenüber dem Vorjahr (133‘700 / Vorjahr bereinigt um Saas-Fee und Zermatt: 119‘400).

Zurückgekommen sind im letzten Sommer die schmerzlich vermissten ausländischen Gäste. 46% betrug ihr Anteil am gesamten Gästeaufkommen, deutlich mehr als gegenüber dem Vorjahr (23%). Der Vergleich mit dem Vor-Corona-Sommer 2019, als der Anteil der Ausländer 59% betrug, zeige jedoch, dass weiter grosses Potenzial für die Sunstar Gruppe bestehe.

Dynamische Preisgestaltung macht sich bezahlt

Die finanziellen Kern-Kennzahlen bewertet Sunstar als positiv. Der RevPar (Beherbergungsumsatz pro verfügbarem Zimmer) habe mit 102 CHF den Höchstwert seit Jahren verzeichnet. Verantwortlich dafür sei massgebend die Entwicklung des durchschnittlichen Zimmerpreises (ADR), welcher durch die Einführung der dynamischen Preisgestaltung auf CHF 191 gesteigert werden konnte.

Wie in der Zeit vor der Pandemie hat das Hotel in Grindelwald den Hauptteil zum operativen Ergebnis beigetragen. Die einmalige Austragung des WEF im Mai steuerte für das Davoser Hotel zusätzliche Einnahmen von rund 0.8 Mio. CHF bei.

Ausblick

Das Umfeld in der Hotellerie bleibe herausfordernd, schreiben Sommer und Schoch. Nach wie vor beschäftigen das Unternehmen die Energiekrise, das inflationäre Wirtschaftsumfeld sowie der akute Fachkräftemangel. Das milde Wetter sowie der ausbleibende Schnee zu Beginn der Wintersaison hätte überdies zu einem zaghaften Buchungsverhalten der Gäste geführt. Dennoch ist der Buchungsstand momentan rund 7% über dem Vorjahresstand, dies auch dank des im Januar 2023 stattgefundenen WEFs und der Destination Grindelwald. Aufgrund des ausserordentlichen Ertrags aus dem Sommergeschäft rechnet Sunstar mit einem positiven Jahresergebnis.

Fazit

Die internationalen Gäste kommen zurück, das ist die gute Nachricht für Sunstar. Das noch pandemiebedingte Ausbleiben der chinesischen und japanischen Märkte wird vor allem durch vermehrte Gäste aus den Golfstaaten kompensiert. Zurück kehren auch die Gäste aus Europa, den USA und Kanada. Der Anteil der Schweizer Gäste reduzierte sich gegenüber den Coronajahren allerdings stark.

Die Portfoliobereinigung mit den Verkäufen der Hotels in Saas-Fee, Zermatt und Wengen und dem gleichzeitigen Neubau des Hotels in Pontresina tragen zur Schärfung des Profils und zu höherer Wirtschaftlichkeit bei. Allerdings wäre ohne Verkauf der Häuser in Zermatt und Wengen, die für das Geschäftsjahr 2022/2023 relevant sind, statt des Gewinns ein kleiner Halbjahres-Verlust zu beklagen gewesen.

Die Aktie von Sunstar wird auf OTC-X gehandelt. Zuletzt kostete sie 747 CHF.

Aktienkurs Sunstar Holding
Entwicklung des Kurses der Sunstar-Aktie über die letzten drei Jahre. Quelle: otc-x.ch

GV-Termine und Veranstaltungen