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BVZ Holding: Mit Polaris & Co. vorwärts in Richtung neuer Höchstmarken

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2022 beschaffte die BZV-Gruppe neues Rollmaterial, wie den Polaris Zug für die Gornergratbahn. Bild: zvg
Polaris Gornergratbahn
2022 beschaffte die BZV-Gruppe neues Rollmaterial wie den Polaris Zug für die Gornergratbahn. Bild: zvg

Im Wallis läuft der Tourismus wieder rund. Dies zeigten bereits Anfang Januar die ersten Zahlen der BVZ Holding zu Umsatz und Frequenzen. Nun unterstrich die Tourismusgesellschaft mit ihrem Jahresabschluss, dass sie wieder «zurück in der Spur» ist. Der Umsatz stieg insgesamt um 27,1% auf 181.8 Mio. CHF, und der Gewinn lag mit 23.5 Mio. CHF deutlich über den Vor-Corona-Zahlen. Sollte die positive Entwicklung in der Tourismusbranche anhalten, könnte das Ergebnis im Geschäftsjahr 2023 sogar noch übertroffen werden. Die Aktionäre sollen an der Generalversammlung vom 20. April eine Dividende in Höhe von 15 CHF erhalten.

Selbst überrascht von gutem Abschneiden

Verwaltungsratspräsident Patrick Z’Brun und CEO Fernando Lehner waren selbst etwas überrascht über die guten Abschlusszahlen der BVZ-Gruppe. «Wir sind immer überzeugt davon gewesen, dass wir nach Corona wieder zurück auf den Erfolgspfad kommen können», so Lehner. Doch dass man so schnell wieder ein so gutes Ergebnis habe präsentieren könne, davon sei die Unternehmensleitung doch überrascht gewesen. Zu dem guten Ergebnis haben alle drei Geschäftsfelder der BVZ Holding AG beigetragen: die Gornergratbahn (GGB), welche in diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, die Immobiliensparte und auch die Beteiligungen, zu der 34% am Matterhorn Terminal Täsch und 22% an der Zermatt Bergbahnen AG gehören. Sehr positiv entwickelte sich auch die Matterhorn Gotthard Bahngruppe (MG Bahn), die öffentliche Transportdienstleistungen erbringt und dafür auch Abgeltungen des Bundes erhält. Gleichzeitig ist die MG-Bahn mit dem Glacier Express und dem Bahncateringunternehmen Panoramic Gourmet auch im privatwirtschaftlichen Bereich tätig.

Eträge BVZ Gruppe 2022
Die Gornergratbahn konnte den Umsatz 2022 am stärksten steigern. Abb.: www.bvzholding.ch

Die Gornergratbahn konnte den Umsatz auf 33.4 Mio. CHF (+68,9%) erhöhen; bei den Beteiligungen sowie dem Glacier Express stiegen die Erträge um 56,1% auf 39.4 Mio. CHF. Mit den Renditeliegenschaften erzielte die BVZ-Gruppe 5.7 Mio. CHF (3,8%). Im Regional- und Güterverkehr sowie dem Autoverlad Furka erhöhte sich der Umsatz um 29,6% auf 64.1 Mio. CHF; hinzu kamen nochmals 39.2 Mio. CHF Abgeltungen der öffentlichen Hand. Diese fielen jedoch um 9% geringer als im Vorjahr aus.

Kostensparprogramm fortgesetzt

Dass sämtliche Gewinnzahlen zwei- bzw. dreistellige Wachstumsraten verzeichneten, ist vor allem auf den unterproportional gestiegenen Betriebsaufwand zurückzuführen, der mit knapp 140 Mio. CHF nur um 15,2% über dem Vorjahreswert lag. Die BVZ-Gruppe begründet diese günstige Kostenentwicklung vor allem mit der flexiblen Kapazitätssteuerung und der Fortsetzung des Kostensparprogramms, aber auch mit dem Festhalten an den geplanten Investitionen. Der Material- und Dienstleistungsaufwand fiel mit 35.6 Mio. CHF um 31,5% höher als im Vorjahr aus, der Personalaufwand um 10,6% (70.4 Mio. CHF) und der übrige Betriebsaufwand um 8,7% (25 Mio. CHF). Insgesamt betrug der Personalbestand der Gruppe 2022 durchschnittlich 657 Vollzeitstellen; 12 zusätzliche Stellen wurden für den Rettungsdienst im Furka Basistunnel und im Bereich der Rollmaterialinstandhaltung geschaffen.

50.8 Mio. CHF EBITDA sind neuer Rekord

Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) erreichte mit 50.8 Mio. CHF (+ 73,4%) einen neuen Rekordwert. In 2019, dem letzten Geschäftsjahr vor der Pandemie, erwirtschaftete die BVZ-Gruppe ein EBITDA von 49.4 Mio. CHF. Das EBIT hingegen erreichte mit 27.6 Mio. CHF den 2019er Wert nicht ganz, während der Reingewinn wiederum mit 23.5 Mio. CHF eine neue Bestmarke erreichte. Die Abschreibungen lagen 2022 mit 23.2 Mio. CHF um 1,6% über dem Vorjahreswert und haben gegenüber 2019 um knapp 9% zugenommen. Erfreulich ist, dass der Gewinnbeitrag in allen Geschäftsfeldern wiederum höher ausgefallen ist. Die GGB steuerte mit 38% oder 9 Mio. CHF den grössten Anteil zum Gruppengewinn bei, gefolgt von der Mobilität (6.6 Mio. CHF), den sonstigen Leistungen (6.5 Mio. CHF) und den Immobilien (1.4 Mio. CHF). Auch wenn die Immobilien lediglich knapp 6% zum Gewinn beisteuern, so hat sich gerade in der Pandemie gezeigt, dass die Liegenschaften in Zermatt, Visp und Andermatt einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Gewinns leisten. Der Wert des Immobilienportfolios beträgt knapp 120 Mio. CHF, wobei die Liegenschaften lediglich mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich der Abschreibungen bewertet werden.

Investitionsprogramm während Pandemie nicht gestoppt

«Wir sind froh, dass wir auch während der Pandemie an den strategischen Investitionen festgehalten haben», so Patrick Z’Brun an der Bilanzmedienkonferenz. Die ersten Ergebnisse dieses rund 1 Mrd. CHF umfassenden Investitionsprogramms sind bereits sichtbar. So wurden 2022 die ersten Polaris Züge von der Gornergratbahn in Betrieb genommen. Ausserdem investierte die GGB in Erlebnisangebote am Berg wie die multimediale Erlebniswelt Zoom the Matterhorn, um die Attraktivität und damit auch die Frequenzen zu steigern. Auch bei der MG-Bahn kam mit den Orion Zügen neues Rollmaterial auf die Schiene. Doch die grössten Investitionen stehen in Zukunft mit dem Umbau des Bahnhofs in Brig, der Modernisierung des Autoverlads Furka Oberwald – Realp und einem Tunnel zwischen Täsch und Zermatt an. Letzterer soll die immer wieder durch Steinschlag und Lawinenabgänge gefährdete Zugstrecke ersetzen. Die Investitionen für den 4.1 km langen Tunnel in Höhe von 330 Mio. CHF trägt allerdings die öffentliche Hand. Fernando Lehner spricht insgesamt von rund 100 Investitionsprojekten, die aktuell bei der BVZ-Gruppe laufen.

Nachhaltigkeit gewinnt weiter an Bedeutung

Auch wenn die drei Hauptorte entlang der Bahnlinie der MG-Bahn mit Zermatt, Andermatt und Disentis hoch gelegen und somit vom Klimawandel und dem Schneemangel weniger betroffen sind als tiefer gelegene Gebiete, so hat der spürbare Klimawandel in der Region bei der Bahngruppe auch zu einem verstärkten Engagement in Sachen Nachhaltigkeit geführt. Bis Herbst 2023 soll ein interdisziplinär zusammengesetztes Team eine Nachhaltigkeitsagenda erarbeiten, die alle drei Dimensionen nachhaltigen Handelns wie Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung abdeckt. Fernando Lehner weist ergänzend darauf hin, dass allein das neue Rollmaterial schon heute durch einen höheren Wirkungsgrad und die Rekuperation zu mehr Energieeffizienz beiträgt.

Guter Start ins 2023

Die ersten Wochen im laufenden Geschäftsjahr sind nach Angaben von Lehner erfreulich verlaufen. Gäste aus Asien und Nordamerika bereisen die Schweiz und gehören nach den Schweizer Gästen zu den wichtigsten Gästesegmenten. Die Excellence Class, das Luxusprodukt des Glacier Express, weise schon heute auf Monate hinaus Buchungsstände von 90% aus. Und dies bei Preisen um die 500 CHF je Ticket.

Fazit

Nach zwei dürren Jahren hat es die BVZ-Gruppe schneller als erwartet geschafft, frühere Rekordmarken zu egalisieren. Überraschend ist dies besonders, da die Corona-Massnahmen erst im März 2022 vollständig aufgehoben wurden. Neben dem enormen Nachholbedarf der Reisenden aus den Nah- und Fernmärkten hat auch das nach wie vor straffe Kostenmanagement, das dem Unternehmen durch die Pandemie geholfen hat, zu dem Rekordgewinn beigetragen. Klug war im Nachhinein auch der Entscheid, Investitionen nicht aufzuschieben oder gar zu sistieren. Gerade bei dem neuen Rollmaterial dürfte die Gesellschaft von der Energieeffizienz profitieren; ebenso hätten Preissteigerungen aufgrund der Inflation bei einer aufgeschobenen Bestellung die Investitionen mit Sicherheit verteuert.

Die Aussichten für das laufenden Geschäftsjahr sind positiv. Jedoch dürften Kostensteigerungen sowie höhere Abschreibungen die Erfolgsrechnung belasten. Für 2023 werden sich die Strompreise bei der GGB nach Angaben der Gesellschaft nicht erhöhen, für 2024 und 2025 wurden allerdings Verträge abgeschlossen, die eine Verdoppelung des Preises beinhalten. Da die Reistätigkeit bedingt durch die Öffnung des chinesischen Marktes weiter zunimmt und die BVZ-Gruppe das Ziel von 11 Monaten Hochsaison verfolgt, dürfte der Gewinn 2023 – exogene Schocks ausgenommen – mindestens auf dem Niveau von 2022 zu liegen kommen. Auch die Immobiliensparte wird dabei aufgrund der Neuvermietung eines sanierten Objekts in Zermatt den Ergebnisbeitrag positiv beeinflussen.

Auch wieder zurück auf der Erfolgsspur: der Kurs der BVZ-Aktie. Chart: www.six-group.com

Seit Jahresbeginn hat der Aktienkurs der an der SIX kotierten BVZ-Aktie wieder angezogen und notiert derzeit bei 850 CHF. Gemessen am 2022er Gewinn von 105 CHF je Aktie (exkl. Minderheiten) beträgt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis tiefe 8,1. Mit 1,7% ist die Dividendenrendite zwar nicht gerade üppig. Aber angesichts des Buchwertes von 971 CHF je Aktie (exkl. Minderheiten) per Ende 2022 scheint die Aktie auch auf dem aktuellen Kursniveau nicht zu hoch bewertet. Sofern die gute Geschäftsentwicklung anhält, dürfte sich der Kurs wieder dem Buchwert annähern.

Pilatus-Bahnen: Freude herrscht!

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Der 2022 neu in Betrieb genommene Triebwagen der Zahnradbahn. Bild: pilatus.ch

Expressive Freude bei den Pilatus-Bahnen! Im Vorwort zum Geschäftsbericht schreiben Verwaltungsratspräsident Bruno Thürig und CEO Godi Koch von dem «vorherrschenden Gefühl der Freude», das ihnen durch das Geschäftsjahr 2022 beschert wurde.

«Die Sonne strahlte vom sattblauen Himmel, unsere Umsatzzahlen kletterten mit dem Thermometer in die Höhe. Während aller 12 Monate übertrafen wir die Umsätze des Vorjahres und die Budgets in allen Sparten. Von Juni bis August touchierten wir gar die Gästezahlen der Vor-Corona-Zeit», so die begeisterten Verantwortlichen aus Kriens.

Ersteintritte und Umsatz legen deutlich zu, liegen aber unter Vor-Corona-Zeiten

Die Ersteintritte nahmen um fast 50% auf 663’000 zu, die Gäste auf dem Gipfel des Pilatus gar um 85% auf 481’000. Somit kletterte auch der Umsatz des Unternehmens, das neben Bergbahnen auch Hotels betreibt, von 20.6 Mio. CHF in 2021 auf 33.4 Mio. CHF im vergangenen Geschäftsjahr.

Natürlich stiegen mit der Rückkehr der Gäste nach dem Ende der Corona-Einschränkungen auch die Ausgaben des Unternehmens. Insbesondere die Personalaufwendungen legten von 10.6 Mio. CHF auf 13.1 Mio. CHF kräftig zu.

Erfreulich sei aber, dass das Unternehmen in allen Bereichen höhere Umsätze als budgetiert erreicht hätte, die Kosten jedoch im budgetierten Rahmen geblieben seien, so der Geschäftsbericht. Das sei nicht selbstverständlich und zeuge von einem grossen Kostenbewusstsein aller Mitarbeitenden.

Gewinn in Höhe des Vorjahrs

So erzielte die Pilatus-Bahnen AG ein EBITDA von 11.7 Mio. CHF; 2021 lag der Erfolg vor Abschreibungen noch bei 2.8 Mio. CHF. Da Abschreibungen in der Höhe des Vorjahrs getätigt wurden, liegt das EBIT mit 8.5 Mio. CHF deutlich über dem Vorjahr, als noch ein bitterer Verlust von 0.5 Mio. CHF zu verzeichnen war.

Unter dem Strich weisen die Pilatus-Bahnen einen Gewinn von 1.2 Mio. CHF aus (2021: 1.1 Mio. CHF). Dass der Gewinn nicht wesentlich über dem des Vorjahres liegt, hat damit zu tun, dass 2022 ausserordentliche Rückstellungen in Höhe von 6.5 Mio. CHF getätigt wurden, während 2021 ein ausserordentlicher Ertrag von 1.6 Mio. CHF durch die Auszahlung von Härtefallgeldern anfiel. Durch die Inanspruchnahme der Härtefallgelder wird das Unternehmen wie schon im Vorjahr auch für das Jahr 2022 keine Dividende ausbezahlen.

Keine Erneuerung der Panorama-Gondelbahn

Den ursprünglichen Plan, die gesamte Panorama-Gondelbahn in Kriens zu erneuern, haben die Pilatus-Bahnen aufgegeben. Mit dem Leck, das Corona in die Kasse schlug, hätte man nicht den erwarteten Cash-Flow realisieren können. Das Unternehmen habe sich nun dazu entschieden, eine Steuerung der bestehenden Gondelbahn zu ersetzen, was zu einem sicheren Betrieb bis zum Ablauf der Betriebsbewilligung der Panorama-Gondelbahn im Jahre 2038 bedeute, schreiben die Verantwortlichen im Geschäftsbericht.

Fazit

Wie bei den meisten anderen Bergbahnbetreibern ist auch bei den Pilatus-Bahnen die Erleichterung deutlich spürbar, dass nach den Corona-Jahren so etwas wie Normalität in den Geschäftsalltag zurückgekehrt ist. Das Ende der Covid-Restriktionen, dazu noch die sehr günstige Witterung begünstigten den starken Aufschwung im vergangenen Jahr. Allerdings ist man noch nicht wieder auf dem Stand vor Corona. Der Umsatz liegt gegenüber den Jahren 2018 und 2019, wo jeweils knapp 38 Mio. CHF erwirtschaftet wurden, mit 33.4 Mio. CHF noch deutlich darunter. Gleiches Bild auch bei den Besucherzahlen: Die 663’000 Ersteintritte in 2022 können sich nicht an den Vor-Corona-Zeiten messen, als deutlich über 800’000 Gäste kamen.

Dass die Besucherzahlen weiter deutlich unter den Rekordzahlen vor der Pandemie liegen, hat auch damit zu tun, dass insbesondere die Gäste aus China noch nicht zurück sind. Die Pilatus-Bahnen sind mit ihrer Nähe zur Stadt Luzern historisch stark von Ausländern frequentiert. Vor der Pandemie betrug der Anteil der ausländischen Besucher 50%.

Vor diesem Hintergrund ist es deshalb sicher der richtige Schritt, auf eine Erneuerung der Panorama-Gondelbahn zu verzichten und Investitionen in die bestehende zu tätigen.

Eine andere Investition trägt aber bereits Früchte: die Anlieferung des neuen Triebwagens 42 im Juni 2022 für die Zahnradbahn. Und damit verbunden Ende August die Zulassung des Bundesamtes für Verkehr (BAV). In 35 Minuten klettern die neuen Triebwagen die steilen Geleise empor und geben einen atemberaubenden Blick auf die Esel-Wand frei.

Als nur auf den ersten Blick schwach stellen sich die Bilanzkennzahlen mit einer ausgewiesenen Eigenmittelquote von 11,4% dar. Die Pilatus-Bahnen besitzen Rückstellungen im Umfang von 61.7 Mio. CHF. Unter Einbezug der Rückstellungen resultiert eine wirtschaftliche Quote von hohen 80%.

Die Aktie der Pilatus-Bahnen AG wird auf OTC-X der BEKB gehandelt. Zuletzt kostete das Papier 2’700 CHF. Damit bewegt sich der Kurs weiterhin um das Niveau herum, auf das er direkt nach Ausbruch der Pandemie fiel.

In den letzten drei Jahren lag der Kurs der Pilatus Bahnen-Aktie im Bereich von 2’600 bis 2’800 CHF. Chart: www.otc-x.ch

Dividendenstrategie 2023/2024: Dividend-Power «Made in Switzerland»

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dividenden aktien schweiz 2023
dividenden aktien schweiz 2023
Aufwärtstrend bei Dividenden. Bild: stock.adobe.com

2022 war kein einfaches Jahr an den Börsen. Die Kurse sanken, die Zinsen stiegen. Ein fortgesetzt positives Bild zeigt jedoch die Entwicklung der Dividenden. Die Gewinnausschüttungen der weltgrössten Dividendenzahler nahmen um 8,4% auf 1.56 Billionen USD zu, in Lokalwährungen sogar um 13,9%. Die Trends auf Basis von Sektoren und Geografien zeigen Schwächen und Stärken auf.

Die Gesamtentwicklung der Unternehmensgewinne ist als hochgradig robust zu bezeichnen. 88% der 1200 Top-Dividendenzahler erhöhten die Dividende oder hielten sie konstant. In der Schweiz waren es sogar 100%! In den USA und Japan 94%, in Frankreich 95%, in Deutschland 97%. Die Steigerungsraten variieren stark, abhängig von den jeweils vorherrschenden Industrien – und manchmal ändert auch ein einziges Unternehmen die Gesamtstatistik gravierend. Petrobras, der brasilianische Ölmulti, ist nun der weltweit zweitgrösste Dividendenzahler, nach BHP. In Europa verzeichnete Dänemark dank Moeller-Maersk fast eine Verdoppelung der Ausschüttungssumme, in Norwegen stieg sie um 70,7%, vor allem wegen Equinor.

US-Dollar ist King

Eine bedeutende Rolle für das Verständnis der von Janus Henderson erstellten Statistik spielen die Devisenmärkte. Der starke USD hat zu zahlreichen Verwerfungen geführt. Nur die Währungen von Brasilien und Mexiko haben 2022 nicht gegen den USD verloren, aber alle anderen Währungen. Der Effekt für die globale Dividendenstatistik in USD ist gravierend. Die Verzerrung beträgt 68 Mrd. USD oder 4,4% bezogen auf die Gesamtsumme.

Deviseneffekte

Das Beispiel Japan verdeutlicht die Dimensionen. Obwohl die Ausschüttungssumme 2022 mit einer Steigerung um 16,3% einen historischen Rekordwert in Yen erreicht, führt der Devisenverlust zu einer Veränderung von -10% in USD. Eine Konsequenz ist auch, dass dadurch viele japanische Unternehmen aus dem Top-1200 Universum ausscheiden.

Rekordhohe Ausschüttungen in USD wurden in den USA, Kanada, China, Indien und Brasilien verzeichnet. In Lokalwährungen treten neben Japan auch Frankreich, Deutschland und Australien dazu.

US-Dividenden im langfristigen Trend

In den USA lag die Steigerungsrate bei 7,6% auf 574.2 Mrd. USD. Das Tempo liegt somit über der langfristigen jährlichen Wachstumsrate der US-Dividendensumme von 6,6%, hat sich aber auch gegenüber dem Vorjahrestempo von 18,1% mehr als halbiert. Im vierten Quartal erreichte das US-Dividendenwachstum noch 5,5%, was gegenüber den 10,4% im ersten Quartal 2022 eine deutliche sequenzielle Abschwächung bedeutet. Eine Gewinnrezession lässt sich daraus noch nicht ablesen. Einerseits nahmen die Aktienrückkäufe 2022 wieder zu, andererseits sind die Industrien mit starken Steigerungsraten in 2022 wie Öl, Banken, Transport in der diversifizierten Wirtschaft der USA zwar gut vertreten, aber nicht dominierend. Öl und Financials trugen je einen Drittel zur Steigerung der Ausschüttungssumme bei.

Emerging Markets mit starkem Dividendenwachstum

Aussagekräftig sind auch die Veränderungen zwischen 2019, dem letzten «normalen» Jahr, und 2022. Demnach stiegen die Dividendensummen in den Emerging Markets in diesem Zeitraum mit 45% am stärksten. Es folgen Nordamerika und Asien-Pazifik mit 18% respektive 16%. Europa verzeichnet 3% Zuwachs, während Japan und UK 13% respektive 15% verlieren. Die Devisenentwicklung hat wesentlichen Anteil an diesen Änderungen.

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Jährliche Dividenden nach Region in Mrd. USD: Grafik: Janus Henderson Global Dividend Index, März 2023
Frankreich auf Spitzenposition in Europa

In Europa nahm die Ausschüttungssumme 2022 um 20,4% auf 254.7 Mrd. USD zu. 90% der Unternehmen erhöhten die Dividende oder hielten sie konstant. Frankreich erzielte eine Erhöhung um 26,2% auf 63.2 Mrd. USD. Eine wesentliche Rolle spielten die Anhebungen bei Total und LVMH. In den meisten Ländern spielte der Finanzsektor eine wesentliche Rolle, vor allem in Spanien, wo die Dividendensumme um 17,8% stieg, obwohl Versorger, Energieunternehmen und Telefonica die Ausschüttung kürzten. In Italien stiegen die Dividenden um 3,3%, in der Schweiz um 6,2%, in den Niederlanden um 15,7%.

Gesunder Finanz-Sektor

Am aufschlussreichsten mit Blick auf weltwirtschaftliche Entwicklungen ist die Betrachtung nach Sektoren und Industrien. Nach den Einschränkungen während der Anfangsphase der Covid-Pandemie haben sich die Ausschüttungen aus der Finanzindustrie normalisiert – und ein Rekordniveau in absoluten Zahlen erreicht. Mit 350.1 Mrd. USD entfallen volle 25% des gesamten Dividendenvolumens auf Banken und Finanzdienstleister, ebenfalls 25% der Erhöhung des globalen Dividendenvolumens in 2022.

Zyklische Anomalitäten

Im Vorjahr hatte der Bergbausektor fast eine Verdreifachung der Ausschüttungen erlebt, jedoch 2022 aufgrund schwächerer Preise für Erze und Metalle wieder einen leichten Abschwung auf 120.9 Mrd. USD erfahren. Demgegenüber schossen 2022 nun die Gewinne und Dividenden im Sektor Öl & Gas in die Höhe. Die Ausschüttungen stiegen um 66% auf nun 171 Mrd. USD, einen Rekordwert. Der Transportsektor konnte die Dividenden auf 34.2 Mrd. USD nahezu verdoppeln, der Beitrag zur Erhöhung beträgt rund einen Achtel. Ein weiterer Achtel entfällt zusammengenommen auf die Sub-Sektoren Automobil und Luxusgüter.

dividenden aktien schweiz 2023
Jährliche Dividenden nach Branchen in Mrd. USD: Grafik: Janus Henderson Global Dividend Index, März 2023
Technologie und Healthcare mit ungebrochenem Steigerungstrend

Während die Basiskonsumgüter-Industrien mit 118.6 Mrd. USD leicht weniger ausschütteten, legten zyklische Konsumgüter vor allem wegen der Dividendenerhöhungen im Automobilbereich kräftig auf 86.1 Mrd. USD zu. Im Industriegüter-Sektor stiegen die Ausschüttungen um 19% auf 119.7 Mrd. USD, wobei der Löwenanteil auf den Sub-Sektor Verkehr entfällt. Nur Zugewinne im tiefen einstelligen Prozentbereich verzeichneten Technologie auf 145.3 Mrd. USD und Gesundheitswesen & Pharmazeutik auf 126.9 Mrd. USD. Beide Wachstumssektoren hatten allerdings in den vergangenen fünf Jahren ununterbrochen jährliche Steigerungsraten verzeichnet.

Aufstieg und Fall bei den Top 20

Viel Bewegung ist in das Ranking der Top 10 und Top 20 der globalen Dividendenzahler gekommen. Nach BHP und Petrobras an der Spitze folgen mit Microsoft, Exxon und Apple drei US-Multis. China Construction Bank bekleidet Rang 6, Rio Tinto Rang 7 vor China Mobile, JP Morgan Chase und Johnson & Johnson. Die Top 10 zahlten 155.1 Mrd. USD an Dividenden, entsprechend 9,9% der Gesamtdividendensumme. Auf Rang 11 liegt Chevron, es folgen Cnooc, Verizon, Total, Abbvie, AT&T, Taiwan Semiconductor, PetroChina, Pfizer und Procter & Gamble. Öl ist also prominent vertreten. Die Top 20 schütteten 254.3 Mrd. USD an ihre Aktionäre aus, 17,7% der globalen Dividendensumme.

Dividenden 2024
Jährliche Gesamtdividenden weltweit in Mrd. USD: Grafik: Janus Henderson Global Dividend Index, März 2023
Ausblick

Janus Henderson erwartet vor dem veränderten Hintergrund, dass die globalen Ausschüttungen im laufenden Jahr nurmehr geringfügig um 2,3% auf 1.6 Billionen USD steigen werden. Die Aufholeffekte nach der Pandemie seien ausgelaufen, und nach den Gewinnexplosionen bei Minenunternehmen und im Öl- & Gas-Sektor in 2021 respektive 2022 ist mit einer Normalisierung in diesen Sektoren zu rechnen. Die Dividendenhöhe ist durch ein anhaltend hohes Gewinn-Niveau der Unternehmen gut gedeckt. Aufgrund vereinzelt rezessiver Tendenzen, steigender Inflation und Zinsen dürften die Unternehmensgewinne dennoch unter Druck kommen, nicht zuletzt wegen steigender Finanzierungskosten. Ein Indikator ist die Entwicklung der Dividenden in den USA, die ja auf Quartalsbasis gemessen werden können. Unterjährig hat sich eine kontinuierliche Verminderung des Dividendenwachstums manifestiert. In Europa sind dagegen Jahresdividenden üblich, sodass sequenzielle Entwicklungen nicht beobachtet werden können. Die Entwicklung in den USA weist somit als vorlaufender Indikator die Richtung für den Rest der Welt.

Dividendeneinkommen mit Schweizer Aktien

Mit 44.2 Mrd. USD an Dividendenausschüttungen erzielte die Schweiz 2022 einen Rekordwert. Mehr noch, in Kontinentaleuropa liegt die «kleine» Schweiz nur unwesentlich hinter Deutschland mit 46.2 Mrd. USD und dem Spitzenreiter Frankreich an dritter Position. Kein einziges Unternehmen, das in dem Global Top-1 200 Dividend-Index enthalten ist, hat die Dividende gekürzt. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt auch, dass die Schweiz als Anlageland in Zeiten der Unsicherheit stets einen sicheren Hafen für internationales Anlagekapital bietet. Die Stärke der Währung ist Ausdruck dieser Wertschätzung und trägt zur Attraktivität bei. Wie nur in wenigen anderen Ländern sind Schweizer börsenkotierte Unternehmen zudem international ausgerichtet. Nicht selten liegt der Auslandsanteil bei 90% oder mehr. Insofern ist die breite geografische Diversifikation geradezu ein Erkennungsmerkmal grosser Schweizer Unternehmen, die oft in ihren Geschäftsfeldern globale Spitzenpositionen einnehmen oder sogar klare Weltmarktführer sind. Die Qualität der Gewinne ist daher hoch, weshalb auch die Steigerungsraten der aggregierten Unternehmensgewinne und Dividenden eher stabil und unspektakulär sind.

Dividenden 2024
Swiss Re zählte in den letzten Monaten zu den besten Performern an der SIX. Chart: six-group.com
Die 10 Dividendenaktien

Sicher ist an der Börse nur eines: Die Kurse schwanken. Während Swiss Re in den letzten Monaten zu den besten Performern an der SIX zählte, fiel die lange Zeit favorisierte Roche in Ungnade. Nicht nur der Genussschein, sondern zuletzt auch die Inhaberaktie fielen deutlich. Mehrere Medikamentenkandidaten konnten in den klinischen Studien nicht die erwünschten Ergebnisse bringen. Zudem veräusserte ein Familienmitglied einen Kapitalanteil von 2,5%, was den Stimmanteil der Gründerfamilie auf 65% reduziert. Die Befürchtung, dass weitere Verkäufe folgen, lastet auf dem Kurs. Novartis war im Dezember und Januar bis auf 86 CHF vorgerückt, verlor zuletzt aber wieder. Bei Nestlé ist das Bild ähnlich. Nach einem Hoch bei über 115 CHF liegt die Aktie aktuell bei 105 CHF. Alle drei Mega-Caps erhöhten die Dividende für 2022, wenn auch nur geringfügig. Nestlé hob die Ausschüttung um 15 Rappen auf 2.95 CHF an, Roche um 20 Rappen auf 9.50 CHF und Novartis um 10 Rappen auf 3.20 CHF.

Beteiligungsgesellschaften unter Druck

Dynamisch verlief die Kursentwicklung während der letzten Monate bei Sulzer und ABB. Von dem Tief bei 55 CHF im September lief Sulzer bisher auf über 80 CHF. Im gleichen Zeitraum stieg ABB von 24 CHF auf 31 CHF. Dynamisch nach unten ging es dagegen bei den beiden Life-Sciences-Beteiligungsunternehmen BB Biotech und HBM Healthcare. Das steigende Inflationsniveau führt bei Wachstumsunternehmen mit geringer Gewinnvisibilität, wie sie sich in den Beteiligungs-Portfolios der beiden finden, zu tieferen Bewertungen. Doch die Börse übertreibt. Der Nettoinventarwert (NAV) liegt jeweils deutlich über der aktuell von den Marktteilnehmern gewährten Börsenbewertung. Dazu und zu weiteren Fragen im Biotech-Universum nimmt Daniel Koller, Investment Head von BB Biotech, im aktuellen Interview mit schweizeraktien.net Stellung, darunter auch zur Dividendenfrage.

Sulzer mit stabiler Dividende

Auf Unternehmensebene gibt es jeweils spezifische Entwicklungen. So hat Sulzer die Geschäftstätigkeit in Russland, der Ukraine sowie Polen eingestellt. Das hat 2022 zu einmaligem Abschreibungsbedarf geführt. Während der Auftragseingang um 9,1% auf 3.43 Mrd. CHF stieg und auch der Umsatz um 1,8% auf 3.18 Mrd. CHF zulegte, fiel der Reingewinn abschreibungsbedingt um 80% auf 28 Mio. CHF. Auf Stufe EBITA stieg der operative Gewinn dagegen um 8,6% auf 317 Mio. CHF. Die Dividende bleibt dennoch unverändert bei 3.50 CHF. Der Ausblick ist positiv. Der Umsatz soll 2023 um 7% bis 9% höher ausfallen, die EBITA-Marge soll mehr als 10% betragen.

dividenden aktien schweiz 2023
Kursverlauf der Aktie von Sulzer im letzten halben Jahr. Chart: six-group.com
ABB auf Kurs

Bei ABB war das Geschäftsjahr 2022 von zweistelligen Zuwachsraten bei Umsatz und Auftragseingang gekennzeichnet, die 12% respektive 16% erreichten. Im vierten Quartal beschleunigte sich das Wachstumstempo, was sich 2023 fortzusetzen scheint. Die EBITA-Marge kletterte auf 15,3%. Der Reingewinn allerdings litt unter Sonderfaktoren wie einem Rechtsstreit in Südafrika und fiel auf 2.5 Mrd. USD, wohingegen der operative Gewinn kräftig auf 4.5 Mrd. USD stieg. Der Ausblick ist positiv, das Wachstum soll über 5% betragen. Die Dividende wird um weitere 2 Rappen auf 0.84 CHF erhöht. Die Devestitionsphase ist beendet, die Aktienrückkäufe sollen erhöht werden.

Galenica mit höherer Ausschüttung

Auch Galenica erhöht die Dividende. Die Ausschüttung wird um 10 Rappen auf 2.20 CHF angehoben. Beim Umsatz wurde erstmals die 4 Mrd. CHF Hürde genommen. Bereinigt um Sondereffekte nahm das EBIT um 12,4% zu. Der Jahresgewinn sank allerdings um 5,2% auf 165.7 Mio. CHF. Grund ist der Wegfall von Sondereffekten während der akuten Phase der Pandemie. Der Ausblick ist positiv. Das Wachstum wird bei 3% bis 6% erwartet.

SIG Combibloc erhöht Dividende weiter

SIG Combibloc erhöht die Dividende um 2 Rappen auf 0.47 CHF. Im Geschäftsjahr 2022 erhöhte sich der Umsatz um 27,4% auf 2.78 Mrd. Euro. Ohne die beiden Akquisitionen lag das organische Wachstum bei 8%. Die EBITDA-Marge ging um 4,2 Prozentpunkte auf 23,5% zurück, was auf die Verwässerung durch die Zukäufe sowie steigende Kosten zurückzuführen ist. Preiserhöhungen in 2023 sollen die Marge wieder stärken. SIG Combibloc rechnet mit einem Umsatzwachstum im Bereich 20% bis 22% in Lokalwährungen.

Dividendenerhöhung bei Swiss Re

Und auch Swiss Re hebt die Dividende von 5.90 USD auf nun 6.40 USD an. In Teilbereichen kehrte 2022 die Profitabilität zurück, höhere Schäden aus Naturkatastrophen dämpfen aber den Gewinnausweis. Nach den ersten drei Quartalen zeichnete sich ein Jahresverlust ab, im vierten Quartal lief es jedoch sehr gut. Entscheidend ist aber, dass die Pricing Power im Rückversicherungsgeschäft zurückgekehrt ist. Im Januar konnten bei Vertragserneuerungen um 18% höhere Prämien durchgesetzt werden. Das Ziel von 3 Mrd. USD Gewinn in 2023 ist durchaus realistisch.

Fazit

Nach der langjährigen Liquiditätsflut durch Tiefzinspolitik und Anleihekaufprogramme ist durch die Gezeitenwende in Folge von Pandemie, Krieg und Neuordnung der globalen Lieferketten der Geist der Inflation aus der Flasche gewichen – und wird so schnell nicht dorthin zurückkehren. Steigende Abgaben, Zölle, Handelserschwernisse, mangelnde Verfügbarkeit von Materialien, gestresste Energiemärkte und Fachkräftemangel sowie die zunehmende Kriegswirtschaft sorgen wohl weiterhin für Teuerung. Aktien sind in einem solchen Umfeld dann die richtige Wahl, wenn die Unternehmen nicht nur weiterhin Nachfrage nach ihren Produkten und Services erfahren, sondern auch in der Position sind, die höheren Preise an ihre Kunden weiterzugeben und so ihre Gewinnmarge vor der Erosion zu schützen. Die sorgfältig ausgewählten Titel der Dividendenstrategie verfügen über diese Charakteristika. Sieben der zehn Aktien haben die Dividende erhöht. Sulzer hat sie konstant gehalten. Die beiden Beteiligungsgesellschaften sind ein Sonderfall. Auch die reduzierten Dividenden stellen eine respektable Rendite auf das eingesetzte Kapital dar. Zeitweilige Schwächen bei Biotech-Aktien kommen nicht unerwartet und sind hinzunehmen. Der Investitionsgegenstand sind hoch innovative Life-Sciences-Unternehmen, die Lösungen und Therapien für Krankheiten schaffen, die oft unzureichend behandelbar sind und darüber hinaus Multi-Milliarden-Märkte darstellen.

Die Gewichtung mit fünf Healthcare-Aktien in unterschiedlichen Segmenten des Gesundheitsmarktes findet ihre Begründung und Bestätigung in dem kontinuierlichen Dividendenwachstum des Sektors. Dessen Gewinnmargen sind in weiten Teilen durch den Patentschutz und die oligopolartigen Strukturen sogar langfristig durch teils tiefe Burggräben abgesichert. Auch wenn die Wachstumsraten von Roche und Novartis nicht berauschend sind, so sind sie doch stetig. Das ist eine gute Basis für Dividendenkontinuität und weitere Anhebungen. Das Gleiche gilt für Nestlé. Die zwei Produzenten von Investitionsgütern, ABB und Sulzer, haben offensichtlich die richtigen Produkte für die Transformation der Wirtschaft, was sich im jeweils hohen Auftragseingang manifestiert. Das trifft auch auf SIG Combibloc zu. Weltweit steigt die Nachfrage nach umweltverträglichen Verpackungen. Und Swiss Re könnte, wenn der Prämienerhöhungszyklus im Rückversicherungsgeschäft lange läuft, in ganz andere Dimensionen wachsen. Vor über 20 Jahren war der Kurs auch schon bei 200 CHF. Änderungen bei der Zusammensetzung des Schweizer Dividenden-Portfolios sind gegenwärtig nicht opportun.

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Duri Prader, Lienhardt & Partner: «Tiefe Erwartungshaltungen sind leicht zu übertreffen»

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Die Zürcher Privatbank Lienhardt & Partner hat nach eigenen Angaben ein «zufriedenstellendes» Jahresergebnis 2022 erwirtschaftet, wie sie in einer Medienmitteilung schreibt. Demnach konnten dank hoher Zuflüsse von Netto-Neugeldern die verwalteten Vermögen gehalten werden. Dies trotz des schwierigen Marktumfelds.

Der Gesamtertrag sank leicht um 1,2% auf 38.7 Mio. CHF. Der Geschäftsaufwand stieg um 6,2% auf 24.6 Mio. CHF, insbesondere wegen der mit 8% deutlich höheren Personalkosten als im Vorjahr. In der Folge fiel der Geschäftserfolg mit 13.4 Mio. CHF um 8% tiefer aus als im starken 2021. Der Jahresgewinn blieb mit 8.7 Mio. CHF auf dem Niveau des Vorjahres (+ 0,2%). Der Generalversammlung wird eine unveränderte Dividende in Höhe von 42 CHF je Aktie beantragt.

Im Interview mit schweizeraktien.net äussert sich CEO Duri Prader zu den Inflationserwartungen im laufenden Jahr und erklärt, warum die Personalkosten überdurchschnittlich angestiegen sind. Darüber hinaus macht er klar, dass steigende Zinsen und Aktienmärkte kein Widerspruch sein müssen, wie die Wintermonate 2022/2023 gezeigt hätten.

CEO Duri Prader beim Gespräch mit schweizeraktien.net im historischen Restaurant «Zum weissen Kreuz» im Zürcher Niederdorf. Bild: schweizeraktien.net

Herr Prader, bei unserem letzten Gespräch Mitte 2021 sagten Sie, dass die damals aufkommende Inflationsangst übertrieben sei. Deshalb gingen Sie auch nicht von steigenden Zinsen aus. Anderthalb Jahre später würden Sie das so wohl nicht mehr sagen. Wie sehen Sie jetzt die Zinsentwicklung? Haben wir das Gröbste an Zinssteigerungen schon gesehen?

Es ist sicher so, dass wir die Inflation unterschätzt haben. Das ist eindeutig der Fall. Mit Blick nach vorne hoffe ich aber, dass wir das Gröbste überstanden haben. Man sieht das beispielsweise an den Energie-, aber auch an den Rohstoffpreisen, die nun deutlich unter den Höchstwerten der vergangenen Monate liegen. Das sollte den Inflationsdruck reduzieren.

Von welcher Inflationsrate gehen Sie in der Schweiz Ende Jahr aus?

Ich erwarte, dass wir uns wieder ins Zielband bewegen werden, das heisst somit unter 2%.

In der Schweiz verläuft die Inflation im Gegensatz zur Euro-Zone oder zu den USA in überschaubarer Grösse. Sehen Sie Gefahren hierzulande für eine wachsende Geldentwertung?

Die Geschichte war immer inflationär, und die Geldentwertung ist eine Folge davon. Das verdeutlicht die Tatsache, dass eine Zielinflation von 2% dazu führt, dass sich die Kaufkraft des Geldes innert 36 Jahren – also rund einer Generation – halbiert. Die Schweizerische Nationalbank macht in einem schwierigen Umfeld einen guten Job. Sie hat drei Instrumente, um die Inflation zu bekämpfen. Das ist erstens der Zins. Mit dem Referenzzinssatz legt sie den Preis für das Geld fest. Zweitens ist es der Wechselkurs. Weil wir in der Schweiz ein Viertel der Produkte und Dienstleistungen importieren, hilft ein höherer Kurs des Schweizer Frankens, die importierte Inflation abzufedern. Und drittens kann die Nationalbank unsere Inflationserwartung beeinflussen, indem sie keinen Zweifel daran lässt, dass sie die Inflation ins Zielband zurückbringen will.

Mit den äusserst volatilen Märkten ging auch ein deutlicher Vertrauensverlust z.B. in die Kryptowährungen einher. In besseren Zeiten empfahlen Sie Kryptos noch als Beimischung ins Depot. Wie sehen Sie heute die Chancen bei Bitcoin, Ethereum und Co.?

Vorweg möchte ich festhalten, dass wir keine Kryptoexperten sind. Die Anlageklassen, die wir am besten verstehen, sind Aktien und Immobilien. Die Blockchaintechnologie finden wir aber interessant. Wir verfolgen die Entwicklung seit einigen Jahren und haben unseren Kunden auch die Möglichkeit geboten, in bescheidenem Umfang zu investieren. Der Vertrauensverlust infolge zahlreicher betrügerischer Machenschaften war im letzten Jahr enorm. Fundamental hat sich aus unserer Sicht dennoch nichts am Innovationspotenzial geändert.

«Die Blockchaintechnologie finden wir interessant»

Kommen wir zu Ihrem Geschäftserfolg im Jahr 2022. Sie schreiben, dass das Geschäftsergebnis trotz des schwierigen Marktumfeldes und der höheren Personalkosten zufriedenstellend verlaufen sei. Begeisterung klingt anders.

Es wäre sonderbar, Begeisterung zu zeigen, wenn man sich die Entwicklungen des letzten Jahres vor Augen führt. Es war ein trauriges Jahr, wenn man an den Kriegsausbruch denkt und ein schwieriges, wenn man die Inflation und die Zinsen anschaut. Unter diesen Umständen sind wir zufrieden mit dem erzielten Resultat. Wir haben unbeirrt unsere Strategie vorangetrieben, trotz Gegenwind an den Märkten.

Sie berichten von beträchtlichen Zuflüssen an Neugeldern im vergangenen Geschäftsjahr. Damit konnten Sie die verwalteten Vermögen im Jahresvergleich halten.

Wir konnten in den letzten Jahren stets bedeutende Netto-Neugelder akquirieren. In dieser Hinsicht ist auch das Jahr 2022 wiederum äusserst positiv ausgefallen, was uns sehr freut und uns bestätigt, dass wir auf einem guten Weg sind.

«Wir konnten in den letzten Jahren stets bedeutende Netto-Neugelder akquirieren»

Warum sind Ihre Personalkosten stark angestiegen? Man könnte doch vermuten, dass angesichts diverser Digitalisierungsschritte diese Ausgaben eher zurückgehen.

Wir haben in der Tat in den letzten Jahren stark in die Digitalisierung investiert, aber auch massiv in unser Fachpersonal. Wir haben die Anzahl unserer Mitarbeitenden zwischen 2019 und heute von 70 auf rund 100 Personen erhöht. Das ist ein Zuwachs von fast 50%. 2022 waren es 8%, 2021 sogar annähernd 15%. Wir haben insbesondere unser Vorsorgegeschäft stark erweitert und in den letzten Jahren eine eigene Banking as a Service Plattform aufgebaut. Finanzdienstleistern bieten wir für ihre eigenen Kunden Bankdienstleistungen an und offerieren massgeschneiderte Anlage- und Vorsorgelösungen sowie modular gestaltbare Vorsorgestiftungen.

In vielen Bereichen ist von Fachkräftemangel die Rede. Ist das ein Problem, das auch Sie tangiert?

Natürlich sind wir in gewissen Bereichen vom Arbeitskräftemangel betroffen, was hauptsächlich im Bereich der Digitalisierung und der IT der Fall ist. Dies sind auch die Bereiche, in denen wir verstärkt investieren. Aber erfreulicherweise zeigt sich, dass wir als kleines Institut mit einer eigenständigen Kultur eine attraktive Arbeitgeberin sind. Wir bieten in der Finanzbranche eine Alternative zu den grossen Unternehmen.

Lassen Sie uns noch einen Blick nach vorne werfen. Was fürchten Sie als Banker mehr: steigende Zinsen und damit schwächelnde Aktienmärkte oder umgekehrt steigende Märkte und fallende Zinsen?

Es kommt immer darauf an, wie das Geschäftsmodell einer Bank aussieht. Eine reine Vermögensverwaltungsbank ist selbstverständlich abhängiger von den Aktienmärkten und eine reine Kreditbank von den Zinsen. Wir erwirtschaften etwa 50% unserer Erträge im Anlage- und ca. 20% im Zinsgeschäft. Grundsätzlich kann man aber schon sagen, dass jede Bank mehr Geld verdient, wenn die Zinsen steigen und zusätzlich die Zinskurve steil verläuft. Ersteres trifft im Augenblick sicherlich zu, Letzteres weniger. Ob die Korrelation aber zwingend so ist, dass steigende Zinsen immer zu sinkenden Aktienmärkten führen, möchte ich offenlassen. Zumindest war das gerade jetzt zwischen Oktober 2022 bis März 2023 sicherlich nicht der Fall. Der Leitzins ist in Amerika von 3.25% auf fast 5% gestiegen und der S&P 500 im selben Zeitraum von 3600 auf 4000 Punkte.

Neben den Säulen Private Banking und der Vorsorge ruht das Geschäftsmodell der Lienhardt & Partner auf einer dritten Säule, den Immobilien. Hier gibt es zwei Bereiche: die Bewirtschaftung und die Vermittlung von Immobilien. Welchen Einfluss hat die Wohnungskrise, die Knappheit an verfügbaren Immobilien auf Ihr Geschäft? Und wie entwickelt sich das Maklergeschäft im Bereich hochwertiger Immobilien?

Der Effekt der Wohnungsknappheit ist bei der Immobilienbewirtschaftung der, dass man Mietwohnungen nicht lange ausschreiben muss und dass man sehr, sehr viele Bewerbungen bekommt. Bei der Vermittlung ist es so, dass wir nicht nur im gehobenen Segment tätig sind. Wir bedienen das mittlere bis teure Preisumfeld. Die Nachfrage ist nicht merklich zurückgekommen, und das Angebot ist unwesentlich höher. Die Finanzierungen sind im Einzelfall sicherlich schwieriger geworden, weil die Zinsen gestiegen sind. Aber wir erwarten, dass sich unser Vermittlungsgeschäft im laufenden Jahr auf Vorjahresniveau bewegen wird.

«Die Nachfrage ist nicht merklich zurückgekommen, und das Angebot ist unwesentlich höher»

Mit welchem Motto gehen Sie als CEO der Privatbank Lienhardt ins Jahr 2023?

Es wird besser kommen, als die meisten erwarten. Wenn die Erwartungshaltung tief ist, braucht es wenig, damit diese Erwartung übertroffen werden kann (lacht). Das gilt in Bezug auf die Aktienmärkte, aber auch in Bezug auf den eigenen Geschäftsgang und die persönlichen Erwartungen, die jeder von uns für die nahe Zukunft hat.

Herr Prader, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Chart Lienhardt & Partner
Die Aktien der Lienhardt & Partner Privatbank befinden sich seit drei Jahren in einem Aufwärtstrend: Chart: www.otc-x.ch

Die Aktien der Lienhardt & Partner Privatbank wird ausserbörslich gehandelt. Zuletzt kostete eine Aktie 4’500 CHF.

Thermalbad Zurzach: Trotz Rekordumsatz von 15.4 Mio. CHF rote Zahlen

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Therme Zurzach
Die Therme in Bad Zurzach hat 2022 ein neues Flachdach mit PV-Anlage erhalten. Bild: zvg

Therme Zurzach
Die Therme in Bad Zurzach hat 2022 ein neues Flachdach mit PV-Anlage erhalten. Bild: zvg

Die Thermalbad Zurzach AG ist wieder zurück auf der Erfolgsspur. Wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung bekannt gab, erreichte die Gruppe mit einem Umsatz von 15.4 Mio. CHF den bisher höchsten Wert in ihrer Geschichte. Im Vorjahr betrug der Umsatz nur 12.9 Mio. CHF, wobei darin noch Erwerbsausfall-Entschädigungen wegen der Pandemie enthalten gewesen seien. Insgesamt sei die Besucherzahl um 82’000 auf 367’000 angestiegen, heisst es weiter.

Abschreibungen führen zu hohem Verlust

Das operative Ergebnis auf Stufe EBITDA liege bei rund 3.0 Mio. CHF. Dass allerdings unter dem Strich ein konsolidierter Verlust von 1.24 Mio. CHF ausgewiesen werden muss, begründet die Thermalbad Zurzach Gruppe mit dem Verkauf der Beteiligung an der Airport Fitness & Wellness AG. Der Turnaround sei auch 2022 nicht erreicht worden, schreibt die Gesellschaft. Die aus dem Verkauf resultierende einmalige Belastung führe zu dem negativen Ergebnis. Dies, obwohl bereits im Vorjahr Abschreibungen auf die Beteiligung vorgenommen wurden. Aufgrund des Verlusts wird die Thermalbad Zurzach AG für 2022 auf die Ausschüttung einer Dividende verzichten.

Investitionsphase gestartet

In das laufende Geschäftsjahr ist die Thermalbad Zurzach Gruppe nach Informationen des Geschäftsführers Dominik Keller sehr gut gestartet. 2023 werde nun eine mehrjährige Entwicklungsphase eingeleitet, so die Gesellschaft in der Medienmitteilung. Innert fünf bis sieben Jahren sollen rund 12 bis 15 Mio. CHF in Erneuerungs- und Ausbauprojekte in Bad Zurzach investiert werden. «Damit wollen wir unsere Attraktivität hochhalten und unseren Führungsanspruch in der Schweizer Thermenbranche untermauern», wird Verwaltungsratspräsident Anton Lauber in der Mitteilung zitiert. Bereits 2022 investierte die Gruppe 1.9 Mio. CHF, davon den grössten Teil in die Sanierung des Flachdachs inklusive Photovoltaikanlage mit über 1100 Solarpanels.

Aktienkurs Thermalbad Zurzach
Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs der Aktie erholt. Chart: www.otc-x.ch

Die Aktien der Thermalbad Zurzach AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 320 CHF für eine Aktie bezahlt.

Digital Assets: Netzwerken am 5. Meet the CEOs Event

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Gute Stimmung, gute Kontakte am Meet the CEOs #5 von daura. Bild zvg

Es ist stets eine gelungene Mischung aus Start-ups, Investoren sowie der Blockchain- und Digital-Asset-Szene: der Meet the CEOs Event der Technologiefirma daura. Im Plaza Club in Zürich tauschten sich am Mittwochabend rund 170 Gäste aus, nutzten die Gelegenheit, um bestehende Kontakte zu vertiefen und neue zu knüpfen. Zudem waren die CEOs sechs Unternehmen, die über daura eine Kapitalerhöhung durchführen oder planen, vor Ort und informierten interessierte Kapitalgeber über ihre Projekte. Matthias Spuehler, CEO der PatientenApp heyPatient, kam gerade von der Future Health Konferenz in Basel. Dort informierte die Schweizerische Post über die Gesundheitsplattform CUORE, wo heyPatient künftig als Mehrwertdienst verfügbar sein wird. Auch andere Start-ups wie beispielweise Splint Invest berichteten über Fortschritte bei der Entwicklung ihrer Investmentplattform.

Kurzreferate und Pitches

Zum Rahmenprogramm des Abends gehörten auch Kurzreferate von Neon über die Erfolgsfaktoren für ein Crowdfunding, Pitches von Clearlight und Paygreen sowie eine kurze Einführung in erfolgreiche Markenstrategien. Sebastian Schäfer von Brand Trust machte deutlich, dass das richtige «Branding» die Anziehungskraft auf die passenden Partner erhöhe. Er empfiehlt Unternehmen daher, die Gründungsidee wahrnehmbar zu inszenieren und vor allem konsequent bei einer einmal gewählten Investors-Branding-Strategie zu bleiben. Für die eher technologieaffinen Gäste hatte Niharika Singh, technische Produktmanagerin von daura, ein Update zur Tokenisierung von Aktien mit daura parat. Sie demonstrierte, wie in wenigen Schritten das Aktienregister eines Unternehmens tokenisiert werden und anschliessend digitale Aktien ausgegeben werden können. Mit dem Wechsel von einer privaten auf die öffentliche Blockchain von zkSync setzt daura künftig auf die Technologie von Ethereum.

Das Team um Marketingchef Roland Cortivo war jedenfalls sehr zufrieden mit der 5. Ausgabe von MTC und arbeitet schon an #6.

Espace Real Estate: Webcast zum Geschäftsjahr 2022

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Espace Real Estate blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022 zurück. Trotz Zinswende und steigenden Preisen für Energie sowie Baumaterialien bleibe der Immobilienmarkt attraktiv, sagt Lars Egger, CEO des Solothurner Unternehmens, im Webcast.

Espace konnte die Leerstandsquote weiter senken und steigerte die Erlöse aus Vermietungen sowie den operativen Periodengewinn (ohne Erfolg aus Verkäufen und Neubewertungen) mit 8,2% deutlich.

Bei Kursen von 172 CHF je Aktie, die zuletzt auf OTC-X gezahlt wurden, beträgt die Dividendenrendite nach der beantragten Erhöhung gut 3,3%.

Im Webcast äussern sich Verwaltungsratspräsident Andreas Hauswirth und CEO Lars Egger zum vergangenen Geschäftsjahr, geben einen Ausblick auf das Jahr 2023 und kündigen eine Kapitalerhöhung zur nachhaltigen Fortsetzung des profitablen Wachstumskurses an.

Daniel Koller, BB Biotech: «Diversifikation spielt eine wichtige Rolle für den Unternehmenswert»

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Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head Investment Management Team der BB Biotech AG. Von 2001–2004 war er als Investment Manager bei equity4life Asset Management AG und von 2000–2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und promovierte in Biotechnologie an der ETH und bei Cytos Biotechnology AG, Zürich. Foto: zVg

Die 1993 gegründete spezialisierte Investmentgesellschaft BB Biotech AG feiert dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Damals war die noch junge Biotechnologie an der Börse hauptsächlich von Hoffnungen und Potenzialen geprägt, Produkte gab es nur wenige. Heute dagegen ist die Kommerzialisierung bahnbrechender neuer Technologien wie mRNA oder CAR-T Zell-Therapie Realität. Davon profitieren Patienten und die Gesundheitssysteme als Ganzes, aber auch Investoren. In den ersten 29 Jahren an der Börse brachte BB Biotech den Aktionären eine Performance von über 3800%, oder 13,4% jährlich. Dazu kommt noch eine seit 10 Jahren substanzielle Dividende. Die Market Cap der Investmentgesellschaft beträgt aktuell 3 Mrd. CHF.

Im Interview mit schweizeraktien.net erklärt Dr. Daniel Koller, Head Investment Management Team, wie sich der Sektor Biotechnologie verändert hat, welche Rolle der Zinsanstieg bei der Bewertung hat und was er und sein Team von Spezialisten für die kommenden Jahre erwarten. Vertiefte Blicke in die Portfolio-Gesellschaften bringen Technologien, Therapien und Markpotenziale näher, zeigen aber auch die Chancen und Risiken von Einzelwerten.

Chart BB Biotech
Kursverlauf der BB-Biotech-Aktie seit IPO. Chart: six-group.com

Dieses Jahr feiert BB Biotech das 30-jährige Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch! In den 1990er Jahren bei der Börseneinführung in Zürich und dann Frankfurt war Biotech an der Börse in Europa noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Wie hat sich der Anlagemarkt für spezialisierte Investoren verändert?

Zu allererst herzlichen Dank für die Glückwünsche. Als wir vor 30 Jahren an die Börse gingen, zählten wir in Europa zu den Pionieren. Seitdem hat sich parallel zur Zahl der börsenkotierten Biotechunternehmen auch die Zahl der spezialisierten Investoren erhöht, insbesondere in den USA, dem weiterhin bedeutendsten Markt für Biotech-Investoren. Mit dem klinischen und kommerziellen Durchbruch von neuen Therapien und Technologien erweitert sich kontinuierlich das Anlagespektrum. Zugleich bedeutet diese Entwicklung aber auch, dass die Portfolio Management Teams eine immer umfassendere Expertise mitbringen müssen, um richtig einschätzen zu können, welche Ansätze langfristig wirklich erfolgreich sind.

Kennzeichnend für die Zeit bis etwa 2011 war ja, abgesehen von der Nasdaq- und Neue-Märkte-Blase, dass Kapital für die jungen innovativen Unternehmen im Biotech-Sektor schwer zu akquirieren war. Seitdem sehen wir zwar einen steilen Anstieg ihres Benchmark-Index NBI, aber die Volatilität scheint ebenfalls zugenommen zu haben. Was erwarten Sie für 2023 und 2024?

Im Unterschied zu den Jahren vor 2010 hat sich der Sektor mittlerweile zu einem reiferen Sektor mit einer steigenden Anzahl an etablierten und profitablen Unternehmen entwickelt. Von unseren Portfolio-Firmen erwarten wir für die nächsten zwei Jahre vielversprechende News zu klinischen Daten, Produktezulassungen wie auch Medikamentenlancierungen. Die Unternehmensbewertungen sind aufgrund des höheren Zinsniveaus unter Druck geraten. Bei weiteren Zinsanstiegen ist mit einer Seitwärtsbewegung zu rechnen. Spätestens aber bei zukünftigen Zinssenkungen könnten die Kurse anziehen.

«Die Unternehmensbewertungen sind aufgrund des höheren Zinsniveaus unter Druck geraten»

Kann das nun höhere Zinsniveau durch die angepassten Diskontierungssätze die positiven Effekte von Neuzulassungen, M&A-Deals und Forschungserfolgen bei den Börsenbewertungen von noch nicht profitablen Unternehmen nicht weiterhin zunichtemachen?

Aus unseren Gesprächen mit dem Management diverser Biotechfirmen haben wir den Eindruck gewonnen, dass sich die Geschäftsmodelle schrittweise an diese neue Realität anpassen. Unternehmen greifen immer häufiger auf hybride Modelle zurück, indem sie Partnerschaften für einige Produkte eingehen, aber andere Produkte in Eigenregie entwickeln und vermarkten, was vor allem für Unternehmen mit Plattformtechnologien gilt. Die Diversifikation spielt eine wichtige Rolle für den Unternehmenswert. Biotechfirmen, die nur über ein einzelnes Produkt verfügen, können zwar weiterhin erfolgreich auf dem Markt bestehen, aber angesichts ihres stetigen Kapitalbedarfs leicht Opfer einer rückläufigen Bewertung werden.

Worauf führen Sie die Underperformance der BB-Biotech-Aktie in 2022 zurück, obwohl ja der NAV nur halb so stark fiel, etwa gleich wie Ihr Referenzindex NBI? 

BB Biotech, Performance
BB Biotech AG, Performance 2022. Quelle: Bellevue Asset Management, 31. Dezember 2022

Generell sah man aufgrund der schrittweisen Anhebung der Zinsen einen Shift der Anleger von Wachstums- in Substanzwerte. Das war sicher einer der Gründe, weshalb die Aktie nicht mit der Portfolioentwicklung mithalten konnte. Trotz allem können wir auf ein stabiles langfristig orientiertes Aktionariat zählen.

Der Dividendenvorschlag sieht eine gegenüber dem Vorjahr um 1 CHF gekürzte Ausschüttung von 2.85 CHF je Aktie vor. Was sagen Sie unzufriedenen Aktionären?

Unser Dividendenvorschlag für 2022 entspricht ganz der Ausschüttungspolitik, die BB Biotech seit 2013 verfolgt. Damals wurde festgelegt, dass die Höhe der Dividende einer Rendite von 5% auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der Aktie im Dezember des jeweiligen Geschäftsjahres entsprechen soll. Für 2022 ergibt sich daraus eine Dividende von 2.85 CHF je Aktie. Ich bin überzeugt, dass diese Kontinuität von den Anlegern geschätzt wird.

Blicken wir aufs Portfolio. Im vierten Quartal haben Sie substanzielle Gewinne realisiert, wie bei Alnylam Pharmaceuticals und Neurocrine Biosciences, aber auch Positionen ausgebaut, wie bei Fate Therapeutics. Die Aktie stand vor zwei Jahren bei über 100 USD, steht jetzt aber bei 6 USD, nachdem Janssen die Kooperation aufgekündigt hat. Was können Sie unseren Lesern zu Ihrer Perspektive für das Unternehmen mit der überaus spannenden Technologie sagen?

Das Unternehmen selbst hat als Reaktion auf die Entscheidung von Janssen eine strategische Überprüfung seiner Produktpipeline mit NK-Zellen durchgeführt und sich entschieden, die differenziertesten Programme weiterzuentwickeln. Wir sehen den Einsatz der im Immunsystem vorhandenen natürlichen Killerzellen, kurz NK, für die Eliminierung von
Tumorzellen als vielversprechenden Ansatz. Die Programme, die Fate jetzt fortführt, zeichnen sich dadurch aus, dass sie über ein zelluläres Gerüst mit neuartigen Kontrollmechanismen verfügen, die vier Ziele realisieren sollen: die Bekämpfung von Krebszellen durch mehrere Antigene fördern, die Wirksamkeit steigern, die funktionelle Persistenz verlängern und die Verabreichung einer geringer dosierten konditionierenden Chemotherapie ermöglichen.

An Moderna waren Sie ja weitsichtig schon vor der Pandemie und dem IPO beteiligt, obwohl Ihre Richtlinien Private Equity auf 10% beschränken. Haben Sie auf dem Rekordniveau der Aktie 2021 Gewinne teilweise realisiert? Was sind nun die nächsten Trigger für die Aktienkursentwicklung?

Moderna
3-Jahres-Chart der Moderna-Aktie in USD. Quelle: nasdaq.com

Wir haben in der Tat beginnend im Jahr 2021 bis 2022 Gewinne realisiert. Gleichwohl bleibt Moderna mit aktuell 8,2 % Anteil eine Kernposition im Portfolio. Wir sind sehr zuversichtlich, dass Moderna nach dem beeindruckenden kommerziellen Durchbruch mit seinem COVID-19-Impfstoff auch mRNA-basierte Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten auf den Markt bringen kann. Moderna hat zuletzt vielversprechende klinische Phase-III-Daten gegen RSV vorgelegt. Gegen diese virale Atemwegsinfektion, die vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern zu schweren Krankheitsverläufen führt, gibt es bislang keine adäquaten Behandlungsmethoden. Die bisherigen Studienergebnisse von Moderna können sich mit den Resultaten der besten und neuesten sonstigen vergleichbaren Impfstoffkandidaten messen. Ähnlich wird es sich in Zukunft voraussichtlich bei Grippeimpfstoffen verhalten. mRNA-Vakzine im Allgemeinen dürften dann gegenüber analogen Pendants eine gleichwertige Wirksamkeit und das Potenzial für eine künftige iterative, also sich wiederholende Überlegenheit aufweisen. Das geschieht, indem die Vorteile der mRNA-Technologie zur Erweiterung der Valenz von Antigenen und der Stammabdeckung genutzt werden. Aus diesem Grund und aufgrund der schnelleren Auswahl und Anpassung an neue Varianten sowie der Kombinierbarkeit, die die Abdeckung der zwei bis drei grössten Märkte für Atemwegsviren mit einer einzigen Impfung ermöglicht, trauen wir mRNA-Impfstoffen beachtliche Marktanteilgewinne zu.

«Moderna bleibt mit aktuell 8,2 % Anteil eine Kernposition im Portfolio»

Onkologie ist einer der Schwerpunkte Ihrer Investitionen. Die neuen Zell- und Gentherapien sind revolutionär, kosten aber auch viel. Wie sehen das die Kostenträger? Sind Versicherungen und Krankenkassen überhaupt bereit, solche Preise zu bezahlen?

Im 4. Quartal eröffnete das Investment Managementteam von BB Biotech keine neuen Positionen, baute jedoch bestehende Portfoliobeteiligungen aus. Die Aufstockungen konzentrierten sich aufgrund von Bewertungsabweichungen vor allem auf Onkologieunternehmen wie Revolution Medicines, Fate Therapeutics, Black Diamond Therapeutics und Essa Pharma. Ausgebaut hat BB Biotech die Positionen in Macrogenics und Mersana nach wichtigen Pipeline-Deals, die die Bilanz der Unternehmen stärkten, sowie in Relay Therapeutics nach Veröffentlichung positiver klinischer Daten zu seinem führenden Produktkandidaten, einem FGFR2-Inhibitor. Die Kostenträger sind grundsätzlich an innovativen Therapieansätzen interessiert, denn Therapien und Medikamente, die zu einer dauerhaften Heilung führen und die Behandlung von kostenintensiven Folgekrankheiten ausschliessen, können somit das ganze Gesundheitssystem entlasten.

Sie haben Ihr Team um Data-Science-Experten erweitert. Was genau ist deren Aufgabe?

Wir haben das Team auf drei Spezialisten erweitert, damit wir die Künstliche Intelligenz in unserem Investmentprozess immer besser nutzen können. Die KI-basierte Analyse ist eine Hilfe bei der Einschätzung des klinischen und kommerziellen Erfolgs einzelner Medikamentenkandidaten, indem wir eine grosse Zahl an vorhandenen Datensätzen konsolidieren. Wir haben bereits in den letzten Jahren eine Vielzahl an Daten in eine firmeninterne KI-basierte IT-Infrastruktur integriert, die unterschiedlichste Informationen und Nachrichten gleichzeitig verarbeitet.

BB Biotech bekennt sich zu ESG-Zielen. Sustainalytics stuft BB Biotech AGs ESG-Risko mit 23.7 Punkten als «mittel» ein. Wie können Sie sich verbessern?

«Unsere ESG-Performance und die entsprechende Transparenz sind uns wichtig»

Das ist richtig. Wir haben letztes Jahr (2022) Sustainalytics mit der Erstellung einer ESG-Analyse beauftragt. Unsere ESG-Performance und die entsprechende Transparenz sind uns wichtig. Wir wollten einerseits kennenlernen, wie diese Agenturen bei der Bewertung von Investmentgesellschaften vorgehen, und andererseits mehr darüber erfahren, wie BB Biotech weitere Verbesserungen im ESG-Bereich anstossen kann. BB Biotechs ESG-Risko wurde mit 23.7 Punkten als «mittel» (Medium Risk: 20-30 Punkte) eingestuft. Damit hat sich unser Rating gegenüber dem Vorjahr, als uns Sustainalytics mit 33.9 Punkten noch ein «hohes Risiko» bescheinigt hatte, deutlich verbessert. Eine der Herausforderungen besteht darin, dass es keine Unterkategorie bei Sustainalytics gibt, der sich BB Biotech angesichts ihrer Struktur als Investmentgesellschaft zuordnen lässt. BB Biotech rangiert nun im 17. Perzentil der Subindustrie «Asset Management and Custody Services». In Erwartung weiterer Fortschritte und eines Dialogs hinsichtlich der strukturellen Herausforderungen bei der Bewertung von Investmentgesellschaften wie BB Biotech hoffen wir, unsere ESG-Ratings in Zukunft weiter verbessern zu können.

Infektionskrankheiten wurden ja lange von den forschenden Life-Sciences-Unternehmen vernachlässigt. Das hat sich mit der Covid-Pandemie geändert. Sie hatten mit Moderna und weiteren Beteiligungen die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Was sich kaum jemandem rational oder auch intuitiv erschliesst, ist der Widerspruch: Einerseits wurde in weniger als einem Jahr ein hochwirksamer Impfstoff für ein neu in Erscheinung tretendes Virus entwickelt, andererseits sind bei anderen Viren kaum Impftstoffe vorhanden, oder wenn verfügbar, auf älteren Technologien aufgebaut. Können Sie den Sachverhalt aus Investorensicht erhellen?

Wie in anderen Indikationen geht es bei den Infektionskrankheiten darum, mit neuen Therapien oder in diesem Fall Vakzinen, Produkte auf den Markt zu bringen, die besser wirken als die bereits verfügbaren Produkte. Das Beispiel der mRNA-Vakzine gegen Covid-19 hat gezeigt, dass eine neue Technologie einen Nutzen für die Patienten bringt. Zugleich amortisiert sich durch den kommerziellen Erfolg der finanzielle Aufwand für die Entwicklung. Vor kurzem hat Moderna zudem mit Daten zu seinem RSV-Impfstoff überzeugen können, und wir erwarten in den kommenden Monaten den Ausgang der grossen Wirksamkeitsstudie für mRNA-1010, einem mRNA Influenza Impfstoffkandidaten. Ziel ist und bleibt es, dass diese präventiven Impfstoffe in einer einzigen Injektion verabreicht werden können und damit der Gesellschaft zukünftig ein neuer hochwirksamer saisonaler Impfstoff zur Verfügung steht.

Adipositas bezeichnen manche Fachleute als Pandemie. Der Ypsomed-CEO Simon Michel sagte im schweizeraktien.net-Interview letztes Jahr: «The next big thing für Pharma ist die medikamentöse Behandlung von Adipositas.» Mit Rivus, dem jüngsten Neuzugang im Portfolio, sind Sie ebenfalls positioniert. Wie schätzen Sie Marktpotenzial und -entwicklung bei der Therapie der Volkskrankheit ein?

Wie gross der medizinische Bedarf und damit auch das kommerzielle Potenzial allein in den Industriestaaten ist, verdeutlichen die jüngsten Zahlen der OECD. Demnach sind in den USA 73% der Bevölkerung von Übergewicht und Adipositas betroffen. In Grossbritannien sind es 64% und in Deutschland 60%. Rivus ist hier in der neuen Medikamentenklasse der kontrollierten Stoffwechselbeschleuniger tätig. Anders als bei herkömmlichen Präparaten, welche die Fettverbrennung stimulieren, reduziert HU6, das Produkt von Rivus, nicht die Muskelzellen. Das ist ein enorm wichtiger Faktor, denn der Verlust von Muskelmasse ist einer der Hauptgründe für die Jojo-Effekte beim Körpergewicht, die sich bei Diäten einstellen.

Was werden in den kommenden fünf Jahren die bestimmenden Themen und Faktoren sein, die für Biotech-Investoren interessant sind?

Schlussendlich geht es immer um neue Therapieansätze, mit deren Anwendung bislang kaum oder gar nicht behandelbare Krankheiten adressiert werden können. Die Onkologie, seltene genetisch bedingte Erkrankungen und die Neurologie sind dabei die drei Krankheitsfelder, bei denen wir die meisten klinischen und kommerziellen Erfolge erwarten. Halten die historisch tiefen Bewertungen der Small und Mid Caps an, werden die Übernahmeaktivitäten noch weiter an Fahrt aufnehmen. Vor dem Hintergrund von drohenden Patentabläufen und hohen Cashreserven werden Pharmakonzerne sich wieder verstärkt wachstumsstarke, innovative Firmen zukaufen.

Vielen Dank, Herr Koller, für die offenen Antworten und die gewährten Einblicke. Das werden unsere Leser zu schätzen wissen.

Wirtschaftsjournalismus: «Chat GPT» als Traumkandidat oder Fehlbesetzung?

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Spätestens, seitdem Chat GPT ein MBA-Examen bestanden hat, dürften auch Wirtschaftsjournalisten die neue KI auf dem Radar haben. Doch was taugt der Textroboter, wenn es darum geht, die Arbeit eines Schreibers zu erledigen? Die Probe aufs Exempel.

Bild: KI-generiert mit Midjourney

Gut 69 Millionen Einträge liefert die Google-Suche, wenn man den Begriff «Chat GPT» eingibt. Das sind knapp 19 Millionen mehr Einträge, als die Suche nach dem Wort «Konkurrenz» ausspuckt. Dass Chat GPT in der aktuellen Version 3 eine ernste Konkurrenz für die klassische Internet-Suche ist, liegt auf der Hand – denn das raffinierte Sprachmodell antwortet, zumindest meistens, exakt auf die gestellten Fragen, statt nur eine Auswahlsendung an Websites anzuzeigen, welche die Antwort allenfalls beinhalten könnten. Chat GPT beherrscht dabei den klassischen Textaufbau im Stil Einleitung-Hauptteil-Schluss, es nennt Quellen für weiterführendes Wissen – und berücksichtigt sogar gewünschte Stil-Inputs (etwa «schreib mir eine Entschuldigung im Stil von Werner Herzog»). Aber wie ist diese Leistung möglich und taugt das KI-Sprachmodell gar für den Wirtschaftsjournalismus?

Chat-GPT-Eingabefester: Ein virtueller Gesprächsraum mit einer KI als Bewohnerin. Bild: zVg
1. Generative pre-trained transformer (GPT): Ein neuronales Netz ohne ICH und Verstand

Schon 5 Minuten Unterhaltung mit Chat GPT 3 können eine wahre Sogwirkung entfalten und den Verdacht wecken, eine Art im Internet gefangener Djinn stehe kurz vor dem erfolgreichen Ausbruch. Das belegen Medienberichte von Usern, welche die KI zumindest zu eigenartig pubertären, emotionalen Ausbrüchen getrieben haben. Doch dass Menschen grundsätzlich gerne ihresgleichen oder die Tier- und Fabelwelt erblicken, zeigt sich beim kindlichen Blick in die Wolken, der allerlei Gesichter und (Fabel-)Wesen zutage fördert. Chat GPT ist effektiv nichts anderes als ein Deep-Learning-Modell, das die Verarbeitung natürlicher Sprache beherrscht. Allerdings in nie zuvor dagewesener Präzision und Eloquenz. Es kann Text generieren, indem es das nächste Wort in einer Sequenz von Worten vorhersagt – aufgrund von Wahrscheinlichkeiten, unter Berücksichtigung des gegebenen Kontextes. Dazu wurde das Modell mit Hunderten von Gigabytes an Textdaten aus dem Internet trainiert. Es verwendet nach Inputs durch Benutzer den Transformer, eine neuronale Netzwerk-Architektur, die grosse Mengen an Textdaten effektiv prozessieren – und komplexe Beziehungen zwischen Wörtern und Sätzen logisch erfassen kann. ICH-Bewusstsein und Kreativität sind jedoch kein Teil von Chat GPT. Das Netz «weiss», etwa im Fall einer Text-Zusammenfassung, nicht einmal, was es tut – doch es erledigt die Aufgabe dennoch korrekt.

Konzentrische Kreise oder ein Auge? Menschen neigen dazu, Menschliches zu sehen. Bild: zVg
2. Abstract, Analyse, Meinungstext: Von erstaunlich tauglich bis frei erfunden

Diverse Beispiele im Internet belegen, dass Chat GPT nicht nur bei Zusammenfassungen gute Resultate zeitigen kann, sondern sogar akademische Theorievergleiche beherrscht. Die eigene Probe aufs Exempel zeigt aber auch, dass Faktenchecks nach «getaner Arbeit» der KI nicht nur empfehlenswert, sondern dringend nötig sind. Denn das Sprachmodell kommt im Fall von Wissenslücken kaum einmal auf die Idee, selbige kleinlaut zuzugeben – es erfindet vielmehr veritable Fake Facts – und bettet diese auch noch in einen glaubwürdigen Kontext ein.

Dem Autor wollte es etwa weismachen, der Name seines Sohnes (Nio) gehe auf das lateinische Wort für «Schnee» zurück, wie es der Oxford Latin Dictionary belege. Nur: Nio ist kein lateinisches Wort – und Schnee heisst auf Lateinisch «nix». Mit entsprechenden Fehlern konfrontiert, kann Chat GPT durchaus freundlich für die Korrektur danken und zugeben, dass es falsch lag – bloss, um noch im selben Satz zwei weitere Fehlinformationen zu fabulieren. Gebeten, einen Artikel zu Portfolio-Diversifikation zu schreiben, liefert es hingegen eine höchste brauchbare Abhandlung, die erst den Begriff erklärt, dann dessen Bedeutung umreisst und schliesslich sogar eine Anleitung zum diversifizierten Portfolio enthält, einschliesslich des klassischen 60:40-Ansatzes und Hinweisen zum Anlagehorizont. Bei der Analyse des Tech-Giganten Apple (AAPL) hält sich Chat GPT geradezu sklavisch an die Vorgabe, die sechs Themenfelder «Vorteile», «Nachteile», «Risiken», «Chancen», «Peer-Vergleich» und «Aktienpreis» zu bedienen. Perfekt für den späteren Ausbau des Resultats zu einem mehrseitigen Report – und schon in der gelieferten Form völlig ausreichend für die Beratung eines Lesers, der sich für die Aktie interessiert.

Die Price-Earnings-Ratio (P/E) für AAPL und den Tech-Sektor wird zwar falsch ausgegeben. In dem Fall lässt sich daraus aber kein Strick drehen – denn Chat GPT wurde nur mit Daten bis Ende 2021 trainiert. Ein verlangter Meinungsartikel zum Thema Home Bias gerät verständlich und prägnant, einmal mehr verortet er das Phänomen aber anders als die Google-Suche, die auf eine Erstnennung 1995 und auf den Ökonomen John McCallum verweist. Zudem fehlen Beispiele, Performance-Vergleiche oder wichtige Aspekte wie die sektorielle Diversifikation, die etwa für Schweiz-only-Investoren schwer zu erreichen ist. Allerdings: Diese Punkte wurden in der Aufgabenstellung auch nicht speziell erfragt. Nachfragen ist bei Chat GPT problemlos möglich – da es sich an den gegebenen Kontext erinnert. «Please continue» reicht – und der KI-generierte Fluss sprudelt weiter.

Das Fazit: Für Zusammenfassungen, systematische Erklärungen und vor allem Denkanstösse kann Chat GPT Gold wert sein. Doch in jedem Fall empfiehlt sich ein Faktencheck. Ob das zum Wirtschaftsjournalisten reicht, müsste eine Chefredaktion beurteilen.

Geburt einer neuen Intelligenz? Chat GPT ist nur ein «transformer», doch seine mediale Wirkung ist enorm. Bild: KI-generiert mit Midjourney
3. Bisher nur ein Blick durchs Schlüsselloch – und dahinter eine Welt?

Bereits heute kann Chat GPT sogar im Vorfeld informierte wissenschaftliche Gutachter täuschen. In 32% der Fälle erkannten Forscher an der Northwestern University und der University of Chicago die KI-generierten Texte nicht – obwohl nur 8% der Chat-GPT-Resultate die spezifischen Anforderungen an den Text überhaupt erfüllten. Und der geplante Nachfolger des vortrainierten Transformers, Chat GPT 4, soll die aktuelle Version nochmals komplett in den Schatten stellen – weil er einen erheblichen Teil des gesamten Internets als Lernbasis haben dürfte.

Sam Altman, CEO von OpenAI und Erfinder des Textbots, bremst hingegen konsequent jegliche mediale Euphorie. «Die Leute betteln darum, enttäuscht zu werden, und das werden sie auch», liess er im Interview verlauten. Vermutlich hätten Schulen wie die renommierte Wharton Business School nichts gegen eine Enttäuschung. Dort bewältigte Chat GPT immerhin eine MBA-Prüfung mit genügenden bis guten Resultaten. «Das hat wichtige Implikationen für die kaufmännische Ausbildung», nimmt die Schule dazu Stellung. Denn wenn eine künstliche Intelligenz, die nicht wirklich intelligent und ichbewusst ist, eine solche Prüfung besteht – wie klug kann dann der Test der renommierten Bildungsstätte sein?

Nexus Group: Profitabilität nimmt weiter zu

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Mit Unternehmengründungen erzielt die Nexus Group über ihre Tochter STARTUPS.ch AG rund die Hälfte der Umsätze. Bild: stock.adobe.com

Mit Unternehmengründungen erzielt die Nexus Group über ihre Tochter STARTUPS.ch AG rund die Hälfte der Umsätze. Bild: stock.adobe.com

Die Nexus Group musste im 1. Halbjahr des Geschäftsjahres 2022/23 zwar einen Umsatzrückgang um 3,0% auf 4.4 Mio. CHF hinnehmen. Gleichzeitig stiegen der Betriebsgewinn auf Stufe EBITDA um 6,5% auf 902’000 CHF sowie der Reingewinn um 9,8% auf 348’000 CHF an, wie dem Halbjahresbericht zu entnehmen ist. Damit bestätigt die Beteiligungsgesellschaft, zu der die Firmen Startups.ch, Findea und Websoft gehören, ihre eingeschlagene Strategie mit dem Fokus auf Profitabilität.

Bei Startups.ch ist der Betriebsertrag um 4,7% auf 2.2 Mio. CHF gesunken, während das EBITDA um 18,1% auf 377’000 zugenommen hat. Der Gewinn erhöhte sich sogar um 19,5% auf 143’000 CHF. Die Findea AG verzeichnete einen Rückgang des Betriebsertrags um 10,9% auf 1.6 Mio. CHF, konnte aber gleichzeitig das EBITDA um 26,0% auf 318’000 CHF steigern. Unter dem Strich resultiert ein Gewinn von CHF 107’000 CHF (+ 6,5%). Bei der Websoft AG kletterte der Umsatz aufgrund der Vergrösserung des Entwicklungsteams, um 25,2% auf 707’000 CHF. Mit einem EBITDA von 135’000 CHF und einer «schwarzen Null» bewegt sich das Halbjahresergebnis der Websoft auf Vorjahresniveau.

Wie das Unternehmen in seinem Bericht weiter schreibt, habe die operative Profitabilität durch die stetige Effizienzsteigerung bei den Dienstleistungen mit Hilfe der selbstentwickelten Applikationen, organisatorischen Anpassungen und eine erhöhte Auslastung zugenommen. Ins Jahr 2023 sei die Gruppe gut gestartet und erwartet für das laufende Semester eine Steigerung von Umsatz und Gewinn.

Aktienkurs Nexus Group
Der Kurs der Nexus-Aktie hat sich von seinen Tiefstständen gelöst. Chart: www.otc-x.ch

Die Aktien der Nexus Group werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 5.75 CHF für eine Aktie bezahlt; der Geldkurs liegt mittlerweile bei 6.20 CHF.

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